Bauträgervertrag: Leistungsverweigerungsrecht des Erwerbers, wenn die Herstellung der vertraglich vereinbarten Wohnfläche nicht gesichert ist
letzte Aktualisierung: 9.10.2023
OLG Brandenburg, Urt. v. 5.7.2023 – 4 U 105/22
BGB §§ 320, 650u, 650v
Bauträgervertrag: Leistungsverweigerungsrecht des Erwerbers, wenn die Herstellung der
vertraglich vereinbarten Wohnfläche nicht gesichert ist
Bei einem Bauträgervertrag kann der Erwerber bereits in Bezug auf die erste Kaufpreisrate ein
Zurückbehaltungsrecht geltend machen, wenn nach dem Inhalt der Baugenehmigung die
Herstellung der vertraglich geschuldeten Wohnfläche nicht gesichert ist. Dem steht nicht entgegen,
dass der ersten Kaufpreisrate nach dem vereinbarten Abschlagszahlungsplan allein der Beginn der
Erdarbeiten zugrunde lag und damit noch nicht ein Bautenstand, in dem sich die zu geringe
Wohnfläche bereits verwirklicht hatte.
(Leitsatz der DNotI-Redaktion)
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag
mit Bauverpflichtung für eine Wohnung nicht durch die Rücktrittserklärung der Beklagten
beendet worden ist.
Die Beklagte saniert die denkmalgeschützte („Gebäude 01“) in („Ort 02“) und teilte diese in
mehrere Wohnungen auf. Der Kläger erwarb die im Gartengeschoss/Souterrain und
Erdgeschoss gelegene Maisonette-Wohnung Nr. 68 sowie zwei Tiefgaragenstellplätze zum
Gesamtkaufpreis von 2.351.000,00 €.
Der Kaufvertrag – hinsichtlich dessen Inhalts auf Anlage K 1 (Bl. 13ff der Akte) Bezug
genommen wird - lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 3 Bau- und Leistungsbeschreibung
(...)
2. Wegen des inneren Grundrisses der verkauften Wohnung verweisen die Beteiligten auf den dieser Urkunde als
Anlage 2 beigefügten Plan. Die Wohnung wird voraussichtlich eine Größe von 277,50 m² haben. Als Beschaffenheit
wird jedoch nur eine Mindestgröße der Wohnung vereinbart, die dieses Maß um bis zu 3 % unterschreitet. Der
Verkäufer haftet demnach nur dann, wenn die als Beschaffenheit vereinbarte Größe der Wohnung unterschritten wird,
und nur insoweit, als eine Abweichung nicht durch Sonderwünsche des Käufers veranlasst ist. Flächenangaben
wurden berechnet nach der Wohnflächenverordnung, wobei etwaige Balkone/Terrassen mit der Hälfte ihrer
Grundfläche angesetzt wurden. (...)
Der Kläger beauftragte in der Folgezeit eine Innenarchitektin mit der Planung des Innenausbaus
der Wohnung Nr. 68 wie auch der Planung zur Verbindung der Wohnung mit der von ihm
ebenfalls erworbenen Wohnung Nr. 71, welche im 1. Obergeschoss sowie im Dachgeschoss der
Villa gelegen ist. Die daraus resultierenden Planungen - welche im Kern die Überführung des
Treppenhauses im Südflügel von Gemeinschafts- in Sondereigentum des Klägers sowie die
Schaffung eines Zugangs zur Wohnung Nr. 71 über die straßenseitige Terrasse vorsehen – sind
Grundlage für die am 28.08.2019 zwischen den Parteien geschlossene notarielle
Ergänzungsvereinbarung zum Kaufvertrag. Dort heißt es u.a.:
"2. Die nach den Bezugsurkunden zum genannten Kaufvertrag noch maßgebliche Errichtung eines Treppenhauses
im Südflügel der („Gebäude 01“) soll entfallen. Stattdessen sollen die dortigen bislang als Gemeinschaftseigentum
vorgesehenen Flächen den hier noch zu schaffenden Einheiten 71 und 69 zugeschlagen werden. Die nunmehr
verbindlichen Baupläne - auch für die hier genannten ursprünglich Kaufvertrag genannte Einheit selbst - ergeben sich
aus den dieser Verhandlung beigefügten Plänen des Architekturbüros … vom 01.04.2019 sowie vom 24.04.2019. Aus
den Plänen ist auch die endgültige Ausgestaltung des Grundrisses des Gartengeschosses ersichtlich. (...)
3. (…) Im Zuge der einzuholenden neuen Abgeschlossenheitsbescheinigung wird auch der Zugang der Wohnung Nr.
71 über die derzeit noch der Wohnung 68 zugeordnete Treppe und Terrasse zur („Straße 01“) gesichert. Von der
ursprünglichen Bruttofläche wird die nördliche Hälfte zur ausschließlichen Nutzung der Wohnung 68 zugeordnet, die
südliche Hälfe inklusive des südlichen Treppenausgangs der Wohnung 71. Die Einzelheiten sind der Anlage zu
entnehmen.
Die Regelungen zur Anpassung des Kaufpreises bei Flächenabweichungen gemäß § 4 Ziffer 2 des
Ursprungsvertrages bleiben unverändert und beziehen sich ausschließlich auf die im Ursprungsvertrag
angenommene Fläche und dort angegebenen Flächengrößen. Die durch die heutige Ergänzungsverhandlung
hinzukommenden Flächen sind von der Kaufpreisanpassung ausgenommen.
4. Der Kaufpreis bleibt unverändert. (…)“
Ergänzend zur Baugenehmigung vom 09.08.2019 erteilte die zuständige Bauaufsichtsbehörde
unter dem 29.01.2020 eine Nachtragsgenehmigung, die u.a. die in der Ergänzungsvereinbarung
vom 28.08.2019 festgehaltenen Planänderungen umfasst. Das Vorhaben ist danach „nach § 34
(1) BauGB mit folgender Bedingung zulässig: Die ausreichende Belichtung der zu
Wohnzwecken genutzten Aufenthaltsräume im Gartengeschoss ist nachzuweisen.“
Nachdem der Kläger festgestellt hatte, dass die ursprünglich erteilte Baugenehmigung für die
Wohnung Nr. 68 nach der dortigen Wohnflächenberechnung lediglich eine Wohnfläche von
241,80 m² (statt im Kaufvertrag genannter 277,50 m²) aufwies, bat er mehrfach und zuletzt unter
Rücktrittsandrohung um Mitteilung, welche Wohnfläche die Wohnung nach der auszuführenden
Planung haben werde.
