DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 16.7.2015
OLG Nürnberg, 9.2.2015 - 15 W 178/15
BayFischG Art. 8 Abs. 1; GrEStG §§ 2, 22 Abs. 1 S. 1; BauGB §§ 24 Abs. 2, 28 Abs. 1
Eintragung eines selbständigen Fischereirechts in das Grundbuch setzt keine Unbedenklichkeitsbescheinigung
oder Vorkaufsrechtsverzichtserklärung der Gemeinde voraus
1. Der Erwerber eines selbständigen Fischereirechts im Sinne des Art. 8 Abs. 1 BayFiG darf
ohne Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GrEStG in das
Grundbuch eingetragen werden.
2. Der Erwerber eines selbständigen Fischereirechts im Sinne des Art. 8 Abs. 1 BayFiG darf in
das Grundbuch eingetragen werden, ohne dass er die Nichtausübung oder das Nichtbestehen
eines Vorkaufsrechts nach § 24 BauGB durch ein Zeugnis der Gemeinde nachweisen muss.
Entsprechend § 24 Abs. 2 BauGB steht der Gemeinde das Vorkaufsrecht bei dem Kauf von
selbständigen Fischereirechten im Sinne des Art. 8 Abs. 1 BayFiG nicht zu.
Gründe
I.
Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 31. Juli 2014 (URNr. .../201... des Notars Dr. B... in V...) veräußerte Herr E... Z... an den Beschwerdeführer zum Alleineigentum das „im Fischereigrundbuch des Amtsgerichts Amberg für I... Blatt ...“ unter laufender Nummer 2 des Bestandsverzeichnisses eingetragene „Fischereirecht in der Vils, Flst. ...; von der Grenze zu FlSt. ... aufwärts bis zur Grenze mit FlSt. .../..., alle Gemarkung I...“
Mit Schriftsatz vom 15. September 2014, beim Amtsgericht Amberg - Grundbuchamt - eingegangen am 17. September 2014, beantragte der Notar den Vollzug der Kaufvertragsurkunde. In dem Antrag führte er aus: „[...] Anträge sind für alle Antragsberechtigten gemäß § 15 GBO gestellt, Anträge wegen Eigentumsvormerkungen und Eigentumsumschreibungen jedoch nicht für den Veräußerer [...] Etwaige Zwischenverfügungen [...] sind nur mir zuzustellen. [...]“.
Nach einer Zwischenverfügung vom 2. Dezember 2014, mit der das Grundbuchamt auf die fehlende Vorkaufsbescheinigungen nach § 24 BauGB und Art. 39 BayNaturschutzgesetz i.V.m. Art. 8 BayFiG hingewiesen hatte, erließ das Grundbuchamt auf die Stellungnahme des Notars hin am 14. Januar 2015 eine weitere Verfügung. In dieser führte es aus, dass eine Vorkaufsbescheinigung nach dem BayNaturschutzgesetz nicht vorzulegen sei. Es seien jedoch die Vorkaufsrechtsbescheinigung nach § 24 BauGB und die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts einzureichen. Zur Behebung dieser Eintragungshindernisse setzte das Grundbuchamt eine Frist bis zum 14. Februar 2015 mit der Ankündigung, nach Ablauf dieser Frist den Antrag zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 19. Januar 2015, beim Grundbuchamt eingegangen am 21. Januar 2015, hat der Notar Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 14. Januar 2015 eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass ein Fischereirecht nach Art. 8 BayFiG kein Grundstück im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG sei und deshalb nicht der Grunderwerbssteuer unterliege. Die Vorlage eines Negativzeugnisses nach § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB sei ebenfalls nicht erforderlich, da das Fischereirecht des Art. 8 BayFiG weder ein Grundstück noch ein grundstücksgleiches Recht im Sinne des BauGB sei.
Das Amtsgericht Amberg hat mit Verfügung vom 22. Januar 2015 der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass das Fischereirecht gemäß Art. 8 BayFiG ein grundstücksgleiches Recht sei und auf dieses die für Grundstücke geltenden Vorschriften anzuwenden seien.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (dazu unter 1.) und begründet (dazu unter 2.).
