OLG Naumburg 15. Oktober 2012
2 Wx 21/11
BGB § 1170; FamFG § 447; FamFG § 70 Abs. 2; BGB § 1171; BGB § 1960; GG Art. 103 Abs. 3; GG Art. 14 Abs. 1; FamFG § 449; GG Art. 20 Abs. 3; BGB § 1961

Vorrang der Nachlasspflegschaft vor Aufgebotsverfahren nach § 1170 BGB

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 2wx21_11
letzte Aktualisierung: 11.3.2013
OLG Naumburg, 15.10.2012 - 2 Wx 21/11
FamFG §§ 70 Abs. 2, 447, 449; BGB §§ 1170, 1171, 1960, 1961; GG Artt. 14 Abs. 1, 20
Abs. 3, 103 Abs. 3
Vorrang der Nachlasspflegschaft vor Aufgebotsverfahren nach § 1170 BGB
Für ein Aufgebotsverfahren nach § 1170 BGB zum Ausschluss unbekannter Erben einer
natürlichen Person als Gläubiger einer Buchgrundschuld besteht ein Rechtsschutzinteresse nur
in den Fällen, in denen eine andere, die Gläubigerrechte weniger beeinträchtigende
Möglichkeit der Grundbuchbereinigung nicht existiert. Die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft, um mit dem Nachlasspfleger eine Einigung über die Löschung der Buchgrundschuld
herbeizuführen, ist gegenüber einem solchen Aufgebotsverfahren vorrangig.


