FG Baden-Württemberg 08. Juli 2022
5 K 2500/21
GrEStG §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 u. Abs. 2 Nr. 2

Grunderwerbsteuer: Grundstücksveräußerung unter Fortbestand dinglicher Belastungen

letzte Aktualisierung: 25.5.2023
FG Baden-Württemberg, Urt. v. 8.7.2022 – 5 K 2500/21

GrEStG §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 u. Abs. 2 Nr. 2
Grunderwerbsteuer: Grundstücksveräußerung unter Fortbestand dinglicher Belastungen

1. Wird die Verpflichtung eines Grundstücksverkäufers, das Grundstück frei von Rechtsmängeln zu
übergeben, vertraglich abbedungen, so liegt darin ein geldwerter Vorteil, den der Käufer für den
Erwerb der Sache hingibt. Dies rechtfertigt die Einbeziehung der dem Verkäufer oder einem Dritten
vorbehaltenen Nutzungen (hier in Form des Fortbestands dinglicher Rechte) in die Gegenleistung.
2. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich der Verkäufer die Nutzungen am Grundstück schuldrechtlich
oder dinglich vorbehält.
3. Wenn jedoch der Grundstücksverkäufer die vorbehaltenen Nutzungen angemessen vergütet, liegt
in der Nutzungsüberlassung keine Gegenleistung für das Grundstück. Dabei ist nicht maßgebend,
was die Vertragschließenden als Gegenleistung für das Grundstück bezeichnen, sondern zu welchen
Leistungen sie sich tatsächlich verpflichtet haben.

(Leitsätze der DNotI-Redaktion)

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und
verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).

a) Gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG bemisst sich die Grunderwerbsteuer grundsätzlich nach dem Wert der
Gegenleistung.

aa) Was zur Gegenleistung gehört, bestimmt § 9 GrEStG, der eine Legaldefinition des Begriffs enthält und
-zusammen mit § 8 Abs. 1 GrEStG- darauf abzielt, die Gegenleistung so umfassend wie möglich zu erfassen
(Begründung zum GrEStG 1940, RStBl 1940, 387, 405; vgl. Beschlüsse des BFH vom 02.03.2011 - II R 23/10,
BFHE 232, 358, BStBl II 2011, 932, Rz 17, und vom 02.03.2011 - II R 64/08, BFH/NV 2011, 1009, Rz 21). Dem
Grunderwerbsteuergesetz liegt ein eigenständiger, über das bürgerlich-rechtliche Verständnis hinausgehender
Gegenleistungsbegriff zugrunde (vgl. BFH, Urteile vom 16.02.1977 - II R 89/74, BFHE 122, 338, BStBl II 1977,
671, unter 2., und vom 08.09.2010 - II R 28/09, BFHE 231, 244, BStBl II 2011, 227, Rz 14).

bb) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gilt als Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom
Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Nutzungen
sind gemäß § 100 BGB u.a. die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt. Sie
gebühren nach § 446 Satz 2 BGB von der Übergabe der Sache an dem Käufer. Der Verkäufer ist grundsätzlich
verpflichtet, eine Sache frei von Rechtsmängeln (§§ 433 Abs. 1, 435 BGB) zu übergeben. Wird die Norm
vertraglich abbedungen, belässt der Grundstückskäufer also die Nutzungen dem Verkäufer (oder einem Dritten)
über diesen Zeitpunkt hinaus, liegt darin ein geldwerter Vorteil, den der Käufer für den Erwerb der Sache
hingibt. Dies rechtfertigt die Einbeziehung der dem Verkäufer bzw. einem Dritten vorbehaltenen Nutzungen in
die Gegenleistung (vgl. Begründung zum GrEStG 1940, RStBl 1940, 387, 406; FG Baden-Württemberg, Urteil
vom 13.11.1981 - IX 153/81, IX 154/81, EFG 1982, 428; Loose in Viskorf, GrEStG, 20. Aufl., § 9 Rz 231; im
Ergebnis auch BFH, Urteil vom 06.12.1989 - II R 95/86, BFHE 159, 255, BStBl II 1990, 186, unter 1.c). Für die
vorbehaltenen Nutzungen ist § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gegenüber § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG vorrangig (Konrad in
Behrens/Wachter, GrEStG, 1. Aufl. 2018, § 9 GrEStG, Rn. 154). Erfasst sind Nutzungen aller Art, namentlich
Nießbrauchs- und Wohnungsrechte. Sie können entweder neu begründet werden oder bereits bestehen.
Unerheblich ist auch, wenn diese gegenüber einem Dritten eingeräumt werden (BFH, Urteil vom 17. September
1975 – II R 5/70, Rn. 10, juris; Konrad in Behrens/Wachter, GrEStG, 1. Aufl. 2018, § 9 GRESTG, Rn. 155;
Loose in Viskorf, GrEStG, Grunderwerbsteuergesetz, 20. Aufl., § 9 Rn. 234).