1.a) Die Beschwerde ist statthaft. Jede einzelne Beanstandung einer Zwischenverfügung bildet eine Entscheidung im Sinne des § 71 Abs. 1 GBO und kann für sich allein angefochten werden (Demharter, Grundbuchordnung, 29. Aufl., § 71 Rn. 34).
b) Die Beschwerde ist wirksam durch den Notar für den Beschwerdeführer eingelegt worden. Der Notar kann gegen eine auf den Eintragungsantrag ergangene Entscheidung nicht im eigenen Namen, aber für einen Antragsberechtigten Beschwerde einlegen (vgl. Demharter, aaO, § 15 Rn. 20 mwN).
Zwar hat der Notar in der Beschwerde nicht angegeben, für wen er die Beschwerde einlegt. Allerdings ergibt sich aus dem Eintragungsantrag, dass der Notar bei der Eigentumsumschreibung nur für den Erwerber und somit für den Beschwerdeführer handelt. Vor diesem Hintergrund ist auch die Beschwerdeschrift so auszulegen, dass der Notar die Beschwerde für den Beschwerdeführer einlegen will.
2. Die Beschwerde ist begründet, da die vom Grundbuchamt geltend gemachten Eintragungshindernisse nicht bestehen.
a) Der Erwerber eines selbständigen Fischereirechts im Sinne des Art. 8 Abs. 1 BayFiG darf ohne Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GrEStG in das Grundbuch eingetragen werden. Denn ein solches Recht fällt nicht unter den Begriff des Grundstücks in § 2 GrEStG.
aa) Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG sind unter Grundstücken im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen. Das selbständige Fischereirecht ist jedoch nur ein dingliches Nutzungsrecht an einer fremden Sache. Es handelt sich um ein privatrechtliches, in etwa dem Erbbaurecht vergleichbares grundstücksgleiches Nutzungsrecht, das losgelöst vom Gewässereigentum als ein dieses Eigentum beschränkendes Recht besteht (BayVGH, Urteil vom 28. Juli 1999 - 9 B 96.4250, juris Rn. 19 mwN).
Grundstücksgleiche Rechte werden bereits nach dem Wortlaut nicht von § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG erfasst. Zudem zeigt die Gesetzesgeschichte, dass eine Erstreckung auf diese Rechte vom Gesetzgeber auch nicht gewollt ist. Das GrEStG 1919/1927 erfasste noch die grundstücksgleichen Rechte. Das GrEStG 1940 enthielt eine entsprechende Vorschrift nicht mehr, weil die grundstücksgleichen Rechte in Wirklichkeit kein Grundstück sind, durch die Grunderwerbsteuer aber nur der Übergang der eigentlichen Grundstücke besteuert werden sollte (vgl. BFHE 104, 97). Nach Inkrafttreten des Grundgesetzes galt das GrEStG 1940 als Landesrecht fort. Nach Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG in der bis zum Inkrafttreten des Finanzreformgesetzes vom 12. Mai 1969 (BGBl. I S. 359) geltenden Fassung hatten die Länder die ausschließliche Gesetzgebung über die Grunderwerbsteuer (BT-Drucks. 9/251, S. 12). Durch die bundesrechtliche Regelung im Jahre 1983 sollte der „kaum noch überschaubaren Zersplitterung des Grunderwerbsteuerrechts“ durch die Ländergesetzgebung (BT-Drucks. 9/251, S. 12) begegnet werden. Das Gesetz knüpfte an das GrEStG 1940 an; dies galt auch für den Begriff des Grundstücks (vgl. BT-Drucks. 9/251, S. 17). Dies zeigt, dass der Gesetzgeber sich bewusst dafür entschieden hat, grundstücksgleiche Rechte grundsätzlich nicht als Grundstücke im Sinne des § 2 GrEStG anzusehen. Die für Erbbaurechte bestehende Ausnahme in § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG kann daher nicht auf andere grundstücksgleiche Rechte ausgedehnt werden.
