BGH 23. Juli 2007
NotZ 42/07
BNotO §§ 111 Abs. 1, 115; GG Artt. 33 Abs. 5, 12 Abs. 1

Keine Antragsbefugnis von Notaren im Landesdienst (in Baden-Württemberg) gegen Ausschreibung freier Notarstellen

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: notz42_07
letzte Aktualisierung: 23.7.2007
BGH, 23.7.2007 - NotZ 42/07
BNotO §§ 111 Abs. 1, 115; GG Artt. 33 Abs. 5, 12 Abs. 1
Keine Antragsbefugnis von Notaren im Landesdienst (in Baden-Württemberg) gegen
Ausschreibung freier Notarstellen
Badische Amtsnotare sind nicht befugt, Anträge auf gerichtliche Entscheidung zu stellen mit
dem Begehren, die Verfahren über die (erstmalige) Besetzung von Notarstellen zur
hauptberuflichen Amtsausübung im badischen Rechtsgebiet abzubrechen.


BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
NotZ 42/07
vom
23. Juli 2007
in dem Rechtsstreit
wegen Nichtbesetzung von Notarstellen
Nachschlagewerk:
BGHZ:
BGHR:
ja
ja
ja
GG Artt. 33 Abs. 5, 12 Abs. 1; BNotO §§ 111 Abs. 1, 115
Badische Amtsnotare sind nicht befugt, Anträge auf gerichtliche Entscheidung
zu stellen mit dem Begehren, die Verfahren über die (erstmalige) Besetzung
von Notarstellen zur hauptberuflichen Amtsausübung im badischen Rechtsgebiet abzubrechen.
BGH, Beschluss vom 23. Juli 2007 - NotZ 42/07 - OLG Stuttgart
Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Wendt und Becker sowie die Notare Justizrat Dr. Ebner und Dr. Bauer
am 23. Juli 2007
beschlossen:
Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller gegen den
Beschluss des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 16. Februar 2007 - Not 2/05 - werden
mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Anträge der
Antragsteller als unzulässig zurückgewiesen werden.
Die Antragsteller haben die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und dem Antragsgegner die
im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen
Kosten zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf
250.000 €
festgesetzt.
Gründe:
I. Der Antragsgegner beabsichtigt, erstmals von seiner ihm durch
das Vierte Gesetz zur Änderung der Bundesnotarordnung vom 22. Juli
2005 (BGBl. I S. 2188) in § 115 Abs. 1 BNotO eingeräumten Befugnis
Gebrauch zu machen, im badischen Rechtsgebiet Notare zur hauptberuflichen Amtsausübung zu bestellen. Er schrieb auf seiner Homepage
(http://www.justiz-bw.de) 25 Notarstellen an 15 Amtssitzen im badischen
Rechtsgebiet aus. Innerhalb der bis zum 30. November 2005 laufenden
Bewerbungsfrist gingen von 102 Bewerbern einschließlich der Mehrfachbewerbungen insgesamt 655 Bewerbungen ein. Mit Bescheiden vom
1. Juli 2006 teilte der Antragsteller den Bewerbern das Ergebnis seiner
Auswahlentscheidungen mit. Die danach vorgesehenen Besetzungen hat
er bislang nicht vollzogen.
Die Antragsteller, Notare im Landesdienst im badischen Rechtsgebiet, meinen, diese Notarbestellungen verletzten sie in ihren Rechten,
insbesondere in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG und ihrem
grundrechtsgleichen Recht aus Art. 33 Abs. 5 GG. Eine Konkurrenz
durch Notare zur hauptberuflichen Amtsausübung benachteilige sie als
Amtsnotare. Einerseits werde sich das Schwergewicht ihrer Tätigkeit weg
von der eigentlichen notariellen Tätigkeit hin zu den ihnen landesrechtlich zugewiesenen grundbuchamtlichen und nachlassrichterlichen Aufgaben verlagern, deren Erledigung infolge des dann zunehmenden Vollzugs von Beurkundungen anderer Notare zudem einen erheblich höheren
Zeitaufwand erfordern werde. Neben einer derartigen für sich gesehen
bereits nachteilhaften "Berufsbildverschiebung" werde dies andererseits
zu erheblichen Einkommenseinbußen wegen des zu erwartenden Rückgangs der ihnen zufließenden Gebührenanteile führen.