cc) Wenn jedoch der Grundstücksverkäufer die vorbehaltenen Nutzungen angemessen vergütet, liegt in der
Nutzungsüberlassung keine Gegenleistung für das Grundstück i.S. von § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG
(ähnlich BFH, Urteil vom 06.12.2017 - II R 55/15, BFHE 261, 58, BStBl II 2018, 406, Rz 13).

dd) Für die Bestimmung der Gegenleistung ist nicht maßgebend, was die Vertragschließenden als
Gegenleistung für das Grundstück bezeichnen, sondern zu welchen Leistungen sie sich tatsächlich verpflichtet
haben (BFH, Urteil vom 08. September 2010 – II R 28/09, BFHE 231, 244, BStBl II 2011, 227, Rz 14). Ob sich
der Verkäufer Nutzungen ohne angemessenes Entgelt vorbehalten hat, ist durch Auslegung des Kaufvertrags
zu ermitteln. Die Auslegung von Verträgen und Willenserklärungen gehört zum Bereich der tatsächlichen
Feststellungen und bindet den BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO, wenn sie den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB
entspricht und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt, d.h. jedenfalls möglich ist (BFH, Urteil
vom 05. Dezember 2019 – II R 37/18, BFHE 267, 524, BStBl II 2020, 236, Rn. 11 - 16).

b) Nach diesen Maßstäben sind die Herrn C vorbehaltenen Nutzungen in die Bemessungsgrundlage nach § 8
Abs. 1 GrEStG i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG einzubeziehen.

Im Kaufvertrag vom 26. Mai 2021 halten die Beteiligten ausdrücklich fest, dass im Grundbuch folgende
Belastungen eingetragen sind: Abt. II: Das am 04. Mai 2021 beantragte Wohnungsrecht (Flst. 1/1) und
Nießbrauchsrecht (Flst. 1), je zu Gunsten von C, geb. am XX.XX.XXXX, wohnhaft in A, ... Straße X. Das Recht
ist derzeit noch nicht im Grundbuch eingetragen, es wird beim Amtsgericht E - Grundbuchamt - unter dem Az:
XXXXXX XXX XXX/XXXX geführt.

Zudem wird unter § 12 Nr. 2 und Nr. 3 zu den Rechtsmängeln (§ 435 BGB) ausgeführt, dass als Eintragung in
Abt. II seit dem 09. September 2003 je zu Gunsten von C, geb. am XX.XX.XXXX, A bewilligt ist: auf Flst 1:
Wohnungsrecht und auf Flst. 1/1 Nießbrauch. Die Bewilligungen sind nach Angabe nicht widerrufen und die
Eintragung wie vorstehend bezeichnet beantragt. Soweit diese Rechte zur Eintragung gelangen werden diese
vom Käufer übernommen. Dies ist bei der Kaufpreisbemessung berücksichtigt (§ 12 Nr. 2). Der Notar hat die
Wirkungen erläutert.Der Verkäufer schuldet im Übrigen den lastenfreien Besitz- und Eigentumsübergang des
Vertragsgegenstandes, ausgenommen ausdrücklich in dieser Urkunde übernommene oder mit Zustimmung des
Käufers bestellte Belastungen (§ 12 Nr. 3).

