MaBV-Bürgschaft sichert auch Ansprüche wegen Minderfläche
DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 1091
letzte Aktualisierung: 27.09.2001
dort zu erstellenden Gebäude nur Zug um Zug gegen Aushändigung einer den Anforderungen des
eigenständige (eingeschränkte) Sicherungsabrede mündlich
wirksam vereinbaren. Der Auftraggeber darf die Erfüllung des
Vergütungsanspruchs jedoch verweigern, bis er die dem notariellen Vertrag entsprechende Bürgschaft erhalten hat.
b) Sind die Voraussetzungen für die Rückgabe der aufgrund der
mündlichen (eingeschränkten) Sicherungsabrede erteilten Bürgschaft gegeben, kann der Auftraggeber die Rückgabe nicht unter
Berufung darauf verweigern, er habe die nach dem Hauptvertrag geschuldete Sicherheit nicht erhalten.
c) Eine den Anforderungen des
Abnahme geltend gemacht worden sind.
-2Tatbestand:
Die Beklagten kauften mit notariellem Vertrag vom 23. November 1995 von der BG C.
mbH
(nachfolgend:
BG
C.
oder
Auftragnehmerin)
drei
näher
bezeichnete Grundstücke. Zugleich verpflichtete sich die Auftragnehmerin,
die beiden dort bereits errichteten Gebäude fertigzustellen. Mit der Ausführung der
Bauwerke hatte sie durch Vertrag vom 7. März 1994 die Klägerin beauftragt.
Die Beklagten hatten als Vergütung für die Grundstücke einschließlich der Gebäude
10.600.000 DM zu entrichten. Gemäß Anlage II des Vertrages sollte die Mietfläche der
Gebäude 680,10 qm sowie 1756,50 qm (jeweils "Def. H.") betragen. § 3 Ziff. 3 des notariellen Vertrages enthielt dazu folgende Regelung:
"Flächenminderungen werden im Verhältnis der weggefallenen Fläche
zur gesamtgeschuldeten Fläche, wie in Anlage II erwähnt, zugunsten
des Käufers vergütet.
Flächenmehrungen hingegen werden nicht zusätzlich vergütet.
Hierbei handelt es sich nur um Nettonutzflächen nach gültiger DIN 277
Teil 1 ohne Verkehrsflächen, abgeschlossene Treppenhäuser sowie
Heiz- und Technikräumen."
Die Zahlung war an die Klägerin, der die BG C. ihren Anspruch abgetreten hatte, bis
zum 15. Dezember 1995 vorzunehmen, "Zug um Zug gegen Aushändigung einer Bürgschaft eines Kreditinstitutes, die den Anforderungen von §§ 7, 2, 3 der Makler- und
Bauträgerverordnung genüge tut", und wurde vertragsgerecht erbracht. Im Auftrag der
Klägerin übernahm die L. S. mit Erklärung vom 20. Dezember 1995 die selbstschuldnerische Bürgschaft gegenüber den Beklagten bis zum Betrag von 10,6 Mio. DM. Weiter
heißt es in der Urkunde:
"Die Bürgschaft dient zur Sicherung aller etwaigen Ansprüche des Käufers auf Rückgewähr oder Auszahlung des vorgenannten Betrages, die
die P. H. AG erhalten hat.
....
Diese Bürgschaft erlischt nach Eintragung der Auflassungsvormerkung
zugunsten des Käufers im Grundbuch an vereinbarter Rangstelle, nach
Sicherung der Freistellung der o.g. Vertragsobjekte von allen Grundpfandrechten, die nicht übernommen werden sollen, und nach Übergabe
derselben an die Käufer. Danach ist die Bürgschaftserklärung umgehend an uns zurückzugeben."