bb) Eine entsprechende Anwendung der Bestimmungen des GrEStG auf die selbständigen Fischereirechte kann durch Landesgesetz nicht geregelt werden. Der Bundesgesetzgeber hat insoweit abschließend von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht. Bundesrechtliche Begriffe können durch das Landesrecht nicht verändert werden; andernfalls würde das Bundesrecht je nach Landesrecht einen unterschiedlichen Inhalt haben können (BVerwG, NJW 1991, 2783, 2784). Wie der Beschwerdeführer durch Vorlage des Schreibens des Bay. Finanzministeriums vom 17. Mai 1999 „betr. Hinweise zum Erfordernis einer Unbedenklichkeitsbescheinigung bei Eintragungen in das Grundbuch“ nachgewiesen hat, geht auch die Finanzverwaltung davon aus, dass selbständige Fischereirechte nicht unter den Begriff des Grundstücks im Sinne des § 2 GrEStG fallen.
Aufgrund des Vorbehalts in Art. 69 EGBGB ist die Landesgesetzgebung nur berechtigt, die privatrechtlichen Verhältnisse der Fischerei zu regeln (Staudinger/Mayer, Neubearb. 2012, Art. 69 EGBGB Rn. 31).
b) Der Käufer eines selbständigen Fischereirechts im Sinne des Art. 8 Abs. 1 BayFiG darf in das Grundbuch eingetragen werden, ohne dass er die Nichtausübung oder das Nichtbestehen eines Vorkaufsrechts nach § 24 BauGB durch ein Zeugnis der Gemeinde nachweisen muss. Denn entsprechend § 24 Abs. 2 BauGB steht der Gemeinde das Vorkaufsrecht bei dem Kauf von selbständigen Fischereirechten im Sinne des Art. 8 Abs. 1 BayFiG nicht zu.
aa) Zwar sind gemäß § 200 Abs. 2 BauGB die für das Eigentum an Grundstücken bestehenden Vorschriften, soweit das Baugesetzbuch nichts anderes vorschreibt, entsprechend auch auf grundstücksgleiche Rechte anzuwenden. Das Grundbuchamt ist dementsprechend der Ansicht, dass das selbständige Fischereirecht dem Vorkaufsrecht aus § 24 BauGB unterfällt. Da § 24 Abs. 2 BauGB ein Vorkaufsrecht nur beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten ausschließe, bleibe das Vorkaufsrecht auf ein selbständiges Fischereirecht anwendbar.
bb) Der Entstehungsgeschichte des § 24 Abs. 2 BauGB lässt sich jedoch entnehmen, dass diese Vorschrift keine abschließende Regelung enthält.
Mit Beschluss vom 16. Februar 1984 (V ZB 24/83, BGHZ 90, 174 ff.) entschied der Bundesgerichtshof, dass ein Vorkaufsrecht der Gemeinde nach §§ 24 ff. BauGB auch dann in Betracht kommt, wenn nicht das Grundstück als ganzes, sondern lediglich ein ideeller Anteil daran, sei es als bloßes Bruchteilseigentum, sei es als Wohnungs- oder Teileigentum, verkauft wird. Zur Begründung hat er darauf abgestellt, dass für den Fall eines rechtsgeschäftlich bestellten Vorkaufsrechts am Grundstück nach einhelliger Meinung auch der Verkauf nur eines ideellen Eigentumsbruchteils den Vorkaufsfall auslöse. Rechtsgeschäftlich bestelltes und gemeindliches Vorkaufsrecht insoweit unterschiedlich zu behandeln, sei im vorliegenden Zusammenhang nicht geboten.
