BGH 13. Januar 2021
VII ZB 30/18
ZPO §§ 727, 750 Abs. 1

Umwandlung einer GbR in eine oHG; Nachweis der Identität; „Beischreibung“ eines Vollstreckungstitels

letzte Aktualisierung: 11.2.2021
BGH, Beschl. v. 13.1.2021 – VII ZB 30/18

ZPO §§ 727, 750 Abs. 1
Umwandlung einer GbR in eine oHG; Nachweis der Identität; „Beischreibung“ eines
Vollstreckungstitels

Zu den Anforderungen an den Nachweis der Namensänderung der Titelgläubigerin bei der
„Beischreibung“ eines Vollstreckungstitels (Fortführung von BGH, Beschluss vom 30. August 2017
– VII ZB 23/14, MDR 2017, 1206; Beschluss vom 22. Mai 2019 – VII ZB 87/17, MDR 2019, 959).

Gründe:

I.
Die Antragstellerin begehrt die Anbringung einer klarstellenden Klausel
hinsichtlich der Gläubigerbezeichnung auf einem Vollstreckungsbescheid des
Amtsgerichts Schöneberg vom 5. Oktober 1987. Dieser Vollstreckungsbescheid
lautete zunächst auf eine Firma I. AG. Am 11. März 2013 wurde
gemäß § 727 ZPO eine Rechtsnachfolgeklausel für die F. GbR,
G. Straße 21, H. , erteilt.

Die als F. OHG firmierende Antragstellerin ist seit dem
13. Oktober 2015 in das Handelsregister des Amtsgerichts Ludwigshafen am
Rhein mit den persönlich haftenden Gesellschaftern He. V. und
We. J. eingetragen. Unter dem 10. November 2015 erstellte der Notar
Dr. P. W. eine Bescheinigung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 BNotO. Aus dieser
ergibt sich, dass die Gesellschafter der Antragstellerin in ihren Handelsregisteranmeldungen
erklärt haben, dass die Gesellschaft in der Rechtsform der Gesellschaft
bürgerlichen Rechts bereits zuvor bestanden habe, unter der Bezeichnung
V. und J. GbR 1995 gegründet worden sei und diese Bezeichnung
später in We. J. u.a. GbR und dann in F. - V. und J. GbR
geändert worden sei. In einer notariellen Urkunde des Notars Dr. P. W. vom
15. Juli 2016 erklärt der Gesellschafter J. im eigenen und auch im Namen
des Mitgesellschafters V. , die Antragstellerin sei bereits im Jahr 1995 als
Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung F. - V. und
J. GbR gegründet worden und sodann unter - in der Urkunde im Einzelnen
genannten - elf weiteren Bezeichnungen, darunter auch der Bezeichnung
"F. GbR", aufgetreten. Er erklärt ferner, dass die Gesellschafter V. und
J. keine weiteren Gesellschaften gegründet oder geführt hätten und lediglich
die ursprünglich als F. - V. und J. GbR gegründete Gesellschaft
bürgerlichen Rechts diese Bezeichnungen geführt habe.

Die Antragstellerin hat - anwaltlich vertreten - beim Amtsgericht Schöneberg
die Anbringung einer klarstellenden Klausel bezüglich der Gläubigerbezeichnung
auf dem oben genannten Titel beantragt, da sie mit der Titelgläubigerin,
der F. GbR, identisch sei. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist erfolglos geblieben. Mit der
vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Antragstellerin
weiterhin, die der F. GbR am 11. März 2013 erteilte vollstreckbare
Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids dahingehend klarstellend zu ergänzen,
dass die Antragstellerin Gläubigerin sei, hilfsweise, den Vollstreckungsbescheid
nach § 727 Abs. 1 ZPO durch Rechtsnachfolgeklausel auf die Antragstellerin
umzuschreiben.

II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht hat die Identität der Antragstellerin mit der
F. GbR nicht als zweifelsfrei nachgewiesen erachtet.
Die Umwandlung einer GbR in eine OHG stelle keinen Fall der Rechtsnachfolge
dar, sondern eine identitätswahrende Umwandlung. Eine Gesellschaft,
die ein Gewerbe betreibe, werde von Gesetzes wegen ohne jeden Publizitätsakt
zu einer personen- und strukturgleichen OHG, sobald das Unternehmen nach Art
und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erfordere.
Dieser Rechtsformwechsel kraft Gesetzes vollziehe sich unter voller
Wahrung der Identität. Er und die damit verbundene Firmenänderung könne im
Wege der Beischreibung auf einem Titel vermerkt werden. Voraussetzung sei
jedoch, dass die Identität der betreffenden Gesellschaft zweifelsfrei nachgewiesen
werde.