Der damit gegebene Grundrechtseingriff sei verfassungsrechtlich
nicht gerechtfertigt. Die gesetzliche Grundlage, das Vierte Gesetz zur
Änderung der Bundesnotarordnung, sei wegen Verstoßes gegen Art. 72
Abs. 2 GG, den Bestimmtheitsgrundsatz und das Gebot der Normenklarheit und -wahrheit verfassungswidrig. Abgesehen davon sei aus § 115
Abs. 1 BNotO selbst, der eine gleichrangige, dauerhafte Mischverfassung für selbständige und beamtete Notare aus verfassungsrechtlichen
Gründen nicht vorsehen könne, und auch aus Art. 23 Abs. 1 LV und
Art. 50 Satz 2 LV wegen der bislang unterbliebenen Beteiligung des Landesparlaments herzuleiten, dass zumindest derzeit keine Notare zur
hauptberuflichen Amtsausübung bestellt werden dürften. Eine solche Bestellung sei zum jetzigen Zeitpunkt zudem ermessensfehlerhaft, weil sie
eine künftig notwendig werdende Neuordnung der badischen Notariatsverfassung erschwere. Die Stellenausschreibung sei schließlich auch
deswegen rechtswidrig, weil sie ohne die nach § 4 BNotO erforderliche
Bedürfnisprüfung vorgenommen worden sei.
Das Oberlandesgericht hat die Anträge auf gerichtliche Entscheidung mit dem Inhalt, dem Antragsgegner aufzugeben, die ausgeschriebenen 25 Notarstellen im badischen Rechtsgebiet nicht zu besetzen und
die Stellenausschreibung abzubrechen, als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgen.
II. Die sofortigen Beschwerden sind gemäß § 111 Abs. 4 BNotO
i.V. mit § 42 Abs. 4 BRAO zulässig, in der Sache aber unbegründet. Die
Anträge auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 111 BNotO sind bereits
nicht zulässig; den Antragstellern fehlt dafür die Antragsbefugnis. Die
beanstandete Fortsetzung des Besetzungsverfahrens auf der Grundlage
der einleitenden Stellenausschreibung und des anschließenden Auswahlverfahrens (vgl. Senat, Beschluss vom 28. November 2005 - NotZ
30/05 - DNotZ 2006, 384) kann die Antragsteller nicht in eigenen - subjektiven - Rechten verletzen.
1. Die Antragsberechtigung ist Zulässigkeitsvoraussetzung für einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 111 BNotO, der nur
auf die Beeinträchtigung von Rechten, nicht aber lediglich von Interessen
des Antragstellers gestützt werden kann (Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2002 - NotZ 17/02 - ZNotP 2003, 74). Das gilt über den Wortlaut
von § 111 Abs. 1 Satz 2 BNotO hinaus nicht nur für Anfechtungs-, sondern auch für Leistungsanträge (Senat, Beschluss vom 18. September
1996 - NotZ 46/94 - NJW 1996, 123, 124; Eylmann/Vaasen/Custodis,
BNotO/BeurkG 2. Aufl. § 111 BNotO Rdn. 89), mithin auch für Unterlassungsanträge, die sich - wie vorliegend - gegen eine beabsichtigte Bestellung von neuen Notaren zur hauptberuflichen Amtsausübung im Sinne des § 3 Abs. 1 BNotO richten (Senat, Beschlüsse vom 16. Juli 2001
391, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 67, 348).
