Vermutung der Vertretungsermächtigung des Notars bei Beglaubigung einer Unterschrift
letzte Aktualisierung: 17.3.2025
KG, Beschl. v. 30.1.2025 – 22 W 73/24
Vermutung der Vertretungsermächtigung des Notars bei Beglaubigung einer Unterschrift
Die Beglaubigung der Unterschrift unter einem Gesellschafterbeschluss, in dem eine Änderung der
inländischen Geschäftsanschrift beschlossen wurde, reicht aus, um die Vermutung der
Vertretungsermächtigung des Notars auszulösen. Es schadet insoweit nicht, dass eine solche Beglaubigung
nicht notwendig ist, keine Beglaubigung einer Erklärung des eigentlich Anmeldeberechtigten
gegeben ist und der Beschluss für die Anmeldung der Änderung dem Registergericht
eigentlich nicht vorgelegt werden muss.
Gründe
I.
Die Beteiligte, eine GmbH, ist seit dem 20. Juli 2022 im Handelsregister Abteilung B des
Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Mit einem elektronischen Schreiben vom
8. November 2024 erklärte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten, ein Notar, dass er
gemäß
anmelde. Das Schreiben ging am 11. November 2024 ein. Zuvor war an das Registergericht ein
Gesellschafterbeschluss vom 8. November 2024 übermittelt worden, in dem eine Frau I unter
Bezugnahme auf eine ihr durch den Geschäftsführer der Alleingesellschafterin erteilte
Vollmacht die Änderung der Geschäftsanschrift beschloss. Die Vollmacht war ebenfalls an das
Registergericht übermittelt worden. Die Unterschrift der Frau I ist notariell durch den
Verfahrensbevollmächtigten beglaubigt. Zugleich wird bescheinigt, dass die entsprechende
Vollmacht unwiderrufen vorlag. Mit Schreiben vom 12. November 2024 teilte das
Registergericht mit, dass die Voraussetzungen des
Gesellschafterbeschluss sei für die Änderung der Geschäftsanschrift nicht erforderlich. Es
bedürfe einer Anmeldung durch den Geschäftsführer. Dieser Auffassung ist der
Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 19. November 2024 entgegengetreten. Für den
Fall, dass die Eintragung nicht erfolgt, bat er um eine rechtsmittelfähige Zwischenverfügung.
Diese hat das Amtsgericht mit Schreiben vom 26. November 2024, zugestellt am 2. Dezember
2024, an den Verfahrensbevollmächtigten gerichtet. Gegen diese hat er mit einem am
3. Dezember 2024 eingegangenen Schreiben vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt. Dieser
Beschwerde hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit einem
Beschluss vom 11. Dezember 2024 zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1. Die im Namen der Gesellschaft eingelegte Beschwerde ist nach § 382 Abs. 4 Satz 2 FamFG
statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie form- und fristgerecht dem § 64 Abs. 2 Satz 3 und 4
FamFG entsprechend innerhalb der Monatsfrist nach
Gesellschaft ist auch durch die Entscheidung beschwert, weil die Eintragung der Änderung ihrer
Geschäftsanschrift abgelehnt worden ist. Wegen der Bedeutung der Geschäftsanschrift wird
auch der Beschwerwert von 600 EUR erreicht.
2. Die Beschwerde hat auch Erfolg. Die Beanstandung des Amtsgerichts, die Anmeldung der
Änderung der inländischen Geschäftsanschrift sei nicht durch eine zur Anmeldung berechtigte
bzw. eine ausreichend bevollmächtigte Person erfolgt, kann zwar im Rahmen einer
Zwischenverfügung geltend macht. Die Beanstandung ist aber nicht gerechtfertigt. Entgegen der
Auffassung des Amtsgerichts liegen die Voraussetzungen des § 378 Abs. 2 FamFG vor, so dass
der Verfahrensbevollmächtigte ermächtigt war, die Änderung der Anschrift anzumelden.
a) Die Zwischenverfügung ist nicht aus formalen Gründen aufzuheben. Eine Anmeldung zum
Handelsregister muss durch eine zur Anmeldung berechtigte Person erfolgen. Soweit dies nicht
der Fall ist, muss der Anmelder ausreichend bevollmächtigt sein. Bei der fehlenden
Anmeldeberechtigung handelt es sich um ein behebbares Eintragungshindernis, so dass das
Amtsgericht, wie geschehen, nach § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG eine Zwischenverfügung erlassen
konnte.
b) Die vom Amtsgericht geltend gemacht Beanstandung liegt aber nicht vor. Denn die
Voraussetzungen des § 378 Abs. 2 FamFG sind gegeben, so dass die Anmeldung durch den
Notar ausreichend ist.
aa) Die Änderung der inländischen Geschäftsanschrift ist nach
mit
Die Vorschriften für den Kaufmann gelten dabei auch für die Handelsgesellschaften, § 6 Abs. 1
HGB. Handelsgesellschaft ist dabei nach
Vorschriften auch für die GmbH gelten (Senat, Beschluss vom 31. Mai 2016 – 22 W 17/16 –,
juris Rn. 6; Beschluss vom 20. September 2013 - 12 W 40/13 -, juris, Rn. 9; Hanseatisches
Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 27. Januar 2011 - 11 W 4/11-, juris, Rn. 6).
Vertreten wird die GmbH durch den Geschäftsführer, der dementsprechend, was das
Amtsgericht zutreffend zugrunde legt, zur Anmeldung berechtigt und verpflichtet ist. Insoweit
gilt allerdings weiter, dass die Anmeldung zwar nicht durch den Prokuristen allein aufgrund
seiner Stellung, aber auch durch eine nach
Person erfolgen kann (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 4. Mai 2016 – 22 W 128/15 –, juris).