Nach Beginn der Bauarbeiten stellte die Beklagte dem Kläger unter dem 08.07.2020 die erste –
bei Beginn der Erdarbeiten anfallende – Rate von 30 % des Kaufpreises in Höhe von
675.900,00 € für die Wohnung Nr. 68 und jeweils 14.900,00 € für die Tiefgaragenparkplätze in
Rechnung und übersandte mit E-Mail vom 15.07.2020 eine Wohnflächenberechnung, welche
eine Größe der Wohnung Nr. 68 von 277,90 m² ausweist. Ergänzend erläuterte er, dass für zwei
zusammen 31,30 m² große Räume im Souterrain ein Belichtungs- und Belüftungsnachweis
wegen der andauernden Abstimmung mit der unteren Denkmalschutzbehörde zur Ausgestaltung
der Fensteröffnung noch ausstehe.
Auf die Rechnungen vom 08.07.2020 zahlte der Kläger einen Betrag in Höhe von 425.680,00 €
und erläuterte mit Schreiben vom 05.08.2020 die Höhe seines Einbehalts; ferner stellte er in
Aussicht diesen beim Nachweis der von ihm festgestellten Flächenabweichungen freizugeben.
Nach zuvor erfolgter Anmahnung des noch offenen Rechnungsbetrages erklärte die Beklagte
mit Schreiben vom 16.09.2020 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Bereits zuvor hatte der Kläger
den Rücktritt vom Kaufvertrag für die Wohnung Nr. 71 erklärt.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass der Kaufvertrag vom 21.12.2018
nicht durch die Rücktrittserklärung der Beklagten beendet worden ist. Er meinte, der von der
Beklagten erklärte Rücktritt sei unwirksam, da er sich nicht im Zahlungsverzug befunden habe.
Die Abschlagszahlungsforderung sei insgesamt noch nicht fällig gewesen, da die in der
Baugenehmigung genannte Bedingung zum Belichtungs- und Belüftungsnachweis für zwei
Räume im Souterrain unstreitig noch nicht erfüllt sei und damit insgesamt keine wirksame
Baugenehmigung im Sinne von
ein Zurückbehaltungsrecht nach
hinter der kaufvertraglich als Beschaffenheit vereinbarten Wohnfläche zurückbleibe.
Die Beklagte wandte dagegen ein, im Zeitpunkt der Rechnungslegung habe eine wirksame
Baugenehmigung vorgelegen, welche nicht durch die Beantragung der Nachtragsgenehmigung
entfallen sei. Sämtliche der Wohnflächenberechnung vom 15.07.2020 zugrunde liegenden
Flächenangaben stimmten mit den Angaben in der Baugenehmigung überein. Beanstandungen
hinsichtlich der Wohnfläche könnte der Kläger ohnehin erst zum Zeitpunkt der Abnahme geltend
machen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand der
angefochtenen Entscheidung (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte sei
zum Rücktritt berechtigt gewesen, da die in Rechnung gestellten Abschlagszahlungen
größtenteils fällig gewesen seien. Dem stünde zunächst nicht
entgegen, da die in der Baugenehmigung vom 09.08.2019 in Gestalt der
Nachtragsgenehmigung vom 29.01.2020 ausgesprochene Bedingung, einen
Belichtungsnachweis für die Räume im Souterrain zu erbringen, mangels anderweitiger
Fristsetzung erst bei Schlussabnahme erfüllt sein müsse und damit – entgegen der Auffassung
des Klägers – nicht die vertraglich vereinbarte Durchführung des Bauvorhabens hindere. Es sei
dem Kläger zudem unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwehrt, der Beklagten die
auf seine Änderungswünsche zurückgehende Bedingung in der Nachtragsgenehmigung
entgegenzuhalten. Ein Zurückbehaltungsrecht an dem allein streitigen Teilbetrag von
162.120,00 € habe dem Kläger nicht wegen der voraussichtlich zu kleinen Wohnung
zugestanden. Dabei könne dahinstehen, ob die vertraglich vereinbarte Größe der Wohnung
tatsächlich unterschritten werde, denn die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts
scheitere bereits daran, dass der Kläger mangels Abnahme noch keine
Mangelgewährleistungsrechte geltend machen könne. Das vom Kläger in Bezug genommene
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.10.2011 – VII ZR 84/09 – ermögliche die
Geltendmachung von Gegenrechten vor Abnahme nur insoweit, als sie sich auf den jeweiligen
Bautenstand bezögen. Dies sei hier wegen Koppelung der 1. Rate an den Beginn der
Erdarbeiten nicht der Fall. Überdies mache der Kläger inhaltlich keinen Anspruch auf Ersatz von
Mängelbeseitigungskosten, sondern auf Minderung gemäß § 638 BGB geltend. Die Beklagte
habe dem Kläger schließlich eine angemessene Frist zur Leistung bestimmt, bevor sie den
Rücktritt erklärt habe. Gemessen am seinerzeitigen Stand sei jedenfalls von einer ernsthaften
und endgültigen Weigerung des Klägers gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB auszugehen, weshalb
es nicht darauf ankomme, ob die unstreitige Zuvielforderung der Beklagten ihre Fristsetzung
habe unwirksam werden lassen. Der unrechtmäßige Einbehalt von 23 % der
Abschlagszahlungsforderung und 6,9 % des gesamten Kaufpreises stelle schließlich auch keine
unerhebliche Pflichtverletzung im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB dar.
Das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 28.06.2022 ist dem Kläger am 29.06.2022 zugestellt
worden.
