Selbstbestellung des AG-Vorstands zum Geschäftsführer der Tochter-GmbH; Bestellungsbeschluss; Insichgeschäft; Vertretung der Gesellschaft ggü. Vorstandsmitgliedern
letzte Aktualisierung: 23.3.2023
BGH, Beschl. v. 17.1.2023 – II ZB 6/22
Selbstbestellung des AG-Vorstands zum Geschäftsführer der Tochter-GmbH; Bestellungsbeschluss; Insichgeschäft; Vertretung der Gesellschaft ggü. Vorstandsmitgliedern
a) Die Vertretungsmacht des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft ist bei der
Beschlussfassung über seine Bestellung als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft nach § 181 Fall 1
BGB beschränkt.
b)
Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft nicht anwendbar.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist eine GmbH in Gründung. Alleinige Gesellschafterin
ist die J. AG, deren Vorstandsmitglieder D. ,
Dr. E. und Dr. T. diese entweder jeweils gemeinsam
mit einem anderen Vorstandsmitglied oder jeweils allein gemeinsam mit einem
Prokuristen vertreten.
Mit notariell beglaubigter Urkunde vom 4. Dezember 2019 bevollmächtigten
Dr. E. und Dr. T. , "handelnd als gesamtvertretungsbefugte Geschäftsführer
der J. AG", Dr. O. , die J. AG u.a. bei
der Gründung einer oder mehrerer Gesellschaften mit beschränkter Haftung
und der Bestellung eines oder mehrerer Geschäftsführer zu vertreten.
Am 5. Dezember 2019 errichtete Dr. O. in seiner Eigenschaft als
Vertreter der J. AG in notarieller Form die Antragstellerin. Der Gesellschaftsvertrag
sieht vor, dass die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer
hat. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft
allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft
von zwei Geschäftsführern gemeinsam oder von einem Geschäftsführer gemeinsam
mit einem Prokuristen vertreten. In einer zugleich abgehaltenen Gesellschafterversammlung
bestellte er die drei vorgenannten Vorstandsmitglieder
der Alleingesellschafterin zu Geschäftsführern der Antragstellerin.
Im April 2020 meldete der verfahrensbevollmächtigte Notar die Gesellschaft
und ihre Geschäftsführer zur Eintragung in das Handelsregister an.
Mit Zwischenverfügung vom 29. April/29. Mai 2020 hat das Amtsgericht
- Registergericht - ein Eintragungshindernis mitgeteilt und der Antragstellerin
aufgegeben, im Hinblick auf den Geschäftsführerbestellungsbeschluss vom
5. Dezember 2019 bezüglich der Vorstandsmitglieder Dr. E. und
Dr. T. eine Genehmigung durch den Aufsichtsrat der Alleingesellschafterin
samt zusätzlicher Befreiung der Vorstände von den Beschränkungen des
§ 181 Fall 1 BGB für den konkreten Einzelfall vorzulegen.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht die
Zwischenverfügung aufgehoben, soweit über die Vorlage einer Genehmigung
des Aufsichtsrats der Alleingesellschafterin für den Geschäftsführerbestellungsbeschluss
vom 5. Dezember 2019 hinaus die Vorlage einer Befreiung der Vorstandsmitglieder
von den Beschränkungen des § 181 Fall 1 BGB für den konkreten
Einzelfall verlangt worden war, und die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen.
Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt
die Antragstellerin ihren Eintragungsantrag weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
Beschlusses, soweit das Beschwerdegericht die Beschwerde zurückgewiesen
hat, und der Zwischenverfügung des Amtsgerichts.
1. Das Beschwerdegericht (OLG Frankfurt,
Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Einer Eintragung der Antragstellerin
stehe entgegen, dass die durch den bevollmächtigten Vertreter
Dr. O. erfolgte Stimmabgabe zur Bestellung der Vorstandsmitglieder
Dr. E. und Dr. T. zu Geschäftsführern schwebend unwirksam sei.
Zwar sei
Vorstandsmitglieds zum Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft um einen
Organakt der Tochtergesellschaft und nicht der Alleingesellschafterin handle.
Bei einer Selbstbestellung von Vorständen einer Aktiengesellschaft zu Geschäftsführern
einer Tochter-GmbH bestehe gleichwohl ein Interessenkonflikt,
dem mit einer jedenfalls entsprechenden Heranziehung von § 181 Fall 1 BGB
zu begegnen sei. Daran ändere nichts, dass die genannten Vorstandsmitglieder
nicht selbst an der Beschlussfassung mitgewirkt hätten, sondern von
Dr. O. vertreten worden seien, weil ein Vertreter nicht mehr Rechte auf
einen Untervertreter übertragen könne, als ihm selbst zustünden. Die Genehmigung
sei von dem Aufsichtsrat der Alleingesellschafterin als Bestellungsorgan
der vertretenen Vorstände zu erteilen. Einem Stimmverbot nach § 47 Abs. 4
Satz 2 Fall 1 GmbHG habe der Vertreter hingegen nicht unterlegen.
2. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß
§ 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerdebefugnis
der Antragstellerin ergibt sich bereits daraus, dass ihre Beschwerde
gegen die Zwischenverfügung des Registergerichts teilweise zurückgewiesen
wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2011 - II ZB 17/10,
1591 Rn. 7; Beschluss vom 27. Juli 2020 - II ZB 26/19,
Das gilt auch für die Vorgesellschaft, die ihre Ersteintragung in das Handelsregister
begehrt (BGH, Beschluss vom 20. Februar 1989 - II ZB 10/88,
325).