2. Die Antragsbefugnis ist zu bejahen, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die eine Beeinträchtigung seiner Rechte als möglich erscheinen lassen. Das ist der Fall, wenn die
Verwaltung nach seinem Vorbringen Rechtssätzen zuwiderhandelt, die
ausschließlich oder zumindest auch dem Schutz seiner Individualinteressen bestimmt sind (st. Rspr., vgl. Senat, Beschlüsse vom 28. November
2005 aaO S. 385; 2. Dezember 2002 aaO; 16. Juli 2001 aaO; Eylmann/Vaasen/Custodis, aaO Rn. 90 jeweils m.w.N.). Die Antragsberechtigung fehlt dagegen, wenn die Verletzung solcher Rechte offensichtlich
und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise möglich ist (BVerwGE 44,
1, 3). Ob der möglicherweise verletzte Rechtssatz abstrakt geeignet ist,
subjektive Rechte des Antragstellers zu begründen, ist dabei abschließend im Rahmen der Zulässigkeit zu klären (vgl. Kopp/Schenke, VwGO
14. Aufl. § 42 Rdn. 66 m.w.N.), ob er tatsächlich verletzt ist, ist dagegen
eine Frage der Begründetheit (Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2002
aaO).
Danach fehlt den Antragstellern hier die Antragsberechtigung. Sie
haben keine Tatsachen vorzutragen vermocht, die es möglich erscheinen
lassen, dass die vom Beschwerdegegner beabsichtigte Bestellung von
25 Notaren zur hauptberuflichen Amtsausübung sie in ihren Rechten verletzt.
a) Ohne Erfolg berufen sich die Antragsteller zunächst auf Art. 33
Abs. 5 GG. Die beabsichtigten Notarbestellungen berühren den sachlichen Schutzbereich dieses grundrechtsgleichen Rechts, das den Antragstellern als Beamten im statusrechtlichen Sinn subjektive Rechte
gewährt (vgl. BVerfGE 107, 218, 236 f. m.w.N.), offensichtlich nicht.
aa) Die Antragsteller unterfallen hinsichtlich ihres gesamten Tätigkeitsfelds dem persönlichen Schutzbereich des Art. 33 Abs. 5 GG. Als
badische Notare im Landesdienst sind sie Beamte im statusrechtlichen
Sinn, für deren Dienstverhältnis grundsätzlich das allgemeine Beamtenrecht gilt (Richter/Hammel, LFGG 4. Aufl. § 17 Rn. 1 und § 20 Rn. 1; VG
Karlsruhe, Urteil vom 15. Juli 1997 - juris Rn. 16). Im Rahmen dieser statusrechtlichen Beamtenstellung üben sie auch die ihnen von § 3 Abs. 1
LFGG zugewiesenen Aufgaben der vorsorgenden Rechtspflege aus. Für
den Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 5 GG ergeben sich insoweit
keine Unterschiede je nach der Art der den Amtsnotaren übertragenen
Aufgaben (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Dezember 2005 - 2
BvR 1779/05 - juris Rn. 6; VGH Baden-Württemberg, Beschl. vom
18. Juni 1998 - juris Rn. 3).
§ 3 Abs. 1 Satz 2 LFGG steht dem nicht entgegen. Diese Vorschrift
enthebt die badischen Notare im Landesdienst bei der ihnen nach § 3
Abs. 1 LFGG zugewiesenen Aufgabe der vorsorgenden Rechtspflege
nicht ihrer statusrechtlichen Beamtenstellung, sondern garantiert ihnen
für diese Tätigkeit lediglich die auch Notaren nach § 3 Abs. 1 BNotO zukommende sachliche Unabhängigkeit (vgl. Richter/Hammel, aaO § 3
Rn. 2 f.; Schippel/Bracker/Görk, BNotO 8. Aufl. § 115 Rn. 10).
bb) Der sachliche Schutzbereich des Art. 33 Abs. 5 GG wird hingegen durch die von den Antragstellern befürchteten Veränderungen in
Bezug auf Einkommen und Berufsbild offensichtlich nicht berührt.
