BGH 07. Februar 1993
II ZR 24/92
GmbHG § 3 Abs. 2

Beurkundungspflicht von Nebenabreden bei GmbH-Gründung

zustandigen Organ zugegangen. Die Revision meint freilich,
jedenfalls seien die lediglich nachrichtUchen Mitt&Iungen
an die anderen GeseIIschafter keine Willenserklarungen.
For einen solchen rein formalen Standpunkt besteht indessen keine rechtliche Notwendigkeit. Es genogt, falls nicht
schon die Erklarung gegenQber einem der Gesellschafter
ausreichen sollte (so Plander, ZHR 133 [1970], 327, 360;
ablehnend u.a. SchoIzIUH. Schneider, GmbHG 8.Auf I.§38
Rdnr.85), daB diese den anderen Gesellschaftern zur Kenntnis gebracht wird. Damit Ist dem Erfordernis der Rechtsklarheitim Zusammenhang mit einer derartigen Gestaltungserklarung Genoge getan.
b) Das Berufungsgericht hat weiter unentschieden gelassen, ob B. einen wichtigen Grund zur Amtsniederlegung
hatte; eine solche sei, so hat es ausgefohrt, auch dann wirk・
sam, wenn das Vorliegen eines wichtigen Grundes streitig
sei. Die Revision beanstandet, das Berufungsgericht habe
sich damit in Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung
des Senats gesetzt. Dieser Einwand ist an sich berechtigt;
das Berufungsgericht hat aber trotzdem im E勺ebnis recht.
aa) Der Senat hat im Urteil vom 14. 7. 1980 entschieden, daB
die aus wichtigen GrQnden erklarte Amtsniederlegung eines
GeschaftsfQhrers auch dann als sofort wirksam zu behandeIn Ist, wenn Qber die objektive Berechtigung dieser
Gronde Streit besteht (BGHZ 78, 82, 92「= MittBayNot 1980,
219=DN0tZ 1981, 501]). Damitwar nicht nicht nur der Fall
gemeint, daB Streit o ber das tatsachliche Vorliegen von
,,schlロssig" vorgebrachten, d. h. also solchen GrQnden
besteht, die, wenn sie gegeben sind, die Niederlegung rechtfertigen; vielmehr Ist die Niederlegungserklarung danach
auch dann wirksam, wenn die 由rteien darQber streiten, ob
die geltend gemachten Grロnde als solche for einen soforti-gen Rocktritt von der Geschaftsfuhrung ausreichten (BGHZ
78, 82, 84). Voraussetzung ist aber nach jener Entscheidung,
daB die Amtsniederlegunる oberhaupt auf 一 angeblich 一
wichtige Gronde gestQtzt ist.
Das war hier nicht der Fall. (Wird ausge危hだ.)
bb) For die Entscheidung des Senats, die aus wichtigem
Grund erklarte Amtsniederlegung des GmbH-Geschafts・
fohrers=und ebenso der Mitglieder anderer Vertretungs-organe (Senatsurtel I vom 13.2.1984 一 lt ZR 2183, WM 1984,
532,- 533)一 unabhangig davon, ob ein wichtiger Grund
objektiv gegeben ist, als sofort wirksam zu behandeln, war
der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit ausschlaggebend.
Es ware, wie der Senat seinerzeit ausfohrlich dargelegt hat,
fQr die Beteiligten und den allgemeinen Rechtsverkehr unzumutbar, es im AnschluB an eine Amtsniederlegung hinnehmen 乞u mossen, daB unter Umstanden Uber 'mehrere
Jahre hin 一 bis zur endgoltigen、Klarung in einem Rechts・
streit 一UngewiBheitdarQberbesteht,obdie Niederlegungserklarung wirksam war und durch wen die Gesellschaft in
dieser Zeit vertreten wird(BGHZ 78, 82, 89ffふ Stellt man
diese Erwagungen in den Vordergrund, dann ist es nicht
gerechtfertigt, die Wirksamkeit der Amtsniederlegung davon
abhangig zu machen, mit welcher m6glicherweise schon in
sich selbst unschlQssigen, also objektiv keinen wichtigen
Grund enthaltenden BegrQndung der Geschaftsfuhrer seine
Erklarung versieht (so zutreffend Ec肥rt, KTS 1990, 33, 35;
ebenso ScholzIU. H. Schneider a. a. 0.§38 Rdnr.82; 乃liner
in BaumbachIIIueck, GmbHG 15.Aufl.§38,Rdnr.38; Roth,
GmbHG 2. Aufl.§38 Anm. 5; 助ums, Der Geschaftsleitervertrag, 1987, 5.407, der offenbar bereits das Senatsurteil vom
14. 7. 1980 in diesem Sinne versteht; for das Aktienrecht auch
Mertens, KK 2. Aufl.§84 Rdnr.163; a・A・und der bisherigen
Senatsrechtsprechung folgend dagegen Rowedderli紀加en・
5加mneら GmbHG 2. Aufl.§38 Rdnr. 26; Lutte,カりommeihoff,
GmbHG 13. Aufl.§38 Rdnr. 40; Miller in Meyer-加ndrutlMmlleグ
Niehus, GmbHG, 1987,§§35-38 Rdnr.134). Dies kann von
Zufalligkeiten abhangen; in manchen Fallen wird es sich
auch nur schwer ermitteln lassen. Die Amtsniederlegung
braucht nicht schriftlich erklart zu werden. Wird sie nur
mondlich zum Ausdruck gebracht, so wird sich oft nicht
ohne weiteresイeststellen lassen, ob und wie siebegrundet
worden Ist. Es sind auch Falle denkbar, in denen der Geschaftsfohrervon elnerBegrondung deswegen absieht, weil
er davon ausgehenkann, daB seine Gronde den Gesellschaf・
tern ohnehin bekannt sind. Der Senat halt aus diesen GrQnden an der Einschrankung, daB die Amtsniederlegung aus
wichtigen GrQnden erklart worden sein mosse, nicht mehr
fest. Diese Ist auch dann sofort wirksam, wenn sie mit kel-ner BegrQndung versehen wird. SchadensersatzansprUche
der Gesellschaft gegen den Geschaftsfohreち die sich wegen
einer ohne ausreichenden wichtigen Grund erklarten Niederlegung aus dem Anstellungsverhaltnis ergeben k6nnen,
bleiben unberQhrt (BGHZ 78, 82, 85; vgl. auch Fleck, WM
Sonderbeilage 3/1981 5. 10).
Ob diese Grundsatze auch fUr einen Geschaftsfohrer gelten,
der seinerseits nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes
abberufen werden kann (vgl§38 Abs.2 GmbHG), is,t hier
nicht zu entscheiden. Das gleiche gilt fQr die Frage, ob und
gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine Amtsniederlegung wegen Erklarung zur Unzeit oder wegen
RechtsmiBbrauchlichkeit unwirksam sein kann (vgl. dazu
Schoだ/U. H. Schneider a. a. 0.§38 Rdnr.84 m.w.N.; OLG
Hamm WM 1988, 1192, 1194 f. m. Anm・月eckin EWiR§38
GmbHG 2/88, 795「= DN0tZ 1989, 396; BayObLG GmbHR
1992, 671, 672 m. Anm. W. Maller, EWIR§38 GmbHG 4/92,
1201「= MittBayNot 1993, 95]). Der vorgetragene Sachverhalt
gibt keinen AnlaB, dazu Stellung zu nehmen.
19. GmbHG§3 Abs.2 (Beurkundungspflicht von Nebenabreden bei GmbH-Grndung)
Ubernehmen die Gesellschafter einer GmbH die Verpflichtung, zu den Kosten der Gesellschaft Deckungsbeitr首ge zu
erbringen, so bedarf dies nur dann der Aufnahme in die
Satzung, wenn diese Verpflichtung in der W引se an den
Gesellschaftsanteil gebunden sein soll, daB sie ohne
weiteres auch kUnftige Gesellschafter treffen soll; anderenfalls ist eine formfreie Vereinbarung der』Gesellschafter un・
tereinander oder der Gesellschaft gegenUber (§328 BGB)
aus肥ichend.
BGH, Urteil vom & 2. 1993 一 II ZR 24192
Aus dem 庖tbestand:
Der Klager o bernahm im November 1987 von dem 50.000,一 DM
betraaenden Starnmkanital der Beklaaten einen Geschaftsanteil von
22.DUU,一 lily!; im Lezemoer -19ど( wurae er 一 eDenso wie gie Deiaen
anderen Gesellschafter der Beklagten 一 zum Geschaftsfuhrer bestellt. In dem am 24.4.1988 mit dem Klager geschlossenen Ansteltungsvertrag ist u;a. bestimmt:
n§1
Herr,. . S. nimmt mit Wirkung vom 1. 1. 1988 die Position eines
Geschaftsfohrers und Beraters ein
§2
Das Arbeitsverhaltnis Ist in seinem Bestand unabhangig von der
Position eines Geschaftsfuhrers. Es endet jedoch grundsatzlich
mit dem Ausscheiden als Gesellschafter.,.
MittBayNot 1993 Heft 4 223