3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält der rechtlichen Prüfung
in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Zwar hat das Beschwerdegericht
zutreffend ein behebbares Eintragungshindernis erkannt, weil die auf die
Bestellung der Vorstandsmitglieder Dr. E. und Dr. T. zu Geschäftsführern
der Antragstellerin gerichtete Beschlussfassung schwebend unwirksam
ist. Zur Erteilung der Genehmigung der Bestellung der beiden Vorstandsmit-
glieder Dr. E. und Dr. T. zu Geschäftsführern ist hier aber nicht der
Aufsichtsrat der Alleingesellschafterin berufen.
a) Nach § 9c Abs. 1 Satz 1 GmbHG hat das Gericht die Eintragung abzulehnen,
wenn die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß errichtet und angemeldet
ist. Zur ordnungsgemäßen Errichtung der Gesellschaft zählt auch die vorschriftsgemäße
Bestellung des Geschäftsführers als notwendigem Organ (§ 10
Abs. 1 GmbHG; Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl., § 9c Rn. 4; Link in Gehrlein/
Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., § 9c Rn. 23; Scholz/Veil, GmbHG, 12. Aufl., § 9c
Rn. 24; MünchKommGmbHG/Wicke, 4. Aufl., § 9c Rn. 31).
b) Das Beschwerdegericht hat zutreffend angenommen, dass die Vorstandsmitglieder
Dr. E. und Dr. T. bei der Stimmabgabe bezüglich
der auf ihre eigene Bestellung gerichteten Beschlussfassung nach § 181 Fall 1
BGB in ihrer Vertretungsmacht beschränkt waren.
aa) Allerdings ist umstritten, ob die Selbstbestellung von Vorständen einer
Aktiengesellschaft zu Geschäftsführern einer Tochter-GmbH in den Anwendungsbereich
des § 181 Fall 1 BGB fällt.
Eine Auffassung sieht keinerlei Beschränkungen der Vertretungsmacht
des Vorstandsmitglieds bei seiner Selbstbestellung zum Geschäftsführer einer
Tochtergesellschaft (Ziemons in Ziemons/Binnewies, Handbuch Aktiengesellschaft,
Stand: 9.2020, Rn. 8.675; Pluskat/Baßler,
anders aber für die Anstellung ; Putz, RFamU 2022, 245, 246 f.; Schemmann,
Die überwiegende Gegenauffassung nimmt hingegen ein Vertretungsverbot
nach § 181 BGB an (BayObLG,
Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl., § 6 Rn. 67; Beurskens in Noack/Servatius/Haas,
GmbHG, 23. Aufl., § 6 Rn. 37; Buck-Heeb in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG,
5. Aufl., § 6 Rn. 37; KK-AktG/Cahn/Mertens, 4. Aufl., § 112 Rn. 4;
MünchKommGmbHG/Drescher, 4. Aufl., § 47 Rn. 227; Ganzer in Rowedder/
Pentz, GmbHG, 7. Aufl., § 47 Rn. 107; MünchHdBGesR VII/Gehle, 6. Aufl., § 9
Rn. 84; Groß-Bölting/Rabe in Hölters/Weber, AktG, 4. Aufl., § 112 Rn. 13;
MünchKommAktG/Habersack, 5. Aufl., § 112 Rn. 7; Henssler in Henssler/
Strohn, GesR, 5. Aufl.,
5. Aufl., § 112 Rn. 69 ff.; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., § 6
Rn. 38; Koch, AktG, 16. Aufl., § 112 Rn. 14; Noack in Noack/Servatius/Haas,
GmbHG, 23. Aufl., § 47 Rn. 60; Raff in Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl., § 6
Rn. 63; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 12. Aufl., § 47 Rn. 181;
MünchKommBGB/Schubert, 9. Aufl., § 181 Rn. 53; BeckOGK AktG/Spindler,
Stand: 1.10.2022, § 112 Rn. 25 ff.; Tebben in Michalski/Heidinger/Leible/
J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 6 Rn. 46; Wicke, GmbHG, 4. Aufl., § 6 Rn. 11;
Wasserbäch, Die Vertretung der Aktiengesellschaft durch ihren Aufsichtsrat,
2018, S. 131 f.; Bayer/Möller, Festschrift Grunewald, 2021, S. 79, 82;
Commichau,
Johnen,
des Deutschen Notarinstituts
Festschrift E. Vetter, 2019, S. 233, 237 f.; Maidl,
Scheller,
812, 820 f.; vgl. auch OLG Düsseldorf,
BGB; offenlassend: OLG München,
bb) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Die
Vertretungsmacht des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft ist bei der
Beschlussfassung über seine Bestellung als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft
nach § 181 Fall 1 BGB beschränkt.
(1) Nach § 181 Fall 1 BGB kann ein Vertreter, soweit ihm nicht ein anderes
gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen ein
Rechtsgeschäft nicht vornehmen. Die Beschlussfassung über die Bestellung
des Geschäftsführers einer GmbH und die Bestellung sind ein einheitliches
Rechtsgeschäft, auf das § 181 BGB anwendbar ist.