Mit bei Gericht am 05.07.2022 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Berufung eingelegt
und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungfrist – mit bei Gericht am 28.09.2022
eingegangenem Schriftsatz begründet. Er verfolgt seine Klage auf Feststellung der
Unwirksamkeit des von der Beklagten erklärten Rücktritts weiter und meint, das Landgericht sei
rechtsfehlerhaft von der Fälligkeit der ersten Abschlagszahlung ausgegangen. Die
Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 4 MaBV hätten weder im Zeitpunkt der Rechnungslegung
noch im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vorgelegen, weil die Baugenehmigung in Gestalt der
Nachtragsbaugenehmigung die vertragliche vorausgesetzte Nutzung des Kaufobjekts nicht
ermöglicht habe. Daran ändere der Umstand nichts, dass der Belichtungsnachweis für die zwei
Zimmer im Souterrain zu einem späteren Zeitpunkt von der Beklagten habe erbracht werden
dürfen, weil bis zum Zeitpunkt des Nachweises eine vollständige Wohnnutzung des Gebäudes
eben nicht erlaubt sei. Die gegenteilige Auffassung widerspreche Sinn und Zweck der
Regelung, den Bauträgerkäufer zu schützen. Weiterhin habe dem Kläger ein
Zurückbehaltungsrecht an der ersten Kaufpreisrate zugestanden, wie aus der bereits
erstinstanzlich zitierten Rechtsprechung hervorgehe. Die in Rede stehende Größenabweichung
begründe einen Mangel, wenn und solange der Bauträger das Vertragsobjekt aus rechtlichen
Gründen nicht in der vertraglich zugesagten Größe errichten könne. Das Zurückbehaltungsrecht
stehe dem Kläger ferner auch insoweit zu, als der Bemessung des zurückzubehaltenden
Betrages wegen der Art des Mangels nicht die Mangelbeseitigungskosten sondern der
Minderungswert zugrunde gelegt werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 06.08.2022, Az. 6 O 168/21, abzuändern und
festzustellen, dass der zwischen den Parteien am 21.12.2018 abgeschlossene
Kaufvertrag über Wohnungs- und Teileigentum mit Bauverpflichtung, Nummer … der
Urkundenrolle für 2018 des Notars („Name 01“) in („Ort 01“), nicht durch die
Rücktrittserklärung der Beklagen vom 16.09.2020 beendet worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Entscheidung des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres
erstinstanzlichen Vortrags.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg. Die Klage ist begründet, da die Beklagte am
16.09.2020 nicht wirksam vom „Kaufvertrag mit Wohnungs- und Teileigentum mit
Bauverpflichtung“ – einem Bauträgervertrag nach § 650u BGB und im Folgenden Vertrag
genannt – zurückgetreten ist.
1. Die von § 323 Abs. 1 BGB geregelten Voraussetzungen für einen Rücktritt vom
Vertrag lagen nicht vor. Danach kann der Gläubiger von einem gegenseitigen Vertrag
zurücktreten, wenn der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt
und der Gläubiger dem Schuldner erfolglos eine Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt
hat oder die Fristsetzung nach § 323 Abs. 2 BGB entbehrlich ist.
Hier hatte der Kläger zwar seine Pflicht zur Zahlung der fälligen 1. Abschlagsrechnung nicht
vollständig erfüllt (dazu unter a). Da ihm in Höhe des einbehaltenen Betrages indes ein
Leistungsverweigerungsrecht zusteht, ist die Forderung der Beklagten insoweit nicht
durchsetzbar und vermag damit auch ein Rücktrittsrecht nicht zu begründen (dazu unter b). Der
unter dem 16.09.2020 erklärte Rücktritt ist damit unwirksam.
a) Der Kläger hat seine vertragliche Pflicht nicht erfüllt, bei Beginn der Erdarbeiten für
das in Rede stehende Bauvorhaben eine erste Kaufpreisrate in Höhe von 30 % des Kaufpreises
zu entrichten, da er auf die ihm unter dem 14.07.2020 in Rechnung gestellten erste
Kaufpreisrate von insgesamt 705.300,00 € (für die Wohnung Nr. 68 sowie zwei Stellplätze)
lediglich Zahlungen in Höhe von insgesamt 425.680,00 € leistete. Unter Beachtung des ihm
unstreitig zustehenden Sicherheiteinbehalts in Höhe von 117.500,00 € ist danach ein Betrag in
Höhe von 162.120,00 € offen geblieben. Dieser Betrag ist entgegen der Auffassung des Klägers
fällig.
aa) Dabei ist zunächst festzustellen, dass die Abschlagszahlungsvereinbarung in § 5
Ziffer 1 bis 4 des Vertrages wirksam ist.
Sie steht insbesondere im Einklang mit der für Bauträgerverträge gemäß § 650u BGB
einschlägigen Regelung in § 650v BGB, wonach der Unternehmer von dem Besteller
Abschlagszahlungen nur verlangen kann, soweit sie gemäß einer Verordnung auf Grundlage
von
Abschlagszahlungen bei Bauträgerverträgen (HausbauVO) dar (BeckOGK/Matkovic, 1.4.2023,
BGB § 650u Rn. 116). Gemäß § 1 HausbauVO kann der Besteller bei Bauträgerverträgen zur
Leistung von Abschlagszahlungen entsprechend § 3 Abs. 2 der Makler- und
Bauträgerverordnung (MaBV) verpflichtet werden, wenn und soweit der sachliche
Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 Satz 1 MaBV – wie hier – eröffnet ist.
Die vertraglichen Regelungen in § 5 Ziffer 1 des Vertrages entsprechen ferner inhaltlich den in
§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 4 MaBV genannten Vorgaben für die Entgegennahme von
Vermögenswerten des Auftraggebers. Anhaltspunkte dafür, dass der auf dieser Grundlage
vereinbarte Abschlagszahlungsplan in § 5 Ziffer 4 des Vertrages die Vorgaben des § 3 Abs. 2
MaBV nicht einhält, sind schließlich weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
bb) Die danach bestehenden Voraussetzungen für die Anforderung von
Abschlagszahlungen durch die Beklagte haben im Zeitpunkt der Anforderung der
1. Kaufpreisrate mit Rechnungen vom 08.07.2020 vorgelegen - insbesondere war die nach § 3
Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 MaBV erforderliche Baugenehmigung erteilt.
