Geschäftswert einer notariellen Erbauseinandersetzung
DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 15.11.2016
OLG Hamm, Beschl. v. 10.8.2016 - 15 W 62/16
GNotKG §§ 21, 97 Abs. 1 u. 3
Geschäftswert einer notariellen Erbauseinandersetzung
1. Der Geschäftswert einer notariellen Erbauseinandersetzung bemisst sich nach dem Wert der
insgesamt auseinandergesetzten Gesamthandsgegenstände.
2. Die Erbauseinandersetzung stellt einen Austauschvertrag i. S. d.
sodass eine Vergleichsberechnung bezogen auf den Wert der Gegenleistung des annehmenden
Miterben durchzuführen ist. (Leitsatz der DNotI-Redaktion)
Gründe:
I.
Der Beteiligte zu 1) und sein Bruder M waren Miterben zu 1/2 an dem Nachlass des verstorbenen Vaters T. Im Dezember 2014
suchten der Beteiligte zu 1) und sein Bruder den zu 2) beteiligten Notar zum Zwecke ihrer Auseinandersetzung, insbesondere
hinsichtlich der zum Nachlass gehörenden zwei Eigentumswohnungen, auf. Die Brüder, die sich bereits im Übrigen über das Erbe
auseinandergesetzt hatten, hatten sich insoweit darauf geeinigt, dass das Eigentum an diesen Wohnungen auf den Beteiligten zu 1)
übergehen und als Gegenleistung eine Rentenzahlung des Beteiligten zu 1) an Herrn M erfolgen sollte. Sie teilten dem Notar mit, dass
wegen ihres engen Vertrauensverhältnisses aufwendige Absicherungen nicht erforderlich seien, und baten um ein möglichst einfaches
und kostengünstiges Verfahren.
Der Beteiligte zu 2) beurkundete am 5. Februar 2015 zu seiner UR-Nr. 43/2015 einen „Erbauseinandersetzungsvertrag“ zwischen dem
Beteiligten zu 1) und dessen Bruder, Herrn M, in dem die Erben die Eigentumswohnungen auf den Beteiligten zu 1) zu Alleineigentum
übertrugen. Als Gegenleistung verpflichtete sich der Beteiligte zu 1), seinem Bruder M mit Beginn des 65. Lebensjahres eine Rente in
Höhe von monatlich 375,- EUR zu zahlen, und unterwarf sich wegen dieser Zahlungsverpflichtung der sofortigen Zwangsvollstreckung
aus der Urkunde.
Der Beteiligte zu 2) berechnete dem Beteiligten zu 1), der in dem Vertrag die Kosten übernommen hatte, mit der
verfahrensgegenständlichen Rechnung für das Beurkundungsverfahren aus einem Geschäftswert von 150.000,- EUR 2 Gebühren in
Höhe von 708,- EUR. Zuzüglich verschiedener Entgeltpositionen und der Umsatzsteuer belief sich die Rechnung auf einen
Gesamtbetrag von 924,04 €. Dabei errechnete der Notar den Geschäftswert aus der Summe der Werte der Eigentumswohnungen von
45.000,- EUR und 60.000,- EUR sowie des Wertes der Zahlungsverpflichtung von 45.000,- EUR.
Der Beteiligte zu 1) lehnte eine Bezahlung der Rechnung ab.
Er hat gegenüber dem Landgericht die Kostenrechnung als zu hoch beanstandet, weil der Notar mit der Beurkundung des
Auseinandersetzungsvertrages nicht die einfachste und kostengünstigste Möglichkeit gewählt habe. Da er und sein Bruder sich einig
gewesen seien, hätte die Auseinandersetzung auch im Wege der Abschichtung erfolgen können; eine solche Vorgehensweise hätte
gereicht und wäre günstiger gewesen. Der Notar habe ihn daher falsch beraten und ihm ein unnötig teures Verfahren aufgedrängt, auf
das sie sich bei richtiger Auskunft nicht eingelassen hätten.
Darüber hinaus hat der Beteiligte zu 1) die Höhe des von dem Notar angesetzten Geschäftswertes beanstandet. Vertragsgegenstand
sei die Übertragung eines halben Erbteils an zwei Wohnungen; die Geldrente sei nicht zu berücksichtigen.
Der Beteiligte zu 2) ist dem Antrag entgegen getreten. Er hat gemeint, eine Abschichtung sei weder formgerecht noch sachlich die
richtige Lösung gewesen.
Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Landgericht die Kostenrechnung abgeändert, indem es als Geschäftswert des
Beurkundungsverfahrens einen Betrag in Höhe von nur 52.500,- EUR angesetzt hat. Eine unrichtige Sachbehandlung des Notars sei
zu verneinen, so dass die Gebühr gem. Nr. 21000 KV GNotKG zu erheben sei. Der Geschäftswert errechne sich nach dem halben
Wert beider Eigentumswohnungen. Weil es sich um einen Austauschvertrag im Sinne des
beurkundete Geldrente anzusetzende Gegenstandswert nicht zu addieren.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde wendet der Notar ein, dass sich der Beteiligte zu 1) mit seinem Bruder in der
beurkundeten Erbauseinandersetzung insgesamt darüber auseinandergesetzt habe, dass der Beteiligte zu 1) das Eigentum an den
Wohnungen und der Erbe M eine monatliche Rente erhalte. Aus diesem Grund sei der Wert beider Wohnungen anzusetzen. Entgegen
der Auffassung des Landgerichts handele es sich bei der Auseinandersetzungsvereinbarung auch nicht um einen Austauschvertrag,
so dass der Wert der Geldrente hinzuzurechnen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) ist gemäß
nach
worden.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) hat in der Sache teilweise Erfolg. Das Landgericht hat den Geschäftswert für die Berechnung
der Gebühren für das Beurkundungsverfahren mit 52.500,- EUR zu niedrig angesetzt. Allerdings beträgt der Geschäftswert auch nicht
– wie von dem Beteiligten in der verfahrensgegenständlichen Kostenrechnung zu Grunde gelegt – 150.000,- EUR, sondern lediglich
105.000,- EUR. Die verfahrensgegenständliche Kostenberechnung des Beteiligten zu 2) ist daher in dem im Tenor ersichtlichen
Umfang abzuändern.
Der Geschäftswert bemisst sich vorliegend gemäß
beurkundeten Erbauseinandersetzung haben die Miterben eine Auseinandersetzung über beide Wohnungen und nicht nur hinsichtlich
des hälftigen Erbanteils des Miterben M getroffen. Gegenstand der Beurkundung war nicht die Übertragung des Gesamthandsanteils
seines Bruders auf den Beteiligten zu 1), sondern des gesamthändischen Eigentums der Erben an den Wohnungen auf den
Beteiligten zu 1). Danach bestimmt sich der Wert nach dem Wert der auseinandergesetzten Gesamthandsgegenstände (vgl. Bengel in
Korintenberg, GNotKG, 19. Auflage, 2015, § 97, Rdn. 68).
Der Wert der als Gegenleistung vereinbarten Geldrente ist nicht zu berücksichtigen. Die Vereinbarung ist kostenrechtlich als
Austauschvertrag nach
Entgegen der Auffassung des Notars schließen sich Austauschverträge im Sinne des
Auseinandersetzungsvereinbarungen nicht aus (vgl. Bengel in Korintenberg, aaO, § 97, Rdn. 17 und 68; Fackelmann in Heinemann,
Handkommentar GNotKG, § 97, Rdn. 15). Entscheidend für das Vorliegen eines Austauschvertrages ist, dass Verpflichtungen und
Leistungen mehrerer Partner um der anderen Willen eingegangen bzw. erbracht werden (Bengel in Korintenberg, aaO, § 97, Rdn. 16).
So liegt der Fall auch hier, weil die Geldrente als Gegenleistung dafür vereinbart worden ist, dass dem Beteiligten zu 1) die
Nachlassimmobilien insgesamt übertragen worden sind; die Geldrente ist gerade nicht aus dem Nachlass, sondern aus dem eigenen
Vermögen des Beteiligten zu 1) zu leisten.
Die angefochtene Entscheidung stellt sich nicht auch deshalb - im Ergebnis - als zutreffend dar, weil der Notar wegen einer unrichtigen
Sachbehandlung Gebühren nur in der Höhe verlangen könnte, die bei einer sog. „Abschichtung“ entstanden wären. Dem Beteiligten zu
2) ist keine offensichtlich fehlerhafte Sachbearbeitung im Sinne des
geraten hat, ihre Auseinandersetzung im Wege der Abschichtung vorzunehmen.