Gründe
A. Der Antragsteller ist Eigentümer der beiden im Grundbuch von N., Blatt 1284,
eingetragenen und in der Gemarkung N., Flur 2, Flurstücke 405/0 und 406/0, belegenen
Grundstücke zu einer Fläche von insgesamt 935 m² (Anschrift: L. Straße 16). Für diese
Grundstücke sind in Abteilung III unter lfd. Nr. 1 und 2 zwei brieflose Grundschulden
zugunsten eines Meisters H. H. aus N. eingetragen, und zwar eine Grundschuld in Höhe von
7.000 Goldmark (jetzt: 1.789,52 €) nebst Zinsen hieraus seit dem 01.05.1930 und eine
Grundschuld in Höhe von 3.000 Reichsmark (jetzt: 766,94 €) nebst Zinsen hieraus seit dem
01.04.1944. Die jeweils letzten hierauf bezogenen Eintragungen im Grundbuch, an denen der
Eigentümer der Grundstücke mitgewirkt hat, datieren von 1943 bzw. 1944.
Der Antragsteller erwarb das Eigentum an beiden Grundstücken mit notariellem Kaufvertrag
mit Auflassung zu UR Nr. .../94 des Notars O. B. in M. vom 17.01.1994 von dem damals in
den USA wohnhaften Hz. H. (geboren am 19.07.1922). Der Verkäufer war Sohn des damals
im Grundbuch als Grundstückseigentümer eingetragenen Bahnarbeiters R. H. und - vermittelt
über die Erbschaft der Ehefrau des R. H., F. H., - auch dessen alleiniger (Nach-)Erbe. Der
Verkäufer gab in dem notariellen Kaufvertrag an, dass der Gläubiger der beiden vorgenannten
Buchgrundschulden H. H. dessen Bruder gewesen sei. H. H. verstarb am 14.10.1944. Nach
Angaben des Verkäufers ist er unverheiratet und kinderlos gewesen und von seinen Eltern R.
und F. H. beerbt worden. Der Verkäufer, der s. E. nach durch die Erbfolge nach seinen Eltern
auch Inhaber der Rechte aus den o. a. Grundschulden geworden ist, bewilligte und beantragte
im notariellen Kaufvertrag mit Auflassung zugleich die Löschung der beiden Grundschulden
im Grundbuch (vgl. § 2 Abs. 6 des Vertrags). Eine Löschung der Buchgrundschulden
scheiterte wegen Fehlens der Erbnachweise nach H. H.
Der Antragsteller bemühte sich spätestens ab März 2005 durch Korrespondenz mit dem
Verkäufer um Beibringung dieser Erbnachweise, jedoch letztlich vergeblich. Im Jahre 2007
brach der Kontakt zum Verkäufer ab. Das vom Antragsteller eingeleitete Verfahren auf
Erteilung eines Erbscheins für den Nachlass des H. H. zugunsten des Verkäufers konnte nicht
erfolgreich abgeschlossen werden.
Mit Schriftsatz vom 15.07.2010 hat der Antragsteller beim Amtsgericht Halle hinsichtlich der
Rechte aus den beiden o. g. brieflosen Grundschulden die Durchführung eines
Aufgebotsverfahrens beantragt und diesen Antrag im Wesentlichen damit begründet, dass es
dem als
Gläubiger auftretenden Hz. H. nicht gelungen sei, seine Berechtigung nachzuweisen, und dass
dies einem Unbekanntsein des Gläubigers i. S. von § FAMFG § 449 FamFG gleichstehe.
Mit Verfügung vom 25.11.2010 hat das Amtsgericht Halle den Antragsteller darauf
hingewiesen, dass es - unter Aufgabe seiner zuvor geäußerten Rechtsansicht - ebenfalls davon
ausgehe, dass der Gläubiger unbekannt sei. Jedoch bestehe für die Durchführung des
Aufgebotsverfahrens kein Rechtsschutzbedürfnis, weil zur Löschung eines Buchrechts
vorrangig die Bestellung eines Nachlasspflegers und die Leistung an diesen oder aber auch
eine Hinterlegung des Ablösungsbetrages in Betracht komme. Hierzu hat sich der
erklärt.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss 02.02.2011 den Antrag auf Erlass eines Aufgebots des
Gläubigers der beiden Grundschulden zurückgewiesen. Auf die Gründe dieser Entscheidung
wird Bezug genommen.
Gegen diese ihm am 07.02.2011 zugestellte Entscheidung hat der Antragsteller mit einem am