Diese Vereinbarungen können nicht anders verstanden werden, als dass mit Zustimmung der Klägerin das
Wohnrecht des Herrn C bestehen bleibt und sie von ihrem Recht nach § 446 S. 2 BGB keinen Gebrauch macht.
Der Notar weist in § 12 Nr. 3 insbesondere daraufhin, dass im Übrigen ein lastenfreier Übergang geschuldet
wird. Auch die Klägerin selbst trägt vor, dass es gerade um die Nutzungen aus dem Grundstück geht, die nicht
an die Klägerin übertragen worden seien. Eine Vergütung für die vorbehaltenen Nutzungen wird nicht geleistet.
Es ist zwar richtig, dass das dingliche Wohnungsrecht vorliegend noch nicht zur Eintragung gelangt ist.
Allerdings belegt der Umstand, dass die Klägerin den Kaufvertrag mit der Kenntnis, dass dieses zur Eintragung
gelangen wird, unterzeichnet, dass sie auch weiterhin an der Nutzung durch Herrn C festhalten will. Dies gilt
umso mehr, als die Klägerin mit dem Herrn C in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebt.

c) Der Argumentation der Klägerin kann nicht gefolgt werden.

Es ist zwar richtig, dass das Wohnungsrecht von C (schuldrechtlich) nicht neu begründet wird, sondern
fortbesteht. Dies ist allerdings unerheblich. Entscheidend ist vielmehr, dass die Klägerin auf ihren Anspruch
einer rechtsmängelfreien Übertragung verzichtet und damit einen geldwerten Vorteil leistet (§ 446 S. 2 BGB).
Sie belässt es gerade bei der bisherigen Belastung und übernimmt diese.

Daher kommt es auch nicht darauf an, ob die dingliche Belastung durch Eintragung in das Grundbuch bereits
bestand oder neu begründet wurde. Unerheblich ist daher auch, ob die Eintragung des Wohnungsrechts nur zu
einer dinglichen Sicherung führt.

Auch der Umstand, dass das Wohnrecht möglicherweise bei Herrn C bereits dem Grunde nach der
Grunderwerbsteuer unterlegen hat, führt zu keiner anderen Beurteilung, denn übertragen wird nicht das
Wohnrecht, sondern das Grundstück belastet mit dem Wohnrecht. Dementsprechend wird vorliegend nur
beurteilt, ob die Belastung des Grundstücks zur Erhöhung der Gegenleistung führt.

Zudem spricht vorliegend der Rechtsgedanke aus § 3 Nr. 2 GrEStG für und nicht gegen die
Grunderwerbsteuerpflicht. Nach § 3 Nr. 2 GrEStG sind von der Besteuerung ausgenommen
Grundstückserwerbe von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes. Nach S. 2 gilt allerdings, dass Schenkungen unter einer
Auflage hinsichtlich des Werts solcher Auflagen der Besteuerung unterliegen, die bei
der Schenkungsteuer abziehbar sind. Dementsprechend unterliegen Nutzungs- oder Duldungsauflagen die bei
der Schenkungsteuer abgezogen werden könnten mit dem Wert der Auflage der Grunderwerbsteuer (BFH,
Urteile vom 12. Juli 2016 – II R 57/14, BFHE 254, 81, BStBl II 2016, 897, Rn. 14; vom 20. November 2013 – II
R 38/12, BFHE 243, 411, BStBl II 2014, 479, Rn. 11). Dies kann bei einer Veräußerung nicht anders sein, da
andernfalls die Erbschaft bzw. Schenkung grunderwerbsteuerlich benachteiligt würde. Insofern betrifft das Urteil
des BFH vom 28. April 1976 – II R 192/75 (BFHE 119, 185, BStBl II 1976, 577 gerade keinen anderen Fall,
sondern die grunderwerbsteuerliche Behandlung der Auflage. Aus dem Urteil kann geschlossen werden, dass
Grunderwerbsteuer sogar anfällt, wenn Eigentum und dingliches Recht zusammenfallen. Dies muss umso mehr
der Fall sein, wenn das Wohnungsrecht bestehen bleibt.

