Kein Beschwerderecht des ehemals Bevollmächtigten bei Kraftloserklärung nach § 176 BGB
letzte Aktualisierung: 22.8.2023
OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.3.2023 – 20 W 38/22
Kein Beschwerderecht des ehemals Bevollmächtigten bei Kraftloserklärung nach
Dem (ehemals) Bevollmächtigten steht im Fall der Bewilligung der öffentlichen Bekanntmachung
der Kraftloserklärung nach
des Amtsgerichts im Sinne des
Gründe
I.
Durch notarielle Urkunde des Notars W, Ort1, vom 26.02.2016, UR-Nr. ... (Bl. 3 ff. d. A.), die
mit „Vorsorgevollmacht und Auftrag“ überschrieben ist und auf deren Inhalt verwiesen wird,
hat die inzwischen verstorbene Vorname1 X ihren beiden Töchtern, nämlich Vorname2 X und
der Beschwerdeführerin, je einzeln Generalvollmacht erteilt, die über den Tod hinaus gelten
sollte. Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 13.10.2020 (Bl. 1 ff. d. A.) hat
Vorname1 X beim Amtsgericht beantragt, die zu Gunsten der Beschwerdeführerin erteilte
Vollmacht für kraftlos zu erklären und die öffentliche Bekanntmachung der Kraftloserklärung
anzuordnen. Für dieses Verfahren hatte die weitere von ihr Bevollmächtigte Vorname2 X dem
Verfahrensbevollmächtigten eine „Prozessvollmacht“ (Bl. 33 d. A.) erteilt.
Durch Beschluss vom 11.12.2020 hat das Amtsgericht die zugunsten der Beschwerdeführerin
in der bezeichneten Urkunde erteilte Vollmacht für kraftlos erklärt. Durch Beschluss vom gleichen
Tag hat es die öffentliche Zustellung dieses Beschlusses und der beglaubigten Abschrift
des weiteren Beschlusses an die Beschwerdeführerin bewilligt. Wegen der Einzelheiten der
beiden Beschlüsse wird auf Bl. 13, 14 d. A. Bezug genommen.
Hiergegen hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 18.12.2020 (Bl. 19 d. A.), beim
Amtsgericht am gleichen Tag eingegangen, Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat sie
dort und in nachfolgenden Schriftsätzen ihres Verfahrensbevollmächtigten ausgeführt, dass
ihre Mutter - die Antragstellerin - schon im Zeitpunkt des Widerrufs der Vollmacht an Demenz
erkrankt gewesen sei. Sie sei nun nicht mehr geschäfts- und prozessfähig. Eine wirksame
Bevollmächtigung ihres Verfahrensbevollmächtigten sei deshalb nicht erfolgt. Überdies habe
ihre Mutter der Beschwerdeführerin am 12.04.2019 erneut eine Vorsorgevollmacht ausgestellt.
Von daher sei - so meint die Beschwerdeführerin - der Verfahrensbevollmächtigte auch
in die Kosten zu verurteilen.
Vorname1 X hat als Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom
26.01.2021 (Bl. 31 ff. d. A.) die Behauptung ihrer Prozessunfähigkeit bestreiten lassen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen und dessen Einzelheiten wird auf den Akteninhalt
verwiesen.
Am 23.12.2020 ist im Bundesanzeiger der Ausschließungsbeschluss vom 11.12.2020 veröffentlicht
worden (Bl. 23 d. A.). Mit Beschluss vom 06.01.2021 hat das Amtsgericht Bensheim
im Verfahren ... für Vorname1 X Betreuung angeordnet. Die hiergegen gerichtete Beschwerde
der Beschwerdeführerin ist durch Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 06.05.2021
zurückgewiesen worden.