Daran fehle es. Die Notarbescheinigung vom 10. November 2015 in Verbindung
mit der Anmeldung zum Handelsregister genüge ebenso wenig wie die
Namensgleichheit bis auf den Zusatz GbR beziehungsweise OHG für einen zweifelsfreien
Identitätsnachweis. Insoweit werde auf die hierzu ergangene Entscheidung
des Bundesgerichtshofs vom 17. Mai 2017 - VII ZB 64/16 Bezug genommen.
Auch durch die notarielle Urkunde vom 15. Juli 2016 sei der Nachweis
nicht geführt. Die Urkunde selbst biete nach § 415 Abs. 1 ZPO lediglich vollen
Beweis des vom Notar beurkundeten Vorgangs, in diesem Fall also lediglich dafür,
dass der Gesellschafter J. der Antragstellerin diese Erklärung abgegeben
habe. Ein Beweis für die inhaltliche Richtigkeit dieser Erklärung sei damit
gerade nicht geführt. An dieser inhaltlichen Richtigkeit beständen Zweifel, und
zwar insbesondere dann, wenn man die in der notariellen Urkunde vom
15. Juli 2016 abgegebenen Erklärungen mit denen vergleiche, die bei der Anmeldung
der Antragstellerin in das Handelsregister von ihren Gesellschaftern abgegeben
worden seien. Zum einen fehle die Firmenbezeichnung F. GbR in der
notariellen Bescheinigung vom 10. November 2015 völlig. Dort würden lediglich
drei andere Firmierungen genannt. In der Erklärung ein Jahr später sei die Zahl
der unterschiedlichen Firmierungen der GbR bereits auf zwölf angewachsen.
Zum anderen solle nach der notariellen Bescheinigung vom 10. November 2015
die GbR als "V. & J. GbR" gegründet worden sein, während die Gründungsbezeichnung
der GbR laut notarieller Urkunde vom 15. Juli 2016
"F. - V. und J. GbR" gelautet haben solle. Weitere Unterlagen, anhand
derer sich die unterschiedlichen Umfirmierungen nachvollziehen ließen, wie
beispielsweise entsprechende Gesellschafterbeschlüsse, habe die Antragstellerin
nicht eingereicht.

2. Das hält der rechtlichen Überprüfung stand.
a) Zutreffend nimmt das Beschwerdegericht an, ein in einem Titel bezeichneter
Gläubiger könne bei identitätswahrender Änderung seiner Bezeichnung
beim Klauselerteilungsorgan beantragen, dass sein neuer Name auf dem Titel
vermerkt wird (sogenannte Beischreibung). Zwar ist eine solche Beischreibung
verzichtbar, wenn die Identität des Vollstreckungsgläubigers mit der im Titel bezeichneten
Person für das Vollstreckungsorgan durch entsprechende Urkunden
zweifelsfrei nachgewiesen wird. Jedoch können die Vollstreckungsorgane mit der
Prüfung der Identität der betreffenden Person überfordert sein, so dass der Beginn
der Vollstreckung (§ 750 Abs. 1 ZPO) gefährdet sein könnte; dieser Gefahr
kann ein Gläubiger durch eine Beischreibung seines neuen Namens auf dem
Titel vorbeugen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2017 - VII ZB 64/16 Rn. 9
m.w.N., MDR 2017, 905).

Ebenfalls zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die
kraft Gesetzes eintretende Umwandlung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts
in eine offene Handelsgesellschaft eine solche identitätswahrende Umwandlung
darstellt, bei der die Beischreibung der Firma der offenen Handelsgesellschaft
auf der bereits erteilten Vollstreckungsklausel möglich ist.

b) Das Beschwerdegericht nimmt weiter zu Recht an, Voraussetzung für
eine solche Beischreibung sei der Nachweis, dass die antragstellende offene
Handelsgesellschaft mit der im Titel - hier in der Rechtsnachfolgeklausel - genannten
Gesellschaft bürgerlichen Rechts identisch ist.

