Lärmschutz bei Änderung der Trittschalldämmung durch Austausch des Bodenbelags
letzte Aktualisierung: 25.11.2020
BGH, Urt. v. 26.6.2020 – V ZR 173/19
Lärmschutz: Änderung der Trittschalldämmung; Austausch des Bodenbelags
Der im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander zu gewährende Schallschutz richtet sich
nach der DIN 4109, wenn ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt und dabei nicht
in den unter dem Belag befindlichen Estrich und die Geschossdecke eingegriffen wird. Das gilt
grundsätzlich auch dann, wenn die Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums mangelhaft ist
und der Trittschall ohne diesen Mangel den schallschutztechnischen Mindestanforderungen
entspräche (Bestätigung von Senat, Urteil vom 1. Juni 2012 – V ZR 195/11,
ff.; Urteil vom 16. März 2018 – V ZR 276/16,
ZR 221/17,
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u.a. in
ist, meint, der Kläger könne von dem Beklagten gemäß
i.V.m. § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3 WEG die Vornahme von Maßnahmen verlangen,
durch die der Trittschallpegel von 53 dB gemäß der DIN 4109 in der zum Zeitpunkt
des Dachgeschossausbaus geltenden Ausgabe von 1989 eingehalten
werde. Dabei legt es das gerichtliche Sachverständigengutachten zu Grunde,
wonach die Anforderungen an die Trittschalldämmung mit dem Fliesenbelag um
14 dB verfehlt würden. Der Trittschallpegel betrage 66 bis 67 dB. Das stelle einen
erheblichen Nachteil für den Kläger dar. Durch einen weich federnden Bodenbelag
wie einen Teppichboden könne eine Verbesserung der Trittschalldämmung
um mindestens 15 dB erreicht werden. Für den unzureichenden
Trittschallschutz sei der Beklagte verantwortlich. Zwar könne ein Wohnungseigentümer
grundsätzlich einen Bodenbelag durch einen anderen ersetzen. Führe
dies allerdings zu Trittschallbelästigungen in der darunterliegenden Wohnung
und gingen diese über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche
Maß gemäß
auf der Geschosstrenndecke kein schwimmender Estrich vorhanden sei bzw.
ob dieser aufgrund von Ausführungsmängeln (Schallbrücken) keine trittschallentkoppelnde
Wirkung entfalte. Die Trittschalldämmung sei mit dem Teppichboden
sehr viel besser gewesen. Er stelle einen das ursprüngliche Schallschutzniveau
prägenden Umstand dar. Der Schallschutz müsse nach der Änderung
des Bodenbelags so gut sein wie zuvor. Der Beklagte sei zwar nicht verpflichtet,
das Gemeinschaftseigentum zu verbessern. Er könne sich aber unter
dem Gesichtspunkt einer ihm gegenüber dem Kläger zukommenden Treuepflicht
nicht durch den Hinweis auf die Mangelhaftigkeit der Geschossdecke
entlasten, wenn er mit weit weniger aufwändigen Maßnahmen, etwa durch die
Verlegung von Teppichboden anstelle der Fliesen, den notwendigen Schallschutz
herbeiführen könne. Bei Verlegung eines schwimmenden Estrichs würden
weitaus höhere Kosten entstehen. Wie der Beklagte den geschuldeten
Trittschallschutz herstelle, sei seine Sache. Ob er einen Ausgleichsanspruch
gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft habe, bedürfe keiner Entscheidung.
II.
Die Revision ist unbegründet. Zu Recht bejaht das Berufungsgericht einen
Anspruch des Klägers aus
den Trittschallschutz.
1. Rechtlicher Maßstab für die zwischen den Wohnungseigentümern hinsichtlich
des Schallschutzes bestehenden Pflichten ist
ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum
stehenden Gebäudeteilen, wozu auch der Oberbodenbelag gehört, nur in solcher
Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer
über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche
Maß hinaus ein Nachteil erwächst (vgl. Senat, Urteil vom 1. Juni 2012 - V
ZR 195/11,
durch Schallimmissionen nicht auf einem eigenen Tun des Wohnungseigentümers,
sondern darauf beruht, dass dessen Mieter - was das Berufungsgericht
erörtert, ohne dazu Feststellungen zu treffen - den Teppichboden
ausgetauscht hat. Denn der Wohnungseigentümer hat nach
die Einhaltung der in
Personen zu sorgen, denen er die Wohnung zur Benutzung überlässt (vgl. Senat,
Urteil vom 1. Juni 2012 - V ZR 195/11, aaO).
2. Infolge des Austauschs des Bodenbelags in der Wohnung des Beklagten
ist dem Kläger ein Nachteil im Sinne des
a) Das folgt allerdings nicht daraus, dass seit dem Ausbau des Dachgeschosses
ein schalldämpfender Teppichboden verlegt war. Für den Nachteilsbegriff
im Sinne des
anzuknüpfen. Die Rechtsprechung, dass sich das einzuhaltende Schallschutzniveau
aus tatsächlichen Umständen wie etwa der bei der Errichtung vorhandenen
Ausstattung ergeben könnte, hat der Senat, was das Berufungsgericht
übersehen hat, bereits durch Urteil vom 27. Februar 2015 (V ZR 73/14, ZfIR
2015, 391 Rn. 10 ff.) aufgegeben (vgl. auch Urteil vom 16. März 2018 - V ZR
276/16,
b) Der im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander zu gewährende
Schallschutz richtet sich nach der DIN 4109, wenn - wie hier - ein vorhandener
Bodenbelag durch einen anderen ersetzt und dabei nicht in den unter
dem Belag befindlichen Estrich und die Geschossdecke eingegriffen wird (vgl.
