Tod eines Gesellschafters – Ladung des transmortal Bevollmächtigten zur Gesellschafterversammlung
letzte Aktualisierung: 23.09.2020
OLG Hamm, Urt. v. 27.11.2019 – 8 U 69/19
BGB §§ 164, 1924, 2365; GmbHG §§ 16 Abs. 1 u. 3, 49 Abs. 1
Tod eines Gesellschafters – Ladung des transmortal Bevollmächtigten zur Gesellschafterversammlung
1. Hat ein Gesellschafter einer GmbH einem Dritten eine über den Tod hinaus geltende Vollmacht
erteilt, ihn in der Gesellschafterversammlung zu vertreten und die ihm zustehenden Rechte
auszuüben, kann nach dem Tod des Gesellschafters und vor Änderung der Gesellschafterliste der
Vertreter wirksam zu Gesellschafterversammlungen geladen werden. Der Vertreter kann für den
verstorbenen Listengesellschafter dessen Rechte gegenüber der Gesellschaft wahrnehmen.
2. Etwaige Beschlussmängel kann der Erbe des in der Gesellschafterliste eingetragenen
Gesellschafters im eigenen Namen gerichtlich geltend machen.
3. Ein Einberufungsmangel zur Gesellschafterversammlung einer GmbH liegt nicht vor, wenn für
den zur Einberufung berechtigten Geschäftsführer ein von diesem beauftragter Rechtsanwalt
handelt, jedenfalls sofern aus der Ladung hervorgeht, dass der Zuständige Urheber der Einberufung
ist.
4. Im Wege der einstweiligen Verfügung kann nach nichtiger oder anfechtbarer Einziehung eines
Geschäftsanteils nicht die Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste verlangt werden,
wenn der eingezogene Geschäftsanteil anschließend in der Gesellschafterliste weder der Gesellschaft
noch einer anderen Person zugeordnet worden ist. Der Widerspruch ließe die von der
Gesellschafterliste ausgehende Legitimationswirkung unberührt, und für die Besorgnis eines
gutgläubigen Erwerbs des Geschäftsanteils fehlt es an der Grundlage.
Gründe:
I.
Die Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) verlangen mit ihrer Berufung in Abänderung des angefochtenen
Urteils die Stattgabe ihrer Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt, dem
Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagten) aufzugeben, es zu unterlassen, als Geschäftsführer der N GmbH
tätig zu werden, und einen Widerspruch gegen die inzwischen eingereichte geänderte Gesellschafterliste im
Handelsregister anzuordnen.
Mit Gesellschaftsvertrag vor dem Notar Dr. H in E vom 03.03.1997 (UR-Nr. ##/1997) gründeten Herr C mit einem
Anteil am Stammkapi-tal von 40.000,- DM (40 %), der Beklagte mit einem Anteil von 30.000,- DM (30 %) und Herr
W mit einem Anteil von 30.000,- DM (30 %) die N GmbH mit Sitz in O. Gegenstand des Unternehmens sind
gemäß § 2 die Herstellung und der Vertrieb von Maschinen auf dem Gebiet der Verpackungstechnik sowie alle
diesen Gesellschaftszweck fördernden Hilfs- und Nebengeschäfte. Die §§ 5 und 6 enthalten Regelungen zu der
Geschäftsführung und Vertretung sowie zur Gesellschafterversammlung und zu Gesellschafterbeschlüssen, die
§§ 9 und 10 Regeln zur Abtretung/Einziehung von Geschäftsanteilen. Wegen der Einzelheiten der Satzung wird
ergänzend auf die Anlage AS 6, Bl. 57 ff. d. A., verwiesen.
Gemäß der auch noch im April 2019 gültigen Gesellschafterliste vom 26.10.2010 (Anlage AS 4, Bl. 35 d. A.) war
mittlerweile neben Herrn C und dem Beklagten mit deren jeweils gleich gebliebenen Anteilen am Stammkapital
die Firma N GmbH selbst Halterin des ursprünglich Herrn W zustehenden Anteils am Stammkapital von 30.000,-
DM (30 %). Der Kläger zu 2. war/ist Prokurist des Unternehmens.
Bereits am 10.03.2006 hatte Herr C dem jetzigen Kläger zu 1. und Prozessbevollmächtigten des Klägers zu 2.
eine Vollmacht mit dem folgenden Wort-laut erteilt (Anlage AS 2, Bl. 33 d. A.):
„Hiermit erteile ich, C, geb. 26.02.1958, in meiner Eigenschaft als Gesellschafter der N GmbH, Herrn
Rechtsanwalt und Dipl.-Kaufmann T, D-Straße ##, ##### U, Vollmacht, mich anlässlich zukünftiger
Gesellschafterversammlungen der N GmbH zu vertreten und die mir als Gesellschafter zustehenden Rechte in
diesen Gesellschafterversammlungen auszuüben.
Des Weiteren erteile ich Herrn Rechtsanwalt und Dipl.-Kaufmann T Vollmacht, meine Interessen als
Gesellschafter der N GmbH ggfs. vor Gericht, wahrzunehmen.
Diese Vollmacht gilt bei Geschäftsunfähigkeit durch Krankheit oder sonstiger physi-scher Verhinderung, die 30
Tage überschreiten und gilt auch über meinen Tod hinaus. Die Vollmacht kann jederzeit widerrufen werden.“
Ebenfalls am 10.03.2006 hatte Herr C ein privatschriftliches Testament verfasst, in dem er unter Widerruf aller
früheren Verfügungen von Todes wegen den Kläger zu 2. als seinen „Lebenspartner und Freund“ zu seinem
alleinigen Erben einsetzte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Urkunde in Anlage zum Protokoll des
Landgerichts vom 09.08.2019 (Bl. 270 d. A.) verwiesen.
