BGH 24. November 1995
V ZR 40/94
BGB § 278

Zurechnung von Maklerangaben bei einem Grundstückskaufvertrag

BGB § 278
Zurechnung von Maklerangaben bei einem Grundstückskaufvertrag
a) Beschränkt sich die Tätigkeit eines Grundstücksmaklers auf das Anbieten reiner Maklerdienste
ohne Einbindung in die Erfüllung von Haupt- oder Nebenpflichten einer Vertragspartei, kommt eine
Zurechnung nach § 278 BGB nicht in Betracht.
b) Ist einem Grundstücksmakler von einer der späteren Kaufvertragsparteien die Führung der
wesentlichen Vertragsverhandlungen überlassen worden, so ist er von ihr im Regelfall zur Erfüllung
der vorvertraglichen Sorgfaltspflichten herangezogen worden, und zwar auch dann, wenn ihm ein
eigener Verhandlungsspielraum nicht eingeräumt worden ist; dies rechtfertigt die Anwendung des
§ 278 BGB.
BGH, Urt. v. 24.11.1995 - V ZR 40/94
Kz.: L I 1 - § 278 BGB
Problem
In der notariellen Praxis spielt immer wieder die Frage der Zusicherung bestimmter Angaben beim Verkauf
von Grundstücken eine Rolle. Häufig werden vom Makler im Vorfeld bestimmte Angaben gemacht, die im
notariellen Kaufvertrag dann keinen Niederschlag finden (vgl. KG DNotI-Report 18/1994, S. 4; BGH DNotIReport 22/1995, S. 202). Im vorliegenden Fall sicherte der Makler im Vorfeld zu, daß die Mieteinnahmen der
verkauften Eigentumswohnungen die Zins- und Tilgungsbelastung decken würden. Eine entsprechende
Versicherung war allerdings im Kaufvertrag nicht aufgenommen worden. Es war nun fraglich, ob der
Verkäufer unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß sich das Verhalten des Maklers
gem. § 278 BGB zurechnen lassen mußte.
Lösung
Der BGH weist darauf hin, daß die Rechtsprechung den Makler nicht generell als Erfüllungsgehilfen seines
Vertragspartners gem. § 278 BGB betrachte. Der Makler erbringe durch seine Vermittlungstätigkeit eine
eigene Leistung gegenüber dem Auftraggeber, die nicht ohne weiteres zugleich die Verpflichtung des
Auftraggebers gegenüber dem späteren Käufer erfülle. Dies gelte jedoch nur, wenn sich der Makler
vereinbarungsgemäß darauf beschränke, seine spezifischen Maklerdienste anzubieten. Übernehme er
demgegenüber mit Wissen und Wollen einer der späteren Vertragsparteien Aufgaben, die typischerweise ihr obliegen, so werde er in deren Pflichtenkreis tätig. Er sei dann nicht mehr allein
Makler, sondern zugleich Hilfsperson der Vertragspartei. Der BGH weist darauf hin, daß die Rechtsprechung
es vermieden habe, allgemeingültige Rechtssätze zur Differenzierung aufzustellen. Folgende Fälle wurden
bisher entschieden:
* Der Makler erscheint wegen seiner engen Beziehung zum Geschäftsherrn als dessen Vertrauensperson
(BGH BB 1995, 1609 = DNotI-Report 22/1995, S. 202).
DNotIDeutsches Notarinstitut
DNotI-Report - Rechtsprechung
DNotI-Report 3/1996 Februar 1996 21
DNotI-Report 3/1996 Februar 1996 22


* Der Makler ist als beauftragter Verhandlungsführer oder Verhandlungsgehilfe des Schuldners aufgetreten
(BGHZ 114, 263).
Im vorliegenden Fall bejaht der BGH die Anwendung des § 278 BGB, da der Makler von dem beklagten
Verkäufer in die Erfüllung der ihm obliegenden vorvertraglichen Sorgfaltspflichten eingeschaltet worden war.
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Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

24.11.1995

Aktenzeichen:

V ZR 40/94

Erschienen in:

DNotI-Report 1996, 21-22

Normen in Titel:

BGB § 278