Am 8. Oktober 1997 wurden "Begehungen zur Abnahme" durchgeführt. Die dabei festgestellten Mängel sind inzwischen beseitigt, die Restarbeiten sind durchgeführt. Die
Beklagten beanstanden, die Mietfläche sei um 426,97 qm geringer als in Anlage II des
notariellen Vertrages angegeben, und haben von der Bürgin daher mit Schreiben vom
23. Januar 1998 Zahlung in Höhe von 2.136.604,85 DM begehrt.
Die Klägerin verlangt Rückgewähr der Bürgschaftsurkunde. Sie bestreitet die Flächenangabe der Beklagten, behauptet außerdem, nach der von den Parteien getroffenen Sicherungsabrede sei der von den Beklagten geltend gemachte Mangel von der erteilten
Bürgschaft nicht gedeckt, und meint, diese sei inzwischen erloschen. Das Landgericht
hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision
erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung
der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht den Beklagten ein Anspruch auf Minderung
des gezahlten Kaufpreises zu. Die für dessen Berechnung maßgebliche Mietfläche richte sich nicht nach der "Def. H.", sondern nach DIN 277 Teil 1. Auf der Grundlage dieser Norm weiche selbst nach dem Vortrag der Klägerin die Nutzfläche für beide Gebäude um insgesamt 63,37 qm von den vertraglich vereinbarten Größen nach unten ab. Der
daraus folgende Kaufpreisrückzahlungsanspruch der Beklagten sei auf der Grundlage
des auch für den hier zu entscheidenden Fall maßgeblichen Urteils des BGH v. 14. Januar 1999 (IX ZR 140/98 -
II.
Die dagegen von der Revision erhobenen Rügen haben im Ergebnis Erfolg, weil das
Berufungsgericht das Vorbringen der Klägerin zum Inhalt einer zwischen den Parteien
angeblich mündlich getroffenen Sicherungsabrede nicht beachtet hat (
1. Unstreitig ist die Bürgschaft, die die Beklagten erhalten haben, nicht, wie nach dem
notariellen Vertrag vorgesehen, von der BG C. als Verkäuferin, sondern von der Klägerin beigebracht worden. Diese hat der L. den Auftrag erteilt, die Bürgschaft vom
20. Dezember 1995 zu übernehmen. Nach der unter Beweis gestellten Behauptung der
Klägerin beruhte dieser Auftrag auf einer eigenständigen mündlichen Sicherungsabrede
zwischen ihr und den Beklagten, weil im Zeitpunkt des notariellen Vertrages die Bauleistung bereits weitgehend erbracht, aber noch nicht vollständig fertiggestellt gewesen
sei. Aus diesem Grunde habe man verabredet, daß die Bürgschaft nur Ansprüche der
Beklagten sichern solle, welche die damals noch nicht ausgeführten Bauleistungen der
Klägerin beträfen. Dabei habe Einigkeit darüber bestanden, daß die Bürgschaft nach
Fertigstellung und Abnahme des Bauwerks, Eintragung der Auflassungsvormerkung
zugunsten der Beklagten sowie der Lastenfreistellung an die Bank zurückzugewähren
sei; eventuelle Ansprüche der Beklagten gegen die Verkäuferin wegen einer Flächenmaßdifferenz seien von dieser Abrede nicht erfaßt worden.
2. Dieses von den Beklagten bestrittene Vorbringen durfte das Berufungsgericht entgegen der Meinung der Revisionserwiderung nicht als unsubstantiiert unbeachtet lassen.
Wer einen Anspruch geltend macht, genügt seiner Substantiierungslast (§ 138 Abs. 1
ZPO) durch die Behauptung von Tatsachen, die geeignet sind, in Verbindung mit einem
Rechtssatz die behauptete Rechtsfolge entstehen zu lassen (BGH, Urt. v. 23. April 1991
2887, 2888; vom 5. April 2001 - IX ZR 441/99,
hat den Inhalt der behaupteten Vereinbarung in diesem Sinne ausreichend konkret dargestellt und ersichtlich auf einen engen zeitlichen Zusammenhang zum Abschluß des
notariellen Vertrages abgehoben. Die Beklagten haben ein Gespräch zwischen den Parteien des Rechtsstreits in Zusammenhang mit der Überlassung der Bürgschaft generell
in Abrede gestellt. Allein dieses Bestreiten führt nicht dazu, daß das Vorbringen der
Klägerin zu diesem Punkt ohne die Darstellung weiterer Einzelheiten insgesamt als unsubstantiiert anzusehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 23. April 1991, aaO). Allerdings hätte die
Klägerin angeben müssen, ob die behauptete Abrede mit allen sieben Beklagten persönlich oder nur mit bestimmten Personen von ihnen als Bevollmächtigte der übrigen getroffen wurde. Indessen wäre das Berufungsgericht gemäß
3. In diesem Falle ist das Vorbringen der Klägerin auch rechtlich erheblich.
a) Eine Sicherungsabrede des behaupteten Inhalts kann wirksam getroffen worden sein.
