OLG Köln 19. Februar 2020
6 U 184/19
BGB § 307 Abs. 1 S. 2

Verstoß gegen das Transparenzgebot bei umfangreichen AGB

letzte Aktualisierung: 23.07.2020
OLG Köln, Urt. v. 19.2.2020 – 6 U 184/19

BGB § 307 Abs. 1 S. 2
Verstoß gegen das Transparenzgebot bei umfangreichen AGB

1. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot kann auch im erheblichen Umfang der AGB im
Verhältnis zur Bedeutung des Geschäfts begründet sein.
2. Die Verwendung von Fremdwörtern kann zulässig sein, sofern diese ausreichend erläutert
werden. (Leitsätze der DNotI-Redaktion)

Gründe:

I.
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Nutzung der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Beklagten in ihrer Gesamtheit.

Der Kläger ist eine in die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste nach § 4 Abs. 1 S. 1
UKlaG eingetragene qualifizierte Einrichtung. Er hat gemäß § 2 seiner Satzung den
Zweck, Verbraucherinteressen wahrzunehmen, den Verbraucherschutz zu fördern, die
Stellung des Verbrauchers in der sozialen Marktwirtschaft zu stärken und zur
Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen.

Die Beklagte bietet ein internetbasiertes Verfahren für bargeldlose Zahlungen im
elektronischen Geschäftsverkehr an. Die von der Beklagten und von mit dieser
verbundenen Unternehmen für den Online-Bezahldienst bereitgestellte Bezahlplattform
„PayPal“ ermöglicht es den ca. zweihundert Millionen privaten und gewerblichen Nutzern
weltweit, auf elektronischem Wege Geld zu transferieren. Den zwischen der Beklagten und
den Nutzern geschlossenen Verträgen lagen die als Anlage K3 eingereichten PayPal-
Nutzungsbedingungen mit Stand vom 25.05.2018 zugrunde. Hierbei verwandte die
Beklagte auf der Internetseite www.paypal.com ein Anmeldeformular wie in Anlage K1
wiedergegeben. Für mobile Endgeräte besteht die Möglichkeit des Vertragsabschlusses
über eine Applikation mit dem in Anlage K2 wiedergegebenen Anmeldeformular.
Mit Schreiben vom 14.01.2018 mahnte der Kläger die Beklagte wegen der Verwendung
der Nutzungsbedingungen mit Stand vom 09.01.2018 ab und forderte sie erfolglos zur
Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf.