Durch Beschluss vom 21.02.2022 (Bl. 44 ff. d. A.) hat das Amtsgericht der „sofortigen Beschwerde“
der Beschwerdeführerin nicht abgeholfen und hat sie dem Senat zur Entscheidung
vorgelegt. Zur Begründung hat es darauf hingewiesen, dass der Antrag auch durch einen
Vertreter des Vollmachtgebers gestellt werden könne. Dies sei hier erfolgt, so dass es auf die
Prozessfähigkeit der Vollmachtgeberin Vorname1 X nicht ankäme. Eine Antragsbegründung
sei nicht erforderlich. Das Amtsgericht nehme auch keine materielle Prüfung vor, ob die Vollmacht
tatsächlich erloschen sei oder nicht. Darüber hinaus dürfte das „Aufgebotsverfahren“ -
so das Amtsgericht weiter - wegen der für Vorname1 X als Antragstellerin angeordneten Betreuung
obsolet geworden sein.
Der Senat hat die Beschwerdeführerin durch Verfügung vom 02./03.03.2022 (Bl. 48 ff. d. A.)
darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde bestünden. Zum
einen bestünden Zweifel an der Beschwerdeberechtigung der Beschwerdeführerin, weil nach
ganz herrschender Auffassung dem (ehemals) Bevollmächtigten im Falle der Bewilligung der
öffentlichen Bekanntmachung der Kraftloserklärung nach
im Sinne des
ob sich die Sache in der Hauptsache erledigt habe, was jedenfalls nach Wirksamwerden der
Kraftloserklärung angenommen werden könne, da diese durch Aufhebung des zugrunde liegenden
Beschlusses nicht mehr geändert werden könne.
Die Beschwerdeführerin hat zu dieser Verfügung darauf hinweisen lassen, dass der hiesige
Fall die Besonderheit aufweise, dass die Vollmachtgeberin zum Zeitpunkt des Widerrufs schon
geschäftsunfähig gewesen sei und einen Widerruf gar nicht habe aussprechen können und
letztendlich der Antrag auf Kraftloserklärung von der anderen Vollmachtgeberin (gemeint offensichtlich:
Vollmachtnehmerin) veranlasst worden sei. Auch die Beschwerdeführerin gehe
davon aus, dass durch die Anordnung der Betreuung eine Erledigung der Sache eingetreten
sei.
Nach sodann erfolgter übereinstimmender Mitteilung der Beteiligten ist Vorname1 X verstorben
und zwar am XX.XX.2022.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdegegner hat in der Folge erklärt, dass aus seiner
Sicht weder durch die Anordnung der Betreuung noch durch das Ableben der Vollmachtgeberin
eine Erledigung eingetreten sei.
II.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts ist an sich statthaft, weil es sich bei
dem angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts um eine Endentscheidung in einer Angelegenheit
der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt,
Satz 1 BGB kann der Vollmachtgeber eine Vollmachtsurkunde durch öffentliche Bekanntmachung
für kraftlos erklären lassen. Die Kraftloserklärung als solche ist eine empfangsbedürftige
Willenserklärung des Vollmachtgebers, die der öffentlichen Zustellung durch das Amtsgericht
bedarf. Der hierauf gerichtete Antrag leitet ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit
ein (vgl. Senat
21. Aufl., § 1 Rz. 17, je m. w. N.). Nach Nichtabhilfe durch das Amtsgericht gemäß § 68
Abs. 1 FamFG hat der Senat über die Beschwerde zu befinden.
Durch den Tod der Vorname1 X als Antragstellerin ist das Beschwerdeverfahren nicht unterbrochen.
Die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Unterbrechung und die Aussetzung
des Verfahrens (vgl.
nicht anzuwenden.Die Wirkungen des Todes eines Verfahrensbeteiligten sind vielmehr
von Amts wegen festzustellen; so kann der Tod eines Beteiligten etwa auch die Beendigung
des Verfahrens zur Folge haben. Ggf. ist ein etwaiger Rechtsnachfolger zu ermitteln und am
Verfahren zu beteiligen (vgl. hierzu die vielfältigen Nachweise bei Sternal, a.a.O., § 21 Rz.