Die auf Herbeiführung eines Bestellungsbeschlusses (§ 6 Abs. 3 Satz 2
Fall 2, § 46 Nr. 5, § 47 Abs. 1 GmbHG) gerichtete Stimmabgabe ist eine empfangsbedürftige
Willenserklärung des Gesellschafters (BGH, Urteil vom
14. Juli 1954 - II ZR 342/53,
- II ZR 105/66,
der Personen- und Kapitalgesellschaften, 2021, S. 43 f.), auf die § 181 BGB
anwendbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1980 - V ZB 15/79, BGHZ 77,
7, 9; Urteil vom 17. Juni 1991 - II ZR 261/89,
Ellenberger, BGB, 82. Aufl., § 181 Rn. 6; Staudinger/Schilken, BGB,
Neubearb. 2019, § 181 Rn. 13; MünchKommBGB/Schubert, 9. Aufl., § 181
Rn. 16). Erklärungsempfänger der Stimmabgabe ist die Vorgesellschaft
(MünchKommGmbHG/Drescher, 4. Aufl., § 47 Rn. 36; Hillmann in Henssler/
Strohn, GesR, 5. Aufl.,
GmbHG, 23. Aufl., § 47 Rn. 7). Unmittelbar sachlich betroffen ist der zu bestellende
Geschäftsführer erst mit der Umsetzung des Beschlusses ihm gegenüber.
Dies hindert die Anwendung von § 181 BGB aber nicht, weil sich eine
solch ausschließlich formale Betrachtungsweise vom Sinn und Zweck der Norm
lösen würde.
Um Außenwirkung zu entfalten, muss der Bestellungsbeschluss dem Bestellten
bekanntgegeben werden (Bestellungserklärung), der seinerseits die
Annahme des Amts erklären muss (BGH, Urteil vom 24. Oktober 2005
- II ZR 55/04,
- II ZR 144/68,
Beurskens in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 6 Rn. 48 f.;
Buck-Heeb in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., § 6 Rn. 33;
MünchKommGmbHG/Goette, 4. Aufl., § 6 Rn. 57 f.; Scholz/Uwe H. Schneider/
Sven H. Schneider, GmbHG, 13. Aufl., § 6 Rn. 91; Möller, Die Beschlussfassung
im Recht der Personen- und Kapitalgesellschaften, 2021, S. 100 mwN;
Blath,
die in dem Beschluss zum Ausdruck gekommene innerkörperschaftliche Willensbildung
nach außen, ihr Erklärungsgehalt erschöpft sich in der Mitteilung
des Beschlussinhalts (vgl. KK-AktG/Cahn/Mertens, 4. Aufl., § 112 Rn. 4; Götze,
wird der Beschluss regelmäßig zugleich auch mit Außenwirkung umgesetzt (vgl.
BGH, Urteil vom 22. September 1969 - II ZR 144/68,
Urteil vom 5. Mai 2003 - II ZR 50/01,
Vorstandsmitglied im Namen der Mutter-Aktiengesellschaft als für die Vor-
GmbH die Bestellungserklärung abgebende Alleingesellschafterin und zugleich
bei Annahme des Amts im eigenen Namen, weswegen § 181 Fall 1 BGB auf
diesen Sachverhalt unmittelbar anwendbar ist (Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl.,
§ 6 Rn. 67; Gutachten des Deutschen Notarinstituts
190; vgl. auch Blath,
Nach Sinn und Zweck von § 181 Fall 1 BGB ist von einem einheitlichen
Rechtsgeschäft auszugehen so dass das Verbot des Selbstkontrahierens auch
für die Stimmabgabe gilt. Das Verbot will verhindern, dass verschiedene und
einander widersprechende Interessen durch ein und dieselbe Person vertreten
werden, weil dies die Gefahr eines Interessenkonflikts und damit einer Schädigung
des Vertretenen mit sich bringt (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1968
- II ZR 57/67,
1583). Eine solche Gefahr besteht bereits bei der auf die eigene Bestellung (bei
der Tochter-GmbH) gerichteten Stimmabgabe durch das Vorstandsmitglied der
Aktiengesellschaft, weil diese sich sachlich an ihn als zu Bestellenden richtet
und ihn materiell begünstigen soll (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1980
- V ZB 15/79,
Bestellung eines Geschäftsführers um ein mehraktiges Rechtsgeschäft handelt
(vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1968 - V ZR 188/64,
(2) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der § 181 BGB
auf Beschlüsse über Maßnahmen der Geschäftsführung oder sonstige gemeinsame
Gesellschaftsangelegenheiten, bei denen ein Gesellschafter das Stimmrecht
für sich und zugleich auch für einen anderen Gesellschafter ausübt, nicht
anwendbar ist (BGH, Urteil vom 22. September 1969 - II ZR 144/68, BGHZ 52,
316, 318; Beschluss vom 18. September 1975 - II ZB 6/74,
ist auf Beschlüsse, mit denen sich ein Vertreter des Alleingesellschafters zum
Geschäftsführer bestellt, nicht übertragbar. Das persönliche Interesse des Vorstandsmitglieds
am Beschlussgegenstand ist wegen seiner Selbstbetroffenheit
nicht identisch mit den mitgliedschaftlichen Interessen der Alleingesellschafterin
(vgl. BGH, Urteil vom 24. September 1990 - II ZR 167/89,
341 f. für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts). Der Stimmrechtsvertreter, der
nicht Gesellschafter ist, nimmt nicht selbst an der verbandsinternen Willensbildung
und dem Ringen darum, wie das vom Gesellschaftszweck geprägte
gleichgerichtete Interesse am besten zu verwirklichen ist, teil (aA
Pluskat/Baßler,
BGB abzuwehrende Gefahr eines Interessenwiderstreits hervor, weil bei ihm
das eigene Interesse am Abstimmungsergebnis nicht durch ein mindestens
gleichstarkes eigenes Interesse am Gedeihen der Gesellschaft aufgewogen
wird (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 1968 - II ZR 57/67,
216 f. für einen Testamentsvollstrecker). Zudem tritt das Vorstandsmitglied als
zu bestellendes Organ der Tochter-GmbH der von ihm vertretenen Aktiengesellschaft
in der von § 181 BGB gemeinten Art in der Rolle eines Geschäftsgegners
gegenüber, bei der er darum bemüht ist, seine eigene Rechtsposition
zu stärken (vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 1975 - II ZB 6/74,
Das gilt auch, wenn es nur um die Bestellung geht und nicht zugleich das
Anstellungsverhältnis betroffen ist. Schon die Bestellung stärkt die rechtliche
Stellung des Vorstandsmitglieds (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 1968
- II ZR 57/67,
organschaftlichen Handlungs- und Vertretungsmacht in der Tochtergesellschaft
(§ 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG) ausgestattet wird. Dass der Vorstand der Alleingesellschafterin
dem Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Weisungen erteilen
kann, denen dieser grundsätzlich zu folgen hat (BGH, Urteil vom
14. Dezember 1959 - II ZR 187/57,
von § 181 BGB daher nicht entgegen (aA Putz, RFamU 2022, 245, 246 f.). Zudem
können kollidierende organschaftliche Pflichten des Vorstands gegenüber
der Aktiengesellschaft einerseits (§ 93 AktG) und des Geschäftsführers gegen-
über der abhängigen GmbH (§ 43 GmbHG) andererseits entstehen (Drygala in
K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl., § 112 Rn. 9).
