Kammergericht 01. März 2022
1 W 471/21
BGB §§ 1364, 1365, 1821; PStG §§ 54, 55; GBO §§ 13, 19, 29

Zustimmung des Ehegatten bei Grundstücksveräußerungen

letzte Aktualisierung: 4.5.2022
KG, Beschl. v. 1.3.2022 – 1 W 471/21

BGB §§ 1364, 1365, 1821; PStG §§ 54, 55; GBO §§ 13, 19, 29
Zustimmung des Ehegatten bei Grundstücksveräußerungen

1. Verpflichtet sich ein im gesetzlichen Güterstand lebender Ehegatte im Rahmen der Veräußerung
eines sein wesentliches Vermögen bildenden Wohnungserbbaurechts bei der Finanzierung des
Kaufpreises durch den Käufer zu Lasten des Kaufgegenstandes mitzuwirken, kann die Zustimmung
des anderen Ehegatten zu dem Vertrag auch die von dem Erwerber unter Ausnutzung einer
Belastungsvollmacht im Namen des Veräußerers erklärte Bewilligung der Eintragung einer
Grundschuld erfassen.
2. Der – aktuelle – Bestand der Ehe muss dem Grundbuchamt nicht nachgewiesen werden, wenn
sich die Eheschließung aus einer dem Grundbuchverfahren genügenden – älteren – Eheurkunde
ergibt und nicht ersichtlich ist, dass der veräußernde Ehegatte mit einer anderen als der dort
aufgeführten, die Zustimmung erklärenden Person verheiratet sein könnte.

Gründe

1. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO, und hat auch in der Sache Erfolg. Die von
dem Grundbuchamt aufgezeigten Eintragungshindernisse bestehen nicht, so dass die
angefochtene Zwischenverfügung nicht veranlasst war, vgl. § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO.

2. Die Eintragung einer Grundschuld im Grundbuch erfolgt auf Antrag, § 13 Abs. 1 S. 1
GBO, wenn sie der Grundstückseigentümer bewilligt, § 19 GBO. Er muss die Bewilligung
nicht selbst abgeben, vielmehr kann die Erklärung auch durch einen Vertreter erfolgen. In
diesem Fall ist dem Grundbuchamt auch dessen Vertretungsmacht nachzuweisen. Soweit
die Wirksamkeit materiell-rechtlicher Erklärungen eines Vertreters von der Zustimmung
eines Dritten abhängt, wird dadurch auch die Vertretungsmacht zur Abgabe der
verfahrensrechtlichen Eintragungsbewilligung beschränkt. Dem Grundbuchamt ist dann
auch die Zustimmung des Dritten nachzuweisen (Demharter, GBO, 32. Aufl., §§ 19,
Rdn. 63).

a) Ein im gesetzlichen Güterstand lebender Ehegatte ist grundsätzlich befugt, über seinem
Vermögen zugehörige Gegenstände frei zu verfügen, § 1364 BGB (Grüneberg/Siede, BGB,
81. Aufl., § 1364, Rdn. 2). Nur bei Verfügungen über sein Vermögen im Ganzen bedarf er
der Einwilligung des anderen Ehegatten, § 1365 Abs. 1 BGB. Eine solche Verfügung kann
auch bei einer Verfügung über ein einzelnes Grundstück – oder wie hier
Wohnungseigentumsrecht - vorliegen, wenn dieses tatsächlich das ganze oder nahezu das
ganze Vermögen des Ehegatten bildet (BGH, MDR 2013, 701). Wird mit der Belastung
durch ein Grundpfandrecht der Wert des Grundstücks ausgeschöpft, kann diese Verfügung
dem Zustimmungserfordernis unterfallen (BGH, FamRZ 2012, 116, 117).

Da das Zustimmungserfordernis eine Ausnahme von der freien Verfügungsbefugnis des
Ehegatten, § 1364 BGB, darstellt, kann das Grundbuchamt grundsätzlich davon ausgehen,
dass ein Rechtsgeschäft über ein Grundstück auch bei im gesetzlichen Güterstand lebenden
Eheleuten keine Verfügung über das Vermögen im Ganzen darstellt. Das Grundbuchamt ist
nur dann zu einer Beanstandung berechtigt und verpflichtet, wenn es von dem Vorliegen
der Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB Kenntnis hat oder wenn aus den
Eintragungsunterlagen oder aufgrund bekannter bzw. nach der Lebenserfahrung
naheliegender Umstände begründeter Anlass zu einer solchen Annahme besteht (BGH,
MDR 2013, 701). Dem Grundbuchamt ist dann die Einwilligung des Ehegatten und die
Ehe zwischen ihm und dem Grundstückseigentümer in der Form des § 29 Abs. 1 GBO
nachzuweisen.