(1) Dieser Feststellung steht entgegen der Auffassung des Klägers nicht der Umstand
entgegen, dass die Baugenehmigung vom 09.08.2019 in Gestalt der – für die Beurteilung des
Bauvorhabens allein maßgeblichen – 1. Nachtragsgenehmigung vom 29.01.2020 die
Bedingung/Auflage formuliert, die ausreichende Belichtung der zu Wohnzwecken genutzten
Aufenthaltsräume im Gartengeschoss/Souterrain nachzuweisen. Soweit der Kläger meint, bis
zur Erfüllung der genannten Bedingung/Auflage liege keine die vertraglich vereinbarte Nutzung
der gesamten Wohnung ermöglichende und damit keine im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
MaBV erteilte Baugenehmigung vor, ist diese Auffassung weder vom Wortlaut noch vom Sinn
und Zweck der Norm gedeckt.
So ist zunächst festzustellen, dass der Wortlaut des
„Erteilung“ der Baugenehmigung abstellt, d.h. auf den bloßen Erlass des Verwaltungsaktes.
Weitergehende Anforderungen werden weder in Bezug auf ihre Durchsetzbarkeit (d.h.
Unanfechtbarkeit/Bestandkraft) noch in Bezug auf ihre inhaltliche Reichweite (d.h. in Bezug auf
Nebenbestimmungen nach
auf die Gestaltungswirkung der Baugenehmigung ab, welche dem Inhaber gemäß § 72 Abs. 7
BbgBO überhaupt erst gestattet, mit der Bauausführung zu beginnen.
Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des
Klammer gezogen – die vom Baufortschritt unabhängigen Bedingungen (Vorlage von
Sicherheiten und Nachweise etc.) für die Entgegennahme von Zahlungen durch den Bauträger
aufzählt. Hierzu zählt auch, dass überhaupt Baurecht besteht, denn nur so kann
ausgeschlossen werden, dass Zahlungen – bei Vorliegen der im übrigen notwendigen
Sicherheiten – lediglich aufgrund der Aufnahme von Bauarbeiten für ein rechtlich noch als
Schwarzbau zu qualifizierendes Bauwerk verlangt werden könnten.
Der Feststellungswirkung der Baugenehmigung – d.h. der in ihr enthaltenen Aussage zur
Übereinstimmung des Bauvorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften – kommt
daneben nur insoweit eine eigenständige Bedeutung zu, als die Baugenehmigung inhaltlich das
im Bauträgervertrag bezeichnete Bauvorhaben legalisiert. Daran fehlt es, worauf der Kläger
zutreffend hinweist, wenn die erteilte Baugenehmigung eine die vertraglich vereinbarte
Durchführung des Bauvorhabens hindernde (so Basty in Der Bauträgervertrag, Kapitel 4 Rn.
195) oder eine ihr widersprechende (so Grziwotz/Bischoff in Kommentar zur Makler- und
Bauträgerverordnung, 4. Auflage, § 3 Rn. 106) Auflage oder andere Nebenbestimmung enthält.
Dass eine solche Nebenbestimmung vorliegt, ist aber hier gerade nicht ersichtlich. Die
Bedingung/Auflage zur Vorlage von Belichtungsnachweisen steht weder der Aufnahme von
Bauarbeiten und der fortschreitenden baulichen Realisierung des Projekts noch der
Wohnnutzung der Aufenthaltsräume im Souterrain abschließend entgegen. Vielmehr macht es
diese dem Grunde nach für zulässig erklärte Nutzungsart von der Vorlage weiterer Unterlagen
im Bauverlauf bzw. im Ergebnis der weiteren Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde
abhängig, ohne dass erkennbar wäre, dass der Belichtungsnachweis nicht erbracht werden
kann. Dies gilt insbesondere in Ansehung des Umstandes, dass die ursprüngliche
Baugenehmigung vom 09.08.2019 unstreitig eine Wohnnutzung des dort zuvor geplanten
großen Aufenthaltsraums im Souterrain ermöglichte. Nachdem die Untere
Denkmalschutzbehörde bei dieser ersten Planung dem Austausch eines der beiden Fenster
durch eine Tür zugestimmt hatte, sind keine Gründe ersichtlich, die der Genehmigungsfähigkeit
ausreichend großer Fenster für die Belichtung des nunmehr in zwei Räume geteilten Raumes
entgegenstehen könnten. Es besteht auch kein Zweifel daran, dass die baulichen
Gegebenheiten die Herstellung von Fensteröffnungen in den von § 47 Abs. 2 BgbBO insoweit
geforderten Abmessungen (d.h. Fensteröffnungen von mindestens ein Achtel der Netto-
Grundfläche des jeweiligen Raumes) ermöglichen.
Im Ergebnis liegt damit eine Auflage/Bedingung vor, die allein dem – gerade beim Bauen im
(Altbau-)Bestand – mitunter fortwährenden Abstimmungsbedarf zu einzelnen Punkten mit den
Behörden Rechnung trägt, ohne die Bauausführung im Übrigen zu berühren und vor allem ohne
die Realisierung einer der Planung entsprechenden Bauausführung auszuschließen. Im
Rahmen der Auslegung des
der beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien die Erteilung einer Baugenehmigung im
Sinne der Norm nicht in Frage zu stellen.
(2) Nichts anderes gilt im Hinblick auf die seeseitige Terrasse. Dabei kann an dieser
Stelle dahinstehen, ob diese nach den vertraglichen Vereinbarungen unstreitig zum Vorhaben
gehörende Terrasse von der vorliegenden Baugenehmigung umfasst ist oder nicht. Selbst wenn
sie nicht darunter fällt, bliebe dies nach den vorgenannten Grundsätzen ohne Auswirkungen
darauf, dass die Baugenehmigung für das Vorhaben als erteilt im Sinne von
anzusehen ist, da schon Anhaltspunkte, die einer Genehmigungsfähigkeit der geplanten
seeseitigen Terrasse und damit einer der Vereinbarung entsprechenden Bauausführung
entgegen stehen könnten weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind.
b) Der Kläger war indes berechtigt, die Zahlung des noch offenen Rechnungsbetrages
in Höhe von 162.100,00 € zu verweigern, weil ihm ein diesen Betrag wertmäßig übersteigendes
Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB zusteht.
