Ersatz mangelbedingter Folgeschäden, die nicht im Rahmen der Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung beseitigt werden können
letzte Aktualisierung: 5.4.2019
BGH, Urt. v. 7.2.2019 – VII ZR 63/18
BGB §§ 133, 157, 280 Abs. 1, 281, 634 Nr. 1, 634 Nr. 4, 635, 636
Ersatz mangelbedingter Folgeschäden, die nicht im Rahmen der Nacherfüllung der
geschuldeten Werkleistung beseitigt werden können
1. Mit dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB kann
Ersatz für Schäden verlangt werden, die aufgrund eines Werkmangels entstanden sind und durch
eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht beseitigt werden können. Hiervon erfasst
sind mangelbedingte Folgeschäden, die an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen
Vermögen eintreten (Fortführung von BGH, Urteile vom 22. Februar 2018 – VII ZR 46/17 Rn. 58,
2017, 1061 =
2. Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB tritt an die
Stelle der geschuldeten Werkleistung. Sein Anwendungsbereich bestimmt sich nach der Reichweite
der Nacherfüllung. Da die Nacherfüllung gemäß
geschuldeten Werks gerichtet ist, bestimmt dieses die Reichweite der Nacherfüllung. Die geschuldete
Werkleistung ist dabei im Wege der Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Die
Nacherfüllung erfasst danach die Beseitigung der Mängel des geschuldeten Werks, die auf einer im
Zeitpunkt der Abnahme vorhandenen vertragswidrigen Beschaffenheit des Werks beruhen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung
der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klägerin stehe kein Anspruch
auf Schadensersatz zu.
1. Ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 634
Nr. 4, §§ 280, 281 BGB oder auf Erstattung der Kosten der Selbstvornahme
gemäß § 634 Nr. 2, § 637 BGB komme nicht in Betracht, weil es an der erforderlichen
Fristsetzung zur Nacherfüllung gefehlt habe. Die Fristsetzung sei nicht
entbehrlich gewesen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der
Beklagte die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert hätte. Auch ein
besonderes Interesse der Klägerin an der sofortigen Geltendmachung der
Rechte aus § 634 Nr. 2 bis 4 BGB sei nicht ersichtlich. Der Umstand, dass der
Beklagte im Zeitpunkt des Auftretens der Probleme Betriebsferien gehabt habe,
sei ohne Belang, weil die Klägerin nicht dargelegt habe, warum ihr ein Zuwarten
bis zum 11. Februar 2016 nicht zuzumuten gewesen sei.
2. Der Klägerin stehe auch kein Schadensersatzanspruch neben der
Leistung gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB zu, weil die Beseitigung der in
Rede stehenden Schäden am Kraftfahrzeug der Klägerin von der Nacherfüllungspflicht
des Beklagten umfasst sei.
Der Schadensersatzanspruch neben der Leistung komme nur für
Schäden in Betracht, die nicht unmittelbar den Mangel der Werkleistung selbst
beträfen. Führe der Mangel der Werkleistung zu einem weiteren Schaden, sei
vor der Schuldrechtsmodernisierung zwischen Mangelschäden und engen
Mangelfolgeschäden einerseits und entfernten Mangelfolgeschäden andererseits
unterschieden worden. Erstere seien nach
erfordert habe, zu ersetzen gewesen. Habe der Besteller allerdings
gemäß
zu dem Nacherfüllung hätte verlangt werden können, bereits definitiv entstanden
und daher einer Nacherfüllung nicht zugänglich gewesen seien, sei eine
Fristsetzung entbehrlich gewesen. Nach der Schuldrechtsmodernisierung finde
eine Differenzierung zwischen Mangelschäden und engen Mangelfolgeschäden
sowie entfernten Mangelfolgeschäden nicht mehr statt. Inhaltlich sei jedoch insoweit
keine Änderung erfolgt, als ein Schadensersatzanspruch neben der Leistung
nur in Betracht komme, wenn die Beseitigung des aufgrund des Mangels
entstandenen Schadens nicht Teil der Nacherfüllungspflicht sei.
Entscheidend für die Einordnung eines Schadens neben oder statt der
Leistung sei damit letztlich, wie weit das Nacherfüllungsrecht des Unternehmers
zu fassen sei, und zwar insbesondere dann, wenn der Mangel der Leistung zu
einem weiteren Schaden an dem Leistungsgegenstand selbst führe.