Der Kläger ist der Ansicht gewesen, die Beklagte handele unlauter im Sinne der §§ 3, 3a,
5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 und Nr. 7 UWG in Verbindung mit § 305 Abs. 2, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB,
weil sie gegenüber den Nutzern den Eindruck erwecke, die streitgegenständlichen
Nutzungsbedingungen würden bei Abschluss des Vertragsverhältnisses wirksam
einbezogen, obwohl dies nicht der Fall sei. Hierzu hat er geltend gemacht, dass die
Nutzungsbedingungen in ausgedruckter Form – insoweit unstreitig – insgesamt 83 DIN A4
Seiten umfassten und damit zu lang seien. Ein durchschnittlicher Leser benötige 80
Minuten für die Lektüre der Nutzungsbedingungen. Auf einem mobilen Endgerät wie etwa
dem Mobiltelefon Samsung Galaxy S7 müsse der Nutzer ca. 330mal die
Bildschirmdarstellung verschieben („scrollen“), um vom Inhalt der Nutzungsbedingungen in
vollem Umfang Kenntnis nehmen zu können. Unter Zugrundelegung einer
Lesegeschwindigkeit von 250 Wörtern pro Minute benötige er für das Lesen der
Nutzungsbedingungen der Beklagten in ausgedruckter Form rund 80 Minuten, in
elektronischer Form auf einem mobilen Endgerät nochmals länger. Zudem seien die
Nutzungsbedingungen inhaltlich nicht hinreichend verständlich formuliert. Hierzu hat der
Kläger behauptet, die Nutzungsbedingungen einer Analyse unter Einsatz der
Verständlichkeitssoftware TextLab unterzogen zu haben, welche formale
Texteigenschaften wie Wort- und Satzlänge und Worthäufigkeit anhand verschiedener
Lesbarkeitsformeln sowie anhand bis zu 80 Kennzahlen analysiere. In diesem
Zusammenhang hat er behauptet, die Analyse habe für die streitgegenständlichen
Nutzungsbedingungen einen Wert von lediglich 3,18 nach dem „Hohenheimer
Verständlichkeitsindex“ (HIX) ergeben. Dieser ordne die Verständlichkeit von Texten auf
einer Skala von 0-20 ein, wobei beruhend auf Studien des Instituts für
Kommunikationswissenschaft der Universität Hohenheim für Fachtexte ein Zielwert von 12
vorgegeben sei. Im Weiteren führt der Kläger aus, die Nutzungsbedingungen der
Beklagten umfassten über 20.000 Wörter in mehr als 1.000 Sätzen. Rund 38 % der Sätze
beinhalteten mehr als 20 Wörter und der längste Satz enthalte 111 Wörter.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese
zu vollstrecken an den Mitgliedern des conseil de gérance, zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland
gegenüber Verbrauchern den Abschluss eines Vertrages über die Nutzung eines
Zahlungsdienstes auf der Webseite paypal.com wie in Anlage K1 wiedergegeben und/oder
über eine Applikation für mobile Endgeräte wie in Anlage K2 wiedergegeben anzubieten
oder anbieten zu lassen und hierbei Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden, wie
sie der Anlage K3 zu entnehmen sind.

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 200,00 € nebst Zinsen iHv. fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, dass die Klage bereits unzulässig sei, weil der
Klageantrag nicht hinreichend bestimmt und zudem alternativ begründet sei. In der Sache
hat sie die Klage für unzulässig und unbegründet gehalten. Der Kläger sei nicht befugt, die
Nutzungsbedingungen in ihrer Gesamtheit anzugreifen und verweist hierzu auf die
gesetzliche Wertung des § 1 UKlaG. Ebenso sei die Einbeziehungskontrolle von
Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht verbandsklagefähig. Die angegriffene
Verwendung der Nutzungsbedingungen sei zudem nicht lauterkeitsrechtlich zu
beanstanden. Insbesondere stelle § 305 BGB keine Marktverhaltensregel iSd. § 3a UWG
dar. Auch gelte das Transparenzgebot des § 307 BGB nur im Hinblick auf bestimmte in
Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendete Klauseln, nicht aber auf das Regelwerk in
seiner Gesamtheit. Darüber hinaus hat die Beklagte die Ansicht vertreten, dass die
Nutzungsbedingungen hinreichend verständlich und damit einbeziehungsfähig seien. Sie
hat behauptet, bei einer von ihr durchgeführten Analyse der Nutzungsbedingungen mit der
Software TextLab hätten diese einen HIX-Wert von 10,39 erzielt. Zudem hat sie die
Auffassung vertreten, dass eine Analyse mit der Verständlichkeitssoftware TextLab nicht
genüge, um eine fehlende inhaltliche Verständlichkeit aufzuzeigen, zumal
verständlichkeitserhöhende Mittel der Textgestaltung wie etwa Hervorhebungen oder
veranschaulichende Aufzählungen in der TextLab-Analyse keine Berücksichtigung fänden.
Die Länge der Nutzungsbedingungen stehe einer wirksamen Einbeziehung in den
Nutzungsvertrag nicht entgegen, zumal die absolute Länge von Allgemeinen
Geschäftsbedingungen bereits kein geeignetes Kriterium im Rahmen der
Einbeziehungskontrolle sei. Zu berücksichtigen sei ferner, dass die Beklagte nach ihrem
Geschäftsmodell gesetzlich nicht abschließend geregelte Finanzdienstleistungen anbiete,
die aufgrund ihrer Komplexität einen erhöhten Regelungsbedarf aufwiesen, und die
Beklagte zudem umfangreichen gesetzlichen Informationspflichten unterliege. Auch die
Nutzungsbedingungen anderer Banken oder Finanzdienstleister seien nicht minder
umfangreich ausgestaltet.

Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass die Klage zulässig, aber unbegründet sei.
Das Landgericht sei sachlich und örtlich zuständig. Der Klageantrag sei aufgrund der
Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung hinreichend bestimmt. Die von der
Beklagten gerügte alternative Klagehäufung liege nicht vor.

Die Klage sei unbegründet. Es könne offenbleiben, ob der Kläger befugt sei, die
lauterkeitsrechtlichen Ansprüche in ihrer Gesamtheit zu verfolgen. Dies sei allerdings
zweifelhaft. Der Kläger habe nicht schlüssig aufgezeigt, dass die streitgegenständlichen
Nutzungsbedingungen nicht wirksam iSd. § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB in die zwischen der
Beklagten und ihren Kunden geschlossenen Verträge einbezogen würden, so dass eine
hierauf gestützte wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung ebenso wie ein Rechtsbruch
im Sinne des § 3a UWG in Verbindung mit § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausschieden. Das legt
das Landgericht im Einzelnen dar. Insbesondere könne nicht davon ausgegangen werden,
dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgrund ihres Umfangs nicht hinreichend
zur Kenntnis genommen werden könnten. Der Klägervortrag sei zu pauschal.

Daher komme ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht
in Betracht. Der Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Abmahnkosten bestehe vor diesem
Hintergrund ebenfalls nicht.

Gegen dieses Urteil, auf das gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird,
wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Der geltend gemachte
Unterlassungsanspruch ergebe sich aus § 3a UWG in Verbindung mit § 305 Abs. 2 Nr. 2
BGB. Der Kläger sei befugt, die Unterlassungsansprüche geltend zu machen; dem stehe §
1 UKlaG nicht entgegen. Zwar könnten lediglich Ansprüche nach den §§ 307 bis 309 BGB
gemäß § 1 UKlaG geltend gemacht werden. Der Kläger mache aber einen Anspruch nach
§§ 3, 8 Abs. 1 UWG geltend, der neben den Ansprüchen nach dem UKlaG stünde.
Der Kläger müsse auch nicht einzelne Klauseln rügen, sondern könne auch die
Einbeziehung eines ganzen Klauselwerkes angreifen, weil dieses aufgrund seines
Umfangs nicht geeignet sei, dem durchschnittlichen Verbraucher zumutbar Kenntnis über
den Inhalt zu verschaffen.

§ 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB sei eine verbraucherschützende Norm im Sinne des § 3a UWG,
was der Kläger näher darlegt. Europarechtliche Bedenken bestünden nicht, weil die Frage
außerhalb des Anwendungsbereichs der UGP-Richtlinie liege.

Die Beklagte verschaffe einem Durchschnittsverbraucher nicht die Möglichkeit, in
zumutbarer Wiese vom Inhalt der Nutzungsbedingungen Kenntnis zu nehmen, weil die
Bedingungen einen unvertretbar großen Umfang hätten, der durch die zu regelnde Materie
nicht gefordert werde. Die Nutzungsbedingungen umfassten 83 Seiten in ausgedruckter
Form.

Aufgrund der fehlenden Aufteilung nach Nutzergruppen getrennt für Verbraucher und
Händler enthielten die Nutzungsbedingungen zahlreiche Regelungen, die den
angesprochenen Verbraucher nicht interessieren müssen. Die Beklagte habe auch die
Pflichtinformationen nach Art. 246b § 1 EGBGB teilweise in die Nutzungsbedingungen
integriert, was zu einer Belastung des Verbrauchers führe. Hinsichtlich verschiedener
Ziffern legt der Kläger dar, welche Bestimmungen nicht erforderlich seien. Der Verbraucher
benötige mehr als zwei Stunden, um die Geschäftsbedingungen zu lesen. Es komme
hinzu, dass das Lesen der Bedingungen üblicherweise in elektronischer Form erfolge, was
das Lesen und Erfassen zusätzlich erschwere.