(3) Es besteht auch kein Anlass, § 181 BGB teleologisch zu reduzieren
(so aber Pluskat/Baßler,
des Bundesgerichtshofs gilt § 181 BGB nicht, wenn nach der Natur des
Rechtsgeschäfts eine Gefährdung der Interessen des Vertretenen nicht nur im
konkreten Einzelfall, sondern abstrakt-generell ausgeschlossen ist. Denn dann
besteht nach dem Normzweck kein Bedürfnis für ein Vertretungsverbot (BGH,
Beschluss vom 16. April 1975 - V ZB 15/74,
hat eine solche Sachverhaltsgestaltung, in der sich eine Schädigung
des Vertretenen typischerweise ausschließen lässt, vor dem Inkrafttreten von
§ 35 Abs. 3 Satz 1 GmbHG angenommen für Rechtsgeschäfte des geschäftsführenden
Alleingesellschafters einer GmbH mit sich selbst (BGH, Urteil vom
19. April 1971 - II ZR 98/68,
1979 - II ZR 197/78,
Geschäfte, die dem Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringen
(BGH, Urteil vom 27. September 1972 - IV ZR 225/69,
Urteil vom 25. April 1985 - IX ZR 141/84,
8. Juni 1989 - IX ZR 234/87,
2017 - IX ZR 224/16,
weil die vertretene Alleingesellschafterin keine Rechte aus der Bestellung ihres
Vorstandsmitglieds als Geschäftsführer ihrer Tochter-GmbH erlangt.
Im Hinblick auf die aufgezeigten gefährdeten Interessen der Alleingesellschafterin
handelt es sich auch nicht um ein im Sinne von § 181 BGB "neutrales"
Geschäft, so dass dahinstehen kann, ob die vorgenannte Rechtsprechung
entsprechend auszudehnen wäre (so Staudinger/Schilken, BGB,
Neubearb. 2019, § 181 Rn. 32; MünchKommBGB/Schubert, 9. Aufl., § 181
Rn. 34; BeckOK BGB/Schäfer, Stand: 1.11.2022, § 181 Rn. 19).
c) Zutreffend hat es das Beschwerdegericht für die Anwendung von
§ 181 Fall 1 BGB für unerheblich gehalten, dass die Alleingesellschafterin nicht
durch ihre Vorstandsmitglieder Dr. E. und Dr. T. , sondern durch den
von diesen bevollmächtigten Dr. O. vertreten wurde. Nach dem Zweck der
Norm spielt es keine Rolle, ob der nach § 181 BGB in seiner Vertretungsmacht
beschränkte organschaftliche Vertreter im Rahmen der Beschlussfassung die
Stimme selbst abgibt oder dafür einen (Unter-)Vertreter bestellt, weil er auf diesem
Umweg nicht seine eigene Vertretungsmacht erweitern kann (BGH, Urteil
vom 6. März 1975 - II ZR 80/73,
1990 - II ZR 167/89,
82. Aufl., § 181 Rn. 12; MünchKommBGB/Schubert, 9. Aufl., § 181 Rn. 50;
BeckOK BGB/Schäfer, Stand: 1.10.2022, § 181 Rn. 22; MünchKommAktG/
Spindler, 5. Aufl., § 78 Rn. 131; Bayer/Möller, Festschrift Grunewald, 2021,
S. 79, 84 f.; Schindeldecker,
d) Soweit die Rechtsbeschwerde meint, § 181 BGB sei unanwendbar,
weil sich die gesamtvertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder Dr. E.
und Dr. T. nach
den jeweils anderen zum Geschäftsführer der Tochtergesellschaft zu bestellen,
und sie dazu jeweils einzeln Dr. O. bevollmächtigt hätten, kann sie damit
nicht durchdringen. Eine wechselseitige Ermächtigung im Sinne von § 78 Abs. 4
Satz 1 AktG liegt nicht vor.
aa) Das Beschwerdegericht hat sich mit der erstmals in der Rechtsbeschwerde
behaupteten wechselseitigen Ermächtigung nicht befasst und die
Dr. O. erteilte Vollmacht nicht ausgelegt. Da weitere Feststellungen nicht
zu erwarten sind, kann der Senat die Auslegung nachholen und in der Sache
selbst entscheiden (
1974 - II ZR 153/72,
- VII ZR 179/73,
- VIII ZR 231/84,
612, 613; Urteil vom 16. Dezember 2020 - VIII ZR 247/18,
Rn. 27).