Sie verstößt nicht gegen
hatte die Klägerin die Zahlungsansprüche aus dem notariellen Vertrag vom
23. November 1995 abgetreten erhalten; sie war damit jedoch nicht Vertragspartner der
Beklagten geworden.
Die Vereinbarung einer entsprechenden isolierten Sicherungsabrede ließ den Anspruch
der Beklagten gegen die Auftragnehmerin auf Leistung einer nach dem Inhalt des notariellen Vertrages geschuldeten Bürgschaft unberührt. Die Beklagten blieben also weiterhin befugt, die Zahlung an die Klägerin zu verweigern, solange ihnen die gemäß § 7
MaBV notwendige Bürgschaft nicht gewährt worden war (
eine Vereinbarung, wie sie die Klägerin behauptet, nicht aus.
b) Ist zwischen den Parteien eine eigenständige Sicherungsabrede zustande gekommen,
die nicht die auf § 3 Nr. 3 des notariellen Vertrages gestützten Ansprüche der Beklagten
wegen der Flächenmaßdifferenz erfaßt, hat die Klägerin Anspruch auf Rückgabe der
Bürgschaft. Die Beklagten haben sich, abgesehen von dem Streitpunkt des Flächenmaßes, nicht auf Ansprüche aus der Bürgschaft berufen. Da nach dem Vortrag der Klägerin
die Bürgschaft nach Wissen und Willen aller Beteiligten ausschließlich zur Erfüllung
der individuell zwischen den Parteien getroffenen, lediglich die Fertigstellung des Bauwerks erfassenden Sicherungsabrede erteilt worden sein soll, kann in einem solchen Fall
außer der Klägerin, die die Bürgschaft beigebracht hat, auch die Bürgin selbst sich auf
den Inhalt dieser Sicherungsabrede berufen, also gegenüber dem erhobenen Anspruch
die der Klägerin als Sicherungsgeberin zustehenden Einwände geltend machen (vgl.
Fall nicht unter Berufung darauf verweigern, die von der Auftragnehmerin geschuldete
Bürgschaft nicht erhalten zu haben. Können Ansprüche, für die Sicherheit gewährt wurde, nicht mehr entstehen, darf der Sicherungsnehmer die Herausgabe der Sicherheit
nicht unter Berufung auf andere Ansprüche aus dem Hauptvertrag verweigern (BGH,
Urteil vom 8. März 2001 - IX ZR 236/00,
Sicherungsabrede wurde nach dem Vorbringen der Klägerin unabhängig von den im
notariellen Vertrag enthaltenen Regelungen getroffen und daher in keine rechtliche Beziehung zu der Bürgschaft gesetzt, die die Auftragnehmerin beizubringen hatte.
c) Eine Vereinbarung des von der Klägerin behaupteten Inhalts ist allerdings nur dann
zustande gekommen, wenn aus ihren Erklärungen für die Beklagten zweifelsfrei erkennbar war, daß ihnen nicht die im notariellen Vertrag vereinbarte, sondern eine jener
gegenüber wesentlich eingeschränkte Sicherheit angeboten wurde. Hat die Klägerin dies
nicht hinreichend klargestellt, durften die Beklagten schon wegen des auf den notariellen Vertrag abgestimmten Wortlauts der Bürgschaft in deren Übergabe die Erfüllung
der mit der Verkäuferin vereinbarten Sicherheit sehen. In diesem Falle ist die Klägerin
an den Inhalt der beurkundeten Sicherungsabrede gebunden. Für den Inhalt der von ihr
behaupteten atypischen Vereinbarung trägt sie uneingeschränkt die Beweislast. Die Tatsache, daß die von der Klägerin beauftragte Bank eine Bürgschaft erteilt hat, die ihrem
Wortlaut nach geeignet ist, alle in dem notariellen Vertrag bezeichneten Ansprüche zu
decken, begründet eine tatsächliche Vermutung, die dem Vorbringen der Klägerin entgegensteht und von ihr daher widerlegt werden muß.
III.