Die Nutzung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sei auch irreführend
nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 und 7 UWG. Das Nutzen der Geschäftsbedingungen sei eine
geschäftliche Handlung und die Beklagte täusche Verbraucher darüber, dass diese
wirksam in den Vertrag einbezogen seien. Die entsprechende Darstellung sei keine
Rechtsansicht, sondern eine Tatsachenbehauptung. Die Behauptung sei auch falsch, weil
die Nutzungsbedingungen – wie dargelegt – nicht Vertragsbestandteil geworden seien.
Der Anspruch ergebe sich – wie in erster Instanz dargelegt – auch aus § 3a UWG in
Verbindung mit § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Auch der Anspruch auf Zahlung der
Abmahnkosten sei gerechtfertigt.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Köln vom 25.06.2019 – 31 O 164/18 – zu ändern und die
Beklagte gemäß den in der mündlichen Verhandlung am 04.06.2019 gestellten Anträgen
zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres
erstinstanzlichen Vortrags. Sie rügt den Vortrag des Klägers in Bezug auf die einzelnen
Klauseln als verspätet, bestreitet jedoch nicht, dass die Klauseln Gegenstand der
angegriffenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen waren.

II.
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Zur Begründung kann
auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.
Ergänzend ist aufgrund der Berufungsbegründung und -erwiderung folgendes
auszuführen:

1. Die Klage ist zulässig. Die Klageanträge sind nicht aufgrund Unbestimmtheit unzulässig,
§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wie die Beklagte eingewandt hat.

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein,
dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1
ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend
verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist,
dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 02.03.2017 – I ZR
194/15, GRUR 2017, 537 – Konsumgetreide, mwN). Aus diesem Grund sind
Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen,
grundsätzlich als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen. Abweichendes kann
gelten, wenn entweder bereits der gesetzliche Verbotstatbestand selbst entsprechend
eindeutig und konkret gefasst oder der Anwendungsbereich einer Rechtsnorm durch eine
gefestigte Auslegung geklärt ist, sowie auch dann, wenn der Kläger hinreichend deutlich
macht, dass er nicht ein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern
sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert.
Die Bejahung der Bestimmtheit setzt in solchen Fällen allerdings grundsätzlich voraus,
dass sich das mit dem selbst nicht hinreichend klaren Antrag Begehrte im Tatsächlichen
durch Auslegung unter Heranziehung des Sachvortrags des Klägers eindeutig ergibt und
die betreffende tatsächliche Gestaltung zwischen den Parteien nicht in Frage gestellt ist,
sondern sich der Streit der Parteien ausschließlich auf die rechtliche Qualifizierung der
angegriffenen Verhaltensweise beschränkt (vgl. BGH, GRUR 2017, 542
Konsumgetreide).

Weiter kann der Klageantrag auf die konkrete Verletzungsform bezogen werden. Dann
bildet im Grundsatz diese den Streitgegenstand, unabhängig davon, ob der Kläger sich auf
einzelne Rechtsverletzungen gestützt hat. Dem Kläger ist es allerdings nicht verwehrt, in
Fällen, in den er eine konkrete Werbeanzeige unter verschiedenen Aspekten jeweils
gesondert angreifen möchte, eben diese verschiedenen Aspekte im Wege der kumulativen
Klagehäufung zu jeweils getrennten Klagezielen zu machen. In diesem Fall muss er die
einzelnen Beanstandungen in verschiedenen Klageanträgen umschreiben, wobei er zur
Verdeutlichung jeweils auf die konkrete Verletzungsform Bezug nehmen kann („wie
geschehen in …“). In diesem Fall nötigt der Kläger das Gericht, die beanstandete Anzeige
unter jedem der geltend gemachten Gesichtspunkte zu prüfen. Naturgemäß muss der
Kläger einen Teil der Kosten tragen, wenn er nicht mit allen Klageanträgen Erfolg hat (vgl.
BGH, Urteil vom 13.09.2012 – I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 – Biomineralwasser).

