OLG Rostock 22. November 2019
3 W 125/19
GBO § 18; BGB §§ 177, 181

Genehmigung eines ohne Vertretungsmacht geschlossenen Insichgeschäfts

letzte Aktualisierung: 19.03.2020
OLG Rostock, Beschl. v. 22.11.2019 – 3 W 125/19

GBO § 18; BGB §§ 177, 181
Genehmigung eines ohne Vertretungsmacht geschlossenen Insichgeschäfts

1. § 181 BGB ist bei einem Handeln als vollmachtloser Vertreter einer Vertragspartei nicht
anwendbar, weil in derartigen Fällen keine Gefahr besteht, dass das Rechtsgeschäft durch die
Erklärungen des für beide Vertragsparteien Handelnden unmittelbar wirksam wird, sondern hierfür
ohnehin die Genehmigung der vollmachtslos vertretenen Partei nach § 177 BGB zwingend
notwendig ist. Erst durch die Genehmigung dieser Vertragspartei, der dann aber auch der gesamte
Vertragsinhalt vorliegt, kann das Rechtsgeschäft wirksam werden.

2. Ein Rechtsgeschäft ist bei einem Verstoß gegen § 181 BGB nicht nichtig, sondern entsprechend
§ 177 BGB lediglich schwebend unwirksam und damit – beidseitig – genehmigungsfähig.

3. Vertretene Vertragspartner können schwebend unwirksame Insichgeschäfte nicht nur persönlich
genehmigen, sondern auch durch einen Vertreter, wobei der das schwebend unwirksame Insichgeschäft genehmigende Vertreter selbst
regelmäßig nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sein muss.

Gründe

I.

Mit Urkunde des verfahrensbevollmächtigten Notars vom 30.08.2016 veräußerte die Beteiligte zu 2. die im
Rubrum näher bezeichneten Grundstücke an die Beteiligte zu 1. Für die Beteiligte zu 1. trat - neben der
Gesellschafterin zu 1. c. - der Gesellschafter zu 1. a. auf, und zwar für die Gesellschafterin zu 1. b. als
einzelvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer.
Gleichzeitig trat er für die Beteiligte zu 2. als vollmachtloser Vertreter auf. Die Beteiligte zu 2. genehmigte die
Erklärungen des Gesellschafters zu 1. b. durch notariell beglaubigte Erklärung ihres Leiters der Niederlassung
Mecklenburg-Vorpommern. Dieser wiederum handelte aufgrund einer ihm von den Geschäftsführern der
Beteiligten zu 2. erteilten Vollmacht, in der ausdrücklich nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit
wird.

Nachdem die beantragte Au:assungsvormerkung beanstandungslos eingetragen wurde, hat das
Amtsgericht mit Zwischenverfügung vom 13.05.2019 ausgeführt, dass der beantragten
Eigentumsumschreibung ein Hindernis entgegenstehe. Es sei § 181 BGB nicht beachtet worden. Der
genehmigende Bevollmächtigte der Beteiligten zu 2. sei ausdrücklich nicht von § 181 BGB befreit und habe
daher in der Genehmigung auch keine Befreiung von § 181 BGB erteilen können. Es bedürfe daher einer
Genehmigung der vertretungsberechtigten Geschäftsführer der Beteiligten zu 2., soweit diese ausdrücklich
von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit seien, anderenfalls einer Nachbeurkundung unter
Vermeidung der betre-enden Hindernisse.

Gegen diese Zwischenverfügung wenden sich die Beteiligten mit ihrer Beschwerde vom 03.06.2019. Sie sind
der Au-assung, dass ein Eintragungshindernis nicht vorliege. Es bedürfe keiner Nachgenehmigung des
Vertrages durch einen von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Vertreters der Verkäuferin. Aus der
vom Amtsgericht zitierten Literatur ergebe sich das gerade nicht; vielmehr sei das Gegenteil der Fall.

Mit Beschluss vom 28.10.2019 hat das Amtsgericht an seiner Au-assung festgehalten, hierzu ergänzend
ausgeführt und der Beschwerde nicht abgeholfen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung nimmt der
Senat auf den Inhalt der Nichtabhilfeentscheidung Bezug.

II.

Die Beschwerde ist gem. §§ 71 Abs. 1, 73 GBO zulässig und auch in der Sache begründet.
Die vom Grundbuchamt in der angefochtenen Zwischenverfügung aufgezeigten Eintragungshindernisse i. S.
v. § 18 GBO bestehen nicht. Entgegen der Au-assung des Amtsgerichts bedarf es weder einer
Neubeurkundung noch der Genehmigung eines von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Vertreters
der Beteiligten zu 2.

