Ersatzzustellung durch Niederlegung auf der Poststelle
DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 1zbr798
letzte Aktualisierung: 23. März 1999
ausspricht, w ird mit der Zustellung an den Annehmenden w irksam (und
unabänderlich).
Zeitpunkt w irksam, in dem neben der schriftlichen Benachrichtigung die
Niederlegung der Sendung auf der Poststelle durch Ablieferung des zuzustellenden
Schriftstücks beim zuständigen Postamt ausgeführt ist.
G r ü n d e :
I.
Der 1944 geborene St. (Annehmender) und sein Neffe, der Beteiligte zu 2, beantragten mit notariell beurkundeten
Erklärungen vom 3.8.1992 beim Vormundschaftsgericht, die Annahme des 1972 geborenen Beteiligten zu 2 als Kind
des Annehmenden auszusprechen. In der Urkunde erklärte der unverheiratete Annehmende, er sei der Vater eines 1984
geborenen Mädchens (Beteiligte zu 3). Deren Mutter sowie der Amtspfleger wandten sich gegen die beabsichtigte
Adoption, da hierdurch die Beteiligte zu 3 als Erbin ausgeschaltet werden solle. Demgegenüber führte der Annehmende
aus, wesentlicher Grund für die Annahme sei das schon seit der Kindheit des Beteiligten zu 2 zwischen ihnen
bestehende besonders enge Verhältnis. Er sehe in dem Beteiligten zu 2 die Garantie dafür, daß sein landwirtschaftlicher
Betrieb auch in Zukunft weiterbestehe und in der Familie bleibe. Unabhängig von der Adoption habe er ihn als seinen
Alleinerben eingesetzt.
Das Vormundschaftsgericht sprach mit Beschluß vom 16.11.1992 die Annahme des Beteiligten zu 2 als Kind des
Annehmenden aus. Die Zustellung an den Annehmenden erfolgte am 20.11.1992 durch Niederlegung bei der Poststelle
unter Hinterlassung einer Benachrichtigung an den Zustellungsempfänger. Am gleichen Tage, um 14.45 Uhr, verstarb
der Annehmende.
Nach seinem Tod stellte sich heraus, daß er in seinem notariellen Testament vom 3.8.1992, in dem er den
Angenommenen als seinen Alleinerben eingesetzt hatte, außerdem angeordnet hatte, daß für die Berechnung von
Pflichtteilsansprüchen seine beiden landwirtschaftlichen Grundstücke mit dem Ertragswert anzusetzen seien.
Im September 1995 legte die Mutter der Beteiligten zu 3 als deren gesetzliche Vertreterin gegen den Annahmebeschluß
"Widerspruch" ein, dem das Amtsgericht nicht abhalf. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 10.11.1995 die
Beschwerde als unzulässig verworfen. Es wies darauf hin, daß die Zustellung des Adoptionsbeschlusses
möglicherweise erst nach dem Todeszeitpunkt des Annehmenden erfolgt sei.
Daraufhin hat das Amtsgericht über den Zeitpunkt der Zustellung Ermittlungen durchgeführt. Mit Beschluß vom
30.10.1996 hat es den Adoptionsbeschluß vom 16.11.1992 aufgehoben und die Anträge auf Ausspruch der Annahme
als Kind zurückgewiesen. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 hat das Landgericht mit Beschluß vom 31.10.1997
zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2.
II.
1. Die weitere Beschwerde ist zulässig; insbesondere ist sie nicht wegen Fristversäumung unzulässig.
a) Zwar sieht das Gesetz im Antragsverfahren über die Aufhebung der Adoption die sofortige (weitere) Beschwerde
vor (§ 56f Abs. 3 i.V.m.
Aufhebungsverfahren entschieden, da kein Aufhebungsantrag gestellt wurde. Hat das Gericht wie hier die Adoption
eines Volljährigen (
die Aufhebung aus wichtigem Grund oder gemäß § 1760 Abs. 1 bis 5 BGB zu beantragen (
jedoch keinen Aufhebungsantrag gestellt. Auf den "Antrag" der Beteiligten zu 3 konnte kein Aufhebungsverfahren
eingeleitet werden, da einem Kind des Annehmenden kein Antragsrecht (
Einwilligungsbefugnis zusteht (vgl. BayObLG
b) Die Frage, ob im vorliegenden Fall in sinngemäße Anwendung von § 56f Abs. 3 i.V.m. § 60 Abs. 1 Nr. 6, § 22 Abs.