bb) Nach
der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut der
Erklärung auszugehen. In einem zweiten Auslegungsschritt sind sodann die
außerhalb des Erklärungsakts liegenden Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen,
soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen
(BGH, Urteil vom 19. Januar 2000 - VIII ZR 275/98,
Urteil vom 21. Oktober 2010 - III ZR 17/10, juris Rn. 14; Beschluss vom
14. Februar 2017 - VI ZB 24/16,
Aus der Dr. O. erteilten Vollmacht ergibt sich eine ausdrückliche
wechselseitige Ermächtigung der Vorstandsmitglieder Dr. E. und
Dr. T. nicht. Nach dem Wortlaut der Urkunde handelten die unterzeichnenden
Vorstandsmitglieder "als gesamtvertretungsbefugte Geschäftsführer"
der Alleingesellschafterin. Die Auffassung der Rechtsbeschwerde, wonach darin
sowohl eine wechselseitige Ermächtigung der Vorstandsmitglieder als auch
zwei jeweils einzeln erteilte Vollmachten zu sehen sein sollen, findet in dem
Wortlaut keine Stütze. Die Rechtsbeschwerde weist zutreffend darauf hin, dass
der Gebrauch des Wortes "Geschäftsführer" im Hinblick auf §§ 76, 78 AktG
terminologisch unzutreffend ist. Dabei handelt es sich nur um einen insoweit
unerheblichen Formulierungsfehler, wie sich auch daran zeigt, dass dieser Begriff
in der Unterschriftszeile gestrichen und der Fehler damit teilweise korrigiert
wurde. An der Maßgeblichkeit des Wortlauts der Urkunde im Übrigen ändert
sich dadurch nichts.
Außerhalb der Urkunde liegende Umstände, die für eine wechselseitige
Ermächtigung sprechen, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt. Solche
werden auch von der Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt. Zwar ist nach der
allgemeinen Lebenserfahrung anzunehmen, eine Erklärung solle nach dem Willen
des Erklärenden einen bestimmten rechtserheblichen Inhalt haben, weswegen
einer möglichen Auslegung der Vorzug zu geben ist, bei welcher der Erklärung
eine tatsächliche Bedeutung zukommt, wenn sich diese Erklärung ansonsten
als (teilweise) sinnlos erweisen würde (vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 1998
- II ZR 19/97,
im Wortlaut der Erklärung keinen Anklang findet, spricht schon, dass sich die
Vollmacht nicht als sinnlos erwiesen hat, weil die Möglichkeit einer Genehmigung
besteht. Zudem sind dagegen dieselben Erwägungen anzuführen, die den
Bundesgerichtshof veranlasst haben, es abzulehnen, eine von zwei Gesamtvertretern
einer GmbH gemeinsam abgegebene Vertragserklärung, bei der die
Mitwirkung des einen gegen § 181 BGB verstieß, in eine zulässige Ermächtigung
des anderen zur Alleinvertretung umzudeuten (vgl. BGH, Urteil vom
8. Oktober 1991 - XI ZR 64/90,
für die Bestellung der Geschäftsführer würden sich anders
gestalten. Die Bevollmächtigung und die darauf erfolgte Geschäftsführerbestel-
lung wäre gegenüber der Muttergesellschaft nicht von den Vorstandsmitgliedern
Dr. E. und Dr. T. gemeinsam zu verantworten. Vielmehr wären sie
dann nur verantwortlich für die Bestellung des jeweils anderen.
e) Rechtsfehlerhaft geht das Beschwerdegericht allerdings davon aus,
die Genehmigung für die Wirksamkeit der Stimmabgabe von Dr. O. sei
von dem Aufsichtsrat der Alleingesellschafterin zu erteilen.
aa) Stimmt ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft bei der Beschlussfassung
über seine Bestellung als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft
entgegen der Beschränkung des § 181 Fall 1 BGB mit ab, ist die Stimmabgabe
schwebend unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1975
- VIII ZR 115/74,
- II ZR 107/92,
GmbH zugleich der Bestellungsbeschluss schwebend unwirksam, ohne dass es
einer Anfechtungsklage bedarf, weil ansonsten dem Schutzzweck des § 181
BGB nicht hinreichend Rechnung getragen würde (BayObLG,
Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., Anh. zu § 47 Rn. 4; Wicke,
GmbHG, 4. Aufl., Anh. § 47 Rn. 3; Lindemann, Die Beschlussfassung in der
Einmann-GmbH, 1996, S. 212 ff.; Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Wirksamkeit der Stimmabgabe von Dr. O. hängt von der Genehmigung
durch die von ihm vertretene Alleingesellschafterin ab (vgl. § 177 Abs. 1, § 180
Satz 2 BGB).
bb) Zuständig für die Erteilung der Genehmigung nach
ist jedes vertretungsberechtigte und nicht durch § 181 BGB in seiner Vertretungsmacht
beschränkte Vorstandsmitglied der Alleingesellschafterin (§ 78
Abs. 1 Satz 1 AktG). Andere Organe können die Aktiengesellschaft nur vertreten,
wenn ihnen abweichend von dieser Grundregel die gesetzliche Vertretung
übertragen wurde (BGH, Urteil vom 21. Juni 2022 - II ZR 181/21, ZIP 2022,
1749 Rn. 20 z.V.b. in BGHZ). Da schwebend unwirksame Rechtsgeschäfte
durch einen gesetzlichen Vertreter, einen Bevollmächtigten und auch durch den
handelnden Vertreter ohne Vertretungsmacht, wenn er nachträglich Vertretungsmacht
erlangt, genehmigt werden können (Grüneberg/Ellenberger, BGB,
82. Aufl., § 177 Rn. 6), führt § 181 BGB lediglich zum Ausschluss der von der
Norm betroffenen Vorstandsmitglieder (KK-AktG/Cahn/Mertens, 4. Aufl., § 112
Rn. 4; Hopt/Roth in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 112 Rn. 73; Wasserbäch, Die
Vertretung der Aktiengesellschaft durch ihren Aufsichtsrat, 2018, S. 132; Wachter,
- II ZR 107/92,
zu unterscheidende Frage, wer zur Erteilung der Gestattung vor Ausübung
des Vertretergeschäfts berufen ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht
an (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1993 - II ZR 107/92,
für die GmbH).