In einem mit dem vorliegenden Verfahren vergleichbaren Beschwerdeverfahren - ebenfalls gegen eine
Entscheidung des Amtsgerichts Greifswald gerichtet - hat der Senat bereits zu der auch hier
entscheidungserheblichen Rechtsproblematik eine Entscheidung getro-en. In jenem Beschluss vom
19.01.2017 (3 W 7/17) hat der Senat insoweit wie folgt ausgeführt:

„... Dabei kann hier dahinstehen, ob § 181 BGB auch bei einem Handeln als vollmachtsloser Vertreter
für die eine Partei anwendbar ist (zum Streitstand vgl. etwa Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15.
Au:., Rn. 3559 a, Fußnote 30; Demharter, GBO, 30. Au:., § 19 Rn. 90). Durchgreifende Zweifel daran,
ob diese umstrittene Frage bejaht werden kann, hegt der Senat schon deshalb, weil in derartigen
Fällen keine Gefahr besteht, dass das Rechtsgeschäft durch die Erklärungen des für beide
Vertragsparteien Handelnden unmittelbar wirksam wird, sondern hierfür ohnehin die Genehmigung
der vollmachtslos vertretenen Partei nach § 177 BGB zwingend notwendig ist. Erst durch die
Genehmigung dieser Vertragspartei, der dann aber auch der gesamte Vertragsinhalt vorliegt, kann
das Rechtsgeschäft wirksam werden (vgl. insoweit etwa Schneeweiß, MittBayNot 2001, 341 m.w.N.).
Unterstellt, man hielte die Vorschrift des § 181 BGB auch in derartigen Fällen für anwendbar,
bestehen die vom Amtsgericht reklamierten Eintragungshindernisse dennoch nicht.

Es entspricht allgemeiner Au-assung, dass ein Rechtsgeschäft bei einem Verstoß gegen § 181 BGB
nicht nichtig, sondern entsprechend § 177 BGB lediglich schwebend unwirksam und damit -
beidseitig - genehmigungsfähig ist (vgl. nur Palandt/Ellenberger, BGB, 76. Au:., § 181 Rn. 15 m.w.N.).

Hier liegen entsprechende Genehmigungen ... bereits vor. Die nachträglichen Genehmigungen der
vollmachtlos Vertretenen umfassen nicht nur das Handeln ohne Vertretungsmacht, sondern - soweit
§ 181 BGB anwendbar ist - auch die Gestattung eines Insichgeschäftes, da die Genehmigung das
vorgenommene Geschäft erfasst, wie es abgeschlossen ist (vgl. Schöner/Stöber, a.a.O. Rn. 3559 b;
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 05.01.2012, 3 W 99/11, MittBayNot 2012, 377).

Darüber hinaus ist allgemein anerkannt, dass die vertretenen Vertragspartner schwebend
unwirksame Insichgeschäfte nicht nur persönlich genehmigen können, sondern auch durch einen
Vertreter (vgl. OLG Zweibrücken, a.a.O. m.w.N.; Demharter, a.a.O.).

Entgegen der Au-assung des Amtsgerichts muss der das schwebend unwirksame Insichgeschäft
genehmigende Vertreter selbst regelmäßig nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit
sein. Dies entspricht - soweit ersichtlich - der vorherrschenden Au-assung in der jüngeren
Rechtsprechung und Literatur (vgl. OLG Zweibrücken, a.a.O. mit zustimmender Anmerkung von
Autor; Demharter, a.a.O.; Schöner/Stöber, a.a.O. Rn. 3559 a; Dr. Tebben, DNotZ 2005, 173), der sich der
Senat unter Bezugnahme auf die Begründung der Entscheidung des OLG Zweibrücken (a.a.O.)
anschließt. Soweit dies im Einzelfall anders sein mag, wenn sich die Genehmigung selbst im
konkreten Fall als Insichgeschäft darstellt, liegt eine derartige Fallgestaltung hier nicht vor. ...“
Hieran hält der Senat fest. Vorliegend ist es nicht anders.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; Gerichtskosten fallen für das Beschwerdeverfahren nicht an
(vgl. Nr. 14510 KV-GNotKG).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Rostock

Erscheinungsdatum:

22.11.2019

Aktenzeichen:

3 W 125/19

Rechtsgebiete:

Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Grundbuchrecht
In-sich-Geschäft

Normen in Titel:

GBO § 18; BGB §§ 177, 181