Nach richtiger Auffassung sei der Unternehmer, der aufgrund seiner
mangelhaften Werkleistung weitere Schäden am Leistungsgegenstand verursache,
zur Nacherfüllung hinsichtlich solcher Folgeschäden verpflichtet, die mit
dem eigentlichen Mangel in engem Zusammenhang stünden, weil ihre Entstehung
in der Mangelursache angelegt sei, und die deshalb nicht isoliert betrachtet
werden könnten.
Die Beschränkung des Nacherfüllungsrechts auf die ursprünglich geschuldete
Erfüllungshandlung schränke den Unternehmer unbillig ein. Denn sie
stehe im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass der Unternehmer über die Art
und Weise der Nacherfüllung bestimme, wobei die Nacherfüllung im Ergebnis
allein auf die endgültige Herstellung eines vertragsgemäßen Zustands gerichtet
sei. Es sei deshalb in Übereinstimmung mit dem alten Schuldrecht eine Differenzierung
zwischen engen und entfernten Mangelfolgeschäden zu befürworten.
Eine andere Sichtweise führe in der Praxis zu erheblichen Unsicherheiten.
Eine Aufsplittung der erforderlichen Gesamtreparatur in fortbestehende Nacherfüllungsansprüche
gegen den Beklagten (Keilrippenriemen) und Sekundäransprüche,
deren Art der Erfüllung die Klägerin selbst bestimmen dürfe (Lichtmaschine,
Servolenkungspumpe, Zahnriemen), erscheine nicht sachgerecht, zumal
eine Zuordnung häufig erst retrospektiv vorgenommen werden könne.
II.
Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat unterstellt, dass der Beklagte im Rahmen
der Wartung des Kraftfahrzeugs der Klägerin den Keilrippenriemen nicht richtig
gespannt und dies zu Schäden an der Lichtmaschine, der Servolenkungspumpe,
dem Zahnriemen sowie dem Keilrippenriemen und dem Riemenspanner
geführt hat. Das Berufungsgericht hat weiter unterstellt, dass infolgedessen eine
Reparatur des Kraftfahrzeugs erforderlich wurde, bei der diese Teile ausgetauscht
werden mussten. Hiervon ist daher für die Revisionsinstanz auszugehen.
2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne gleichwohl
keinen Schadensersatz für die Schäden an der Lichtmaschine und der Servolenkungspumpe
beanspruchen, weil es an einer Fristsetzung zur Nacherfüllung
fehle, ist unzutreffend.
Ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz wegen der an der Lichtmaschine
und der Servolenkungspumpe eingetretenen Schäden ergibt sich aus
§ 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB. Es handelt sich um einen Schadensersatzanspruch
neben der Leistung, der eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht erfordert.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats kann mit dem Schadensersatzanspruch
neben der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB Ersatz für
Schäden verlangt werden, die aufgrund eines Werkmangels entstanden sind
und durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht beseitigt
werden können. Hiervon erfasst sind mangelbedingte Folgeschäden, die an
anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen eintreten (vgl.
BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17 Rn. 58,
16. Februar 2017 - VII ZR 242/13 Rn. 23,
555, jeweils zum Architektenvertrag; vgl. auch BGH, Urteil vom
28. Februar 2018 - VIII ZR 157/17 Rn. 21,
sowie BGH, Urteil vom 19. Juni 2009
- V ZR 93/08 Rn. 12 ff.,
Dies entspricht dem der Schuldrechtsmodernisierung zugrundeliegenden
Konzept des Gesetzgebers, mit dem das Leistungsstörungsrecht vereinfacht
und vereinheitlicht werden sollte. Liegt eine Pflichtverletzung in Form einer
mangelhaften Werkleistung vor, ist danach zwischen dem Schadensersatzanspruch
statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB und dem Schadensersatzanspruch
neben der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB
zu unterscheiden. Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß
§ 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB tritt an die Stelle der geschuldeten Werkleistung
und erfasst damit das Leistungsinteresse des Bestellers. Er erfordert zunächst -
vorbehaltlich der geregelten Ausnahmen - eine Fristsetzung zur Nacherfüllung,
um dem Unternehmer eine letzte Gelegenheit zur Erbringung der geschuldeten
Werkleistung, also zur Herstellung des mangelfreien Werks, zu geben. Demgegenüber
sind gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB die über das Leistungsinteresse
hinausgehenden Vermögensnachteile, insbesondere Folgeschäden an
anderen Rechtsgütern des Bestellers als dem Werk selbst oder an dessen
Vermögen, zu ersetzen (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 225, 263).