(1) Eine Bestandsgarantie für die den Antragstellern gemäß § 10
Abs. 3 und § 12 LJKG neben ihrer Besoldung, die zumindest der Besoldungsgruppe
R1
entspricht,
zufließenden
Gebührenanteile
enthält
Art. 33 Abs. 5 GG nicht (BVerfG, Beschluss vom 23. Dezember 2005 juris Rn. 6). Dass die von ihnen prognostizierte Verringerung des Gebührenaufkommens unter Berücksichtigung ihrer Besoldung zu einer verfassungsrechtlich
relevanten
Unteralimentierung
führen
könnte
(vgl.
BVerfGE 107, 218, 237 m.w.N.), haben die Antragsteller selbst nicht geltend gemacht; dafür ist auch sonst nichts ersichtlich.
(2) Aus der von den Antragstellern weiterhin nachdrücklich betonten Einflussnahme auf das Berufsbild ergibt sich für sie nichts anderes.
Sollte die Bestellung von 25 Notaren zur hauptberuflichen Amtsausübung
tatsächlich dazu führen, dass sich das Schwergewicht ihrer Tätigkeit von
der ihnen gemäß § 3 Abs. 1 LFGG zugewiesenen Aufgabe der vorsorgenden Rechtspflege auf die ihnen gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 LFGG
bzw. gemäß § 17 Abs. 3 und § 38 LFGG zugewiesenen Grundbuch- und
Nachlasssachen verlagerte, wäre hiervon allein das Amt im konkretfunktionellen Sinn betroffen, das Art. 33 Abs. 5 GG gerade nicht garantiert (vgl. BVerfGE 47, 327, 411; Jarass in: Jarass/Pieroth, GG 8. Aufl.
Art. 33 Rn. 63).
Zu den von Art. 33 Abs. 5 GG geschützten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums gehört das "Recht am Amt" insoweit, als
Beamten eine erlangte statusrechtliche Stellung grundsätzlich nicht wieder genommen werden darf (vgl. BVerfGE 56, 146, 166; 64, 367, 385;
Jachmann in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG II 5. Aufl. Art. 33 Rn. 52;
Wichmann
in:
Wichmann/Langer,
Öffentliches
Dienstrecht
6. Aufl.
Rn. 37) und als es den Beamten eine Beschäftigung entsprechend der
Wertigkeit des statusrechtlichen Amtes im Sinne eines "amtsgemäßen"
Aufgabenbereichs sichert (vgl. BVerfGE 47, 327, 411 f.; BVerwGE 87,
310, 315; 89, 199, 200; 98, 334, 337; Jachmann, aaO; Jarass, aaO;
Wichmann, aaO). Ein Recht des Beamten am Amt im konkretfunktionellen Sinne, also ein Recht auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung seiner dienstlichen Aufgaben, folgt aus Art. 33 Abs. 5 GG
dagegen nicht; Änderungen seines dienstlichen Aufgabenbereichs nach
Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinne hat der Beamte hinzunehmen (vgl. BVerfGE 47, 327, 411 f.; 52, 303, 354; 56, 146, 162;
BVerwGE 89, 199, 201; 122, 53, 56; Jarass, aaO; Wichmann, aaO).
Die von den Antragstellern vorhergesagte "Berufsbildverschiebung" beträfe sie zunächst nicht in ihrem statusrechtlichen Amt, das
durch die Elemente "Amtsbezeichnung", "Besoldungsgruppe" und "Laufbahn" definiert wird (BVerfGE 70, 251, 266; Wichmann, aaO Rn. 49).