Am 30.04.2019 verstarb Herr C in Essen (Sterbeurkunde Anlage AS 3, Bl. 34 d. A.). Zu jenem Zeitpunkt war er
alleiniger Geschäftsführer der N GmbH. Der Senat hatte nämlich in einem Rechtsstreit mit dem Az. 8 U 61/09
durch Urteil vom 25.11.2009 (Anlage AS 5, Bl. 36 ff. d. A.) in Abänderung eines Urteils des Landgerichts Münster
vom 27.02.2009 (Az.: 25 O 164/08) eine von dem jetzigen Beklagten erhobene, gegen seine Abberufung als
Geschäftsführer gerichtete Klage rechtskräftig abgewiesen.
Ausweislich des Protokolls des Amtsgerichts Oberhausen vom 21.05.2019 zu dem Az. 6 IV 386/19 über die
Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen (Anlage zum Protokoll des Landgerichts vom 09.08.2019, Bl. 268 d.
A.) wurde das von Herrn C am 10.03.2006 zugunsten des Klägers zu 2. verfasste privatschriftliche Testament
eröffnet. Es sind gesetzliche Erben vorhanden. Ein Erbschein war dem Kläger zu 2. bis zum Erlass des
angefochtenen Urteils nicht zugegangen.
Mit zwei Einwurfeinschreiben vom 06.06.2019 (Anlagen AS 7 und AS 9, Bl. 71, 73 d. A.) lud der Beklagte die
beiden Kläger jeweils zu einer ordentlichen Gesellschafterversammlung der N GmbH – laut Betreff des
Schreibens am 08.07.2019, laut dem weiteren Inhalt des Schreibens jedoch am Mittwoch, dem 10.07.2019 – in
den Geschäftsräumen der Gesellschaft unter Beifügung einer Tagesordnung u a. mit TOPs zur Abtretung des
Geschäftsanteils des verstorbenen Gesellschafters C an ihn – den Beklagten – und zu seiner Bestellung zum
einzelvertretungsberechtigten, von den Beschränkungen des
AS 8, Bl. 73 d. A.). Ob die Einladungen den Klägern jeweils unter Wahrung der 30-tägigen Einberufungsfrist des §
6 Abs. 3 der Satzung wirksam zugegangen sind, steht zwischen den Parteien in Streit. Der Kläger zu 2. berief
sich darauf, eine Einladung in seiner Eigenschaft als Prokurist gerichtet an die Gesellschaft nicht erhalten zu
haben (eidesstattliche Versicherung vom 18.07.2019, Anlage AS 10, Bl. 74 d. A.). Der Kläger zu 1. machte mit
Schreiben an den Beklagten vom 13.06.2019 (Anlage AS 13, Bl. 77 ff. d. A.) geltend, dass er mit dem am
11.06.2019 tatsächlich zugegangenen Schreiben nicht wirksam zu der Gesellschafterversammlung eingeladen
worden sei, weil sich die von Herrn C erteilte Vollmacht nicht auf die Entgegennahme von Einladungen erstrecke.
Das Antwortschreiben des Klägers zu 1. enthielt zudem in der Anlage die Vorlage eines
Gesellschafterbeschlusses im Umlaufverfahren, wonach statt des Beklagten die Prokuristen X und S zu
Geschäftsführern der Gesellschaft bestellt werden sollten. Hierauf reagierte der Beklagte durch Schreiben seiner
jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 02.07.2019 (Anlage AS 14, Bl. 81 ff. d. A.), mit der die Erweiterung der
Tagesordnung der Gesellschafterversammlung um den TOP 5 „Einziehung des Geschäftsanteils des
verstorbenen Gesellschafters Herrn C“ für den Fall der zum Zeitpunkt der Versammlung noch nicht rechtssicher
legitimierten Nachfolge angekündigt wurde.
Gemäß dem von dem Beklagten verfassten und unterschriebenen Protokoll der Gesellschafterversammlung der
N GmbH vom 10.07.2019 (Anlage AS 16, Bl. 87 ff. d. A.), an der lediglich der Beklagte mit einem Stimmenanteil
von 300 Stimmen und sein jetziger Prozessbevollmächtigter als Bei-stand teilnahmen, stellte der Beklagte als zu
TOP 2 bestimmter Versammlungsleiter zu TOP 3 die Ordnungsmäßigkeit der Einladung, aber auch die fehlende
Beschluss-fähigkeit der Gesellschafterversammlung fest. Die Folgeversammlung sollte am 29.07.2019
stattfinden. Mit Schreiben seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 11.07.2019 (Anlage AS 17, Bl. 90 f. d. A.)
übersandte der Beklagte dem Kläger zu 1. das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 10.07.2019 nebst
Anlagen und lud diesen zur Folgeversammlung am 29.07.2019 mit identischer Tagesordnung ein.
Demgegenüber lud der Kläger zu 1. den Beklagten seinerseits mit Schreiben vom 12.07.2019 zu einer
Gesellschafterversammlung am 14.08.2019 ein (Anlage AS 21, Bl. 95 f. d. A.). In den folgenden gewechselten
Schreiben vom 17.07.2019 und 18.07.2019 (Anlagen AS 22 und AS 23, Bl. 97 ff., 99 ff. d. A.) stritten der Kläger
zu 1. und der Beklagte über die Wirksamkeit der wechselseitigen Einladungen. Das Landgericht Münster wies in
dem einstweiligen Verfügungsverfahren mit dem Az. 022 O 70/19 mit Beschluss vom 22.07.2019 (Bl. 10 ff. d. A.)
den auf Untersagung der Durchführung der für den 29.07.2019 vorgesehenen Gesellschafterversammlung
gerichteten Antrag des Klägers zu 1. gegen den Beklagten (Anlage A I, Bl. 14 ff. d. A.) zurück. Daraufhin
unterschrieb der Kläger zu 2. am 25.07.2019 eine Vollmacht, wonach er als Erbe des Herrn C und damit
Gesellschafter der N GmbH den Kläger zu 1. zu seiner Vertretung in allen Angelegenheiten auf der
Gesellschafterversammlung vom 29.07.2019 bevollmächtigte (Anl. zum Protokoll vom 09.08.2019, Bl. 266 f. d.