Darüber hinaus ist nach § 378 Abs. 2 FamFG ein Notar als ermächtigt anzusehen, im Namen
des zur Anmeldung Berechtigten die Eintragung zu beantragen, wenn die zu einer Eintragung
erforderliche Erklärung durch diesen Notar beurkundet oder beglaubigt worden ist.
bb) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn der Verfahrensbevollmächtigte hat mit einem
elektronisch eingereichten Schreiben vom 11. November 2024 gegenüber dem Registergericht
erklärt, dass er die Änderung der inländischen Geschäftsanschrift zur Eintragung anmelde und
auch einen Gesellschafterbeschluss vorgelegt, der von der hierzu bevollmächtigten Frau I gefasst
worden ist.
Diese Erklärung reicht aus, weil der Verfahrensbevollmächtigte als Notar gehandelt hat und er
die Unterschrift der den Gesellschafterbeschluss vom 8. November 2024 über die Änderung der
Geschäftsanschrift fassenden Frau I beglaubigt hat. Denn als Erklärung im Sinne des § 378
Abs. 2 FamFG ist jede Erklärung anzusehen, sei sie vertraglicher Art (vgl.BayObLG, Beschluß
vom 1. 10. 1970 - BReg. 2 Z 36/70
16. November 2010 – 20 W 448/10 –, juris Rn. 14), sei sie durch einen Beschluss (vgl.OLG
Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 16. September 2011 – 12 W 193/11 –, juris Rn. 4) oder
auf sonstige Weise abgegeben (vgl. Sternal/Eickelberg, FamFG, 21. Aufl., § 378 Rn. 9), die
Grundlage einer Eintragung ist.
Dass ein Gesellschafterbeschluss nicht der Beglaubigung der Unterschrift der den Beschluss
fassenden Personen bedarf, steht einer Anwendung des § 378 Abs. 2 FamFG nicht entgegen
(vgl. BeckOK-FamFG/Otto, Stand: 01.12.2024, § 378 Rn. 15; Dutta/Müther, FamFG, 3. Aufl.,
§ 378 Rn. 8; Schulte Notar 2014, 270; Sternal/Eickelberg, aaO, § 378 Rn. 11). Denn es geht
allein um die legitimierende Tätigkeit des Notars.
Ebenso wenig ist dem Amtsgericht in seiner Auffassung zu folgen, dass die Urkunds- bzw.
Beglaubigungstätigkeit auch den eigentlich Anmeldeberechtigten betreffen muss. Das ist nicht
notwendig. Weder der Wortlaut noch der Zweck des § 378 Abs. 2 FamFG erfordern eine solche
Einschränkung (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31. Januar 2011 – 11 Wx 2/11 –, juris
Rn. 14). Dies folgt im Falle eines GmbH Gesellschafterbeschlusses schon daraus, dass die
Gesellschafterversammlung das höchste Organ in der GmbH darstellt, das dem Geschäftsführer
nach § 37 Abs. 1 GmbHG nahezu uneingeschränkt Weisungen erteilen kann, soweit die Satzung
keine Einschränkungen vorsieht, was hier nicht der Fall ist (vgl. Altmeppen, GmbHG, 11.
Aufl., § 37 Rn. 3). Der notwendigen Beteiligung des Geschäftsführers an Registervorgängen
bedarf es daher nicht.
Schließlich kommt es auch nicht darauf an, dass es zur Anmeldung der Änderung der
inländischen Geschäftsanschrift nicht der Vorlage des der Änderung zugrundeliegenden
Beschlusses bedarf. Ausgeschlossen ist eine entsprechende Beschlussfassung aufgrund der
umfassenden Geschäftsführungskompetenz der Gesellschafterversammlung jedenfalls nicht.
Einen ausschließlich dem Geschäftsführer vorbehaltenen Handlungsbereich gibt es jedenfalls in
Bezug auf die inländische Geschäftsanschrift nicht, wenn dieser nicht in der Satzung vorgesehen
ist. Dies ist aber hier nicht der Fall. Dann aber ist der vorgelegte Beschluss auch erforderlich im
Sinne des § 378 Abs. 2 FamFG, weil er die Geschäftsführung in der Weise bindet, dass diese
verpflichtet ist, die beschlossene Änderung auch vorzunehmen (vgl. Altmeppen, GmbHG,
11. Aufl., § 37 Rn. 3; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 21. Aufl., § 37 Rn. 1;
Münchener Kommentar zum GmbHG/Tieves, 4. Aufl., § 37 Rn. 115; Scholz/Schneider/
Schneider, GmbHG, 13. Aufl., § 37 Rn. 75) und dementsprechend den Vollzug im Register zu
bewirken.
c) Aufgrund des Vorstehenden ist die Zwischenverfügung vom 26. November 2024 aufzuheben.
Weitere Anordnungen scheiden aus. Mit der Beschwerde gegen die Zwischenverfügung ist nur
die aufgeführte Beanstandung als Verfahrensgegenstand angefallen. Das Amtsgericht hat
nunmehr die Anmeldung erneut unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu
prüfen.
2. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, weil keine Kosten anfallen und eine
Kostenerstattungsanordnung nicht in Betracht kommt. Auch die Zulassung der
Rechtsbeschwerde scheidet mangels Beschwertem aus.
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:30.01.2025
Aktenzeichen:22 W 73/24
Rechtsgebiete:
Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
FamFG § 378 Abs. 2; HGB §§ 12, 31