b) Vor diesem Hintergrund ist die angefochtene Zwischenverfügung im Ausgang nicht zu
beanstanden. Die Beteiligte zu 1 hat im Rahmen der Beurkundung vom 7. Oktober 2021 –
UR-Nr. B 1xx/2 ... des Notars C ... A. B ... in B ... x – ausdrücklich erklärt, mit dem
Vertrag über ihr ganzes oder überwiegendes Vermögen im Sinne von § 1365 BGB zu
verfügen und mit Herrn S ... x K ... x im gesetzlichen Güterstand verheiratet zu sein.

Unter Hinzurechnung von 12 v.H. jährlicher Zinsen für nur zwei Jahre (= 2 x 49.800,00
EUR) zu dem Nominalbetrag der zur Eintragung beantragten Grundschuld (415.000,00
EUR) wird der mit dem Kaufpreis für das Wohnungseigentum (499.000,00 EUR) zu
veranschlagende Verkehrswert, § 46 Abs. 1 GNotKG, überschritten.

aa) Die danach zur Veräußerung des Wohnungseigentums erforderliche Zustimmung hat
der Ehemann der Beteiligten zu 1 hingegen am 7. Oktober 2021 – UR-Nr. B 1xx/2 ... des
Notars C ... B. B ... in B ... – erklärt. Diese Erklärung umfasste auch die in Punkt 13.1 von
der Beteiligten zu 1 übernommene Verpflichtung, „an der Finanzierung des Kaufpreises
durch den Käufer zu Lasten des Kaufgegenstandes mitzuwirken“. Entgegen dem
Grundbuchamt bedurfte es danach bei der Bestellung der Finanzierungsgrundschuld unter
Ausnutzung der erteilten Vollmacht durch die Beteiligte zu 2 nicht der erneuten
Zustimmung des Ehemanns der Beteiligten zu 1.

Dabei ist dem Grundbuchamt zuzugeben, dass dies anders wäre, wenn nicht die
Zustimmung des Ehegatten, sondern die Genehmigung des Familien- bzw.
Betreuungsgerichts gemäß §§ 1821 Abs. 1 Nr. 1, 1908i Abs. 1 S. 1 BGB nachzuweisen wäre.
Es entspricht der herrschenden, von dem Senat geteilten Meinung, dass durch die familienoder
betreuungsgerichtliche Genehmigung eines Kaufvertrags über ein Grundstück die
Genehmigungsbedürftigkeit des nachfolgenden dinglichen Geschäfts der
Grundpfandrechtsbestellung nicht entfällt (OLG Hamm, FGPrax 2014, 11, 12; OLG
Frankfurt/Main, Beschluss vom 16. Juni 2011 – 20 W 251/11 – juris; OLG Zweibrücken,
DNotZ 2005, 634, 635; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rdn. 3688). Das
beruht auf der Annahme, dass der Kreis der nach §§ 1821, 1822 BGB
genehmigungsbedürftigen Geschäfte im Interesse der Rechtssicherheit an einer klaren
Abgrenzung rein formal und damit eindeutig zu bestimmen ist, so dass bei der Anwendung
der genannten Vorschriften grundsätzlich kein Raum für eine wertende, an der
wirtschaftlichen oder sonstigen Bedeutung des in Frage stehenden Geschäfts orientierten
Betrachtungsweise bleibt. Es verbietet sich daher, eine nach dem klaren Wortlaut des § 1821
Abs. 1 Nr. 1 BGB genehmigungsbedürftige Verfügung allein deshalb für genehmigungsfrei
zu halten, weil dieselben Interessen des Vertretenen bereits durch ein anderes
Rechtsgeschäft berührt und im Rahmen der dafür erteilten gerichtlichen Genehmigung
ausreichend gewahrt würde, so dass für die Genehmigung der formal unter § 1821 Abs. 1
Nr. 1 BGB fallenden Verfügung kein Bedürfnis mehr bestehe (Senat, Beschluss vom 17.
November 1992 – 1 W 4462/92 – OLGZ 1993, 266, 267).