Das Beschwerdegericht hat den Nachweis als nicht geführt angesehen.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an diese Feststellung grundsätzlich gebunden,
§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 Abs. 2 ZPO. Es überprüft sie auf eine entsprechende
Verfahrensrüge nur darauf, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und etwaigen
Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt
hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht
gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt. Die hierzu erhobenen Rügen
der Rechtsbeschwerde greifen nicht durch.

aa) Dem Beschwerdegericht hat die Notarbescheinigung vom 10. November
2015 in Verbindung mit der Anmeldung zum Handelsregister zum Nachweis
der Identität ebenso wenig genügt wie die Namensgleichheit bis auf den Zusatz
GbR beziehungsweise OHG. Hiergegen erhebt die Rechtsbeschwerde zu Recht
keine Rügen. Auf den Beschluss des Senats vom 17. Mai 2017 - VII ZB 64/16
Rn. 10-12, MDR 2017, 905, der dieselbe Antragstellerin betrifft, wird verwiesen.

bb) Ohne Rechtsfehler hat das Beschwerdegericht den zweifelsfreien
Nachweis der Identität auch nicht unter Berücksichtigung der notariellen Urkunde
vom 15. Juli 2016 als erbracht angesehen.

(1) Die Rechtsbeschwerde rügt erfolglos, das Beschwerdegericht überspanne
die Anforderungen, die an den Nachweis einer Personenidentität gestellt
werden dürften, weil es verkenne, dass es für die Frage, ob die Gesellschafter
eine oder mehrere Gesellschaften gegründet haben, allein auf den Willen der
Gesellschafter ankomme, so dass nur diese ihn - wie in der Urkunde vom
15. Juli 2016 geschehen - bestätigen könnten.
Zwar ist selbst der Nachweis einer Rechtsnachfolge gemäß § 727 ZPO
durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden bereits dann geführt,
wenn aufgrund der Beweiskraft dieser Urkunden mit dem Eintritt der nachzuweisenden
Tatsache dem gewöhnlichen Geschehensablauf nach gerechnet werden
kann (vgl. BGH, Beschluss vom 30. August 2017 - VII ZB 23/14 Rn. 15, MDR
2017, 1206; Beschluss vom 22. Mai 2019 - VII ZB 87/17 Rn. 28, MDR 2019, 959).
Dieser Grundsatz gilt in gleicher Weise, wenn keine Rechtsnachfolge festzustellen
ist, sondern der Vermerk einer Namensänderung beantragt wird und diese
nachzuweisen ist. Deshalb ist es in Fällen der identitätswahrenden Umwandlung
einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in eine offene Handelsgesellschaft nicht
von vornherein ausgeschlossen, auch Erklärungen der Gesellschafter zu berücksichtigen.
Die Entscheidung des Beschwerdegerichts steht jedoch mit diesem
Grundsatz in Einklang. Es hat festgestellt, dass es unter Berücksichtigung aller
Umstände des Streitfalls an den Voraussetzungen für die Annahme fehlt, von der
Identität der Gesellschaften könne nach dem gewöhnlichen Geschehensablauf
ausgegangen werden. Dabei hat es - wie geboten - alle, auch die besonderen,
Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und die festgestellten - unterschiedlichen
- Erklärungen der Gesellschafter, für die es zudem nachvollziehbare Erläuterungen
vermisst hat, rechtsfehlerfrei gewürdigt.

(2) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht
nicht verkannt, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch ohne
Gesellschafterbeschlüsse verschiedene Bezeichnungen führen könne, da sie
keine Firma habe. Ersichtlich hat das Beschwerdegericht mit "Firma" den Namen
der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemeint und Gesellschafterbeschlüsse
deshalb erwähnt, weil sich aus ihnen möglicherweise eine Plausibilität der Vielzahl
der Bezeichnungen mit der Folge einer Ableitung der Identität bis hin zur
offenen Handelsgesellschaft hätte ergeben können. Deshalb musste es - entgegen
der nicht näher erläuterten Rüge der Rechtsbeschwerde - auch nicht darauf
eingehen, dass sich in der Urkunde vom 15. Juli 2016 die Erklärungen der Gesellschafter
der Antragstellerin auch in der Form eines Gesellschafterbeschlusses
der Antragstellerin finden. Die Relevanz dieses Umstands ist nicht ersichtlich.