Das Urteil des BFH vom 28. April 1976 – II R 192/75, (BFHE 119, 185, BStBl II 1976, 577) betrifft tatsächlich –
wie von der Klägerin vorgetragen – einen anderen Fall. Der BFH hatte dort über die Auswirkung auf die
Gegenleistung eines bei Kaufvertragsschluss bereits eingetragenen Wohnungsrechts (§ 1093 BGB) zu
entscheiden. In diesem Fall richtet sich die Erhöhung der Bemessungsgrundlage nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG.
Danach gehören zur Gegenleistung Belastungen, die auf einem Grundstück ruhen, soweit sie kraft Gesetzes
auf den Erwerber übergehen. Im vorliegend zu entscheidenden Fall war allerdings das Wohnungsrecht zum
Zeitpunkt des notariellen Kaufvertrages noch nicht eingetragen und maßgeblich für die Beurteilung ist allein § 9
Abs. 1 GrEStG. Hieraus wird allerdings auch ersichtlich, dass es nicht darauf ankommen darf, ob der Käufer auf
die Nutzungen am Grundstück auf schuldrechtlicher Ebene verzichtet (§ 446 S. 2 BGB) oder ob dies aufgrund
der dinglichen Absicherung im Grundbuch gesetzlich angeordnet wird (§ 1093 BGB). Die Wirkung für den
Käufer unterscheidet sich nicht. Letztlich wäre es auch nicht verständlich, wenn allein der Zufall des
Eintragungszeitpunkts im Grundbuch auf den die Parteien ab Antragsstellung keinen Einfluss mehr haben, über
die Höhe der Bemessungsgrundlage entscheidet.

Es kann dahinstehen, ob Herr C zum Zeitpunkt des Kaufvertrages der Schuldübernahme der Klägerin
zugestimmt hat (§ 415 Abs. 1 S. 1 BGB). Ein Vertrag, der wie vorliegend die Verpflichtung zur unentgeltlichen
Gebrauchsüberlassung einer Wohnung auf Lebenszeit zum Inhalt hat, ist ein Leihvertrag (BGH, Urteil vom
11.12.1981 – V ZR 247/80, BGHZ 82, 354-360). Diesen hat die Klägerin letztlich übernommen und darüber
hinaus aufgrund des notariellen Kaufvertrags gewusst, dass dieses Wohnrecht nunmehr auch dinglich zur
Eintragung angemeldet war. Aus dem Gesamtgeschehen ergibt sich, dass Herr C die Schuldübernahme
jedenfalls genehmigt hat (§ 184 BGB). So hat er ausweislich des Klägervortrags darauf bestanden, dass die
Klägerin mit der Veräußerin den Kaufvertrag ohne seine Mithilfe abschließt. Gleichzeitig hat er aber noch vor
Abschluss des Kaufvertrages die Eintragung des Wohnungsrechts nach § 1093 BGB beantragt. Er war also in
die Vertragsgestaltung eingebunden und es kam ihm auf die Weiternutzung der Immobilie an. Zudem gilt nach
§ 415 Abs. 3 BGB für die Schuldübernahme, dass der Dritte (Klägerin) dem Schuldner gegenüber bei
schwebender oder – wegen Verweigerung der Genehmigung – unwirksamer Schuldübernahme verpflichtet ist,
den Gläubiger (Herrn C) rechtzeitig zu befriedigen. Der Schuldner (Veräußerin) hat also einen Anspruch gegen
den Dritten (Klägerin), für die Erfüllung der Verbindlichkeit rechtzeitig zu sorgen. Letztlich bleibt es also bei der
Verpflichtung der Klägerin die Nutzungen an Herrn C zu überlassen.