Auch im Falle der Verlagerung des tatsächlichen Schwergewichts der Tätigkeit der Beschwerdeführer von der vorsorgenden Rechtspflege auf den
Bereich der Grundbuch- und Nachlasssachen verbleibt jedem "Notar im
Landesdienst" - eine bloße Funktionsbezeichnung (Richter/Hammel, aaO
§ 2 Rn. 1) - seine bisherige aus § 2 LBesG i.V. mit der Anlage I zu § 2
LBesG folgende Amtsbezeichnung "Justizrat", "Oberjustizrat" oder "Notariatsdirektor" (zur Qualifikation dieser Bezeichnungen als Amtsbezeichnungen vgl. Richter/Hammel, aaO § 2 Rn. 1). Er ist nach diesen Vorschriften unabhängig vom Schwergewicht seiner Tätigkeit weiterhin den
Besoldungsgruppen R 1 oder R 2 und der hieraus folgenden Laufbahn
zugeordnet.
Auch der aus Art. 33 Abs. 5 GG folgende Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung bliebe davon unberührt. Die den Justizräten,
Oberjustizräten und Notariatsdirektoren durch das Landesgesetz über
die freiwillige Gerichtsbarkeit zugewiesene Funktion des "Notars im Landesdienst" umfasst gemäß § 17 Abs. 3 und § 29 LFGG traditionell auch
die Erledigung der den Notariaten bzw. Grundbuchämtern als Behörden
zugewiesenen Aufgaben der Grundbuch- und Nachlasssachen (vgl. Nieder, BWNotZ 1986, 104). Diese Tätigkeiten, zu denen in anderen Ländern dem Richter vorbehaltene Geschäfte gehören (vgl. § 35 Abs. 3
RPflG), zählen mithin - soweit sie nicht der Geschäftsstelle oder dem Urkundsbeamten übertragen sind - wie die notarielle Tätigkeit im eigentlichen Sinn zum klassischen Tätigkeitsfeld der Justizräte, Oberjustizräte
und Notariatsdirektoren. Sie entsprechen damit gerade ihrem statusrechtlichen Amt. Eine verfassungsrechtlich relevante unterwertige Beschäftigung scheidet insofern von vornherein aus. Die Garantie eines
bestimmten Mischverhältnisses von nach der Bundesnotarordnung freien
Notaren zugewiesenen Tätigkeiten einerseits und nachlassgerichtlichen
sowie grundbuchamtlichen Tätigkeiten andererseits kann Art. 33 Abs. 5
GG in Verbindung mit dem statusrechtlichen Amt der Amtsnotare nicht
entnommen werden.
b) Auf Art. 12 Abs. 1 GG lässt sich die Antragsbefugnis ebenfalls
nicht stützen. Zwar erstreckt sich sein Schutzbereich grundsätzlich auch
auf Berufe im öffentlichen Dienst (BVerfGE 7, 377, 397 f.; 96, 205,
210 f.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland Bd. IV/1
2006 S. 1810 f.). Er wird aber durch die von den Antragstellern befürchteten Veränderungen beim Einkommen und Berufsbild der badischen
Amtsnotare offensichtlich nicht berührt.
aa) Ein Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantierte
Freiheit der Berufswahl kann mit einer Bestellung neuer Notare zur
hauptberuflichen Amtsausübung bei Fortbestehen der herkömmlichen
Amtsnotariate nicht verbunden sein. Über dieses Grundrecht geschützte
Rechtspositionen, wie die, überhaupt einen Beruf zu ergreifen oder darauf zu verzichten, einen bestimmten Beruf zu wählen oder verschiedene
Berufe zu kombinieren, den Beruf zu wechseln oder die berufliche Tätigkeit völlig zu beenden (vgl. Jarass, aaO Art. 12 Rn. 8), werden davon
nicht betroffen.
bb) Aber auch ein Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit kommt offenkundig nicht in Betracht.