(3) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde musste das Beschwerdegericht
die Tatsache, dass die Antragstellerin über die der F. GbR
erteilte vollstreckbare Ausfertigung verfügt, nicht als starkes Indiz für die Identität
der Gesellschaften werten. Vielmehr schließt im Gegenteil der von der Antragstellerin
selbst behauptete Umstand, dass beide Gesellschaften von denselben
alleinigen Gesellschaftern vertreten wurden oder werden, es aus, aus den Besitzverhältnissen
etwas für die Zuordnung zu einem bestimmten Gesellschaftsvermögen
abzuleiten. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass dieselben Gesellschafter
in ihrer Anmeldung der F. OHG zum Handelsregister ausweislich der
vom Beschwerdegericht in Bezug genommenen Notarbescheinigung vom
10. November 2015 zudem zum Gesellschaftsvermögen der F. OHG ausdrücklich
erklärt haben: "Bisher wurden die Geschäfte in der Rechtsform der bisher
bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Namen
"F. V. und J. GbR", Sitz: H. , geführt, bestehend aus dem
Gesellschafter Herrn He. V. und dem Gesellschafter Herrn We. J.
. Diese Gesellschaft hat folgende wesentliche Aktiva: Sie ist Inhaberin von
titulierten Geldforderungen, bezüglich derer auch auf die Gesellschaft, und zwar
unter den Bezeichnungen "V. und J. GbR", "We. J. u.a. GbR"
und "F. - V. und J. GbR", als Gläubigerin lautende Vollstreckungsbescheide
ausgestellt sind. Alle Rechte hieran und hierauf stehen der Gesellschaft
künftig in der Rechtsform der OHG und unter deren Firma "F. OHG",
Sitz: Ha. , zu." Vollstreckungsbescheide, die auf die "F. GbR" als Gläubigerin
lauten, sind hier gerade nicht enthalten.

c) Die erstmals in der Rechtsbeschwerdebegründung ausdrücklich - hilfsweise
- beantragte Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel gemäß § 727 ZPO
kommt nicht in Betracht. Der Antrag der anwaltlich vertretenen Antragstellerin
lautete in den Tatsacheninstanzen ausschließlich auf die Beischreibung ihrer behaupteten
Namensänderung auf dem Titel. Dieser Antrag kann entgegen der
Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht dahin ausgelegt werden, dass hilfsweise
eine qualifizierte Vollstreckungsklausel gemäß § 727 ZPO beantragt worden
ist. Die notarielle Urkunde vom 15. Juli 2016 ist von dem Rechtsanwalt der
Antragstellerin ohne weiteren Kommentar vorgelegt worden. Nachdem das Amtsgericht
den "
" zurückgewiesen hatte, hat der Verfahrensbevollmächtigte
hiergegen "sofortige Beschwerde" eingelegt, ohne einen neuen Antrag zu
stellen oder zu rügen, das Amtsgericht hätte (jedenfalls) eine Rechtsnachfolge
feststellen müssen. Vielmehr hat er die Beschwerde ausschließlich wie folgt begründet:
"Die Identität zwischen F. OHG und F. GBR ergibt sich aus der dem
Gericht bereits vorgelegten notariellen Urkunde vom 15.07.16."
Damit bestand auch für das Beschwerdegericht kein Anlass, einen stillschweigend
gestellten Hilfsantrag auf Erteilung einer Rechtsnachfolge anzunehmen
und zu bescheiden. Die Tatsache, dass in der notariellen Urkunde vom
15. Juli 2016 auch von einer "vorsorglichen Übertragung von Forderungen" die
Rede ist, ändert daran nichts. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde
handelt es sich bei dem Begehren auf Anbringung einer klarstellenden Klausel
bezüglich der Gläubigerbezeichnung und dem Begehren, eine Rechtsnachfolgeklausel
gemäß § 727 ZPO zu erteilen, um unterschiedliche Rechtsschutzziele.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

13.01.2021

Aktenzeichen:

VII ZB 30/18

Rechtsgebiete:

Beurkundungsverfahren
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

ZPO §§ 727, 750 Abs. 1