Nach diesen Grundsätzen ist der Klageantrag hinreichend bestimmt gefasst. Der Kläger
begehrt im Unterlassungsantrag die Unterlassung der Nutzung der durch eine
Bezugnahme konkret zum Gegenstand des Antrags gemachten Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Beklagten in ihrer Gesamtheit. Der Kläger bestätigt durch die
Klagebegründung, dass die Nutzung der allgemeinen Geschäftsbedingungen in ihrer
Gesamtheit Gegenstand des Klageantrags sein sollen, ausdrücklich. Denn er rügt, dass
aufgrund des Gesamtzusammenhangs der Darstellung und des Umfangs die von ihm
näher ausgeführten Verstöße vorlägen.

Der Kläger macht vor diesem Hintergrund auch deutlich, dass Gegenstand des
Rechtsstreits nicht einzelne Klauseln sein sollen, so dass die Frage, ob eine einzelne
Klausel aufgrund eines Verstoßes gegen AGB-rechtliche Bestimmungen unwirksam ist,
auch nur im Rahmen der Prüfung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in ihrer
Gesamtheit zu erörtern ist. Streitgegenstand sind dann die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Beklagten in ihrer Gesamtheit, so dass die Unwirksamkeit
einer einzelnen Klausel der Klage nicht zum Erfolg verhelfen kann.

Aus der Entscheidung „Biomineralwasser“ (BGHZ 194, 314) ergibt sich nichts anderes.
Zwar stellt die konkret in Bezug genommene Verletzungshandlung den Streitgegenstand
dar. Dies findet indes seine Grenze, wenn aufgrund der Klagebegründung – wie hier –
unzweifelhaft auf die Gesamtheit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgestellt wird,
so dass ein Verbot aufgrund einer Rechtsverletzung in einer einzelnen Klausel nicht
Gegenstand des Rechtsstreits ist.

Es kommt hinzu, dass der BGH für die Frage der Irreführung angenommen hat, dass trotz
der Bezugnahme auf eine konkrete Verletzungshandlung für den Streitgegenstand
maßgeblich ist, welcher Verkehrskreis aufgrund welcher Fehlvorstellung in die Irre geleitet
wurde (vgl. BGH, Urteil vom 05.10.2017 – I ZR 184/16 – GRUR 2018, 203
Betriebspsychologe). So liegt der Fall auch im Zusammenhang mit dem Angriff gegen
Allgemeine Geschäftsbedingungen in ihrer Gesamtheit.

Der Klageantrag ist vor diesem Hintergrund – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht
aufgrund einer alternativen Klagehäufung unzulässig. Zutreffend ist, dass der Kläger
seinen Unterlassungsanspruch nicht in zulässiger Form auf mehrere Streitgegenstände
alternativ stützen kann. Wird aber die konkrete Verletzungshandlung angegriffen, so liegt
darin der Gegenstand des Rechtsstreits. Dann umfasst der Streitgegenstand alle
Rechtsverletzungen, die in der konkreten Verletzungsform verwirklicht sind (vgl. BGHZ
194, 314 – Biomineralwasser). Vorliegend macht der Kläger geltend, die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Beklagten seien in ihrer Gesamtheit unverständlich und
erheblich zu lang. Beide Angriffe beziehen sich auf die Geschäftsbedingungen in ihrer
Gesamtheit, was zulässig ist. Der Kläger überlässt in diesem Fall dem Gericht die
Entscheidung darüber, ob und aus welchem Grund die Nutzung der
Geschäftsbedingungen in ihrer Gesamtheit zu untersagen ist, oder nicht.