Für derartige Folgeschäden kommt die Setzung einer Frist zur Nacherfüllung
gemäß § 634 Nr. 4, § 281 Abs. 1 BGB nicht in Betracht. Denn der Zweck
dieser Fristsetzung, dem Unternehmer eine letzte Gelegenheit einzuräumen,
ein mangelfreies Werk herzustellen, kann nicht erreicht werden in Bezug auf
Schäden, die durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht zu
beseitigen sind (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - VII ZR 198/10 Rn. 12,
BGH, Urteil vom 7. November 1985 - VII ZR 270/83,
Rn. 18 f., und Urteil vom 16. Oktober 1984 - X ZR 86/83,
Rn. 11).
b) Bei den Schäden an der Lichtmaschine und der Servolenkungspumpe
handelt es sich um Folgeschäden in diesem Sinne, die gemäß § 634 Nr. 4,
§ 280 Abs. 1 BGB zu ersetzen sind.
Die Einordnung eines Schadens als Folgeschaden, der durch eine
Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht beseitigt werden kann, setzt
zunächst voraus, dass im Wege der Vertragsauslegung gemäß §§ 133,
157 BGB die geschuldete Werkleistung ermittelt wird.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Beklagte mit der
Wartung des Kraftfahrzeugs der Klägerin beauftragt. Ein Wartungsvertrag über
ein Kraftfahrzeug beinhaltet regelmäßig dessen Überprüfung auf Funktions- und
Verkehrstüchtigkeit im vereinbarten Umfang und damit insbesondere auch die
Aufdeckung etwaiger Schäden der zu überprüfenden Bereiche. Auch der Austausch
von Verschleißteilen kann davon umfasst sein. Die Reparatur von im
Rahmen der Wartung aufgedeckten Schäden gehört dagegen nicht zur ge-
schuldeten Leistung eines Wartungsvertrags. Sie ist nur bei einer entsprechenden
Vereinbarung durchzuführen.
Entgegen der Auffassung der Revision umfasste der zwischen den Parteien
geschlossene Vertrag auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts
ferner den Austausch des Keilrippenriemens, des Riemenspanners
und des Zahnriemens. Dabei kann dahinstehen, ob derartige Arbeiten regelmäßig
zum geschuldeten Leistungsumfang eines Vertrags über die Wartung
eines Kraftfahrzeugs gehören. Denn die Parteien haben diese Arbeiten hier
- spätestens mit der (konkludenten) Abnahme der ausgeführten Arbeiten seitens
der Klägerin durch Abholung des Kraftfahrzeugs und Begleichung der
Rechnung des Beklagten - zum Gegenstand ihrer vertraglichen Vereinbarungen
gemacht.
Die vom Beklagten geschuldete Werkleistung bestand danach in der
ordnungsgemäßen Wartung des Kraftfahrzeugs einschließlich des Austauschs
des Keilrippenriemens, des Riemenspanners und des Zahnriemens. Hierauf
beschränkte sich indes auch die Leistungspflicht des Beklagten.
Demgegenüber handelt es sich bei den Schäden an der Lichtmaschine
und der Servolenkungspumpe um Folgeschäden, die durch die mangelhafte
Werkleistung des Beklagten - das mangelhafte Spannen des Keilrippenriemens
- entstanden sind, und die durch eine Nacherfüllung der geschuldeten
Werkleistung nicht mehr beseitigt werden können. Diese Schäden betreffen
vielmehr zuvor unbeschädigte Bestandteile des Kraftfahrzeugs und nicht das
geschuldete Werk selbst.
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die Verpflichtung
und das Recht zur Nacherfüllung nicht auf enge Mangelfolgeschäden im Sinne
der Rechtsprechung zum alten Schuldrecht zu erstrecken mit der Folge, dass
diese nur unter den Voraussetzungen der § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB zu ersetzen
wären.
aa) Eine solche Auffassung stünde im Widerspruch dazu, dass sich nach
dem Gesetz die Nacherfüllung gemäß § 634 Nr. 4,
geschuldete Werkleistung - die Herstellung eines mangelfreien Werks - bezieht.