07.03.2011 vorab per Fax beim Amtsgericht Halle eingegangenen Schriftsatz Beschwerde
eingelegt und das Rechtsmittel begründet. Er meint insbesondere, dass die ihm eröffnete
Möglichkeit, für den unbekannten Gläubiger einen Nachlasspfleger zu bestellen und die
Leistung diesem gegenüber zu erbringen, das Rechtsschutzbedürfnis für seinen Antrag auf
Erlass eines Aufgebots nicht entfallen ließe.
B. I. Die Beschwerde ist nach § FAMFG § 58 Abs. FAMFG § 58 Absatz 1 FamFG zulässig,
insbesondere ist die nach § FAMFG § 61 Abs. FAMFG § 61 Absatz 1 FamFG notwendige
Mindestbeschwer überschritten. Die Beschwerdefrist des § FAMFG § 63 Abs. FAMFG § 63
Absatz 1 FamFG ist gewahrt worden.
II.
Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Allerdings sind die materiellrechtlichen Voraussetzungen für einen Ausschluss des bzw.
der Gläubiger der beiden Buchgrundschulden (künftig: der Gläubiger) nach § BGB § 1170
BGB gegeben.
a) Der Senat geht - ebenso wie bereits das Amtsgericht - davon aus, dass der Gläubiger der
beiden Buchgrundschulden unbekannt ist.
Unbekannt ist der Gläubiger einer Grundschuld, wenn er dem Eigentümer des Grundstücks
der Person nach nicht bekannt ist (vgl. BGH, Beschluss v. 03.03.2004, BGH 2004-03-03
Aktenzeichen IV ZB 38/03, RPfl 2004, 363 - in juris Tz. 7 m. w. N.; Beschluss v. 29.01.2009,
2009-01-29 Aktenzeichen V ZB 140/08, RPfl 2009, 325 - in juris Tz. 8, 14). Dem steht es
gleich, wenn die als Gläubiger auftretende Person ihr Recht nicht nachweisen kann (vgl.
Bassenge in: Palandt, BGB, 71. Aufl. 2012, § 1170 Rn. 2 m. w. N.; Reischl in: jurisPK-BGB,
5. Aufl. 2010, § 1170 BGB Rn. 8; Geimer in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 449 FamFG Rn.
1).
Im Rahmen der Verhandlungen zum Eigentumserwerb am Grundstück berühmte sich zwar
der Verkäufer Hz. H. auch der Inhaberschaft an beiden Buchgrundschulden, einen Nachweis
hierfür führte er jedoch nicht. Wie das Grundbuchamt anlässlich der Versagung der Löschung
der Buchgrundschulden zutreffend festgestellt hat, fehlte es hierfür an einem Nachweis der
(gesetzlichen) Erbfolge nach seinem Onkel H. H., welcher voraussetzte, dass belegt wäre,
dass H. H. unverheiratet, kinderlos und ohne eine letztwillige Verfügung verstorben und dass
er im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge allein von seinem Bruder R. H., dem Vater des Hz.
H. hingegen geführt.
Dem Antragsteller ist weder die vorgenannte Nachweisführung für die Berechtigung des Hz.
H. noch die Ermittlung eines (anderen) Gläubigers möglich. Insoweit ist anerkannt, dass ein
Unbekanntsein des Gläubigers schon dann anzunehmen ist, wenn angemessene Bemühungen
des Grundstückseigentümers nicht dazu führen, den Gläubiger bekannt zu machen bzw.
dessen Recht nachzuweisen (vgl. Bassenge und Geimer, jeweils a. a. O.; Zimmermann in:
Keidel, FamFG, 16. Aufl., § 449 Rn. KEIDELKOFAMFG 16 FAMFG § 449 Randnummer
1). Der Antragsteller hat durch Vorlage seines Schriftverkehrs zur Ermittlung des Gläubigers
bzw. zur Herbeiführung eines Nachweises der Berechtigung des angeblichen Gläubigers Hz.
H. insoweit ernsthafte, aber im Ergebnis erfolglose Bemühungen glaubhaft gemacht.
b) Die Zehnjahresfrist des § BGB § 1170 Abs. BGB § 1170 Absatz 1 S. 1 BGB ist
verstrichen. Als auf die Grundschuld bezogene Eintragungen sind in diesem Zusammenhang
lediglich diejenigen Eintragungen anzusehen, an denen der Inhaber der Grundschuld
mitgewirkt hat (vgl. Bassenge, a. a. O., Rn. 2 m. w. N.). Dies waren hier nur die
ursprünglichen Eintragungen im Jahre 1930 bzw. im Jahre 1944. Sowohl die Erneuerung der