aa) Im Ausgangspunkt gilt dabei, dass der aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtete
Schuldner die ihm obliegende Leistung nach § 320 Abs. 1 BGB bis zur Bewirkung der
Gegenleistung verweigern kann - es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Einer
Zahlungsabrede, in der die Parteien dem grundsätzlich vorleistungspflichtigen Unternehmer
durch die Vereinbarung eines an den Bautenstand geknüpften Zahlungsplans die Möglichkeit
eröffnen, schon vor dem nach dem Gesetz für die Fälligkeit seines Werklohnanspruchs
vorgesehenen Zeitpunkt der Abnahme (§ 641 Abs. 1 BGB) Raten auf seine Vergütung
verlangen zu können, ist immanent, dass der Unternehmer jene Teilbeträge nur gegen
Ausführung der für die Erreichung des jeweiligen Bautenstandes erforderlichen Bauleistungen
beanspruchen darf. Sie führt folglich nicht dazu, dass der Besteller seinerseits
vorleistungspflichtig wird, indem er Zahlungen erbringen muss, ohne die hierfür ausbedungene
Gegenleistung erhalten zu haben. Seinem Anspruch auf vertragsgerechte Erfüllung dieser
Gegenleistung wird auf der Grundlage eines an den Bautenstand gekoppelten Zahlungsplans
dadurch Rechnung getragen, dass er den Abschlagsforderungen des Unternehmers auch schon
vor dem für die Ablieferung des Gesamtwerkes vorgesehenen Zeitpunkt gemäß § 320 BGB
Mängel derjenigen Bauleistungen entgegenhalten darf, welche der Unternehmer bis zur
Erreichung des seine Abschlagsforderung begründenden Bautenstandes ausgeführt hat (BGH,
Urteil vom 27.10.2011 – VII ZR 84/09 –, Rn. 14, juris).
Der Kläger ist dabei – entgegen der Auffassung des Landgerichts – an der Geltendmachung
eines Leistungsverweigerungsrechts nicht schon deshalb gehindert ist, weil der 1. Kaufpreisrate
nach dem vereinbarten Abschlagszahlungsplan allein der Beginn der Erdarbeiten zugrunde lag
und damit noch nicht ein Bautenstand, in dem sich die von ihm eingewandte zu geringe
Wohnfläche bereits im Vorhaben „verwirklicht“ hatte. Grundlage des klägerischen
Leistungsverweigerungsrechts ist nämlich der Umstand, dass die geltend gemachten
Abweichungen in der Wohnfläche allein darauf beruhen, dass die Beklagte ihre Pflicht zur
Herstellung einer den vertraglichen Vereinbarungen vollumfänglich entsprechenden Planung
und Herbeiführung einer dieser Planung entsprechenden Genehmigungslage noch nicht erfüllt
hat (dazu siehe unten unter bb)) und in der Folge beispielsweise für einzelne Räume eine nach
dem Vertrag vorgesehene Nutzung bzw. deren Errichtung noch nicht abgesichert war. Da die
Arbeiten zur Herstellung der Planung und Herbeiführung der Genehmigung allen bei der
Umsetzung des Vorhabens anfallenden Bauleistungen als Vorarbeiten zugrunde liegen,
berechtigt ihre nicht vollumfängliche Erfüllung bereits zur Geltendmachung eines
Leistungsverweigerungsrechts in Bezug auf die 1. Kaufpreisrate bzw. Abschlagszahlung.
bb) Zum Zeitpunkt des Rücktritts war aufgrund der vorliegenden Planungen die
Herstellung der vertraglich geschuldeten Wohnfläche nur in einem Umfang von 217,63 m²
gesichert. Im Einzelnen:
(1) Unstreitig ist insoweit, dass bei der Wohnflächenberechnung allein die im Kaufvertrag
vom 21.12.2018 vorgesehenen Flächen für die Wohnung Nr. 68 zu berücksichtigen sind und
damit die durch die späteren Umplanungen hinzugewonnenen Flächen für das Ankleidezimmer
sowie den Abstellraum/Weinkeller im Umfang von insgesamt 6,49 m² bei der Ermittlung der
Mindestwohnfläche außer Acht zu bleiben haben.
(2) Der Wohnflächenberechnung kann auch die nach der Wohnflächenverordnung zu
berücksichtigende Fläche von 22,47 m² der nach dem Vertrag insgesamt 44,94 m² großen
seeseitigen Terrasse nicht zugrunde gelegt werden, da eine Genehmigung derselben nicht
erkennbar ist.
Dem – der (ursprünglichen) Baugenehmigung vom 09.08.2019 unterfallenden –
Außenanlagenplan (Anlage BK 18) lässt sich die Genehmigung einer Terrasse auf Gartenniveau
nicht entnehmen. Dort ist zwar zwischen Raseninsel und Villa eine der Größe nach durchaus
passende Fläche händisch von der Beklagten markiert worden; diese Fläche weist aber weder
eine entsprechende planimmenente Beschriftung aus, noch lässt sich der Legende zum Plan
entnehmen, dass es sich um eine Fläche handelt, die „aus hochwertigen Natursteinplatten oder
Werksteinplatten“ ausgeführt wird, wie es in der Baubeschreibung für die Terrassenflächen
vorgesehen ist.
Die in der Baugenehmigung vom 09.08.2019 ausgewiesene Fläche ist zudem der
Nachtragsgenehmigung vom 29.01.2020, wie der dieser Genehmigung unterfallende Plan des
Souterrains zeigt (Anlage BK 17), nicht mehr zu entnehmen. Dort werden die an die Treppe zum
Erdgeschoss anschließenden Flächen zwischen Villa und Rasenfläche durchgängig als Wege
ausgewiesen, welche mittels einer wassergebundenen Wegedecke oder mittels sandfarbenen
Pflasters ausgeführt werden.