A.). Der Beklagte hatte seinerseits seinen Prozessbevollmächtigten am 10.07.2019 Vollmacht für die Vertretung/
Geltendmachung seiner Rechte aus dem Gesellschaftsanteil erteilt (Bl. 103 ff. d. A.).
Unter Umständen, über die die Parteien im Einzelnen streiten, wurden gemäß dem vom jetzigen Prozessvertreter
des Beklagten Rechtsanwalt Dr. Y als zu TOP 2 unter Widerspruch des Klägers zu 1. bestelltem
Versammlungsleiter unter-schriebenen Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 29.07.2019 (Anlage AG 1,
Bl. 151 ff. d. A.) jeweils mit den Stimmen des Beklagten unter Feststellung der Unwirksamkeit der Stimmabgaben
des Klägers zu 1. für diesen selbst und für den Kläger zu 2. zu TOP 5 die Einziehung des Geschäftsanteils des
verstorbenen Gesellschafters C und zu TOP 6.1. und 6.2 die Bestellung des Beklagten zum von den
Beschränkungen des
beschlossen. Unstreitig verwehrte der Beklagte dem von dem Kläger zu 1. mitgebrachten weiteren Rechtsanwalt
Dr. P die Teilnahme an der Sitzung und hatte der Kläger zu 1., nachdem ihn der Beklagte sowie dessen
Bevollmächtigter als Versammlungsleiter auf sein angeblich fehlendes Stimmrecht hingewiesen hatten, die
Versammlung bereits vor den obigen Beschlussfassungen verlassen.
In dem vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren hat zunächst allein der Kläger zu 1. mit Antrag vom
29.07.2019, anhängig seit dem 30.07.2019, geltend gemacht, dass er in seiner Eigenschaft als Vertreter aufgrund
transmortaler Vollmacht des verstorbenen Herrn C wirksam die vorläufige Unterlassung der
Geschäftsführertätigkeit des Beklagten für die N GmbH, die Unterlassung der entsprechenden Eintragung des
Beklagten im Handelsregister und die Unterlassung der Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste zum
Handelsregister beantragen könne. Die Beschlussfassung zur Bestellung des Beklagten zum Geschäftsführer
vom 29.07.2019 sei nichtig, jedenfalls aber anfechtbar. Zur Begründung hat sich der Kläger zu 1. darauf berufen,
weder zu der Erstversammlung vom 10.07.2019 noch zu der Folgeversammlung vom 29.07.2019
ordnungsgemäß unter Einhaltung der Ladungsfristen eingeladen worden zu sein. Ihm – dem Kläger zu 1. – sei
zudem in der Versammlung vom 29.07.2019 zu Unrecht sein Teilnahme- und Stimmrecht verweigert worden.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 09.08.2019 hat der Kläger zu 1. erklärt, selbst als Partei
aufzutreten. Hilfsweise stelle er die Anträge namens des Klägers zu 2., der nach seiner Behauptung Alleinerbe
des Herrn C geworden sei. Wegen der Einzelheiten der Erörterung wird auf das Sitzungsprotokoll vom
09.08.2019 (Bl. 264 ff. d. A.) verwiesen.
Die Kläger haben erstinstanzlich - in erster Linie der Kläger zu 1. und hilfsweise der Kläger zu 2. – beantragt, eine
einstweilige Verfügung folgenden Inhalts zu erlassen:
Dem Beklagten wird aufgegeben, es zu unterlassen:
1. sich aufgrund eines Beschlusses einer am 29.07.2019 durchgeführten Gesellschafterversammlung der N
GmbH als Geschäftsführer dieser Gesellschaft in das Handelsregister des Amtsgerichts Coesfeld HRB ####
einzutragen;
2. als Geschäftsführer der N GmbH auf Grundlage eines Bestellungsbeschlusses einer
Gesellschafterversammlung vom 29.07.2019 für die Gesellschaft tätig zu sein und für diese aufzutreten;
3. eine neue Liste der Gesellschafter zum Handelsregister der Gesellschaft, Amtsgericht Coesfeld HRB
####, einzureichen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Verfügungsanträge zurückzuweisen.
Er hat den Hauptantrag für unzulässig gehalten, weil der verstorbene ehemalige Gesellschafter C nicht parteifähig
sei und damit auch nicht von dem Kläger zu 1. kraft transmortaler Vollmacht vertreten werden könne. Der Kläger
zu 2. sei nicht aktivlegitimiert, weil er nicht gemäß § 16 Abs. 1 GmbHG in der Gesellschafterliste eingetragen sei.
Eine Legitimation als Alleinerbe liege für ihn ebenfalls nicht vor. Hilfsweise sei das Verfahren gemäß § 246 Abs. 1
ZPO bis zur Klärung der Erbfolge auszusetzen. In der Sache selbst fehle es an einem Verfügungsanspruch, weil
der Beschluss über seine – des Beklagten – Bestellung zum Geschäftsführer wirksam sei. Insbesondere seien die
nach dem Gesetz und dem Gesellschaftsvertrag zu beachtenden Einladungsfristen gewahrt worden.