cc) Da das Vorstandsmitglied D. nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts
die Alleingesellschafterin gemeinsam mit einem Prokuristen
oder einem nicht durch § 181 BGB ausgeschlossenen Vorstandsmitglied vertreten
kann, kann er mit diesem auch die ausstehende Genehmigung erklären. Ob
diese Möglichkeit zur ordnungsgemäßen Vertretung tatsächlich besteht, ist
nicht festgestellt. Dem steht nicht entgegen, dass D. selbst mit demselben
Beschluss wie Dr. E. und Dr. T. wirksam zum Geschäftsführer bestellt
wurde (aA Wachter,
(1) Das Vorstandsmitglied D. war weder an der Bevollmächtigung von
Dr. O. noch an der auch auf seine eigene Bestellung gerichteten Beschlussfassung
beteiligt, weswegen ein Fall des § 181 BGB in seiner Person
nicht vorliegt. Ist ein an der Bestellung weiterer Vorstandsmitglieder nicht beteiligtes
Vorstandsmitglied vorhanden, das ohne Mitwirkung der durch § 181 BGB
ausgeschlossenen Vorstandsmitglieder zur Vertretung der Aktiengesellschaft
berechtigt ist, so besteht kein Grund, dieses nicht für befugt zu halten, die Genehmigung
zu erteilen (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1993 - II ZR 107/92,
gemeinsam mit einem Prokuristen für die Alleingesellschafterin die Vorstandsmitglieder
Dr. E. und Dr. T. zu Geschäftsführern der Antragstellerin
zu bestellen.
(2) Ein Insichgeschäft für das Vorstandsmitglied D. , welches der durch
ihn zu erklärenden Genehmigung entgegenstünde, folgt auch nicht daraus,
dass die Wirksamkeit seiner Bestellung zum Geschäftsführer der Antragstellerin
von der Genehmigung der Bestellung der Vorstandsmitglieder Dr. E. und
Dr. T. zu Geschäftsführern abhängen würde.
Die Beschlussfassung über die Bestellung des Geschäftsführers kann
schon vor der Eintragung der GmbH mit einfacher Mehrheit erfolgen, da für die
Vor-GmbH grundsätzlich die Regeln der GmbH gelten (BGH, Urteil vom
23. März 1981 - II ZR 27/80,
wenn das Beschlussergebnis gegenüber dem Bestellten bekanntgegeben
ist und der Berufene sich zur Annahme des Amts bereiterklärt, was auch konkludent
erfolgen kann (Beurskens in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl.,
§ 6 Rn. 48 f., Scholz/Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, GmbHG, 13. Aufl.,
§ 6 Rn. 91). Die konkludente Annahme durch das Vorstandsmitglied D. liegt
hier jedenfalls in der von ihm (mit-)unterzeichneten Anmeldung der Antragstellerin
zum Handelsregister vom 6. Dezember 2019 (vgl. Buck-Heeb in Gehrlein/
Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., § 6 Rn. 33).
(3) Die Bestellung von D. scheitert schließlich auch nicht an § 139
BGB. Danach ist, wenn ein Teil des Rechtsgeschäfts nichtig ist, das ganze
Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den
nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Zwar liegt in der Bestellung mehrerer
Geschäftsführer durch einen Beschluss der Alleingesellschafterin ein einheitliches
Rechtsgeschäft und
(BGH, Urteil vom 29. Januar 1970 - VII ZR 34/68,
Urteil vom 18. September 1974 - VIII ZR 63/73,
Gleichwohl folgt daraus nicht die schwebende Unwirksamkeit der Bestellung
des Vorstandsmitglieds D. zum Geschäftsführer der Antragstellerin. Denn es
ist anzunehmen, dass er auch ohne die übrigen Vorstandsmitglieder zum alleinigen
Geschäftsführer bestellt worden wäre.
Werden in einem Beschluss mehrere Beschlussgegenstände zusammengefasst,
beurteilt sich die Gesamtnichtigkeit des Beschlusses bei der Nichtigkeit
eines Teils entsprechend
- II ZR 406/17,
- II ZR 148/87,
wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil gefasst worden
wäre. Insoweit kommt es auf den mutmaßlichen Willen der Gesellschafterversammlung
an, der grundsätzlich durch Auslegung des Beschlusses zu ermitteln
ist (BGH, Urteil vom 19. Mai 2015 - II ZR 176/14,
Urteil vom 2. Juli 2019 - II ZR 406/17,
Nach dem mutmaßlichen Willen der Alleingesellschafterin ist anzunehmen,
dass diese eine wirksame Bestellung ihres Vorstandsmitglied D. gewollt
hätte. Mit der Bestellung auch nur eines Geschäftsführers werden, unabhängig
von der ausstehenden Genehmigung, die Voraussetzungen geschaffen, um die
Handlungsfähigkeit der Antragstellerin herzustellen. Die Satzung der Antragstellerin
lässt die Bestellung nur eines Geschäftsführers gerade zu. Auch die von
den Vorstandsmitgliedern Dr. E. und Dr. T. an Dr. O. erteilte
Vollmacht sah die Bestellung eines oder mehrerer Geschäftsführer vor.