Eintragungen auf Antrag des Amts für offene Vermögensfragen als auch die Übertragung der
Daten von Amts wegen im Rahmen der Umtragung des belasteten Grundstücks in ein neu
angelegtes Grundbuch berühren den Fristablauf nicht.
c) Das Gläubigerrecht ist nicht innerhalb einer Zehnjahresfrist vom Grundstückseigentümer in
einer zum Neubeginn der Verjährung geeigneten Weise anerkannt worden. Der Antragsteller
hat glaubhaft erklärt, dass er selbst kein solches Anerkenntnis abgegeben habe. Er war z. Zt.
der Antragstellung bereits seit mehr als zehn Jahren Grundstückseigentümer.
2. Das Amtsgericht hat den Antrag auf Durchführung eines Aufgebotsverfahrens jedoch zu
Recht wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen. Der Antragsteller hat kein rechtlich
schutzwürdiges Interesse an einem Gläubigerausschluss mittels sog. Tabularersitzung nach §
BGB § 1170 BGB, weil für den unbekannten Erben des im Grundbuch eingetragenen
Gläubigers beider Buchgrundschulden eine Nachlasspflegschaft nach §§ BGB § 1960 ff. BGB
eingerichtet werden kann und diese verfahrensrechtliche Möglichkeit hier aus
verfassungsrechtlichen Gründen Vorrang genießt.
a) Allerdings lässt sich sowohl den materiellrechtlichen Regelungen im Bürgerlichen
Gesetzbuch (§§ BGB § 1170, BGB § 1171 BGB) als auch den verfahrensrechtlichen
Bestimmungen im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten
der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§§ FAMFG § 447 bis FAMFG § 453 FamFG) eine
Nachrangigkeit der Möglichkeit zum Ausschluss unbekannter Grundschuldgläubiger mittels
Tabularersitzung nicht entnehmen.
b) In der einschlägigen Literatur werden unterschiedliche Auffassungen darüber vertreten, ob
bei einer Buchgrundschuld zugunsten einer natürlichen Person, wie hier, ein
Rechtsschutzbedürfnis für ein Aufgebot der unbekannten Erben eines bekannten, aber
verstorbenen Gläubigers nach § BGB § 1170 Abs. BGB § 1170 Absatz 1 BGB bestehen kann.
Voraussetzungen des § BGB § 1170 Abs. BGB § 1170 Absatz 1 BGB ein
Rechtsschutzinteresse stets indiziert sei (vgl. Eickmann in: MüKo-ZPO, §§ 447-453 FamFG
Rn. MUEKOZPO FAMFG § 44 Absatz 453 Randnummer 18) und dass das
Aufgebotsverfahren zur Ausschließung unbekannter Gläubiger nicht subsidiär gegenüber
anderen verfahrensrechtlichen Möglichkeiten zur Bereinigung des Grundbuchs sei (vgl. auch
Wenckstern DNotZ 1993, DNOTZ Jahr 1993 Seite 547 insbesondere Fn. 36>). Diese Rechtsmeinung geht zurück auf eine Entscheidung des
Kammergerichts (Beschluss v. 25.11.1969, KG 1969-11-25 Aktenzeichen 1 W 7164/69,
DNotZ 1970, DNOTZ Jahr 1970 Seite 157), welches zur Begründung seiner Auffassung auf
eine Entscheidung des Landgerichts Berlin verwiesen hatte (vgl. KG a. a. O. <160>). Das
Landgericht Berlin wiederum hatte in der in Bezug genommenen Entscheidung (Beschluss v.
28.07.1961, 1961-07-28 Aktenzeichen 84 T 187/61, JR 1962, JR Jahr 1962 Seite 143)
befunden, dass andere als die drei in § BGB § 1170 Abs. BGB § 1170 Absatz 1 BGB
genannten materiellrechtlichen Voraussetzungen nicht verlangt werden dürften; in der Sache
ging es darum, ob es für die Begründetheit des Antrags auf Durchführung des
Aufgebotsverfahrens auf die Verhältnisse des Gläubigers ankomme, insbesondere darauf, ob
der von Person unbekannte, aber hinsichtlich seines Aufenthaltsortes im Ausland vermutete
Hypothekengläubiger derzeit in der Lage sei, seine Rechte im Aufgebotsverfahren geltend zu
machen. Die Analyse der Entstehung der vorgenannten Rechtsmeinung zeigt, dass die an
ihrem Anfang stehenden Überlegungen, insbesondere die Ablehnung der Annahme eines