Das Landgericht hat mit erstinstanzlichem Urteil vom 09.08.2019 (Bl. 273 ff. d.A.) die einstweiligen
Verfügungsanträge zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass
der Hauptantrag unzulässig sei und der Hilfsantrag unbegründet. Hinsichtlich des Verfügungsbegehrens durch
den Kläger zu 1. in seiner Eigenschaft als Vertreter des Herrn C fehle es an der Parteifähigkeit gemäß § 50 ZPO.
Parteifähig sei, wer rechtsfähig sei; dies ende mit dem Tode. Namens des verstorbenen Herrn C könne deshalb
ein Antrag bei Gericht nicht mehr wirksam erhoben werden. Die Parteifähigkeit einer am Rechtsstreit beteiligten
Partei bzw. deren Mangel sei vom Gericht von Amts wegen zu berücksichtigen; ohne sie dürfe ein Sachurteil nicht
ergehen. Auch unter Berücksichtigung der transmortalen Vollmacht könne nicht angenommen werden, dass der
Kläger zu 1. in gewillkürter Prozessstandschaft Rechte des Verstorbenen im eigenen Namen gerichtlich geltend
machen könne. Hierzu sei jedenfalls außerhalb der Ermächtigung auch ein schutzwürdiges rechtliches Interesse
an der Prozessführung in der Person des Klägers zu 1. erforderlich, welches nicht ersichtlich sei. Soweit aufgrund
der transmortalen Vollmacht grundsätzlich ein gerichtliches Vorgehen des Klägers zu 1. für den oder die Erben
des verstorbenen Herrn C in Betracht komme, habe der Kläger zu 1. seine Anträge im Ergebnis nicht mit Erfolg
hilfsweise im Namen des Klägers zu 2. gestellt, weil diese mangels dessen erforderlicher Aktivlegitimation
unbegründet seien. Aktivlegitimiert für eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage gegen einen
Gesellschafterbeschluss sei ausschließlich der einzelne Gesellschafter. Es stehe nicht fest und sei auch nicht mit
einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht, dass der Kläger zu 2. Alleinerbe des verstorbenen
Gesellschafters C und damit Gesellschafter der N GmbH geworden sei. Zwar sei der Kläger zu 2. ausweislich des
zu Protokoll des Amtsgerichts Oberhausen eröffneten Testaments vom 10.03.2006 zum Alleinerben des
Verstorbenen eingesetzt worden. Dies weiche jedoch von der gesetzlichen Erbfolge gemäß §§ 1924 ff. BGB ab;
es seien gesetzliche Erben des Herrn C vorhanden. Mangels Erteilung eines die Vermutungswirkung des § 2365
BGB innehabenden Erbscheins genügten die bisher eingereichten Unterlagen nicht, um einen hinreichend
sicheren Nachweis der Erbenstellung des Klägers zu 2. zu führen. Abgesehen davon schließe sich das Gericht
der Auffassung an, dass auch für den Fall einer Gesamtrechtsnachfolge durch Erbfall bei der Beurteilung der
Anspruchsberechtigung § 16 Abs. 1 GmbHG zu beachten sei. Eine Anspruchsberechtigung des Klägers zu 2. sei
schon deshalb zu verneinen, weil er nicht als Gesellschafter in die zum Handelsregister eingereichte
Gesellschafterliste (§ 40 GmbHG) aufgenommen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Kläger mit dem weiterverfolgten Ziel der vorläufigen
Untersagung von Geschäftsführertätigkeiten des Beklagten und dem neuen Begehren der Zuordnung eines
Widerspruchs zur angemeldeten Gesellschafterliste. Nachdem zwischenzeitlich das Amtsgerichts Coesfeld zu
den Handelsregisterakten HRB #### auf Antrag des Beklagten diesen als Geschäftsführer eingetragen und die
nur noch ihn und die N GmbH mit Anteilen von je 30.000,00 DM ausweisende Gesellschafterliste (Anl. A, Bl. 347
d. A.) elektronisch aufgenommen hat, zu Gunsten des Klägers zu 2. durch das Amtsgericht Oberhausen am
08.08.2019 ein Erbschein als Alleinerbe des C erteilt worden ist (Anl. BK 2, Bl. 360 d. A.), der dem Kläger zu 2.
durch seinen Notar am 21.08.2019 zugegangen ist (E-Mail Anl. BK 3, Bl. 361 d. A.), sowie der Kläger zu 1. in der
Hauptsache Nichtigkeitsklage bzgl. sämtlicher auf der Gesellschafterversammlung vom 29.07.2019 gefassten
Beschlüsse beim Landgericht Münster zum Az. 023 O 54/19 erhoben hat, machen die Kläger zur Begründung
ihres Rechtsmittels im Wesentlichen Folgendes geltend:
Das Landgericht habe die Anträge im einstweiligen Verfügungsverfahren zu Unrecht zurückgewiesen.
Hinsichtlich des Klägers zu 1. seien die Vorschriften der §§ 50, 51 ZPO fehler-haft angewendet worden.
Sehr wohl sei von dessen Parteifähigkeit auszu-gehen. Zwar ende diese im Sinne des § 50 ZPO mit dem
Tod einer Person, so dass Herr C nicht mehr parteifähig sein könne. Die Parteifähigkeit des Klägers zu 1.
sei jedoch gegeben. Dieser sei auch prozessführungsbefugt im Sinne des § 51 ZPO, weil er die Rechte des
verstorbenen Herrn C im eigenen Namen im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend machen
könne. Dies folge aus der transmortalen Vollmacht, die weder durch Herrn C noch durch dessen Erben
widerrufen worden sei und nach ihrem Inhalt auch über dessen Tod hinaus habe gelten sollen.