Senat, Urteil vom 1. Juni 2012 - V ZR 195/11,
vom 16. März 2018 - V ZR 276/16,
2018 - V ZR 221/17,
wenn die Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums mangelhaft ist und
der Trittschall ohne diesen Mangel den schallschutztechnischen Mindestanforderungen
entspräche. Zwar tritt in einer solchen Situation der Mangel erst durch
den Austausch des Bodenbelags zu Tage. Der Umstand, dass die Trittschalldämmung
des Gemeinschaftseigentums unzureichend ist, bleibt für den von
dem Wohnungseigentümer nach Austausch des Bodenbelags einzuhaltenden
Schallschutz aber grundsätzlich ohne Bedeutung.
aa) Richtig ist allerdings, dass der Schallschutz in erster Linie durch die
im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteile gewährleistet werden muss,
insbesondere durch die Art und den Aufbau der Geschossdecke und des Estrichs
(vgl. Senat, Urteil vom 27. Februar 2015 - V ZR 73/14,
14; Urteil vom 16. März 2018 - V ZR 276/16,
folgt jedoch nur, dass das mittels der im Gemeinschaftseigentum stehenden
Bauteile bislang erreichte Schallschutzniveau bei Eingriffen in das Gemeinschaftseigentum
im Prinzip erhalten bleiben muss und jedenfalls nicht signifikant
verschlechtert werden darf (Senat, Urteil vom 16. März 2018 - V ZR
276/16,
2019, 139 Rn. 9). Für die sich zwischen den Wohnungseigentümern hinsichtlich
des Schallschutzes ergebenden Pflichten bei einer Änderung des Bodenbelags
lässt sich daraus nichts herleiten. Zwar steht die Auswahl des - im Sondereigentum
stehenden (vgl. Senat, Urteil vom 1. Juni 2012 - V ZR 195/11,
im Belieben des Sondereigentümers. Das ändert aber nichts daran,
dass der Sondereigentümer nach
bei der Änderung des Bodenbelags darauf zu achten, dass die durch die DIN
4109 vorgegebenen schallschutztechnischen Mindestanforderungen eingehalten
werden (vgl. Senat, Urteil vom 1. Juni 2012 - V ZR 195/11, aaO Rn. 15).
bb) Anders kann es sein, wenn bei einer mangelhaften Trittschalldämmung
des Gemeinschaftseigentums der Wohnungseigentümer keine zumutbare
Abhilfemöglichkeit hat. Solange er aber mit zumutbaren Maßnahmen an seinem
Sondereigentum die Mindestanforderungen an den Trittschallschutz einhalten
kann, wie etwa durch die Verlegung eines schalldämpfenden Teppichbodens
oder die Anbringung eines zusätzlichen Bodenbelags, ist er dazu im Verhältnis
zu den anderen Wohnungseigentümern nach
auch OLG Düsseldorf,
Karlsruhe,
Rn. 106d).
c) Die Mindestanforderungen der DIN 4109 sind hier überschritten. Einzuhalten
sind, weil das Dachgeschoss des 1962 errichteten Gebäudes im Jahr
1995 ausgebaut wurde, die Anforderungen an den Trittschallschutz gemäß DIN
4109 in der Ausgabe von 1989 (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2018 - V ZR
276/16,
nach den Feststellungen des Berufungsgerichts infolge der Änderung des Bodenbelags
in der Wohnung des Beklagten um 14 dB überschritten. Mit dem
Fliesenbelag beträgt der Trittschallpegel 66 bis 67 dB.
d) Dem Beklagten ist die Einhaltung der Mindestanforderungen an den
Trittschall zumutbar. Er kann dies nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
durch vergleichsweise einfache Maßnahmen erreichen, nämlich durch die
Verlegung eines schalldämpfenden Teppichbodens oder die Anbringung eines
zusätzlichen Bodenbelags auf die bestehenden Fliesen. Welche Maßnahme er
ergreift, bleibt ihm überlassen. Demgegenüber ist die Ertüchtigung des Gemeinschaftseigentums
nach den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts
aufwändiger und mit weitaus höheren Kosten verbunden. Ob und unter welchen
Voraussetzungen gemäß
Wohnungseigentümer auf Beseitigung des Trittschallmangels am Gemeinschaftseigentum
bestehen könnte, bedarf keiner Entscheidung. Es wäre Sache
des Beklagten, einen solchen Anspruch geltend zu machen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:26.06.2020
Aktenzeichen:V ZR 173/19
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Dingliches Vorkaufsrecht
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
NJW-RR 2020, 1086-1087
Normen in Titel:BGB § 1004 Abs. 1; WEG §§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 3