Der Gesetzgeber reagierte auf diese Rechtsprechung durch Schaffung des § 24 Abs. 2 BauGB, wonach das Vorkaufsrecht der Gemeinde beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten nicht zusteht. Dies hat er damit begründet, dass durch die Neuregelung das Vorkaufsrecht künftig auf die Fälle wirklichen städtebaulichen Bedürfnisses beschränkt werden solle (BR-Drucks. 575/85, S. 56). Gemeinden übten ihr Vorkaufsrecht nahezu ausschließlich zum Erwerb von öffentlichen Flächen aus. Als besonders verwaltungsaufwendig und als Erschwernis des Grundstücksverkehrs habe sich das Vorkaufsrecht gegenüber Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz erwiesen. Nach der Rechtsprechung bestehe auch in diesen Fällen ein gemeindliches Vorkaufsrecht. In der Praxis seien jedoch kaum Fälle denkbar, in denen hier das Vorkaufsrecht ausgeübt werden könne (BR-Drucks. 575/85, S. 56). § 24 Abs. 2 BauGB solle wesentlich zur Entlastung der Gemeinden beim Prüfungsvorgang und zur Beschleunigung im Rechtsverkehr beitragen. Auch Erbbaurechte sollten vom Vorkaufsrecht allgemein ausgenommen werden (BR-Drucks. 575/85, S. 83).
Der Gesetzgeber hatte bei der Einführung des § 24 Abs. 2 BauGB daher die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Blick (vgl. BR-Drucks. 575/85, S. 56) und ging bei der Begründung im Wesentlichen auf die erste Variante des § 24 Abs. 2 BauGB ein. Ausführungen dazu, dass besondere Gründe dafür bestanden, auch die Erbbaurechte vom Vorkaufsrecht auszunehmen, erfolgten nicht. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Gesetzgeber diesbezüglich nur von der allgemeinen Erwägung geleitet war, dass für ein Vorkaufsrecht kein wirkliches städtebauliches Bedürfnis besteht. Der ausdrückliche Ausschluss des Erbbaurechts durch § 24 Abs. 2 BauGB zeigt, dass der Erwerb von Grundstücken zur Sicherung der Flächen für die angestrebten städtebaulichen Maßnahmen im Vordergrund steht (BayVGH, NVwZ-RR 2014, 772 Rn. 21). Der Erwerb des Grundstücks ist trotz des Bestehens eines Erbbaurechts möglich. Gleiches gilt jedoch auch für ein Grundstück mit einem Gewässer, das mit einem selbständigen Fischereirecht belastet ist.
cc) Angesichts des Zwecks des § 24 Abs. 2 BauGB, den Erwerb solcher Rechte von dem Vorkaufsrecht auszunehmen, deren Beitrag zur Sicherung städtebaulicher Maßnahmen bei generalisierender Betrachtung zu gering ist, um den Einsatz des Vorkaufsrechts zu begründen (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand 2014, § 24 Rn. 89), besteht kein Grund, das selbständige Fischereirecht anders zu behandeln als das Erbbaurecht. Das Erbbaurecht gewährt dem Berechtigten das veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben (vgl. § 1 Abs. 1 ErbbauRG). Durch dieses Recht zur Bebauung kann der Erbbauberechtigte die von der Gemeinde angestrebten städtebaulichen Maßnahmen auf den Flächen stärker beeinträchtigen als der Inhaber eines selbständigen Fischereirechts. Denn es ist nicht das Grundstück selbst durch das Fischereirecht belastet, sondern lediglich das auf ihm befindliche Gewässer (BayVGH, NVwZ-RR 2014, 772 Rn. 21). Das Fischereirecht gibt auch nicht das Recht zur Umgestaltung der Fläche, sondern nur die Befugnis, in einem oberirdischen Gewässer Fische, Neunaugen und Krebse sowie Fluss-, Teich- und Perlmuscheln (Fische) zu hegen, zu fangen und sich anzueignen (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayFiG).
III.
1. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da gemäß § 25 Abs. 1 GNotKG die Haftung des Antragstellers für die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens erlischt, wenn das Rechtsmittel ganz oder teilweise mit Erfolg eingelegt worden ist und das Gericht nicht über die Kosten entschieden hat.
2. Bei der Bemessung des Geschäftswerts war von dem Wert des Fischereirechts (Kaufpreis von 4.000 €) ein Abschlag vorzunehmen, da es sich nur um eine Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung handelt und die Eintragungshindernisse leicht zu beheben gewesen wären.
3. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) sind nicht gegeben.