Angesichts der über viele Jahre engen Zusammenarbeit mit dem verstorbenen Gesellschafter Herrn C und
der Beratung im Rahmen seiner Gesellschafterrechte habe er – der Kläger zu 1. – ein eigenes
schutzwürdiges Interesse daran, dessen rechtliche Vertretung über den Tod hinaus bis zur Klärung der
gesellschaftsrechtlichen Nachfolge zu gewährleisten.
Auch der Kläger zu 2. sei parteifähig, prozessführungsbefugt und aktivlegitimiert, so dass jedenfalls die
Zulässigkeit und Begründetheit des Hilfsantrags habe bejaht werden müssen. Durch den zwischenzeitlich
erteilten Erbschein werde der Kläger zu 2. als Alleinerbe ausgewiesen, womit jegliche Unklarheit hinsichtlich
der Erbenstellung beseitigt sei. Unter Berücksichtigung der eigenen Ausführungen des Landgerichts könne
mit dem Erbschein ein sicherer Nachweis der Erbenstellung geführt werden. Obwohl der Erbschein am
08.08.2019 erteilt worden sei, habe der Kläger zu 2. diesen vor dem Urteil vom 09.08.2019 noch nicht
vorlegen können, weil er ihn erst am 21.08.2019 von dem von ihm beauftragten Notar erhalten habe. Es
handele sich demnach um eine neu zuzulassende Tatsache.
Auch die zurzeit noch fehlende Eintragung des Klägers zu 2. in der Gesell-schafterliste ändere nichts an der
Begründetheit des Hilfsantrags. Die Voraus-setzungen für die Eintragung des Klägers zu 2. in die
Gesellschafterliste lägen vor, so dass eine solche umgehend erfolgen könne. Auch wenn eine Eintra-gung
zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorgenommen worden sei, müsse von der Aktivlegitimation des Klägers
zu 2. ausgegangen werden. Er habe gegenüber dem Beklagten seine Alleinerbenstellung bereits geltend
gemacht. Zwar könnten Gesellschafterrechte, insbesondere Stimmrechte, gemäß
ausgeübt werden, wenn ein Nachfolger in der Gesellschafterliste eingetragen worden sei. Dies könne
jedoch gem. § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG geheilt werden. Indem der Beklagte weder den Nachweis der
Erbenstellung abgewartet habe noch von der Möglichkeit des § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG Gebrauch gemacht
worden sei, sondern ohne Einbeziehung des Klägers zu 2. Gesellschafterbeschlüsse zu dessen Nachteil
gefasst worden seien, liege eine rechtsmissbräuchliche Umgehung vor.
Hinsichtlich des jetzigen Antrags zu 2. auf Zuordnung eines Widerspruchs zu der zum Handelsregister
eingereichten Gesellschafterliste liege eine zulässige, da gem. § 533 ZPO sachdienliche Antragsänderung
vor. Angesichts der inzwischen erfolgten Handelsregistereintragungen könne der Zweck der ursprünglichen
Anträge zu 2. und zu 3. auf Unterlassung der entsprechenden Eintragungen im Handelsregister nicht mehr
erreicht werden.
In der Sache selbst sei die Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis durch einstweilige
Verfügung zulässig. Im Rahmen der §§ 935, 940 ZPO sei im Gesellschaftsrecht die Erwirkung einer
einstweiligen Verfü-gung zur Regelung des Zwischenzustandes beim Streit um die Geschäftsfüh-rungs- und
Vertretungsbefugnis als angemessenes Mittel, auch zur einstweili-gen Untersagung der Ausübung von
Geschäftsführerbefugnissen, anerkannt.
Der Gesellschafterbeschluss auf Bestellung des Beklagten zum Geschäfts-führer sei aus den Gründen des
Vorbringens erster Instanz nichtig und eine Untersagung der Ausführung der Geschäftsführerrechte daher
erforderlich und eilig. Der Beklagte habe die Möglichkeit, als Geschäftsführer für die N GmbH trotz nichtiger
Bestellung aufzutreten und für diese im Rechtsverkehr verbindliche Verpflichtungen einzugehen. Derartige
Tätigkeiten habe der Beklagte nach dem Erlass des angefochtenen Urteils auch entfaltet, indem er durch
Schreiben vom 27.08.2019 die Prokura des Klägers zu 2. widerrufen und dessen Anstellungsverhältnis zu
der N GmbH mit weiterem Schreiben vom 25.09.2019 fristgemäß zum 31.03.2020 gekündigt sowie ihm
weitere Tätigkeiten für die Gesellschaft unter Freistellung von der Arbeitsleistung untersagt habe (Anlagen
BK 7 und BK 8). Des Weiteren habe der Beklagte sich durch einen allein vom ihm gefassten
Gesellschafterbeschluss vom 07.09.2019 - trotz Tätigkeit als Geschäftsführer für das konkurrierende
Fremdunternehmen M GmbH - bei der N GmbH zum alleinigen verantwortlichen Leiter des
Geschäftsbereichs „Kfm. Leiter des Controllings sowie der Finanz- und Personalabteilung“ bestellt (Anlage
BK 8). Allein aus den vorstehenden Aktivitäten sei der Verfügungsgrund augenfällig.
Auch die der eingereichten Gesellschafterliste zu Grunde liegenden Beschlüsse seien nichtig. Zum
Handelsregister sei somit eine Gesellschafterliste eingereicht worden, welche einen Rechtsschein für die
Zuordnung der Gesell-schaftsanteile nach außen erzeuge, der nicht den Tatsachen entspreche. Die
Eintragung eines Widerspruchs sei daher erforderlich und eilig.
Nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 27.11.2019 stellen die Kläger ihre Anträge
nicht länger im Rahmen eines subjektiven Haupt- und Hilfsantragsverhältnisses, sondern beantragen beide
gleichermaßen primär,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils:
1. dem Verfügungsbeklagten aufzugeben, es zu unterlassen, als Geschäftsführer der N GmbH auf Grundlage
eines Bestellungsbeschlusses einer Gesellschafterversammlung vom 29.07.2019 für die
Gesellschaft tätig zu sein und für diese aufzutreten;
2. der vom Verfügungsbeklagten zum Handelsregister eingereichten Ge- sellschafterliste gemäß der
beigefügten Anlage A (Bl. 347 d. A.) einen Widerspruch zuzuordnen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er widerspricht der subjektiven Klageänderung im Senatstermin, verteidigt die angefochtene Entscheidung unter
Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens gegen die Berufungsangriffe der Kläger und macht im
Wesentlichen Folgendes geltend:
Das Landgericht sei zu Recht von der fehlenden Parteifähigkeit gemäß § 50 ZPO des durch den Kläger zu
1. vertretenen Herrn C ausgegangen. Der im Namen des Verstorbenen gestellte Antrag auf Erlass einer
einstweilen Verfügung sei damit unzulässig.
Soweit der Antrag durch den Kläger zu 1. persönlich gestellt worden sei, sei dieser mangels Vorliegens der
notwendigen Prozessführungsbefugnis gemäß § 51 ZPO ebenfalls unzulässig, es handele sich um die
falsche Partei.
Der Kläger zu 1. persönlich sei darüber hinaus nicht aktivlegitimiert, weil er unstreitig zu keinem Zeitpunkt
Gesellschafter der N GmbH gewesen sei, § 16 Abs. 1 GmbHG. Ihm stünden in Bezug auf die
Verfügungsanträge keinerlei eigene materielle-rechtliche Rechte oder Ansprüche zu, sodass sein Antrag
damit jedenfalls unbegründet sei.
Auch der Kläger zu 2. verfüge weder über die notwendige Prozessführungs-befugnis noch über die
notwendige Aktivlegitimation. Er sei ebenfalls zu keinem Zeitpunkt Gesellschafter der N GmbH, so dass er
keinen Anspruch auf Unterlassung habe.
Im Übrigen fehle es den Klägern jeweils an einem Rechtsschutzbedürfnis, denn sowohl seine – des
Beklagten – Eintragung als Geschäftsführer als auch die Einreichung, Einstellung und Veröffentlichung der
neuen Liste der Gesellschafter zum Handelsregister sei bereits erfolgt.
Da der Beschluss über seine – des Beklagten – Bestellung zum Geschäftsführer durch einen
Versammlungsleiter festgestellt worden sei, sei dieser bis zur etwaigen rechtskräftigen Feststellung des
Gegenteils als voll wirksam zu behandeln, so dass dem Verfügungsantrag zu 2. auch deshalb das
Rechtsschutzbedürfnis fehle. Das angestrebte Rechtsschutzziel sei nur noch in der Hauptsache, nicht aber
mehr im vorliegenden Verfahren zu erreichen.
Schließlich sei auch der im Berufungsverfahren erstmals gestellte Antrag auf Zuordnung eines
Widerspruchs zur Gesellschafterliste mangels sachdienlicher Antragsänderung unzulässig und zudem
unbegründet, weil keine ersatzweise Neubildung des eingezogenen Gesellschaftsanteils stattgefunden
habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze
und der zu den Gerichtsakten gereichten Unterlagen verwiesen.
II.
Die Berufung der Kläger ist zulässig, aber unbegründet.
A. Zulässigkeit der Berufung:
Die Berufung der Kläger ist gem. § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO gegen das in erster Instanz ergangene Endurteil
des Landgerichts, das sie mit mehr als 600,- € beschwert, statthaft. Sie ist auch fristgerecht innerhalb der
Monatsfrist des § 517 ZPO schriftlich beim Senat eingelegt (
Begründungsfrist des § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO begründet worden.
I.
Soweit bezüglich des Klägers zu 1. in Streit steht, ob dieser aufgrund transmortaler Vollmacht für den
Verstorbenen Herrn C oder im eigenen Namen wirksam selbst im einstweiligen Verfügungsverfahren die
Hauptanträge erster Instanz sowie nunmehr die geänderten Anträge im Berufungsverfahren stellen kann, steht
dies der Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht entgegen. Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass
der Kläger einer erstinstanzlich als unzulässig abgewiesenen Klage hiergegen in zulässiger Weise Berufung
einlegen und diese den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO genügend bei hinreichender
Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils im Wesentlichen durch die Wiederholung und
Vertiefung seines erstinstanzlich für die Zulässigkeit seines Klageantrags vorgebrachten tatsächlichen und
rechtlichen Vorbringens begründen kann (BGH, Beschluss vom 07.06.2018, I ZB 57/17, juris). Diesen
Anforderungen wird der Berufungsvortrag des Klägers zu 1. gerecht, der unter Auseinandersetzung mit den
Ausführungen des Landgerichts zu den Anforderungen der §§ 50, 51 ZPO weitergehend begründet, warum er die
Anträge in zulässiger Weise kraft transmortaler Vollmacht für den verstorbenen Herrn C bzw. in gewillkürter
Prozessstandschaft im eigenen Namen geltend machen könne.
II.
Die teilweise Antragsänderung der Kläger im Berufungsverfahren ist gem. § 533 ZPO zulässig. Dies gilt sowohl
in objektiver wie auch in subjektiver Hinsicht.