ungeschriebenen materiellrechtlichen Tatbestandsmerkmals, die an ihrem vorläufigen Ende
stehende Schlussfolgerung, wonach im Rahmen der Zulässigkeit des Antrags auf
Durchführung des Aufgebotsverfahrens keine besonderen Anforderungen gestellt werden
dürfen, nicht ohne Weiteres tragen.
bb) Nach anderer Auffassung wird ein Rechtsschutzinteresse an einem Aufgebotsverfahren
nach § BGB § 1170 BGB zum Ausschluss unbekannter Erben des Gläubigers einer
Buchgrundschuld generell verneint (vgl. Zimmermann, a. a. O., § 449 Rn. 3); eine Ausnahme
wird lediglich bei der Eintragung juristischer Personen als Gläubiger in Erwägung gezogen,
soweit die juristische Person nicht mehr existiere und für sie auch keine Feststellungen zur
Rechtsnachfolge möglich seien. Diese Rechtsansicht wird teilweise darauf gestützt, dass das
Unbekanntsein des Gläubigers in diesen Fällen - anders als nach der hier vom Senat
vertretenen Auffassung - grundsätzlich nicht dauernd und unbehebbar sei, zum Anderen
jedoch darauf, dass der Inhaber eines Grundpfandrechts im Lichte der Art. GG Artikel 14
Abs. GG Artikel 14 Absatz 1, GG Artikel 20 Abs. GG Artikel 14 Absatz 3 und GG Artikel
103 Abs. GG Artikel 14 Absatz 3 GG möglichst zu schützen sei und sein Recht auf Gehör vor
Gericht im Aufgebotsverfahren gewährleistet werden müsse (Zimmermann, a. a. O., Rn. 2).
c) Die bisher ergangene Rechtsprechung hat die Rechtsfrage noch nicht abschließend geklärt.
aa) Der Beschluss des 5. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom BGH 29.01.2009 befasst
sich mit der Rechtsfrage, ob ein Aufgebotsverfahren nach § BGB § 1170 BGB oder nach §
BGB § 1171 BGB erst dann statthaft sei, wenn eine Grundbuchberichtigungs- oder eine
andere Klage nicht zum Erfolg geführt habe. Eine solche Nachrangigkeit des Verfahrens der
freiwilligen Gerichtsbarkeit gegenüber dem zivilprozessualen Klageverfahren hat der
Entscheidung lässt einen sicheren Rückschluss auf das Verhältnis zwischen einem
Aufgebotsverfahren zum Gläubigerausschluss mittels Tabularersitzung und einem
Grundbuchverfahren unter Einschaltung eines Nachlasspflegers nicht ohne Weiteres zu.
bb) Der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts hat in seiner vom
Antragsteller zitierten Entscheidung (Beschluss v. 01.09.2010, 2010-09-01 Aktenzeichen 2 W
80/10, RPfl 2011, 167 - in juris Tz. 17, 20) lediglich darüber entschieden, dass gegenüber der
dort begehrten Durchführung eines Aufgebotsverfahrens mittels Hinterlegung die
Grundbuchbereinigung nach Leistung an einen Nachlasspfleger nicht vorrangig sei. Diese
Konstellation ist hier jedoch nicht einschlägig, weil beide dort gegenständlichen
Verfahrensmöglichkeiten mit einer vermögenswerten Leistung des Grundstückseigentümers
zur Grundbuchbereinigung verbunden waren, während der Antragsteller hier die Löschung
der Buchgrundschulden ohne eigene geldwerte Leistung anstrebt. Zwar mag bei beiden
Fallgestaltungen die Beeinträchtigung des Anspruchs des unbekannten Gläubigers des
Grundpfandrechts auf rechtliches Gehör im gerichtlichen Verfahren vergleichbar sein, der
durch die gerichtliche Entscheidung bewirkte Eingriff in das Eigentumsrecht des Gläubigers
nach Art. GG Artikel 14 Abs. GG Artikel 14 Absatz 1 GG ist im Falle eines
Aufgebotsverfahrens nach § BGB § 1170 BGB nachhaltiger, denn das Recht erlischt, ohne
dass ein Vermögenswert im Zugriffsbereich des Gläubigers verbleibt. Soweit das
Kammergericht in seiner o.g. Entscheidung als Hilfsbegründung darauf verwiesen hat, dass
die Wirkungen eines Ausschlussurteils nicht so einschneidend für den Gläubiger seien, weil