Schließlich vermag die von der Beklagten mit nachgelassenem Schriftsatz vom 24.05.2023
geäußerte Auffassung nicht zu überzeugen, der Terrassenfläche könne eine fehlende
Baugenehmigung schon deshalb nicht entgegen gehalten werden, weil Terrassenflächen nach §
61 Abs. 1 Nr. 15 lit. d BbgBO baugenehmigungsfrei errichtet werden können. Zum einen ist
schon zweifelhaft, dass die hier in Rede stehende Terrasse mit einer Fläche von insgesamt
44,94 m² dem Anwendungsbereich der Norm unterfällt, da baugenehmigungsfrei nach deren
Wortlaut allein unbedeutende Anlagen oder unbedeutende Teile einer Anlage sein sollen. Als
Regelbeispiele werden neben Terrassen unter anderem Hauseingangsüberdachungen,
Rollläden und Markisen benannt. Diese Aufzählung macht deutlich, dass der Verordnungsgeber
Anlagen von nur untergeordneter Größe und baulicher Bedeutung vom grundsätzlich
bestehenden Genehmigungserfordernis befreien wollte. Den damit vorgegebenen Rahmen
überschreitet die streitgegenständliche Terrasse indes schon aufgrund ihrer über die gemeinhin
üblichen Abmaße weit hinausgehenden Grundfläche. Zum anderen lässt die Beklagte außer
Acht, dass sie selbst im Anwendungsbereich des § 61 BbgBO nicht von dem Erfordernis befreit
ist, alle weiteren für das Bauvorhaben erforderlichen Genehmigungen – hier insbesondere die
nach § 9 BbgDSchG erforderliche denkmalschutzrechtliche Erlaubnis – einzuholen. Dass eine
entsprechende Erlaubnis für die vom historischen Vorbild abweichende Gestaltung der
Freiflächen vor der denkmalgeschützten Villa vorliegt, ist den vorgelegten Plänen indes aus den
oben dargelegten Gründen nicht zu entnehmen.
(3) Ebenfalls ohne Berücksichtigung bei der Wohnflächenberechnung haben die zwei
Zimmer im Souterrain mit einer Gesamtfläche von 31,30 m² zu bleiben, da für sie eine
ausreichende Belichtung und Belüftung gemäß den Vorgaben in § 47 Abs. 2 BbgBO nicht
nachgewiesen ist.
Ausgangspunkt bildet insoweit die Regelung in § 2 Abs. 3 Nr. 2 WoFlV, nach der zur
Wohnfläche einer Wohnung nicht die Grundfläche solcher Räume gezählt wird, die den an ihre
Nutzung zu stellenden Anforderungen des Bauordnungsrechts der Länder nicht genügen. Für
die Nutzung eines Raumes als Aufenthalts- und damit als Wohnraum formuliert § 47 Abs. 2
BbgBO das Erfordernis der ausreichenden Belüftung und der ausreichenden Beleuchtung mit
Tageslicht durch Fenster mit einem Rohbaumaß der Fensteröffnung von mindestens einem
Achtel der Netto-Grundfläche des Raumes. Dass die beiden Wohnräume im Souterrain diese
Voraussetzung erfüllen, ist bislang nicht gesichert – es fehlt bereits an einer ausreichend große
Fensteröffnungen vorsehenden Planung der Beklagten, welche Grundlage der erforderlichen
Erlaubnis durch die untere Denkmalschutzbehörde sein kann.
Insoweit kommt es auch nicht darauf an, dass - wie bereits ausgeführt - ein der Erteilung des
erforderlichen Belichtungs- und Belüftungsnachweises entgegenstehendes Hindernis nicht
erkennbar ist. Maßstab für die Frage, ob der fehlende Belichtungs- und Belüftungsnachweis den
Kläger zur Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtsrechts nach § 320 BGB berechtigt, ist
nämlich nicht die Frage, ob die Beklagte die ihr im Rahmen der vertragsgemäßen
Leistungserbringung bereits von Anbeginn an obliegende Verpflichtung – namentlich die nach
dem Vertrag vorgesehene (Wohn-)Nutzung der gesamten Wohnung Nr. 68 durch Einholung
entsprechender Genehmigungen sicherzustellen – bewirken kann, sondern ob sie diese im
Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bereits bewirkt hat. Sinn und Zweck des
Zurückbehaltungsrechts ist es nämlich, dem Gläubiger, der am Vertrag festhalten will, sowohl
den Anspruch auf die Gegenleistung zu sichern als auch Druck auf den Schuldner auszuüben,
um ihn zu vertragsgemäßer Leistung anzuhalten (BGH, Urteil vom 26.10.2016 – VIII ZR
211/15 –, Rn. 23, juris).
Soweit die Beklagte insoweit vorgetragen hat, sich zur Ausgestaltung der Fenster in
Abstimmungen mit der Unteren Denkmalschutzbehörde zu befinden, haben diese
Abstimmungen unstreitig weder zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung noch danach die Erteilung
des erforderlichen Nachweises zum Ergebnis gehabt. Vielmehr geht die dem Kläger zuletzt
unter dem 15.07.2020 übermittelte Wohnflächenberechnung (vgl. Anlage K 10) insoweit von den
- die Anforderungen an die Belichtung und Belüftung unstreitig nicht erfüllenden -
Bestandsöffnungen aus.
(4) Vollständig in die Wohnflächenberechnung einzubeziehen ist demgegenüber die
nach der Wohnflächenverordnung ansetzbare Fläche von 13,36 m² für die gesamte
straßenseitige Terrasse.
Diese Terrassenfläche sollte nach der dem Kaufvertrag zugrunde liegenden Planung
ursprünglich vollständig zur Wohnung Nr. 68 gehören. Infolge der vom Kläger veranlassten
Umplanungen kam ihr dann jedoch auch die Funktion zu, den für die
Abgeschlossenheitsbescheinigung erforderlichen separaten Zugang zur Wohnung Nr. 71 zu
sichern, weshalb die Hälfte der Terrassenfläche (6,68 m²) der Wohnung Nr. 71 „zugeordnet“
worden ist (vgl. Ziffer 3 vorletzter Absatz der notariellen Ergänzungsvereinbarung nebst
Planzeichnung).
Diese allein aus der Umplanung des Klägers resultierende Verringerung der der Wohnung Nr.