(4) Ob diese Möglichkeit zur ordnungsgemäßen Vertretung der Alleingesellschafterin
durch das Vorstandsmitglied D. gemeinsam mit einem Prokuristen
oder einem anderen nicht durch § 181 BGB in seiner Vertretungsmacht beschränkten
Vorstandsmitglied tatsächlich besteht, hat das Beschwerdegericht
nicht festgestellt. Es kann daher offenbleiben, ob die Genehmigung nur durch
den Aufsichtsrat erklärt werden kann, wenn der Vorstand hierzu mangels einer
ausreichenden Anzahl nicht in einem Interessenkonflikt stehender Vorstandsmitglieder
nicht in der Lage ist (Hopt/Roth in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 112
Rn. 73), oder gegebenenfalls die Bestellung eines stellvertretenden Vorstandsmitglieds
in Betracht kommt (§ 105 Abs. 2 AktG, KK-AktG/Cahn/Mertens,
4. Aufl., § 112 Rn. 4).
f) Die Entscheidung stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar
(§ 74 Abs. 2 FamFG). Eine Genehmigungskompetenz des Aufsichtsrats folgt,
wie das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, nicht aus § 112
Satz 1 AktG. Ob ein Verstoß gegen
Rechtsgeschäfts gemäß § 134 BGB oder zur Anwendbarkeit der §§ 177 ff.
BGB führt mit der Folge, dass die Genehmigung nach
von dem Aufsichtsrat erteilt werden könnte (BGH, Urteil vom 29. November
2004 - II ZR 364/02,
umstritten. Der Senat hat die Frage bislang offengelassen (BGH, Urteil vom
15. Januar 2019 - II ZR 392/17,
keiner Entscheidung. Denn
Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft zum Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft
nicht anwendbar.
aa) Die Frage ist umstritten.
Teilweise wird im Hinblick auf den Schutzzweck des
eine unbefangene Wahrung der Gesellschaftsbelange sicherzustellen und Interessenkollisionen
zu verhindern, vertreten, zur Entscheidung über die Bestellung
des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft zum Geschäftsführer ihrer
Tochter-GmbH sei der Aufsichtsrat berufen (LG Berlin,
Grigoleit/Tomasic in Grigoleit, AktG, 2. Aufl., § 112 Rn. 10;
MünchHdBGesR IX/Blath, 6. Aufl., § 9 Rn. 58; Baetzgen,
223; Blath,
Überwiegend wird hingegen angenommen, der Anwendungsbereich des
um einen Organakt der Untergesellschaft und nicht der Obergesellschaft
als deren Alleingesellschafterin handele (OLG München,
LG Nürnberg-Fürth,
GmbHG, 23. Aufl., § 6 Rn. 37; KK-AktG/Cahn/Mertens, 4. Aufl.,
§ 112 Rn. 4; Drygala in K. Schmidt/Lutter, AktG, 4. Aufl., § 112 Rn. 9;
Groß-Bölting/Rabe in Hölters/Weber, AktG, 4. Aufl., § 112 Rn. 13;
MünchKommAktG/Habersack, 5. Aufl, § 112 Rn. 7; Henssler in Henssler/
Strohn, GesR, 5. Aufl.,
Hopt/Roth in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 112 Rn. 69 ff.;
MünchKommBGB/Schubert, 9. Aufl., § 181 Rn. 53; BeckOGK AktG/Spindler,
Stand: 1.10.2022, § 112 Rn. 25 f.; MünchHdBGesR VII/Gehle, 6. Aufl., § 9
Rn. 84; Jaeger in Ziemons/Binnewies, Handbuch Aktiengesellschaft,
Stand: 9.2020, Rn. 9.174a; Wasserbäch, Die Vertretung der Aktiengesellschaft
durch ihren Aufsichtsrat, 2018, S. 131 f.; Bayer/Möller, Festschrift Grunewald,
2021, S. 79, 82; Commichau,
766 f.; Dicke/Johnen,
E. Vetter, 2019, S. 233, 237 f.; Maidl,
702, 703 f.; Wicke,
Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., § 6 Rn. 37).
bb) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Ansicht an. § 112
Satz 1 AktG, wonach der Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern
vertritt, ist nach einer an seinem Schutzzweck ausgerichteten Auslegung
nicht anwendbar.
(1) Bei der Bestellung eines Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft
zum Geschäftsführer einer GmbH oder, wie hier, Vor-GmbH, deren Alleingesellschafterin
die Aktiengesellschaft ist, handelt es sich nicht um eine vom
Schutzzweck des
gegenüber ihrem Vorstandsmitglied. Die Stimmabgabe ist eine der Aktiengesellschaft
in ihrer Eigenschaft als Alleingesellschafterin zuzurechnende Willenserklärung
ihres Stimmrechtsvertreters, die der Vor-GmbH und nicht dem Vor-
stand gegenüber abgegeben wird. Bei der Bestellungserklärung der Vor-GmbH
handelt es sich zwar um eine gegenüber dem Vorstandsmitglied abzugebende
Willenserklärung. Sie betrifft aber kein Rechtsgeschäft der Aktiengesellschaft.