2. Das Landgericht ist mit Recht und mit zutreffender Begründung davon ausgegangen,
dass die Klage unbegründet ist.

a) Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass ein Anspruch nach § 1 UKlaG nicht
in Betracht kommt, weil sich der Kläger gegen die Geschäftsbedingungen der Beklagten in
ihrer Gesamtheit richtet (vgl. Walker in Walker, UKlaG, 1. Aufl., § 1 Rn. 8). Das
Verbandsklageverfahren ist nicht geeignet, die Einbeziehung von Allgemeinen
Geschäftsbedingungen in einen Vertrag zu prüfen. Insoweit ist auf die Umstände des
Einzelfalls abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 12.12.2007 – IV ZR 130/06, NJW 2008, 1160;
OLG Köln, Urteil vom 05.05.2017 – 6 U 132/16, BeckRS 2017, 118537). Die
entsprechenden Ausführungen des Landgerichts greift der Kläger mit seiner Berufung
auch nicht an.

b) Ein Anspruch auf Unterlassung der Nutzung der konkret zum Gegenstand des
Unterlassungsantrags gemachten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten aus
§ 8 Abs. 1 UWG besteht ebenfalls nicht.

aa) Die Anwendung der Vorschrift des § 8 Abs. 1 UWG wird nicht durch § 1 UKlaG
gesperrt, weil der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch sich von dem Anspruch
nach § 1 UKlaG grundsätzlich unterscheidet (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen,
UWG, 38. Aufl., § 1 UKlaG Rn. 14, mwN).

bb) Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus § 8 Abs. 1, 3 Nr. 3, §§ 3, 3a UWG in
Verbindung mit § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Dabei kann offenbleiben, ob es sich um eine
Marktverhaltensregelung handelt und ob eine Anwendbarkeit europarechtlich zulässig ist.
Jedenfalls hat der Kläger einen Verstoß gegen § 305 Abs. 1 BGB nicht hinreichend
dargelegt.

(1) Allerdings ist der Kläger gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG als eine qualifizierte Einrichtung,
die in der Liste nach § 4 UKlaG eingetragen ist, aktivlegitimiert. Auch liegt jedenfalls in
dem Angebot der Leistungen unter Zugrundelegung der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG (vgl.
BGH, Urteil vom 31.03.2010 – I ZR 34/08, GRUR 2010, 1117
Gewährleistungsausschluss im Internet). Dies ist jedenfalls anzunehmen, wenn sich die
Beklagte gegenüber ihren Kunden auf die entsprechenden Allgemeinen
Geschäftsbedingungen beruft.

(2) Ein Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG liegt nicht
vor. Der Kläger hat, unabhängig davon, ob eine Marktverhaltensregelung vorliegt und eine
solche europarechtlich zulässig ist, einen Verstoß gegen § 305 Abs. 2 BGB allein aufgrund
der Länge oder der Verständlichkeit der angegriffenen Allgemeinen
Geschäftsbedingungen nicht hinreichend substantiiert dargelegt, was das Landgericht
zutreffend angenommen hat.

Allerdings erfolgt die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305
Abs. 2 Nr. 2 BGB nach herrschender Meinung (vgl. hierzu Lehmann-Richter in BeckOGK
BGB, Stand: 01.12.2019, § 305 Rn. 222) nicht, wenn diese inhaltlich nicht hinreichend
transparent sind, so dass die Frage der übermäßigen Länge und Verständlichkeit im
Rahmen der Vorschrift des § 305 Abs. 2 BGB zu prüfen ist. Ob der herrschenden Meinung
insoweit zu folgen ist, kann allerdings offenbleiben, weil der Kläger nicht hinreichend
dargelegt hat, dass eine Verletzung des Transparenzgebots erfolgt.

Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot und eine nicht wirksame Einbeziehung der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann anzunehmen sein, wenn die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen im Verhältnis zur Bedeutung des Geschäfts einen vertretbaren
Umfang überschreiten (vgl. Basedow in MünchKomm/BGB, 8. Aufl., § 305 Rn. 78). Zu
berücksichtigen ist, dass die Verbraucher sich an Vertragsabschlüsse über das Internet
gewöhnt haben. Das Internet stellt im Ausgangspunkt eine übersichtliche Oberfläche dar,
die es dem Kunden ermöglicht, Texte zu vergrößern und sich – auch da kein Druck
entsteht, wie er etwa bei der Bedienung durch eine natürliche Person angenommen
werden könnte – intensiv mit dem Klauselwerk auseinander zu setzen (vgl. Basedow in
MünchKomm/BGB aaO, § 305 Rn. 75). Soweit die Informationszeit länger sein muss,
wenn das Klauselwerk umfangreich ist (vgl. Becker in BeckOK BGB, 52. Edition, § 305 Rn.
60), ist dies für den Vertragsschluss im Internet von untergeordneter Bedeutung, weil dem
Verbraucher selbst überlassen bleibt, wie lange er sich mit dem Klauselwerk
auseinandersetzt. Für die Frage, ob eine Kenntnisnahme zumutbar ist, ist darüber hinaus
auf die jeweilige Vertragsart und die Üblichkeit in dem jeweiligen Bereich abzustellen (vgl.
Becker in BeckOK BGB aaO, § 305 Rn. 63).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Kläger einen die Zumutbarkeit der
Kenntnisnahme überschreitenden Umfang der konkret zum Gegenstand des Klageantrags
gemachten Geschäftsbedingungen nicht dargelegt. Allein auf die erhebliche Seitenzahl
von 83 Seiten in ausgedruckter Form kann nicht abgestellt werden. Es ist auch – was die
Beklagte umfassend dargelegt hat – zu berücksichtigen, dass die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Beklagten dazu geschaffen wurden, die Abwicklung einer
Zahlung zwischen fünf verschiedenen Personen zu ermöglichen. Denn an einem
Zahlungsvorgang sind neben dem Zahlenden, dem Empfänger der Zahlung und der
Beklagten als Dienstleister auch die jeweils von den Kunden zu wählenden
Zahlungsmethoden zu berücksichtigen, die – etwa über eine Einzugsermächtigung, aber
auch über die Zahlung mit einer Kreditkarte – über weitere Personen wie Banken
abgewickelt werden.

Entgegen der Ansicht des Klägers kann in diesem Zusammenhang nicht davon
ausgegangen werden, dass der Verbraucher im Rahmen eines Zahlungsvorgangs immer
allein derjenige ist, der die Zahlung leistet. Vielmehr ist der Verbraucher regelmäßig auch
Zahlungsempfänger, sei es, weil er eine Rückerstattung – etwa nach Widerruf – erhält, sei
es, weil er als Verkäufer beispielsweise über eBay Kleinanzeigen in privatem Rahmen
Verkäufe getätigt hat und die Zahlung über den Dienst der Beklagten abgewickelt wird.
Soweit der Kläger gegenteiliges vorgetragen hat, ist dies allgemeinbekannt nicht
zutreffend.

Auch die Einbeziehung von Zusatzbedingungen führt – entgegen der Ansicht des Klägers
– nicht zu einer Unzumutbarkeit der Kenntnisnahme. Denn die Gestaltung der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen ist insoweit übersichtlich gehalten, so dass der Verbraucher
erkennen kann, dass diese für ihn nicht von Bedeutung sind.

Soweit der Kläger meint, die Klauseln seien nicht hinreichend verständlich und dies mit der
Ermittlung eines Verständlichkeitsindexes begründet, ist der Vortrag ebenfalls nicht
hinreichend substantiiert. Denn die Frage, ob Allgemeine Geschäftsbedingungen in ihrer
Gesamtheit unzulässig sind, richtet sich nach zahlreichen Faktoren, die nicht im Rahmen
eines pauschalen Indexes wiedergegeben werden können. So kann etwa die Verwendung
von Fremdwörtern auch dann zulässig sein, wenn diese hinreichend erläutert werden.
Soweit der Kläger im Rahmen der Berufung einzelne Klauseln nennt, die aus seiner Sicht
überflüssig sind, kann dies schon im Ausgangspunkt nicht dazu führen, die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen in ihrer Gesamtheit mit der Begründung zu verbieten, die Lektüre
sei unzumutbar. Denn der Kläger hat einzelne Klauseln bewusst nicht angegriffen.
Prüfungsmaßstab ist daher alleine, ob die vom Kläger benannten Klauseln belegen
können, dass die angegriffenen Geschäftsbedingungen insgesamt eine unzumutbare
Länge aufweisen. Die Benennung der wenigen Klauseln im Rahmen des Gesamtwerks ist
hierfür nicht ausreichend.