Ob einem Beamten Einkommensbestandteile, die er aus der Wahrnehmung seines Amtes bezieht, verfassungsrechtlich auch für die Zukunft
gewährleistet sind und ob ihm ein verfassungsrechtlich geschütztes
Recht am Amt im konkret-funktionellen Sinne zusteht, wirft allein Fragen
nach dem verfassungsrechtlichen Schutz der inhaltlichen Ausgestaltung
seines öffentlichen Dienstverhältnisses auf. Die verfassungsrechtlichen
Garantien zur inhaltlichen Ausgestaltung der Dienstverhältnisse von Beamten richten sich aber - trotz grundsätzlicher Anwendung von Art. 12
GG auch auf Berufe im öffentlichen Dienst - nach Art. 33 Abs. 5 GG und
nicht nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG (BVerfGE 52, 303, 345; Manssen in:
v. Mangold/Klein/Stark, GG I 5. Aufl. Art. 12 Rn. 46; vgl. ferner Scholz in
Maunz/Dürig, GG [Stand: Juni 2006] Art. 12 Rn. 206). Einen darüber hinausgehenden Schutz gewährt Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG jedenfalls nicht.
c) Ob bei einem Rückgang des Urkundsaufkommens in einem Maße, wie ihn die Beschwerde erneut unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Landesrechnungshofes zur Situation bei württembergischen
Bezirksnotaren mit einem verbliebenen Anteil von 6,56% im Ballungsraum Stuttgart und in den Städten Esslingen und Ulm beschreibt, eine
Verletzung verfassungsrechtlich geschützter Rechtspositionen denkbar
sein könnte, bedarf keiner Erörterung. Für eine derartig signifikante Veränderung im Bereich der vorsorgenden Rechtspflege gibt es hier keinen
Anhalt. Insbesondere fehlt es an ausreichenden substanziellen Angaben,
wie sich die beabsichtigten Notarbestellungen in den jeweiligen Notariatsbezirken auswirken könnten. Für das Notariat Freiburg gehen die Antragsteller im Übrigen selbst lediglich von einem Beurkundungsrückgang
um die Hälfte als unmittelbare Folge der Bestellung der Notare zur
hauptberuflichen Amtsausübung aus.
d) Schließlich lässt sich eine Antragsbefugnis auch nicht auf eine
etwaige Verletzung von § 4 BNotO stützen. Subjektive Rechte können
sich für die Antragsteller als badische Notare im Landesdienst daraus
nicht ergeben.
aa) Die Bedarfsermittlung und Besetzung von Notarstellen gemäß
§ 4 BNotO (Bedürfnisprüfung) geschieht - wie grundsätzlich die Organisation von staatlichen Aufgaben (BVerfGE 73, 280, 292, 294) - ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit und dient ebenso wenig wie
die Einrichtung von Dienstposten der Beamten dazu, Berufsaussichten
Interessierter zu wahren. So besteht etwa zwischen Bewerbern um ein
Notaramt bzw. Amtsinhabern und der Justizverwaltung grundsätzlich keine Rechtsbeziehung, die eine Rücksichtnahme auf deren Belange bei
der Einrichtung von Stellen einforderte. Der Pflicht des Antragsgegners,
die Zahl der Notarstellen gemäß § 4 BNotO festzulegen, korrespondiert
insbesondere kein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG (st. Rspr., vgl. nur
BVerfGE aaO; Senat, Beschlüsse vom 31. März 2003 - NotZ 39/02 BGHR BNotO § 4 Bedürfnis 6 = ZNotP 2003, 355 f.; 24. November 1997
1999, 239, 240 und 18. September 1995 - NotZ 46/94 - BGHR BNotO § 4
Bedürfnis 1 = DNotZ 1996, 902, 903 f.). Gleiches gilt für Art. 33 Abs. 5
GG.
Abweichend davon hat der Senat § 4 BNotO ausnahmsweise
Schutzfunktionen entnommen, wenn die Justizverwaltung die Grenzen
ihres Organisationsermessens dergestalt überschreitet, dass das Mindestmaß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit selbständiger Amtsinhaber
gefährdet ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom 11. Juli 2005 - NotZ 1/05 BGHR BNotO § 4 Bedürfnis 9 = DNotZ 2005, 947 ff.; 22. März 2004
16. Juli 2001 - NotZ 7/01 - BGHR BNotO § 4 Bedürfnis 5 = DNotZ 2002,
70 f.; Schippel/Bracker, aaO § 4 Rn. 7 jeweils m.w.N.) oder sich die Verwaltung vom öffentlichen Interesse durch eine nicht bedarfs-, sondern
bewerberbezogene Stellenermittlung mit sachwidriger Begünstigung oder
Benachteiligung einzelner Bewerber oder Bewerbergruppen gelöst hat
(Senat, Beschluss vom 12. Juli 2004 - NotZ 8/04 - BGHR BNotO § 4 Bedürfnis 8 = ZNotP 2004, 410).