Die Beseitigung von Folgeschäden fällt nicht hierunter (vgl. bereits II. 2. a)).
bb) Etwas anderes ergibt sich - anders als das Berufungsgericht meint -
auch nicht aus den Entscheidungen des Senats, nach denen die Nacherfüllung
alle Arbeiten umfasst, die erforderlich sind, um einen vertragsgemäßen Zustand
herzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 1979 - VII ZR 142/78, BauR 1979,
333, juris Rn. 17, und Urteil vom 29. November 1971 - VII ZR 101/70,
welche Maßnahmen im Rahmen einer Nacherfüllung geschuldet sind, um ein
mangelfreies Werk herzustellen. Erfordert die Nacherfüllung der geschuldeten
Werkleistung Eingriffe in das sonstige Eigentum des Bestellers, sind auch die
hierdurch entstehenden Schäden zu beheben. Von solchen Schäden, die im
Zuge der Nacherfüllung zwangsläufig entstehen, sind diejenigen Schäden an
anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen zu unterscheiden,
die durch die mangelhafte Werkleistung verursacht wurden. Sie werden
von der Nacherfüllung nicht erfasst, sondern können nur Gegenstand des
- verschuldensabhängigen - Schadensersatzanspruchs gemäß § 634 Nr. 4,
§ 280 Abs. 1 BGB sein (vgl. zur Abgrenzung bereits BGH, Urteil vom
7. November 1985 - VII ZR 270/83,
Fall hier. Denn hinsichtlich der Lichtmaschine und der Servolenkungspumpe
geht es nicht um die Nacherfüllung der Wartung oder der vereinbarten Austauscharbeiten
und hierdurch erforderlich werdende Maßnahmen, sondern um
die Beseitigung weiterer, aufgrund der mangelhaften Werkleistung eingetretener
Schäden am Kraftfahrzeug der Klägerin.
cc) Eine Erweiterung der Nacherfüllung auf enge Mangelfolgeschäden ist
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht aus Billigkeitsgründen
erforderlich. Zum einen ist nicht erkennbar, dass die Begrenzung der
Nacherfüllung auf das geschuldete Werk zu einer haftungsrechtlichen Überforderung
des Unternehmers führt. Den Interessen des Unternehmers wird in Bezug
auf Folgeschäden durch das in § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB geregelte
Verschuldenserfordernis hinreichend Rechnung getragen. Die vom Berufungsgericht
für richtig gehaltene Erweiterung würde demgegenüber dazu führen,
dass der Unternehmer nicht nur das Recht, sondern auch
- verschuldensunabhängig - die Verpflichtung zur Beseitigung enger Mangelfolgeschäden
im Rahmen der Nacherfüllung hätte. Zum anderen würde es zu
einer nicht gerechtfertigten Einschränkung des Bestellers führen, wenn er bei
mangelbedingten (engen) Folgeschäden nicht mehr entscheiden könnte, durch
wen sie beseitigt werden sollen (vgl. auch BGH, Urteil vom 16. Februar 2017
- VII ZR 242/13 Rn. 29,
3. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann auch ein Schadensersatzanspruch
hinsichtlich des Keilrippenriemens, des Riemenspanners und
des Zahnriemens nicht verneint werden.
Allerdings geht das Berufungsgericht zu Recht davon aus, dass sich ein
Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Kosten für den Austausch des Keilrippenriemens,
des Riemenspanners und des Zahnriemens aus § 634 Nr. 4, §§ 280,
281 BGB herleitet. Insoweit handelt es sich um einen Schadensersatzanspruch
statt der Leistung, der grundsätzlich eine Fristsetzung zur Nacherfüllung erfordert.
a) Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4,
§§ 280, 281 BGB tritt an die Stelle der geschuldeten Werkleistung und erfasst
das Leistungsinteresse des Bestellers. Er knüpft daran an, dass eine ordnungsgemäße
Nacherfüllung nicht erfolgt ist. Sein Anwendungsbereich bestimmt sich
damit nach der Reichweite der Nacherfüllung. Da die Nacherfüllung gemäß
bestimmt dieses die Reichweite der Nacherfüllung. Die geschuldete Werkleistung
ist dabei im Wege der Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln.