§
Die Vergotung von Herrn 、 S. richtet sich nach den von der
Gesellschafterversammlung beschlossenen Vergotungsregeln'"
Nach diesen 加rgotungsregeln‘・ for die,, Berater/Geschaftsfohrer"
der Beklagten vom 8.8.1988 werden 60% der von dem einzelnen
Berater/Geschaftsfohrer erwirtschafteten Honorare seinem J(onto
gutgeschrieben, der Rest verbleibt der Gesellschaft 助stimmte ausscheidbare Kosten werden dem jeweiligen Berater/Geschaftsfohrer
unmittelbar anuelastet. auf die Jahresveruotunu werden monatliche
じenaiter von b.000
,一 UM sowie !onusvorauszari lungen geleistet.
Unter 3. der Vergotungsregeln ist bestimmt:
,, 3. Jahresendabrechnung der Gesamtvergotung unter Berocksichtigung eines Mindestdeckungsbeitrages an den Gesamt.
kosten der Gesellschaft.
Jeder Berater hat mit einem jahrlichen Deckungsbeitrag von
mindestens DM 150.000
,一 zu den Gesamtkosten der Gesellschaft beizutragen.
Schoたカョ刀merich, GmbHG 8.AufI.§3 Rdnr.71f.; Rowedder/Riffneち GrnbHG 2.AufI.§3 Rdnr.56
;乃 加r a.a,O.;
ies
Gasteyer, BB 1983, 934, 936). Anders, als das Berufungsgericht meint, das offenbar die von ihm angefohrte Belegstelle des nach der 11.Auflagezitierten-Kommentars von