die persönliche Forderung des Gläubigers gegen den ursprünglichen Eigentümer, welche dem
Buchgrundpfandrecht zugrunde liege, bestehen bleibe (vgl. a. a. O., 160 m. w. N.), vermag
der Senat dieser Einschätzung nicht zu folgen. Der schuldrechtliche Anspruch wird
regelmäßig verjährt sein; seine Geltendmachung wird u.U., wie hier, auch dadurch erschwert
sein, dass er sich gegen die unbekannten Erben des ursprünglichen Schuldners richtet.
d) Der erkennende Senat schließt sich in der vorliegenden Konstellation - Vorliegen einer
Buchgrundschuld zugunsten einer natürlichen Person als Gläubiger - der letztgenannten
Literaturmeinung an. Angesichts der gravierenden Rechtsfolge des Ausschlussurteils im
Aufgebotsverfahren nach § BGB § 1170 BGB, die im vollständigen Verlust des dinglichen
Rechts ohne eine geldwerte Kompensationsleistung besteht, ist diese verfahrensrechtliche
Möglichkeit der Grundbuchbereinigung auf Fälle zu beschränken, in denen eine andere, die
Gläubigerrechte weniger beeinträchtigende Möglichkeit nicht besteht. Die hier bestehende
Möglichkeit des Grundstückseigentümers, einen Antrag auf Nachlasspflegschaft nach §§
BGB § 1960, BGB § 1961 BGB zu stellen und nach deren Einrichtung mit dem
Nachlasspfleger eine Einigung über die Löschung der beiden Buchgrundschulden
herbeizuführen, ist geeignet, den verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen des
unbekannten Gläubigers Geltung zu verschaffen. Sie bietet zudem die Chance, dass der
Nachlasspfleger aufgrund neuer eigener Bemühungen den unbekannten Erben des Gläubigers
ermittelt. Entgegen der Einwendung des Antragstellers führt die vorstehende
Rechtsauffassung nicht dazu, dass der Vorschrift des § BGB § 1170 BGB kein
Anwendungsbereich verbliebe. Insoweit ist beispielsweise auf Buchgrundschulden zugunsten
inzwischen erloschener juristischer Personen oder auf Briefgrundpfandrechte zu verweisen.
BGB § 1170 BGB gegenüber einem Aufgebotsverfahren nach § BGB § 1171 BGB mittels
Hinterlegung subsidiär ist oder nicht. Der Antragsteller hat sich hier zudem ausdrücklich
gegen eine Bereinigung des Grundbuches durch Aufgebot mittels Hinterlegung des
Ablösebetrages entschieden.
III.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung i. S.
von § FAMFG § 70 Abs. FAMFG § 70 Absatz 2 Nr. 1 FamFG hat. Die vom Antragsteller mit
seiner sofortigen Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage, ob bei Vorliegen der materiellrechtlichen Voraussetzungen des § BGB § 1170 BGB die Durchführung des
Aufgebotsverfahrens für eine Buchgrundschuld subsidiär gegenüber der möglichen
Einrichtung einer Nachlasspflegschaft ist oder nicht, ist, wie vorausgeführt, klärungsbedürftig.
An der Klärung besteht nicht nur im vorliegenden Fall ein subjektives Interesse des
Antragstellers, sondern auch ein abstraktes Interesse der Allgemeinheit, weil ihr Auftreten in
einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § KOSTO § 131 Abs. KOSTO § 131 Absatz 1 Nr. 1
KostO.
Die Festsetzung des Kostenwerts des Beschwerdeverfahrens ergibt sich aus §§ 131 Abs. 4 i.
V. m. 30 Abs. 1 S. 1 KostO. Der Senat hat seiner Ermessensausübung den Nominalwert der
beiden Grundschulden zugrunde gelegt.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Naumburg

Erscheinungsdatum:

15.10.2012

Aktenzeichen:

2 Wx 21/11

Rechtsgebiete:

Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Grundpfandrechte
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft

Normen in Titel:

BGB § 1170; FamFG § 447; FamFG § 70 Abs. 2; BGB § 1171; BGB § 1960; GG Art. 103 Abs. 3; GG Art. 14 Abs. 1; FamFG § 449; GG Art. 20 Abs. 3; BGB § 1961