Die Prüfung der Klauseln führt letztlich zu keinem anderen Ergebnis. Allerdings handelt es
sich insoweit – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht um neuen Tatsachenstoff, der
präkludiert wäre. Zum einen war der Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bereits
Gegenstand des Vortrags in erster Instanz. Zum anderen ist die Existenz der
Geschäftsbedingungen unstreitig, so dass diese der Prüfung – unabhängig von einer
etwaigen Verspätung – zugrunde zu legen sind.

Zahlreiche Klauseln werden von dem Kläger angegriffen, weil diese sich nur an Händler
richteten. Dies ist – wie dargelegt – bereits im Ausgangspunkt nichtzutreffend, weil auch
Verbraucher als Zahlungsempfänger zu berücksichtigen sind. Soweit noch einzelne
Klauseln unzulässig sein könnten, ist dies nicht Gegenstand des Verfahrens (s.o.).

cc) Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 8 Abs. 1, 3 Nr. 3, §§ 3, 5 Abs. 1 Nr. 3 und 7
UWG.

Ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot, weil die Beklagte über die Wirksamkeit der
Geschäftsbedingungen getäuscht hat, kommt nicht in Betracht. Denn die zum Gegenstand
des vorliegenden Unterlassungsantrags gemachten Geschäftsbedingungen täuschen nicht
darüber, dass sie wirksam vereinbart worden sind. Es kommt hinzu, dass das
Irreführungsverbot nicht dazu dient, die Verwendung von unzulässigen Allgemeinen
Geschäftsbedingungen zu unterbinden. Derjenige, der eine unzulässige
Geschäftsbedingung verwendet, führt deswegen noch nicht in die Irre (vgl.
Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl., § 5 Rn. 8.15).
dd) Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten folgt schließlich nicht aus § 8 Abs. 1, 3
Nr. 3, §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 S. 2 BGB aufgrund eines Verstoßes
gegen das Transparenzgebot.

Allerdings handelt es sich bei § 307 BGB um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des §
3a UWG, die auch eine Grundlage im Unionsrecht hat (vgl. v. Jagow in Harte/Henning,
UWG, 4. Aufl., § 3a Rn. 70, mwN).

Der Kläger hat einen Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB für
die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten jedoch nicht hinreichend dargelegt.
Zur Vermeidung von Wiederholungen kann insoweit auf die Ausführungen zu § 305 Abs. 2
BGB verwiesen werden.

Die Beklagte führt auch mit Recht an, dass die Transparenz nicht auf die gesamten
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten bezogen werden kann. Vielmehr ist der
Prüfungsmaßstab, ob einzelne Klauseln, ggf. auch in ihrem Zusammenspielt mit anderen
Klauseln – etwa durch Verweise und die dadurch nicht mehr gewährleistete
Übersichtlichkeit (vgl. Wurmnest in MünchKomm/BGB aaO, § 307 Rn. 60 ff, mwN) – nicht
hinreichend transparent sind.

c) Der Annexanspruch auf Zahlung der Abmahnkosten folgt dem Schicksal des
Unterlassungsanspruchs.

3. Die Kosten der Berufung sind gemäß § 97 ZPO vom Kläger zu tragen. Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

4. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen
nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist die Revision zur
Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
Vielmehr beruht die Entscheidung darauf, dass der Kläger einen der von ihm gerügten
Verstöße nicht hinreichend dargelegt hat.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000 € festgesetzt. Dies entspricht
dem zehnfachen des für eine einzelne Klausel im Regelfall als angemessen
anzusehenden Streitwerts.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Köln

Erscheinungsdatum:

19.02.2020

Aktenzeichen:

6 U 184/19

Rechtsgebiete:

AGB, Verbraucherschutz
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

BGB § 307 Abs. 1 S. 2