Für die neue Verhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
Vermag die Klägerin ihre Darstellung zu der von den Parteien angeblich vereinbarten
Sicherungsabrede in dem bisher fehlenden Punkt nicht ausreichend zu ergänzen oder
den ihr obliegenden Beweis nicht zu führen, so ist die Auffassung des Berufungsgerichts, Ansprüche der Beklagten auf Rückzahlung eines Teils des Kaufpreises wegen
einer geringeren als der vertraglich zugrunde gelegten Nutzfläche seien von der Bürgschaft gedeckt, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
1. Verbürgt sind die Ansprüche der Beklagten auf Rückgewähr der in Erfüllung des
notariellen Vertrages vom 23. November 1995 geleisteten Beträge. Ein solcher durch
die Bürgschaft gesicherter Erstattungsanspruch ist in dem Umfang begründet, in dem
eine Differenz zwischen der gezahlten Vergütung für die vertraglich geschuldete und
dem Wert der tatsächlich erbrachten Leistung besteht (vgl. BGH, Urt. v. 14. Januar
1999 - IX ZR 140/98,
1204, 1205 f).
2. Nach § 3 Nr. 3 des notariellen Vertrages werden Flächenminderungen im Verhältnis
zur insgesamt geschuldeten Fläche zugunsten des Käufers vergütet, während Flächenmehrungen unberücksichtigt bleiben.
a) Möglicherweise wollten die Vertragsparteien mit dieser Regelung eine unmittelbare
Beziehung zwischen der Größe der Mietflächen und der Höhe des Kaufpreises herstellen. In diesem Falle begründen Abweichungen von der vereinbarten Fläche ohne weiteres einen Rückzahlungsanspruch der Beklagten, der von der Bürgschaft gedeckt ist.
b) Andernfalls stellt die Flächendifferenz einen Mangel im Sinne des
(vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 - VII ZR 310/99,
daß der Auftraggeber die Vergütung mindern darf.
aa) Im Streitfall ist das Minderungsrecht vor Abnahme des Werks entstanden und geltend gemacht worden. Erstmals mit Schreiben des Beklagten zu 1 vom 4. November
1997 haben die Beklagten Minderung wegen der Flächendifferenz verlangt. Bei den am
8. Oktober 1997 durchgeführten Begehungen ist das Werk nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht abgenommen worden. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
Die über die Begehung erstellten Protokolle enthalten keine Erklärung der Beklagten.
Das Berufungsgericht vermochte auch aus den Umständen nicht zu erkennen, daß die
Beklagten bei der genannten Gelegenheit das Werk als im wesentlichen vertragsgemäße
Leistung gebilligt haben. Dies beruht auf einer revisionsrechtlich nicht angreifbaren
tatrichterlichen Würdigung; die dagegen gerichteten Verfahrensrügen erachtet der Senat
nicht für durchgreifend (
bb) Der infolge dieses Mangels begründete Rückzahlungsanspruch wird von einer
Bürgschaft gedeckt, die zur Erfüllung der Anforderungen des
Die Flächendifferenz verringert den Wert der vertraglich geschuldeten Leistung des
Unternehmers. Ein entsprechender Minderwert fließt grundsätzlich in die bei Vorausund Abschlagszahlungsbürgschaften allgemein gebotene Abrechnung ein (vgl. BGH,
Urteil vom 14. Januar 1999, aaO; vom 6. Mai 1999, aaO).
wenn der Mangel vor Abnahme geltend gemacht worden ist. Ob der Schutzzweck der
Bürgschaft auch Ansprüche sichert, die nach Abnahme begründet sind, bedarf hier keiner Entscheidung.
c) Die Beklagten haben den Anspruch geltend gemacht, bevor die Bürgschaft erlöschen
konnte. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war der
Notar von den Grundpfandgläubigern aus dem Treuhandvertrag noch nicht entlassen
worden, als der Bürgin mit Schreiben der Beklagten vom 23. Januar 1998 ihre Inanspruchnahme angezeigt wurde.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:19.07.2001
Aktenzeichen:IX ZR 149/00
Erschienen in:
DNotI-Report 2001, 158
MittBayNot 2002, 37-38
DNotZ 2002, 209-213
NJW 2001, 3329-3331
ZNotP 2001, 394-396
BGB §§ 273, 404, 468, 765, 631; § 7 MaBV