40; Prütting/Helms/Ahn-Roth, FamFG, 6. Aufl., § 21 Rz. 5a). Letzteres ist hier entbehrlich.
Einer förmlichen Beteiligung der Erben der Vorname1 X am Beschwerdeverfahren bedarf es
im Hinblick darauf, dass das Rechtsmittel der Beschwerdeführerin - wie noch aufzuzeigen
sein wird - als unzulässig zu verwerfen ist, nicht.
Wie bereits in der Verfügung des Senats vom 02./03.03.2022 ausgeführt und belegt, ist die
Beschwerde unzulässig, weil es an der Beschwerdeberechtigung der Beschwerdeführerin
fehlt.
Das Kraftloserklären einer Vollmachtsurkunde erfolgt nämlich nicht durch gerichtliche Entscheidung
wie beim Aufgebotsverfahren; um ein solches handelt es sich entgegen der Bezeichnung
des Amtsgerichts im Nichtabhilfebeschluss nicht. Es handelt sich vielmehr um ein
privates Gestaltungsgeschäft des Vollmachtgebers, der erklärt, dass die Vollmachtsurkunde
nach dem vorherigen Widerruf der Vollmacht ihre Wirkung verliere; diese Erklärung ist regelmäßig
im Antrag an das Gericht zu sehen. Bei
Verfahrensrecht, wobei das Gericht darüber befindet, ob die vom Vollmachtgeber abgegebene
Kraftloserklärung, bei der es sich um ein privates Gestaltungsgeschäft handelt, durch öffentliche
Zustellung bekanntzumachen ist (vgl. dazu OLG Köln
Münchener Kommentar/Schubert, BGB, 9. Aufl., § 176 Rz. 2 ff.). Mit Ablauf der Schonfrist
des
BeckOGK/Deckenbrock, BGB, Stand: 01.11.2022, § 176 Rz. 8, 15 ff., 24). Ausgehend davon
kommt dem (ehemals) Bevollmächtigten nach ganz herrschender Auffassung im - hier jedenfalls
vorliegenden - Fall der Bewilligung der öffentlichen Bekanntmachung der Kraftloserklärung
nach
im Sinne des
(hier: die Beschwerdeführerin) nämlich keine eigene, sondern lediglich eine aus
dem Recht des Vollmachtgebers abgeleitete Rechtsstellung, so dass es durch die insoweit getroffene
Entscheidung an der Beeinträchtigung eigener Rechte des Bevollmächtigten fehlt
(vgl. dazu lediglich beispielhaft etwa KG
6; BeckOGK/Deckenbrock, a.a.O., § 176 Rz. 16, dort mit vielfältigen weiteren Nachweisen;
vgl. zur fehlenden Beschwerdeberechtigung des (Vorsorge-) Bevollmächtigten nach § 59
FamFG in anderen Sachzusammenhängen: BGH
Beschluss vom 11.06.2015, 20 W 155/15, Tz. 42 bei juris). Soweit der erkennende Senat
dies in einem Einzelfall (vgl.
er hieran - worauf ebenfalls bereits in der Verfügung vom 02./03.03.2022 hingewiesen wurde
- nicht fest.
Diese Erwägungen gelten auch hier. Die Beschwerdeführerin als von der Kraftloserklärung
betroffene Vollmachtnehmerin bzw. Bevollmächtigte kann aus den genannten Gründen durch
die Entscheidungen des Amtsgerichts im Verfahren nach
Rechten beeinträchtigt sein. Ist das Rechtsmittel aus diesen Gründen unzulässig, ist der Senat
an einer Sachprüfung der Entscheidungen der Vorinstanz in tatsächlicher und rechtlicher
Hinsicht gehindert. Dies gilt auch im Hinblick auf die im Schriftsatz der Beschwerdeführerin
vom 28.03.2022 aufgezeigten Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens. Ob die amtsgerichtlichen
Entscheidungen aus den dort genannten oder auch anderen Gründen zu Recht ergangen
sind, hat der Senat nicht zu überprüfen. Für die Frage der Beschwerdeberechtigung
der Beschwerdeführerin sind die aufgezeigten Gesichtspunkte jedenfalls unerheblich.