1,
Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt wurde. Die Frist für eine sofortige Beschwerde beginnt mit der förmlichen
Bekanntmachung (
Landgericht den angefochtenen Beschluß (vom 31.10.1997) den Beteiligten jedoch nicht zugestellt, sondern lediglich
formlos bekanntgegeben.
2. Die weitere Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen und damit zur
Wiederherstellung des Annahmebeschlusses vom 16.11.1992.
a) Das Landgericht hat im wesentlichen auf die Begründung des amtsgerichtlichen Beschlusses Bezug genommen. Das
Amtsgericht hatte ausgeführt, der Beschluß über den Ausspruch der Annahme sei dem Annehmenden am 20.11.1992
frühestens um 14.55 Uhr zugestellt worden und damit erst nach seinem Tod, der am 20.11.1992 um 14.45 Uhr
eingetreten sei, wirksam geworden. Die Zeugin, welche im Laufe des Vormittags die Zustellung unter der
Wohnanschrift versucht und - weil sie dort niemanden antraf - eine Benachrichtigung hinterlassen habe, sei gegen
14.30 Uhr zu der um diese Zeit geschlossenen Postdienststelle zurückgekommen. Sie habe das zuzustellende
Schriftstück dort zur weiteren Bearbeitung bereit gelegt. Die Amtsleiterin der Dienststelle sei frühestens um 14.55 Uhr
zur Poststelle gekommen, um die Weiterbearbeitung zu übernehmen. Frühestens zu diesem Zeitpunkt habe das
Schriftstück vom Empfänger abgeholt werden können. Zu diesem Zeitpunkt sei der Empfänger jedoch bereits
verstorben gewesen. Damit sei eine Zustellung an den Anzunehmenden nicht erfolgt. Der Beschluß sei aufzuheben, da
die Annahme mit den Interessen der leiblichen Tochter des Annehmenden nicht zu vereinbaren sei. Dies ergebe sich
aus der testamentarischen Anordnung des Annehmenden, wonach der Pflichtteil des leiblichen Kindes nicht nach dem
Verkehrswert, sondern nach dem Ertragswert zu bemessen sei. Dies führe dazu, daß die Tochter aus einem Nachlaß, zu
dem ein Landgut von erheblichem Wert gehört, nur ca. 100 000 DM erhalte.
b) Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand (
aa) Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß der Beschluß, der die Annahme eines Volljährigen als
Kind ausspricht, mit der Zustellung an den Annehmenden wirksam wird (§ 1767 Abs. 2, § 1768 Abs. 1, §§ 1752, 1770,
1754 Abs. 2 BGB i.V.m. § 56e Satz 2 erste Alternative,
bb) Die Zustellung an den Annehmenden ist entgegen der Auffassung des Landgerichts vor dessen Tod bewirkt
worden.
(1) Eine Ersatzzustellung gemäß
Benachrichtigung die Niederlegung der Sendung auf der Poststelle ausgeführt ist. Den tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanzen zufolge hat die Zustellerin am Vormittag des 20.11.1992 eine Benachrichtigung in üblicher Form
hinterlassen, nachdem sie den Annehmenden und Zustellungsempfänger nicht angetroffen hatte. Am gleichen Tag
gegen 14.30 lieferte sie das zuzustellende Schriftstück beim zuständigen Postamt ab. Da der Zustellungsempfänger an
diesem Tag um 14.45 Uhr verstorben ist, hängt die Frage, ob der Adoptionsbeschluß gemäß
Wirksamkeit erlangt hat, davon ab, ob die Zustellung mit der Ablieferung des Schriftstücks bei der Poststelle und damit
zu Lebzeiten des Annehmenden bewirkt war. Die Auffassung der Vorinstanzen, die den Zeitpunkt für maßgebend
halten, zu dem das Schriftstück vom Empfänger im konkreten Fall hätte abgeholt werden können, trifft nicht zu.