Eine offenkundig unrichtige Sachbehandlung liegt vor, wenn dem Notar ein offen zu Tage tretender Verstoß gegen eindeutige Normen
oder ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist (BGH
sein, wenn der Notar von mehreren möglichen, gleich sicheren, sachdienlichen und üblichen Gestaltungsmöglichkeiten nicht die
kostengünstigste wählt. In diesem Fall sind die durch die unrichtige Vorgehensweise verursachten Mehrkosten gemäß
nicht zu erheben. Der Aufwand höherer Kosten ist aber gerechtfertigt, wenn Gründe für einen anderen Weg als den kostengünstigsten
sprechen, sei es das Interesse an der Schnelligkeit, sei es das Interesse an der Sicherheit für die Beteiligten. Dabei ist dem
pflichtgemäßen Ermessen des Notars mit Rücksicht auf seine sachliche Unabhängigkeit (
einzuräumen (OLG Hamm, Beschluss vom 11. März 2008 – 15 W 60/07 –, Rn. 9, juris; OLG Frankfurt
Im vorliegenden Fall hätte auch eine persönliche Teilauseinandersetzung dadurch erfolgen können, dass der Miterbe M seine
Mitgliedschaftsrechte an der Erbengemeinschaft aufgegeben hätte mit der Folge, dass sein Erbteil dem Beteiligten zu 2) kraft
Gesetzes angewachsen wäre und danach auch das Eigentum an den Wohnungen auf den Beteiligten zu 1) übergegangen wäre. Die
gebotene Beurkundung einer solchen Abschichtungsvereinbarung - deren Geschäftswert sich nach dem anteiligen Vermögen des
ausscheidenden Erben bemessen hätte (Bengel in Korintenberg, aaO, § 97, Rdn. 68) - wäre dann kostengünstiger gewesen, wenn
dieser hälftige Anteil geringer als 105.000,- EUR gewesen wäre. Allerdings hätte diese Abschichtungsvereinbarung notwendigerweise
die Gesamthandsberechtigung des Miterben M insgesamt – also am gesamten Nachlass - betroffen. Danach wären auch etwaige von
den Miterben im Vorfeld bereits getroffene Auseinandersetzungsvereinbarungen zu berücksichtigen und eine Regelung über die
Nachlassverbindlichkeiten zu treffen gewesen. Dies hätte eine erweiterte Beratung erfordert und wäre über das Anliegen des
Beteiligten zu 1) und seines Bruders hinausgegangen. Nach übereinstimmendem Vorbringen der Beteiligten sollte die von dem
Beteiligten zu 2) vorzunehmende Auseinandersetzung nämlich nur (noch) die Berechtigung an den beiden Eigentumswohnungen
betreffen, weil im Übrigen bereits eine Einigung erfolgt war. Dies war mit einer Abschichtung durch Aufgabe der Mitgliedschaftsrechte
an der Erbengemeinschaft jedoch nicht zu ermöglichen. Angesichts dessen stellt sich die von dem Notar gewählte Verfahrensweise,
sich auf eine gegenständliche Teilauseinandersetzung zu beschränken und diese rechtlich durch Übertragung des gesamthändischen
Eigentums auf den Beteiligten zu 1) zu gestalten, durchaus als sachdienlich dar, weil sie für den zu regelenden Tatbestand und nur
hierfür eine klare Rechtslage schaffte. Dass der Notar es unterlassen hat, weitere Aufklärung zu betreiben, welche
Auseinandersetzungsvereinbarungen und Regelungen zu Nachlassverbindlichkeiten die Miterben bereits getroffen hatten, um zu
ermitteln, ob gegebenenfalls eine kostengünstigere Möglichkeit der Auseinandersetzung als die gewählte gegenständliche
Teilauseindersetzung bestünde, kann ihm nicht als offensichtliche Pflichtverletzung vorgeworfen werden.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 25 Abs.1 GNotKG. Sie berücksichtigt, dass die
Beschwerde des Beteiligten zu 2) nur etwa zur Hälfte sachdienlichen Erfolg hat. Eine Entscheidung über außergerichtliche Kosten ist
aus tatsächlichen Gründen nicht veranlasst.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 130 Abs.3 S.1 GNotKG, 70 Abs.2 S.1 FamFG liegen nicht
vor.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Hamm
Erscheinungsdatum:10.08.2016
Aktenzeichen:15 W 62/16
Rechtsgebiete:Kostenrecht
Normen in Titel:GNotKG §§ 21, 97 Abs. 1 u. 3