68 zurechenbaren Terrassenfläche, sollte jedoch ausweislich der weiteren Regelungen in der
Ergänzungsvereinbarung vom 28.08.2019 nicht zu einer Haftung der Beklagten führen. So stellt
§ 3 letzter Absatz der Ergänzungsvereinbarung einerseits klar, dass die durch die
Ergänzungsvereinbarung hinzukommenden Flächen von einer Kaufpreisanpassung
ausgenommen sind und stellt im Übrigen klar, dass die in § 4 Ziffer 2 des Ursprungsvertrages –
gemeint ist offensichtlich § 3 Ziffer 2 des ursprünglichen Vertrages vom 21.12.2018 – für den
Fall der Flächenabweichung getroffene Regelung unverändert bleiben und sich zudem
ausschließlich auf die im Ursprungsvertrag angenommene Flächengrößen beziehen. Nach § 3
Ziffer 2 des Ursprungsvertrages haftet die Beklagte als Verkäuferin für eine Unterschreitung der
als Beschaffenheit vereinbarten Wohnungsgröße nur insoweit, als eine Abweichung nicht durch
Sonderwünsche des Käufers veranlasst ist.
Diese Regelung ist gemäß §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung der beiderseitigen
Interessen der Parteien dahin auszulegen, dass zum einen aus der Umplanung resultierende
Flächenvergrößerungen keine Berücksichtigung bei Ermittlung der nach dem Ursprungsvertrag
geschuldeten Herstellung einer Wohnung von zumindest 269,175 m² finden sollten. Zum
anderen sollte es dabei bleiben, dass Flächenverkleinerungen nur dann zu einer Haftung der
Beklagten führen, wenn sie nicht durch Sonderwünsche des Klägers veranlasst sind.
Sonderwünsche in diesem Sinne stellen die hier in Rede stehenden Umplanungen zum Zwecke
der Zusammenlegung der Wohnungen Nr. 68 und Nr. 71 – hier insbesondere die Überführung
des Treppenhauses im Südflügel von Gemeinschafts- in Sondereigentum des Klägers und die
damit notwendige Schaffung eines separaten Zugangs zur Wohnung Nr. 71 über die
straßenseitige Terrasse – dar. Die daraus resultierende Verkleinerung der der Wohnung Nr. 68
zuzurechnenden Terrassenfläche unterfällt damit der Regelung in § 3 Ziffer 2 des
ursprünglichen Vertrages und vermag mithin keine „Haftung der Beklagten“ in Bezug auf eine
Flächenabweichung zu begründen. Vielmehr ist die Fläche bei der Ermittlung der Wohnfläche
nach wie vor vollständig zugunsten der Wohnung Nr. 68 zu berücksichtigen.
Soweit der Kläger meint, dem umplanungsbedingten Flächenverlust in Wohnung Nr. 68 stehe
ein Flächenzuwachs in Wohnung Nr. 71 gegenüber, welcher sich erhöhend auf den Kaufpreis
der Wohnung Nr. 71 ausgewirkt habe und deshalb nunmehr auch einer Berücksichtigung bei der
Flächenermittlung in der Wohnung Nr. 68 bedürfe, lässt sich der Ergänzungsvereinbarung
entsprechendes gerade nicht entnehmen. Zwar ist der Kaufpreis für die Wohnung Nr. 71
unstreitig erhöht worden; auf den Kaufpreis für die Wohnung Nr. 68 sollten die Umplanungen
ausweislich Ziffer 4 der Ergänzungsvereinbarung aber keine Auswirkungen haben – dort heißt
es ausdrücklich, dass der Kaufpreis für die Wohnung Nr. 68 unverändert bleibt. In Ansehung der
zugleich getroffenen Regelungen über die Flächenanpassung ist damit zugleich
ausgeschlossen, eine Kaufpreisreduzierung auf diesem Wege zu erzielen.
Im Übrigen hat der Kläger keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass bei der Bemessung
der Kaufpreiserhöhung für die Wohnung Nr. 71 neben dem Zuwachs an Sondereigentumsfläche
durch die Überführung des Treppenhauses nicht auch der Umstand Berücksichtigung gefunden
hat, dass die bloße Neuzuordnung der Terrassenfläche sich auf den Umfang der dem Kläger
insgesamt zufallenden Sondereigentumsflächen nicht auswirkt.
(5) Im Ergebnis war danach nach dem Planungsstand der Beklagten und nach der
aktuellen Baugenehmigung zum maßgeblichen Zeitpunkt des Rücktritts der Beklagten die
Herstellung einer Fläche von insgesamt 60,27 m² (6,49 m² für Ankleidezimmer und
Abstellraum/Weinregal, 22,47 m² für die seeseitige Terrasse und 31,3 m² für die Wohnräume im
Souterrain) nicht gesichert. Ausgehend von der in § 3 Ziffer 2 des Vertrages angesetzten Größe
der Wohnung Nr. 68 von ca. 277,50 m² und unter Ansatz derjenigen Werte, die der zum
Nachweis der Erbringung einer Wohnfläche von insgesamt 277,90 m² vorgelegten
Flächenberechnung der Beklagten aus Juli 2020 (Anlage K 10) entstammen, ist damit von der
Herstellung einer Wohnfläche von max. 217,63 m² auszugehen. Diese bleibt um 22,39 % hinter
der in § 3 Ziffer 2 des Vertrages als Beschaffenheit vereinbarten Mindestwohnfläche von
269,175 m² zurück.
cc) Die Geltendmachung des Leistungsverweigerungsrechts ist auch nicht
ausgeschlossen.
(1) Grundsätzlich gilt, dass Grundlage des Leistungsverweigerungsrechts der Bestand
des mit seiner Hilfe durchzusetzenden Nacherfüllungsanspruchs ist und es damit nur solange
und in dem Umfang besteht, wie nicht anstelle der Nacherfüllung entweder Minderung, Rücktritt
oder Schadensersatz statt der Leistung geltend gemacht werden (vgl. Kleine-
Möller/Merl/Glöckner, PrivBauR-HdB, § 15. Mängelhaftung, Gewährleistung Rn. 994, beckonline)
oder aber der Nacherfüllungsanspruch wegen Unmöglichkeit der Leistung ausscheidet
(Staudinger/Peters (2019) BGB § 635, Rn. 7).