Eine solche formale Betrachtung ist bei Verfügungen eines im gesetzlichen Güterstand
lebenden Ehegatten jedenfalls dann nicht geboten, wenn es wie hier im Rahmen der
Veräußerung eines Grundstücks um dessen Belastung mit einem der Sicherung der
Kaufpreisfinanzierung dienenden Grundpfandrecht geht. Diese Belastung ist so eng mit der
Veräußerung des Grundstücks verbunden, dass es gerechtfertigt erscheint, sie lediglich als
„Veräußerungsmodalität“ anzusehen, ähnlich der Erwerbsmodalitäten, wenn der Ehegatte
bei dem Erwerb eines Grundstücks zur Sicherung des Restkaufpreises ein Grundpfandrecht
bestellt (vgl. Thiele, in: Staudinger, BGB, 2017, § 1365, Rdn. 56). Der Belastung des
Eigentums kommt hier im Ergebnis nur eine im Verhältnis zu seiner letztlich angestrebten
Übertragung geringe, untergeordnete Bedeutung zu (vgl. Bernauer, DNotZ 2019, 12, 22).
Im Hinblick auf die regelmäßig, so auch hier, getroffenen Sicherungsabreden zwischen den
Kaufvertragsparteien ist mit der Eintragung dieses Grundpfandrechts auch keine die
Zwecke des § 1365 BGB (hierzu BGH, NJW 2007, 3124, 3126) gefährdende Belastung des
Vermögens des Ehegatten verbunden. Die Grundschuldgläubigerin darf die Grundschuld
nur wegen der Beträge verwerten, die sie tatsächlich mit Tilgungswirkung auf die
Kaufpreisschuld des Erwerbers geleistet hat (Everts, in: Beck`sches Notar-Handbuch,
7. Aufl., § 1 Grundstückskauf, Rdn. 274), so dass zuvor entsprechende Zahlungen bei dem
Verkäufer eingegangen sein müssen.

Darüber hinaus ist zutreffend darauf hingewiesen worden, dass sich auch die gerichtlichen
Genehmigungen ihrer verfahrensrechtlichen Form nach so grundlegend von der
Zustimmung des anderen Ehegatten nach § 1365 Abs. 1 BGB unterscheiden, dass bei
letzteren eine rein formale Betrachtung zu kurz greift (Bernauer, a.a.O., 23).

bb) Entgegen der angefochtenen Zwischenverfügung bedarf es vorliegend keines
„aktuellen“ Ehenachweises. Die Eheschließung der Beteiligten zu 1 mit Herrn S ... K ... ist
mit der bei den Akten befindlichen Eheurkunde (eine „Heiratsurkunde“ gibt es nicht und
kann folglich von keinem Standesamt ausgestellt werden, § 55 Abs. 1 Nr. 2 PStG) bewiesen,
§§ 54 Abs. 1 und 2, 55 Abs. 1 Nr. 2 PStG. Sie lag dem Grundbuchamt am 22. September
2021 im Original vor und genügte damit der im Grundbuchverfahren erforderlichen Form,
§ 29 Abs. 3 GBO.

Hingegen ist es zutreffend, dass die am Tag der Eheschließung ausgestellte Eheurkunde
über den derzeitigen Bestand der Ehe keine Aussage trifft. Das ist hier allerdings
unschädlich. Es ist kein Anhaltspunkt ersichtlich, dass die Beteiligte zu 1 mit einer anderen
Person als mit Herrn K ... verheiratet sein könnte. Er hat aber nach den obigen
Ausführungen die nach § 1365 Abs. 1 BGB erforderlichen Erklärungen – auch hinsichtlich
der hier beantragten Eintragung einer Grundschuld im Grundbuch – abgegeben. Hätte die
Ehe im Zeitpunkt der Beurkundung vom 7. Oktober 2021 bereits nicht mehr bestanden,
wäre die Zustimmung des Herrn K ... nicht erforderlich gewesen. Seine Erklärung ginge
dann ins Leere.

Dem steht die Entscheidung des Senats vom 20. Mai 2014 (1 W 234-235/14 – DNotZ
2014, 698) nicht entgegen. Die beiden Sachverhalte unterscheiden sich grundlegend. Dort
hatten die Beteiligten schon keine Eheurkunde vorgelegt, so dass nicht einmal die
Eheschließung nachgewiesen war. Zudem war die bestehende Ehe Voraussetzung des
Vollzugs der Eigentumsumschreibung, weil nur dann die in der Gemeinschaftsordnung der
Wohnungseigentümer vorgesehene Ausnahme von dem Zustimmungserfordernis nach § 12
WEG überhaupt erfüllt war.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

01.03.2022

Aktenzeichen:

1 W 471/21

Rechtsgebiete:

Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Eheliches Güterrecht
Grundbuchrecht
Kostenrecht
WEG
Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen

Normen in Titel:

BGB §§ 1364, 1365, 1821; PStG §§ 54, 55; GBO §§ 13, 19, 29