Vielmehr handelt es sich um eine unmittelbar für und gegen die Vor-GmbH wirkende
(§ 164 Abs. 1 Satz 1 BGB) Erklärung der Gesellschafterversammlung als
dem Organ, das für die Ausführung von Gesellschafterbeschlüssen zuständig
ist (§ 6 Abs. 3 Satz 2, § 46 Nr. 5 GmbHG; BGH, Urteil vom 1. Februar 1968
- II ZR 212/65,
GmbHG, 12. Aufl., § 46 Rn. 80; Belz in Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl., § 35
Rn. 43; MünchKommGmbHG/Stephan/Tieves, 4. Aufl., § 35 Rn. 51; Blath,
(2) Die Erwägungen, die den Senat veranlasst haben,
auf Rechtsgeschäfte der Aktiengesellschaft mit einer Gesellschaft, deren
Alleingesellschafter ein Vorstandsmitglied ist, anzuwenden (BGH, Urteil vom
15. Januar 2019 - II ZR 392/17,
nicht übertragbar. Im Rahmen der Geschäftsführerbestellung begegnet die
Aktiengesellschaft dem Vorstandsmitglied nicht auf der Ebene der Obergesellschaft,
sondern in ihrer Funktion als Alleingesellschafterin der Tochtergesellschaft.
Der spezifische Schutzzweck des
vorbeugen und eine unbefangene, von sachfremden Erwägungen unbeeinflusste
Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern
sicherstellen soll (BGH, Urteil vom 8. Februar 1988 - II ZR 159/87, BGHZ 103,
213, 216; Urteil vom 26. Juni 1995 - II ZR 122/94,
vom 18. September 2018 - II ZR 152/17,
15. Januar 2019 - II ZR 392/17,
einem solchen Maß betroffen, dass die Anwendung der Norm geboten er-
scheint. Der hier zu Tage tretende Interessenkonflikt wird bereits durch das allgemeine
Verbot des § 181 Fall 1 BGB erfasst und so ein hinreichender Schutz
der Interessen der von dem Vorstandsmitglied vertretenen Alleingesellschafterin
erreicht. Der Aktiengesellschaft bleibt dabei im Rahmen ihres Selbstorganisationsrechts
die Möglichkeit erhalten, ihrem Vorstand durch die Befreiung von
den Beschränkungen des § 181 BGB ein selbständiges Handeln zu ermöglichen,
insbesondere, wenn sie dies in einer Konzernstruktur für erforderlich hält.
Gegen eine Anwendung von
um eine personalwirtschaftliche Maßnahme unterhalb der Vorstandsebene der
Alleingesellschafterin handelt, die zur Leitungskompetenz des Vorstands zählt
(§ 76 Abs. 1 AktG).
Ob
auf Rechtsgeschäfte zwischen einem Vorstandsmitglied und einer Gesellschaft,
deren Alleingesellschafterin die Aktiengesellschaft ist, anzuwenden ist (so OLG
Frankfurt a.M.,
Rn. 6; MünchKommAktG/Habersack, 5. Aufl., § 112 Rn. 7; Koch, AktG,
16. Aufl., § 112 Rn. 14; Hopt/Roth in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 112 Rn. 74;
Wasserbäch, Die Vertretung der Aktiengesellschaft durch ihren Aufsichtsrat,
2018, S. 30; van Kann/Keiluweit,
werden.
g) Die vom Beschwerdegericht verneinte und im Schrifttum umstrittene
Frage, ob das Vorstandsmitglied entsprechend § 47 Abs. 4 Satz 2
Fall 1 GmbHG an einer Stimmabgabe gehindert ist (bejahend:
MünchKommGmbHG/Drescher, 4. Aufl., § 47 Rn. 191, 194, 198, 227;
Hüffer/Schäfer in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., § 47 Rn. 123,
136; Römermann in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl.,
§ 47 Rn. 96; Götze,
Noack in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 47 Rn. 83;
BeckOGK AktG/Spindler, Stand: 1.10.2022, § 112 Rn. 28; Möller, Die Beschlussfassung
im Recht der Personen- und Kapitalgesellschaften, 2021,
S. 210 f.; Blath,
Dicke/Johnen,
Wachter,
Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 12. Aufl., § 47 Rn. 181; Suttmann,
differenzierend: MünchHdBGesR IX/Blath, 6. Aufl., § 9 Rn. 56; Blath,
Werden bei der Beschlussfassung in einer GmbH nach § 47 Abs. 4
Satz 2 Fall 1 GmbHG vom Stimmrecht ausgeschlossene Stimmen mitgezählt,
führt dies bei Feststellung durch den Versammlungsleiter zur Anfechtbarkeit
des Beschlusses (BGH, Urteil vom 21. März 1988 - II ZR 308/87, BGHZ 104,
66, 69; Urteil vom 24. April 2006 - II ZR 30/05,
Abs. 7 AktG]; Urteil vom 2. Juli 2019 - II ZR 406/17,
mwN). Die notarielle Beurkundung des Beschlusses steht der Feststellung
durch den Versammlungsleiter gleich, weil dadurch das Ziel der Feststellung,
Unsicherheit über die Fassung eines Beschlusses zu beseitigen, erreicht wird
(vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2008 - II ZR 187/06,
BayObLG,
5. Aufl., Anh. § 47 Rn. 40; Wicke, GmbHG, 4. Aufl., Anh. § 47 Rn. 12). Lediglich
anfechtbare Beschlüsse hat das Registergericht einzutragen (BayObLG,
2150). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in einem Fall wie dem
vorliegenden von einer völligen "Stimmlosigkeit" des Beschlusses auszugehen
stellung zweckmäßigerweise durch das Registergericht erfolgt, ist die Sache an
dieses zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG).
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:17.01.2023
Aktenzeichen:II ZB 6/22
Rechtsgebiete:
Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
In-sich-Geschäft
Aktiengesellschaft (AG)
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB § 181 Var. 1; AktG § 112