Postbote das zuzustellende Schriftstück im Anschluß an den (erfolglosen) Zustellungsversuch wieder zum
Zustellpostamt bringt und dort in den Geschäftsgang gibt, ob sie erst durch die Beurkundung und Registrierung zur
Aufbewahrung durch den hierfür im Innendienst zuständigen Bearbeiter als ausgeführt anzusehen ist, oder ob auf die
Möglichkeit der Kenntnisnahme durch den Zustellungsempfänger abzustellen ist.
(3) Dem Inhalt und der Funktion des
die Kenntnisnahme des Zustellungsempfängers von dem zuzustellenden Schriftstück gerade nicht erforderlich ist
(Thomas/Putzo ZPO 21. Aufl. § 182 Rn. 7), da es sich um eine Zugangsfiktion handelt (vgl. Zöller/Stöber ZPO 20.
Aufl. § 182 Rz. 5). Deshalb kommt es entgegen der Auffassung der Vorinstanzen für die Wirksamkeit der Zustellung
nicht darauf an, ab welchem Zeitpunkt für den Zustellungsempfänger im Einzelfall die tatsächliche Möglichkeit zur
Kenntnisnahme gegeben ist.
(4) Eine Ersatzzustellung ist nach
Sendung bei dem zuständigen Wohnortpostamt dann als wirksam vollzogen anzusehen, wenn das zuzustellende
Schriftstück beim zuständigen Postamt abgeliefert wird (vgl. BAG
die Dienst- und Schalterstunden kommt es nicht an. Auch die Mitwirkung eines weiteren Bediensteten im internen
Bereich der Post hat auf die Wirksamkeit der Zustellung keinen Einfluß. Für den Abschluß des Ersatzzustellungsaktes
sind nicht die internen Vorschriften der Post über die weitere Bearbeitung (Registrierung zur Aufbewahrung und
Bereithaltung) maßgebend, sondern die Vorschriften und Grundsätze der Prozeßordnung (vgl. Eyinck
für die Zeit nach der Postreform). Würde man auf den Zeitpunkt der Weiterbearbeitung abstellen, wäre der Zeitpunkt
der Zustellung von verschiedenen Zufälligkeiten (tägliche Öffnungszeiten, Sonn- und Feiertage) abhängig. Dies würde
dem Sinn und Zweck der Zustellungsregel, insbesondere der Fiktion des
entspricht auch den Grundsätzen der Prozeßordnungen, die zum Eingang von Schriftstücken anerkannt sind. Danach
kommt es auf den Zeitpunkt an, zu dem ein Schriftstück in die Verfügungsgewalt des Gerichts gelangt, dagegen nicht
auf die Weiterleitung an den zuständigen Bearbeiter (vgl. BVerfG
580). Sinngemäß ist hier der Zeitpunkt maßgebend, in dem ein Zusteller das zuzustellende Schriftstück in die
Verfügungsgewalt der Postdienststelle zurückgebracht und damit niedergelegt hat. Dies war hier nach den Angaben der
Zustellerin am 20.11.1992 spätestens um 14.30 Uhr der Fall, somit noch zu Lebzeiten des Annehmenden. Da auch eine
Benachrichtigung an den Zustellungsempfänger in üblicher Form erfolgt war, ist der Annahmebeschluß vom
16.11.1992 am 20.11.1992 zu Lebzeiten des Annehmenden wirksam geworden.
cc) Die von der Beteiligten zu 3 erhobene Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (
Vormundschaftsgericht führt zu keinem anderen Ergebnis (
(1) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine förmliche Einwilligung von Kindern des
Annehmenden weder gesetzlich vorgeschrieben noch aus Gründen des Verfassungsrechts geboten ist, daß aber gemäß
(BVerfG
Aufl. § 1769 Rn. 7). Das Vormundschaftsgericht hat die Beteiligte zu 3 am Verfahren beteiligt. Diese erhielt
Gelegenheit, zu den Antragen Stellung zu nehmen und hat dies durch ihre Mutter und den Amtspfleger auch
wahrgenommen.