Die Nacherfüllung erfasst danach die Beseitigung der Mängel des geschuldeten
Werks, die auf einer im Zeitpunkt der Abnahme vorhandenen vertragswidrigen
Beschaffenheit des Werks beruhen (vgl. zum Kaufrecht BGH,
Urteil vom 23. November 2005 - VIII ZR 43/05,
und Urteil vom 2. Juni 2004 - VIII ZR 329/03,
BeckOGK/Höpfner, BGB, Stand: 15. September 2018, § 439 Rn. 83; BeckOK
BGB/Faust, Stand: 1. November 2018, § 437 Rn. 65 und § 439 Rn. 34; Kaiser
in Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts, Kapitel I. Rn. 187 f.).
b) Nach diesen Maßstäben sind die hier in Rede stehenden Austauschkosten
unter den Voraussetzungen der § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB zu ersetzen.
Der Beklagte schuldete nach dem zwischen den Parteien geschlossenen
Vertrag die ordnungsgemäße Wartung des Kraftfahrzeugs einschließlich des
Austauschs des Keilrippenriemens, des Riemenspanners und des Zahnriemens
(vgl. II. 2. b)).
Soweit der Keilrippenriemen durch den mangelhaft ausgeführten Austausch
- das mangelhafte Spannen - gerissen ist und deshalb dessen erneuter
Austausch erforderlich wurde, betrifft dies den bei Abnahme vorhandenen Mangel
des Werks. Die Beseitigung dieses Mangels wird von der Nacherfüllung erfasst,
so dass die Kosten für den Austausch des Keilrippenriemens als Schadensersatzanspruch
statt der Leistung nach § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB zu
ersetzen sind.
Gleiches gilt hinsichtlich des Austauschs von Riemenspanner und Zahnriemen.
Auch insoweit ist das geschuldete Werk betroffen. Ohne Belang ist,
dass Riemenspanner und Zahnriemen bei Abnahme noch nicht mangelhaft waren.
Denn der jeweilige Mangel hat seine Ursache in dem mangelhaften Spannen
des Keilrippenriemens und damit in der vertragswidrigen Beschaffenheit
des Werks bei Abnahme. Der erforderliche erneute Austausch wird damit ebenfalls
von der Nacherfüllung erfasst, so dass sich der Ersatz der Austauschkosten
nach § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB richtet.
c) Das Berufungsgericht hat indes nicht hinreichend erwogen, ob die danach
grundsätzlich erforderliche Fristsetzung zur Nacherfüllung gemäß §§ 636,
281 Abs. 2 BGB entbehrlich ist, weil hier besondere Umstände vorliegen, die
unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung
des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen. Solche Umstände sind hier zu bejahen.
Danach besteht ein besonderes Interesse der Klägerin an einer einheitlichen
Reparatur, bei der die erforderlichen Austauscharbeiten im Zuge der Beseitigung
der wirtschaftlich im Vordergrund stehenden Folgeschäden an der
Lichtmaschine und der Servolenkung miterledigt werden. Demgegenüber tritt
das - grundsätzlich bestehende - Interesse des Beklagten an der Möglichkeit
einer Nacherfüllung betreffend Keilrippenriemen, Riemenspanner und Zahnrie-
men zurück, zumal dies im Anschluss an die Reparatur (allein) der Folgeschäden
ein aufwendiges Verbringen des Kraftfahrzeugs in die Werkstatt des Beklagten
erfordert hätte. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob hier bereits
der Umstand, dass der Beklagte bei Schadenseintritt Betriebsferien hatte,
zu einer Entbehrlichkeit der Fristsetzung führt.
III.
Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung
und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563
Dieses wird die erforderlichen Feststellungen zu treffen und insbesondere
zu klären haben, ob die von der Klägerin geltend gemachten Schäden auf
einer mangelhaften Werkleistung des Beklagten beruhen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:07.02.2019
Aktenzeichen:VII ZR 63/18
Rechtsgebiete:
Allgemeines Schuldrecht
Bauträgervertrag und Werkvertrag
NJW 2019, 1867-1870
Normen in Titel:BGB §§ 133, 157, 280 Abs. 1, 281, 634 Nr. 1, 634 Nr. 4, 635, 636