bb) Diese Ausnahmen sind hier indes ersichtlich nicht einschlägig.
Die Antragsteller sind als beamtete Notare davon nicht betroffen und
zwar auch, soweit sie sich auf eine drohende Schmälerung des Gebührenaufkommens berufen. Abgesehen davon, dass mit solchen Hinweisen
allein keinesfalls den Zulässigkeitsanforderungen genügt wird (vgl. Senat, Beschlüsse vom 28. November 2005 - NotZ 18/05 - NJW-RR 2006,
639, 640 Rn. 11 und 20. Juli 1998 - NotZ 31/97 - NJW-RR 1999, 207),
kann sich die genannte Senatsrechtsprechung zum Schutz wirtschaftlicher Belange von Amtsinhabern nicht auf die Notare im badischen Landesdienst beziehen. Diese werden - wie vorstehend unter 2. a) bb) (1)
ausgeführt - über die Besoldung nach den Besoldungsgruppen R 1 und
R 2 in einer ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit ausreichend sichernden
Weise alimentiert (Senat, Beschluss vom 15. April 1991 - NotZ 1/91 BGHR BNotO § 116 Abs. 1 Anwaltsnotar 1 = juris Rn. 25).
Erfolglos verweisen die Antragsteller letztlich auf den Senatsbeschluss vom 15. April 1991 (NotZ 1/91 - juris Rn. 9, insoweit in BGHR
BNotO § 116 Abs. 1 Anwaltsnotar 1 nicht abgedruckt), in dem der Senat
einen württembergischen Bezirksnotar für antragsbefugt gehalten hat,
der sich gegen die Bestellung eines Anwaltsnotars im gleichen Bezirk
wehren wollte. Unbeschadet der unterschiedlichen Einkommensstrukturen bei den württembergischen Bezirksnotaren und den badischen Amtsnotaren ist dies durch die vorgenannte Senatsrechtsprechung überholt.
Soweit sich dennoch daraus etwas Abweichendes ableiten ließe, hält der
Senat daran nicht fest.
3. Danach kann die Frage offen bleiben, ob einzelnen Antragstellern mit Blick auf die von ihnen ebenfalls betriebenen Konkurrentenstreitverfahren noch ein Rechtsschutzbedürfnis für das vorliegende Verfahren zuzuerkennen ist. Die Zulässigkeit scheitert hier schon an der
fehlenden Antragsberechtigung.
Auf die von den Antragstellern geltend gemachte Verfassungswidrigkeit, die sie insbesondere aus den unterschiedlichen Kompetenzbereichen vom Bund und vom Land gemäß Art. 72 Abs. 2, Art. 74 Abs. 1 und
Art. 138 GG meinen herleiten zu können, kommt es deswegen ebenfalls
nicht an. Der Senat teilt aber die Auffassung des Oberlandesgerichts und
des Antragsgegners, dass § 115 Abs. 1 BNotO formell und materiell verfassungsgemäß ist und dem Antragsgegner eine wirksame Grundlage für
die in Aussicht genommenen Notarbestellungen gibt.
Schlick
Wendt
Ebner
Becker
Bauer
Vorinstanz:

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

23.07.2007

Aktenzeichen:

NotZ 42/07

Rechtsgebiete:

Notarielles Berufsrecht

Normen in Titel:

BNotO §§ 111 Abs. 1, 115; GG Artt. 33 Abs. 5, 12 Abs. 1