scher/Lutter (GmbHG§3 Rdnr. 32, ebenso bit加ガHommel・
hoff, 13. Aufl.§3 Rdnr.32) miBverstanden hat, ist nicht jede
Nebenleistungspflicht beurkundungspflichtig, die mit dem
Ausscheiden des Geseilschafters aus der GmbH endet. An
die 、
MitgIiedschaft gebunden mit der Folge, daB eine Aufnahme der Verpflichtung in die Satzung erforderlich Ist, ist
eine Nebenleistungspflicht des Geselischafters vielmehr
nur dann, wenn sie an den Geselischaftsanteil gebunden ist,
im Falle seiner Ubertragung also ohne weiteres auf den
neuen Gesellschafter o bergeht.
Von dieser gefestigten Rechtsprechung abzugehen, die
unn6tige Reglementierungen vermeidet und es der autonomen Gestaltung der Betroffenen o berlaBt, ob sie sich mit
mitgliedschaftlicheroder nur mit schuldrechtlicher Wirkung
binden wollen, besteht keine ぬranlassung. Es kommt deswegen, wie der Senat (BB a. a. 0.) im AnschluB andie Rechtsprechung des Reichsgerichts ausgesprochen hat, nicht
darauf an, ob es naherliegend oder natorlicher ware, die
Nebenverpflichtung mitgliedschaftsrechtlich auszugestalDas Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht
ten, oder ob die vereinbarten 山
istungen for die Gesellschaft
hat ihr stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die
von besonders groBer Bedeutung sind. Die Grenze ist erst
Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
dort gezogen, wo das, Gesetz die Eingehung derartiger
Leistungen allein in korporativer Form zulaBt. Die gegen:
Aus
Grnden:
teilige Auffassung von Ullrich (ZGR 1985, 235 ff., 252 f.), nach
Das Berufungsgericht hat ausgefohrt, entgegen der Melder Nebenleistungen im Sinne von§3 Abs. 2 GmbHG, wenn
nung des Klagers 而nne die nach seinem Eintritt in die Ge・ sie getroffen werden, nurals Satzungsregelung verabredet
selischaft getroffene Regelung u ber die Pflicht zur 山istung
werden konnen, Ist weder 叩m Wortlaut noch von der Syste・
eines. Kostendeckungsbeitrags von 150.000
,一 DM pro Jahr
matik des Gesetzes her geboten; sie zwingt die Gesell-nicht als 一 beurkundungsbedorftige(
§53 Abs.3 GmbHG)
schafter unnotig zur ぬreinbarung korporativer Regelungen
一 NachschuBpflicht im Sinne von§26 GmbHG eingeordnet
und tragt dem Anliegen einer personalistisch strukturierten
werden. Diese Annahme laBt keinen Rechtsfehler erkennen
GmbH nach flexiblen, f6rmliche、
Satzungsanderungen verund wird von der Beklagten als ihr gonstig auch nicht
meidenden Regelungsm6glichkeiten nicht hinreichend
angegriffen.
Rechnung.
Der Klager erzielte im Jahr 1988 lediglich 55.667 一 DM an Honoraren.