(2) Anhaltspunkte dafür, dass der Nacherfüllungsanspruch wegen der Ausübung anderer
Rechte erloschen ist, bestehen nicht. Insbesondere folgt aus dem Umstand, dass der Kläger der
Berechnung seines Leistungsverweigerungsrechts die von ihm behauptete Flächenabweichung
zugrunde gelegt hat nicht die Geltendmachung eines Minderungsanspruchs nach § 638 BGB.
Die gegenteilige Auffassung des Landgerichts übersieht, dass der Kläger mit seinem Schreiben
vom 05.08.2020 klargestellt hat, bei einem Nachweis der in Rede stehenden
Flächenabweichungen die zurückbehaltenen Beträge zu zahlen und dies auch bis zuletzt
wiederholt hat. Eine Erklärung zur Ausübung eines Minderungsrechts – welches ihm als
Mängelgewährleistungsrecht vor Abnahme noch gar nicht zustand – hat der von Anbeginn an
anwaltlich vertretene Kläger weder ausdrücklich noch konkludent abgegeben.
(3) Das Bestehen eines Nacherfüllungsanspruchs scheidet auch nicht wegen
Unmöglichkeit der Herstellung der Wohnung Nr. 68 mit der geschuldeten Mindestwohnfläche
von 269,175 m² aus. Bauliche oder rechtliche Hindernisse, welche der Genehmigungsfähigkeit
der vertraglich vereinbarten seeseitigen Terrasse und der Nutzung der zwei Räume im
Souterrain als Wohnräume unbehebbar entgegen stehen, sind weder vorgetragen noch sonst
ersichtlich.
dd) Die Flächenabweichung von 22,69 % berechtigte den Kläger zur
Leistungsverweigerung in Höhe eines Betrages von 189.500,00 €.
(1) Im Grundsatz gilt zwar, dass Maßstab für die Geltendmachung des
Leistungsverweigerungsrechts gegenüber vertraglich vereinbarten Abschlagsforderungen
wegen Mängeln die Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten nebst Druckzuschlag
in angemessener Höhe ist (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 – VII ZR 84/09 –, Rn. 10, juris).
Abzustellen ist danach regelmäßig auf die bei der ersatzweisen Mängelbeseitigung
(Selbstvornahme) zu erwartenden Kosten. Dabei ist ein nach Treu und Glauben unter
Berücksichtigung der jeweiligen Umstände zu bemessender Zuschlag anzusetzen, um den
Auftragnehmer in besonderer Weise zur Mangelbeseitigung anzuhalten (Kleine-
Möller/Merl/Glöckner, PrivBauR-HdB, § 15. Mängelhaftung, Gewährleistung Rn. 995, beckonline).
(2) Zutreffend weist der Kläger jedoch darauf hin, dass die dargelegte Methode im hier
vorliegenden Fall der Flächenabweichung wegen einer nicht den vertraglichen Vereinbarungen
entsprechenden Planungs- und Genehmigungslage an ihre Grenzen stößt. Vielmehr erscheint
die von ihm für die Berechnung des Einbehalts gewählte Methode sachgerecht, welche den zur
Zahlung fälligen Abschlag in dem Umfang kürzt, in dem die planerische gesicherte Fläche hinter
der vertraglich vereinbarten Fläche zurückbleibt.
Insoweit vermag die Auffassung der Beklagten nicht zu überzeugen, im Rahmen einer allein an
den Flächen orientierten Berechnung des Einbehalts könnte nicht für alle Flächen ein
gleichermaßen hoher Betrag vom Kaufpreis angesetzt werden, da insbesondere die Werte der
Terrassenflächen deutlich hinter dem Wert der Flächen in der Wohnung zurückblieben. Dieser
Einwand lässt außer Acht, dass die Parteien ausweislich der Regelung in § 3 Ziffer 2 des
Vertrages ausdrücklich die Wohnflächenverordnung zur Grundlage der Flächenberechnung -
und damit auch zur Berechnung etwaiger Flächenabweichungen - gemacht und in Ergänzung
der Regelung in § 4 Nr. 4 WoFlV festgelegt haben, Terrassenflächen mit der Hälfte ihrer
Grundfläche zu berücksichtigen. Eine darüber hinausgehende Berücksichtigung des
verhältnismäßig geringeren Werts der Terrassenflächen bei der Bemessung des Einbehalts
scheidet danach aus.
Dem Kläger steht überdies ein sog. Druckzuschlag zu, um die Beklagte zum alsbaldigen
Tätigwerden in Bezug auf ihre fällige Pflicht zur Herstellung einer den vertraglichen
Vereinbarungen entsprechenden Planungs- und Genehmigungslage anzuhalten. Der Senat hält
dabei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und insbesondere in Ansehung der
für die Herstellung der geschuldeten Planungs- und Genehmigungslage voraussichtlich
anfallenden Kosten, einen Druckzuschlag von 20 % für angemessen aber auch ausreichend.
Im Ergebnis ist der Kläger damit zum Einbehalt eines Betrages in Höhe von 189.500,00 €
berechtigt (1. Abschlagsrate in Höhe von 705.300,00 € 1 abzgl. 22,39 % = 157.916,67 €;
157.916,67 € zzgl. 20 %).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
5. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1
ZPO nicht vorliegen.
III.
Der Streitwert wird einheitlich für die I. Instanz sowie das Berufungsverfahren auf 1.880.800,00 €
festgesetzt.
Diese Festsetzung folgt aus § 3 ZPO i.V.m.
Gegenstand des Verfahrens eine sog. positive Feststellungsklage ist, da es um den Fortbestand
des Kaufvertrages und der daraus hergeleiteten Rechte und Pflichten geht. Anzusetzen sind
deshalb 80 % des Wertes des Vertrages welcher hier dem vereinbarten Kaufpreis von
insgesamt 2.351.000,00 € entspricht (vgl. zur Höhe des Abschlags: BGH, Beschluss vom
15.01.1997 – VIII ZR 303/96 –). Der Senat hat von der Möglichkeit des § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
GKG Gebrauch gemacht.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Brandenburg
Erscheinungsdatum:05.07.2023
Aktenzeichen:4 U 105/22
Rechtsgebiete:
Allgemeines Schuldrecht
Öffentliches Baurecht
Bauträgervertrag und Werkvertrag
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
BGB §§ 320, 650u, 650v