Ist die Beschwerde mithin bereits mangels Beschwerdeberechtigung der Beschwerdeführerin
unzulässig, kann dahinstehen, ob die Hauptsache aus den vom Senat in der Verfügung vom
03.03.2022 weiter niedergelegten Gründen, wegen der Anordnung der Betreuung (vgl. dazu
allerdings
(vgl. insoweit OLG München
Rechtsmittel ansonsten hätte. Die Frage der Folgen einer Erledigung der Hauptsache im
Rechtsmittelverfahren stellt sich lediglich bei Vorliegen einer zulässigen Beschwerde (vgl.
dazuSternal, a.a.O., § 22 Rz. 35; vgl. auch Prütting/Helms/Abramenko, a.a.O., § 62 Rz. 3;
Dutta/Jacoby/Schwab/Bartels, FamFG, 4. Aufl., § 22 Rz. 35; BGH, Beschluss vom
27.09.2012, V ZB 57/12, zitiert nach juris). Auch die Frage eines Rechtsschutzbedürfnisses
der Beschwerdeführerin, die mit der Beschwerde vorgetragen hatte, nach dem ihr bekannten
Widerruf der hier betroffenen Vollmacht sei ihr von ihrer Mutter wiederholt eine Vollmacht erteilt
worden, kann offenbleiben.
Dass die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat,
ergibt sich bereits aus der Anwendung der gesetzlichen Vorschriften,
dass es insoweit keines ausdrücklichen Ausspruchs bedarf. Für eine davon abweichende Entscheidung
hat der Senat keinen Grund gesehen, nachdem die Beschwerdeführerin trotz gerichtlichem
Hinweis an ihrem Rechtsmittel festgehalten hat.
Der Senat hat gemäß
trotz des Unterliegens der Beschwerdeführerin mit ihrem Rechtsmittel ausnahmsweise keine
Veranlassung gesehen, die Erstattungsfähigkeit notwendiger Aufwendungen für das Beschwerdeverfahren
anzuordnen. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass er - wie oben aufgezeigt
- in einem veröffentlichten vergleichbaren Fall vom Vorliegen einer Beschwerdeberechtigung
ausgegangen war, so dass die oben dargelegte rechtliche Würdigung im Zeitpunkt
der Beschwerdeeinlegung nicht berücksichtigt werden konnte; auch in jenem Verfahren war
im Übrigen die Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten durch den Senat nicht angeordnet
worden. Überdies handelt es sich hier erkennbar um eine Streitigkeit zwischen Familienangehörigen,
nämlich der Beschwerdeführerin und ihrer Schwester als jeweils einzeln von
ihrer verstorbenen Mutter Bevollmächtigte, die nach ihrem Vorbringen jeweils die Interessen
ihrer Mutter geltend gemacht haben. Es entspricht von daher nicht billigem Ermessen, darauf
gründende und aus der Beteiligung der Antragstellerseite am Beschwerdeverfahren durch das
Amtsgericht herrührende etwaige notwendige Aufwendungen für erstattungsfähig zu erklären,
zumal die zwischen diesen umstrittenen Fragen keiner Sachentscheidung im Beschwerdeverfahren
zugeführt wurden.
Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf
Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen
Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind,
Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Eine Nichtzulassungsbeschwerde
ist nicht gegeben, da gesetzlich nicht vorgesehen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Frankfurt a. Main
Erscheinungsdatum:07.03.2023
Aktenzeichen:20 W 38/22
Rechtsgebiete:
Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB § 176; FamFG § 59 Abs. 1