1. Erstinstanzlich hatten die Kläger mit den Anträgen zu 1. und 3. noch angestrebt, im Wege der einstweiligen
Verfügung die Eintragung des Beklagten als Geschäftsführer und die Einreichung der Gesellschafterliste zum
Handelsregister zu verhindern. Nachdem nach Verkündung des angefochtenen Urteils am 23.08.2019 zum
Handelsregister HRB #### die Eintragung des Beklagten als Geschäftsführer vollzogen und die elektronische
Speicherung der Gesellschafterliste Anlage A (Bl. 347 d.A.) freigegeben worden ist, haben die Kläger ihr
Rechtsschutzziel mit dem Berufungsantrag zu 2. in zulässiger Weise dahingehend geändert, dass der vom
Beklagten zum Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste ein Widerspruch zuzuordnen sei. Ein solcher
Antrag auf Zuordnung eines Widerspruchs gegen eine nach
Gesellschafterliste ist im einstweiligen Verfügungsverfahren grundsätzlich zulässig und angesichts des
dargelegten Ablaufs vorliegend auch sachdienlich; ob ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund
vorliegen, ist demgegenüber eine Frage der Begründetheit (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 19.08.2014, 12 W
1568/14, juris). Die nach der Verkündung des angefochtenen Urteils erfolgte Freigabe der Gesellschafterliste zur
Hinterlegung im elektronischen Sonderband des Handelsregisters – die keine Eintragung im Handelsregister im
Sinne des § 16 Abs. 2 HGB (direkt oder analog) darstellt (KG Berlin, Beschluss vom 12.12.2016, 23 W 43/16) - ist
eine Tatsache, die der Senat seiner Entscheidung gemäß den §§ 533 Nr. 2, 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO zugrunde zu legen hat. Da die Aufnahme der Liste zum Handelsregister erst nach dem angefochtenen Urteil
erfolgt ist, waren die Kläger ohne Nachlässigkeit daran gehindert, sie schon in erster Instanz vorzutragen.
Insoweit ist die Umstellung des Antrags auf die Zuordnung eines Widerspruchs zur Wahrung effektiven
vorläufigen Rechtsschutzes auch als sachdienlich im Sinne des
2. Auch die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 27.11.2019 erklärte subjektive
Antragsänderung, die Berufungsanträge zu 1. und 2. nicht länger primär für den Kläger zu 1. und nur hilfsweise
für den Kläger zu 2., sondern von beiden primär zu stellen, ist am Maßstab des für die subjektive Klageänderung
im Berufungsverfahren entsprechend geltenden § 533 ZPO (vgl. dazu Heßler, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 533 Rn.
4) gemessen zulässig, weil der Senat sie ebenfalls als sachdienlich erachtet. Der Beklagte hat im Senatstermin
zutreffend darauf hingewiesen, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ein Parteiwechsel unter einer
hilfsweisen Bedingung nicht wirksam erfolgen kann, soweit der Anspruch des weiteren hilfsweisen Klägers unter
der prozessualen Bedingung stehen soll, dass das Gericht den Anspruch der in erster Linie auftretenden Partei
für nicht erfolgreich hält (vgl. BGH, Urteil vom 21.04.2004, VIII ZR 209/13, NJW-RR 2004, S. 640 ff., juris;
BverwG, Urteil vom 13.07.2011, 8 C 10.10, NJW 2011, S. 3671, juris, Rn. 28 ff.). Die Kläger haben hieraus die
notwendige Konsequenz gezogen, indem sie die mit der Berufung verfolgten einstweiligen Verfügungsanträge
nunmehr gleichermaßen primär stellen. Dies ist sachdienlich, um den tatsächlich und inhaltlich identisch
bleibenden Prüfungsstoff des Berufungsverfahrens zu der Zulässigkeit und Begründetheit der jeweiligen Anträge
der beiden Kläger umfassend und abschließend im summarischen einstweiligen Verfügungsverfahren zu
beurteilen.
B. Begründetheit der Berufung:
Die Berufung der Kläger ist jedoch unbegründet, weil das Landgericht die einstweiligen Verfügungsanträge im
Ergebnis zu Recht als teils unzulässig, teils unbegründet zurückgewiesen hat.
I. Zulässigkeit der einstweiligen Verfügungsanträge:
Die im Berufungsverfahren teilweise geänderten einstweiligen Verfügungsanträge sind, soweit sie von dem Kläger
zu 1. für den verstorbenen Herrn C bzw. dessen Erben im eigenen Namen kraft transmortaler Vollmacht bzw.
aufgrund gewillkürter Prozessstandschaft gestellt worden sind, unzulässig, während die him Namen des Klägers
zu 2. gestellten Verfügungsanträge zulässig sind.
1. An der Statthaftigkeit der einstweiligen Verfügungsanträge der Kläger gem. den §§ 935, 940 ZPO bestehen
grundsätzlich keine Bedenken. Dabei kann angesichts des auf Rechtsfolgenseite gem. § 938 Abs. 1 ZPO
bestehenden gerichtlichen Ermes-sens offenbleiben, ob das Rechtsschutzziel der Berufung, dem Beklagten
vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache die Tätigkeit und das Auftreten als
Geschäftsführer der N GmbH zu untersagen und der zum Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste
einen Widerspruch zuzuordnen, vorrangig auf eine Sicherungsverfügung i. S. d.
Regelungsverfügung i. S. d. des § 940 ZPO oder auf eine Leistungsverfügung nach § 940 ZPO analog gerichtet
ist. Im Hinblick auf das mittlerweile eingeleitete Hauptsache-Nichtigkeits- bzw. Anfechtungsklageverfahren vor
dem Landgericht Münster mit dem Az. 023 O 54/19 geht es den Klägern jedenfalls nicht um eine Vorwegnahme
der Hauptsache.