Zwar mag es sein, dass wie die Klägerin vorträgt, nicht jede Verpflichtung des Verkäufers, die vom
Grundstückserwerber übernommen wird, eine sonstige Leistung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG darstellt. Im
zu entscheidenden Fall hat die Klägerin allerdings auf die Nutzungen aus dem Grundstück verzichtet und nicht
wie im Urteil des FG München, Urteil vom 23. Juni 2021 – 4 K 2843/18 sich im Hinblick auf zukünftige
Mietzahlungen gebunden.

Des weiteren stehen sich im vorliegenden Verfahren Leistung und Gegenleistung nicht gleichwertig gegenüber,
anders als im Verfahren des FG München (Urteil vom 23. Juni 2021 – 4 K 2843/18, Rn. 24). Erst unter
Berücksichtigung des Wohnungsrechts hat die Veräußerin einen angemessenen Kaufpreis (ca. EUR 260.000)
erhalten.

Die Klägerin kann sich bereits deswegen nicht auf § 1108 BGB berufen, weil dieser die persönliche Haftung des
Eigentümers für eine Reallast regelt. Diese weitergehende Haftung aus § 1108 BGB hat zur Folge, dass der
Eigentümer nicht nur mit dem Grundstück, sondern auch mit seinem sonstigen Vermögen für die Erbringung
einstehen muss. Dies ergibt sich aus dem Zweck der "Wohnungsreallast" (§ 1105 BGB), die im Unterschied zu
einem Wohnungsrecht den Eigentümer verpflichtet, nicht lediglich die Benutzung von Räumen zu
Wohnzwecken zu dulden, sondern Wohnraum durch positive, wiederkehrende Leistung zur Verfügung zu
stellen (zu gewähren) und in gebrauchsfähigem Zustand zu erhalten, wobei dies aber nur allgemein - nicht an
bestimmten Gebäuden oder Gebäudeteilen - und nicht unter Ausschluss des Eigentümers geschehen darf
(OLG München, Beschluss vom 14. Februar 2018 – 34 Wx 380/17 –, Rn. 29, juris). Auch die Berufung auf das
Hypothekenrecht geht fehl. Für die Hypothek ist begriffsnotwendig, dass sie eine bestimmte Forderung sichert.
Darauf müssen sich Einigung und Eintragung erstrecken, sonst entsteht keine Hypothek (Wenzel in: Erman
BGB, Kommentar, § 1113 Gesetzlicher Inhalt der Hypothek, Rn. 2). Dies ist für das Wohnungsrecht nach § 1093
BGB nicht erforderlich.

Selbst wenn das Dauerwohnrecht nach § 31 WEG eine dauernde Last wäre, die die Gegenleistung nicht erhöht
(§ 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG), kann sich die Klägerin hierauf nicht berufen. Ein Dauerwohnrecht nach §§ 31 ff WEG
ist veräußerlich und vererblich (§ 33 Abs. 1 WEG), während das Wohnrecht nach § 1093 BGB als beschränkte
persönliche Dienstbarkeit dies nicht ist (§§ 1093 Abs. 1 S 1, 1092 Abs. 1 S 1, 1090 Abs. 2, 1061 BGB;
Staudinger/Reymann (2021) BGB § 1093, Rn. 4). Demnach wäre eine unterschiedliche Behandlung
gerechtfertigt, da das Wohnungsrecht spätestens mit dem Versterben des Berechtigten endet und damit
jedenfalls keine dauernde Last darstellt.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

3. Die Revision war mit Blick auf ein anhängiges Verfahren beim BFH, Az II R 5/22 (vorgehend Finanzgericht
Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4. März 2021 – 12 K 12271/19) zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

FG Baden-Württemberg

Erscheinungsdatum:

08.07.2022

Aktenzeichen:

5 K 2500/21

Rechtsgebiete:

Grunderwerbsteuer
Sachenrecht allgemein
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Allgemeines Schuldrecht
Kaufvertrag
Reallast
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
WEG

Normen in Titel:

GrEStG §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 u. Abs. 2 Nr. 2