(2) Das Vormundschaftsgericht hat allerdings die schriftliche Erklärung des Annehmenden vom 1.10.1992 der
Beteiligten zu 3 nicht mehr zugeleitet. Ob dies es rechtfertigen würde, den Adoptionsbeschluß vom 16.11.1992
aufzuheben, obwohl dieser gemäß
war, daß die Entscheidung nach der Unterzeichnung durch den Richter mit dessen Willen aus der Verfügungsgewalt
des Gerichts gelangte und zur Zustellung an den Annehmenden hinausgegeben wurde (vgl. OLG Düsseldorf StAZ
1996, 366/367; OLG Celle
FGG/RPflG 7. Aufl. FGG Rz. 5, jeweils zu
der Kausalität einer etwaigen Verletzung des rechtlichen Gehörs.:
(3) Anders als in den vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fällen (BVerfG
1994, 493) hat die Beteiligte zu 3 ihre Einwände gegen die Adoption vorgetragen, das Vormundschaftsgericht hat sich
mit ihnen in seiner Entscheidung auseinandergesetzt. Darauf, daß es das rechtliche Gehör nicht vollständig gewährt hat,
beruht der Annahmebeschluß nicht.
(a) Das Amtsgericht hat seine Entscheidung auf den im Schreiben vom 1.10.1992 mitgeteilten Umstand gestützt, daß
der Annehmende seinen Neffen (Beteiligten zu 2) bereits testamentarisch zum Alleinerben eingesetzt habe. Dies lag im
Rahmen der Testierfreiheit. Daß die Annahme des Neffen die Entstehung eines weiteren gesetzlichen Erben erster
Ordnung zur Folge hatte, ergibt sich aus dem Gesetz und war dem Gericht bekannt. Die Beteiligte zu 3 trägt auch im
könnte.
(b) Die Beteiligte zu 3 beanstandet im Kern, daß ihr Pflichtteilsanspruch durch die Anordnung des Erblassers
ausgehöhlt worden sei, sein zum Nachlaß gehörendes Landgut bei der Berechnung des Pflichtteils gemäß
zum Ertragswert anzusetzen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (
des Bundesgerichtshofs (
der Erhaltung leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe gerechtfertigt und soll die Zerschlagung des
landwirtschaftlichen Betriebes vermeiden. Der Annehmende konnte diese Anordnung unabhängig von der Adoption
treffen. Es fehlt daher auch insoweit an einer Kausalität unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs der
Beteiligten zu 3, abgesehen davon, daß sie diesen Umstand, der sich erst aus der Testamentseröffnung ergab, im
Adoptionsverfahren nicht hätte vortragen können.
(c) Gleichfalls ohne kausalen Verstoß gegen das rechtliche Gehör konnte das Amtsgericht davon ausgehen, daß die
vermögensrechtlichen Interessen des Kindes des Annehmenden zurücktreten können, wenn wie hier seit der Kindheit
des Anzunehmenden ein enges Verhältnis zum Annehmenden bestand (vgl. Palandt/Diederichsen § 1769 Rn. 1 m.N.).
Die Tatsache einer langjährigen engen Beziehung zwischen dem Annehmenden und seinem anzunehmenden Neffen
sowie der Umstand, daß dieser in dem landwirtschaftlichen Anwesen des Annehmenden regelmäßig mitgearbeitet hat
und deshalb dessen landwirtschaftlichen Betrieb übernehmen solle, sind schon in den notariellen Adoptionsanträgen
enthalten. Das Schreiben vom l.l0.l992 enthält insoweit lediglich Wiederholungen.
4. Da die Aufhebung des Annahmebeschlusses im Ergebnis nicht gerechtfertigt ist (
563 ZPO), sind die angefochtenen Entscheidungen des Landgerichts und des Amtsgerichts aufzuheben. Der zu
Lebzeiten des Annehmenden wirksam gewordene Annahmebeschluß vom 16.11.1992 ist damit wiederhergestellt.
5. Für die Anordnung einer Kostenerstattung besteht kein Anlaß. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 31
Abs. 1 Satz 1,
Entscheidung, Urteil
Gericht:BayObLG
Erscheinungsdatum:28.10.1998
Aktenzeichen:1Z BR 7/98
Erschienen in:NJW-RR 1999, 1379-1381
Normen in Titel:ZPO § 182