OVG Magdeburg 20. Februar 2019
3 A 211/18 MD
BGB § 1960

Anspruch auf Sterbegeld

letzte Aktualisierung: 25.10.2019
VG Magdeburg, Urt. v. 20.2.2019 – 3 A 211/18 MD

BGB § 1960
Anspruch auf Sterbegeld

Bei dem Anspruch auf Sterbegeld handelt es sich nach der Satzung der Beklagten um ein
höchstpersönliches Recht, das nicht zum Wirkungskreis der Nachlasspflegerin zählt. Eine insoweit
erhobene Klage ist daher mangels Vertretungsmacht unzulässig.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden,
da die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet
haben.

Die Klage ist bereits unzulässig.

Zunächst ist aber das VG Magdeburg nach § 52 Nr. 5 VwGO entgegen der
Rechtsbehelfsbelehrung in dem hier streitgegenständlichen Bescheid örtlich zuständig,
da es sich vorliegend um eine allgemeine Leistungsklage und damit um keinen der in
§ 52 Nr. 1 - 4 VwGO genannten Fällen handelt und sich der Sitz der Beklagten
satzungsgemäß in Magdeburg findet (vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 der Alterssicherungsordnung
der Ärztekammer Sachsen-Anhalt i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 3 der Hauptsatzung der
Ärztekammer Sachsen-Anhalt).

Die Klage ist jedoch unzulässig, da sie von der Nachlasspflegerin Dr. S. B. als insoweit
vollmachtlose Vertreterin der Kläger nicht wirksam erhoben worden ist. Die
Nachlasspflegerin ist nur im Rahmen ihres Wirkungskreises zur Vertretung der Erben
befugt. Nach der Bestellungsurkunde vom 13. Januar 2016 des Amtsgerichts Köthen
(Az. …) umfasst der Wirkungskreis der Nachlasspflegerin die Ermittlung der Erben
sowie die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses. Im Rahmen dieser
Nachlassverwaltung hat die Nachlasspflegerin den Nachlass in Besitz zu nehmen, ihn
so zu sichern und gegebenenfalls auch zu liquidieren, dass sie den Nachlass an die
Erben, sobald diese feststehen, herausgeben kann. Die von der Nachlasspflegerin zu
begleichen Beerdigungskosten sind nach § 1968 BGB als Nachlasserbenschuld
Nachlassverbindlichkeiten. Die Nachlasspflegerin konnte mit gesetzlicher
Vertretungsmacht und damit mit Wirkung für die Erben aus dem Nachlass die
Bestattungskosten tragen, soweit der Nachlass dies zuließ. Die Nachlasspflegschaft
umfasst aber nicht die Geltendmachung höchstpersönlicher Rechte der Erben. Daher
kann die Nachlasspflegerin z.B. weder die Erbschaft annehmen noch sie ausschlagen.
Die hier begehrte Auszahlung eines Sterbegeldes ist ein höchstpersönlicher Anspruch
des Leistungsberechtigten und keine zum Nachlass gehörende Forderung. Nach § 29
Abs. 1 der Alterssicherungsordnung der Ärztekammer Sachsen-Anhalt (ASO) in der
maßgeblichen Fassung steht das Sterbegeld beim Tode eines Mitgliedes nämlich
nacheinander zu: der Ehegattin/ dem Ehegatten, den Kindern, den Eltern, den
Geschwistern, derjenigen/ demjenigen, den das Mitglied testamentarisch zur
Bezugsberechtigten/ zum Bezugsberechtigten bestimmt. Ist keine Bezugsberechtigte/
kein Bezugsberechtigter für das Sterbegeld vorhanden, so steht es nach § 29 Abs. 4
ASO derjenigen/ demjenigen soweit zu, wie sie/ er nachweislich die Kosten der
Bestattung getragen hat. Eine Auszahlung des Sterbegeldes an ein Mitglied der
Beklagten zu dessen Lebzeiten sieht die Regelung nicht vor. Damit ist das Sterbegeld
kein vermögensrechtlicher Anspruch des Erblassers gegenüber der Beklagten,
sondern ein höchstpersönlicher Anspruch des Bezugsberechtigten. Das Sterbegeld
gehört mithin weder zu Lebzeiten zum Vermögen des Erblassers noch zu dessen
Nachlass.

Fällt damit der Streitgegenstand - das Bestehen eines höchstpersönlichen Anspruchs
eines der in § 29 ASO Genannten - nicht in den Aufgabenkreis der Nachlasspflegerin,
bewirkt die damit fehlende Vertretungsmacht, dass die Prozesshandlung der
vermeintlichen gesetzlichen Vertreterin unwirksam ist (so zum gleichen Ergebnis
hinsichtlich des Anspruchs auf Übernahme von Bestattungskosten nach dem SGB XII
auch Hessisches LSG, Beschluss vom 7. Mai 2013 - L 6 SO 93/10 -, juris).

Gleichwohl ergeht die Entscheidung gegen die Kläger, denen aufgrund der
Kostenentscheidung dadurch kein rechtlicher Nachteil entsteht, und nicht gegen die
vollmachtlose Vertreterin (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom
25 September 2006 - 8 KSt 1/06 -; Beschluss vom 20. September 1974 - III CB 54.71 -,
beide: juris).

Die Kosten des Verfahrens hat Frau Dr. S. B. als vollmachtlose Vertreterin
entsprechend § 173 VwGO i. V. m. § 89 Abs. 1 S. 3 ZPO, § 173 BGB zu tragen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 167 VwGO i. V. m.
§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht
des Landes Sachsen-Anhalt zugelassen wird.

Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils
zu beantragen. Der Antrag ist bei dem
Verwaltungsgericht Magdeburg,
Breiter Weg 203 – 206, 39104 Magdeburg,
zu stellen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen,
aus denen die Berufung zuzulassen ist.

Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei
dem Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Breiter Weg 203 – 206,
39104 Magdeburg, einzureichen.

Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren,
durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für
Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet
wird.

Als Bevollmächtigte vor dem Oberverwaltungsgericht sind zugelassen: Rechtsanwälte,
Rechtslehrer im Sinne des § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO und die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr.
3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen.

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von
ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können
sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte
mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des
öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben
gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen; eine Vertretung ist auch durch
entsprechend beschäftigte Diplom-Juristen im höheren Verwaltungsdienst zulässig.

Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des § 67 Abs. 4 Sätze 3 und 7 VwGO zur Vertretung
berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Die Streitwertfestsetzung kann durch Beschwerde an das
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt,
Magdeburg,
angefochten werden, wenn der Beschwerdewert 200 € (zweihundert Euro) übersteigt.
Sie ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache
Rechtskraft erlangt oder sich das Verfahren anderweitig erledigt hat, bei dem
Verwaltungsgericht Magdeburg,
Breiter Weg 203 – 206, 39104 Magdeburg,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so
kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung
des Beschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss
mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.
Für beide Rechtsmittel gilt: Bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg und beim Oberverwaltungsgericht
des Landes Sachsen-Anhalt können in allen Verfahren auch elektronische
Dokumente nach Maßgabe von § 55a VwGO und der nach § 55a Abs. 2 Satz
2, Abs. 4 Nr. 3 VwGO erlassenen und zum 01.01.2018 in Kraft getretenen Verordnung
über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und
über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-
Verordnung – ERVV) eingereicht werden.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OVG Magdeburg

Erscheinungsdatum:

20.02.2019

Aktenzeichen:

3 A 211/18 MD

Rechtsgebiete:

Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
Erbenhaftung
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Erschienen in:

ZEV 2019, 529-530

Normen in Titel:

BGB § 1960