Auf Aufforderung der Beklagten leistete er einen Deckungsbeitrag
von 100.000 一 DM. Nachdem er zum 30. 6. 1989 aus der Gesellschaft

ausgeschieden ist, hat er mit der vorliegenden Klage 一 soweit im
Revisionsrechtszug noch von Interesse 一 Rockzahlung dieses Betrages, Erstattung von Reisekosten sowie zwei Monatsgehalter, insgesamt 124.599
)一 DM, gefordert. Er hat die Ansicht vertreten, nicht
deckungsbeitragspflichtig zu sein, weil die Vergotungsregeln der
Beklagten der Sache nach eine NachschuBpflicht enthielten und die
vorgeschriebene notarielle Form nicht gewahrt sei.
Die ぬrurteilung der Beklagten hat das Berufungsgericht
damit begrondet, daB es sich bei der in den Vergotungsregeln vereinbarten Beitragspflicht um eine an die Mitgliedschaft des Klagers gebundene Nebenleistungspflicht handele, the nach§3 Abs.2 i.V.m.§2 GmbHG nur bei Aufnahme in die notariell beurkundete Satzung wirksam
begrundet werden k6nne. Diese Begrundung ist, wie die
Beklagte mit Recht geltend macht, nicht frei von Rechtsi rrt Um.
Da das GmbH-Gesetz nach alledem dieo bernahme einer
Beitragspflicht for den Fall, daB die eingehenden Honorare
die Kosten des Unternehmens nicht decken, nicht als mitg Iiedschaftliche ぬreinbarung zwingend fordert, vielmehr
auch eine schuidrechtlich wirkende Abrede rechtlich statthaft ist (z. B. RGZ 83, 216, 218 f.; Schol2カョnmerich a. a. 0.§3
Rdnr. 72; HachenburgiUlmer a. a. 0.§3 Rdnr.121; Gasteyer
a.a.0. 5.936), kommt es darauf an, wie die geschlossenen
ぬrtrage auszulegen sind. (Wird ausgeルhだ.
)
Die Auffassung des Berufungsgerichts lauft darauf, hinaus,
daB Nebenabreden eines Geseilschafters stets ,,korporatiyen" Charakter (vgl. Priester, DB 1979, 681) haben. Dies steht
in Widerspruch zu der ganz h. M. inRechtsprechung und
SchrifttUm, die 'es nach dem Prinzip der ぬrtragsfreiheit den
Beteiligten o berlaBt, ob sie Nebenpflichten korporativ aus・
gestalten wollen, mit der Folge, daB diese den jeweiligen
und nicht nur den gegenwartigen Anteilsinhaber treffen,
oder ob lediglich der gegenwartige Gesellschafter gegenober「 der Gesellschaft (
§328 BGB) oder seinen Mitgesellschaftern gebunden sein soll (vgl. RGZ 79, 332, 336; 83, 216,
218f.; 112, 273, 277f.; BGH, Urteil vom 14.6.1965 一 VIII ZR
309/62, WM 1965, 1076, 1077; Urteil vom 29.9.1969 一 II ZR
167168, BB 1969, 1410f.; ferner: Urteil vom 20.3.1986 一 II ZR
125/85, DB 1986, 1512; HachenburgiLilmer, GmbHG 8. Aufl.
§3 Rdnr. 54 und 121; Lutter/Hommelhoff a. a. Q§3 Rdnr.44;
Baumbach力りveck, GmbHG 15. Aufl. §3 Rdnr.57f.;
Die erforderliche Auslegung an Stelle des Berufungsgerichts vorzunehmen, ist dem Senat verwehrt. . . . Bei seiner
Prufung, ob die Gesellschafter die Beitragsdeckungspflicht
mitgliedschaftlich oder schuldrechtlich haben ausgestalten
wollen, wird das Berufungsgericht nicht auBer acht lassen
dorfen, daB die Regelung auBerhalb der Satzung (vgl・
zur in・
diziellen Bedeutung dieses Umstandes: Senatsurteil vom
29. 9. 1969, BBa. a. 0.; HachenburgiUlmer a. a. 0.§3 Rdnr.54;
Lutter/Hommelhoff, 13. Aufl.§3 Rdnr. 44; Priester a. a. 0.
S・
684 m.w・ als Anhang zu den Anstellungsvertragen
N.)
getroffen wo川en ist und an der ぬreinbarung zwei Juristen
beteiligt : waren, denen nicht ohne weiteres unterstellt
werden kann, sie hatten eine Regelung, die mitgliedschaftlichen Charakter haben sollte, in privatschriftlicher Form
treffen wollen. . ..
MittBayNot 1993 Heft 4

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

07.02.1993

Aktenzeichen:

II ZR 24/92

Erschienen in:

MittBayNot 1993, 223-224
MittRhNotK 1993, 123-125

Normen in Titel:

GmbHG § 3 Abs. 2