Besteht Streit über das ordnungsgemäße Zustandekommen des Beschlusses zur Bestellung zum
Geschäftsführer einer GmbH, so bedeutet das unabhängig davon, ob in der Hauptsache ein Nichtigkeits- oder ein
bloßer Anfechtungsgrund infrage steht, bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung eine Rechtsunklarheit
über die weitere Entwicklung, und es kollidieren die Interessen des Geschäftsführers und der GmbH hinsichtlich
einer vorläufigen Regelung für diesen Schwebezustand. Ist ein Beschlussergebnis im Sinne der Bejahung des zur
Abstimmung gestellten Beschlussantrags festgestellt worden, ist diese Feststellung, sofern sie bestimmte
Voraussetzungen erfüllt (Feststellungskompetenz des ordnungsgemäß bestellten Versammlungsleiters auf
Grundlage der Satzung oder im allseitigen Einverständnis der Gesellschafter), vorläufig verbindlich in dem Sinn,
dass die Unrichtigkeit der Feststellung rechtzeitig geltend gemacht werden muss. In der Hauptsache bedarf es
hiergegen der fristgebundenen Erhebung der Anfechtungsklage analog den §§ 241 ff., 246 AktG bzw. der
Nichtigkeitsklage analog § 249 AktG (Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, GmbHG, 21. Aufl., Anh. § 47 Rn. 118).
Gleichermaßen ist in diesem Falle einstweiliger Rechtsschutz gegen die Durchführung des aus Sicht des
Antragstellers mangelhaften Beschlusses statthaft (vgl. Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, a.a.O., Anh. § 47 Rn.
194 ff.).
2. Soweit im Berufungsverfahren im Kern weiterhin die Verfahrensführungsbefugnis der Kläger zwischen den
Parteien in Streit steht, ist wie folgt zu differenzieren:
a) Verfahrensführungsbefugnis des Klägers zu 1.:
Der Kläger zu 1. persönlich ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zur Führung des vorliegenden
einstweiligen Verfügungsverfahrens befugt.
aa) Verfahrensführung kraft transmortaler Vollmacht für Herrn C:
Zu Recht hat das Landgericht eine Verfahrensführungsbefugnis des Klägers zu 1. kraft transmortaler Vollmacht
für den verstorbenen Herrn C abgelehnt.
(1) Zwar umfasst die von Herrn C am 10.03.2006 schriftlich ausgestellte und unterschriebene Vollmacht in seiner
Eigenschaft als Gesellschafter der N GmbH zu Gunsten des Klägers zu 1. nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut
auch eine transmortale Geltung, soweit es im letzten Absatz ausdrücklich heißt: „Diese Vollmacht …. gilt auch
über meinen Tod hinaus.“ Damit ist die Vollmacht nicht mit dem Tod des Herrn C erloschen, sondern wirkt der
Inhalt der Bevollmächtigung einschließlich der ihr zu Grunde liegenden Beauftragung des Klägers zu 1. mit der
Wahrnehmung der Rechte in Gesellschafterversammlungen gemäß den §§ 168 S. 1, 672 S. 1 BGB grundsätzlich
fort.
(2) Eine derartige transmortale Vollmacht befugt den Bevollmächtigten indes nicht, nach dem Tod des
Vollmachtgebers diesen noch außergerichtlich oder vor Gericht als Partei zu vertreten. Die Parteifähigkeit und
Rechtsfähigkeit des Herrn C i.S.d. § 50 Abs. 1 ZPO endete mit dessen Tod am 30.04.2019 (vgl. Althammer, in:
Zöller, a.a.O., § 50 Rn. 4). Dementsprechend ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und Literatur
anerkannt, dass eine grundsätzlich zulässige transmortale Vollmacht zwar nach dem Tod des Vollmachtgebers
weiterwirkt, nunmehr aber nur noch zu Rechtshandlungen für dessen Erben befugt; unmittelbare eigene
Rechtshandlungen des Bevollmächtigten sind nach dem Tod des Vollmachtgebers demgegenüber grundsätzlich
unzulässig (BGH, Urteil vom 24.03.2009, XI ZR 191/08, juris; Grunewald, ZEV 2014, S. 579 ff.). Ein prozessuales
Handeln ist aufgrund der Vollmacht insofern gem. § 164 Abs. 1 BGB von vornherein wirksam nur im Namen des
vertretenen Erben möglich.
Soweit der Kläger zu 1. also in erster Instanz und nunmehr fortgesetzt im Berufungs-verfahren auf Aktivseite
„aufgrund transmortaler Vollmacht des verstorbenen C“ auftritt und prozessual handelt, ist dies unzulässig.
bb) Verfahrensführung im eigenen Namen kraft gewillkürter Prozessstandschaft:
Ebenso wenig ist der Kläger zu 1. verfahrensführungsbefugt und aktivlegitimiert, soweit er erklärt hat, er trete kraft
gewillkürter Prozessstandschaft im Sinne des § 51 Abs. 1 ZPO selbst als Partei auf.
Gemäß § 51 Abs. 1 ZPO bestimmt sich die Notwendigkeit einer besonderen Ermäch-tigung zur Prozessführung
nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Bei der gewillkürten Prozessstandschaft handelt es sich
insoweit um die gerichtliche Gel-tendmachung fremder Rechte im eigenen Namen aufgrund Ermächtigung
durch den Rechtsinhaber. Sie setzt außer der Ermächtigung durch den Rechtsinhaber voraus, dass ein
schutzwürdiges rechtliches Eigeninteresse an der Prozessführung sowohl des klagenden Prozessstandschafters
als auch des ermächtigenden Rechts-inhabers gegeben sind (vgl. Althammer, in: Zöller, a.a.O., Vor § 50 Rn. 38
ff.).
An diesen Voraussetzungen fehlt es vorliegend. Der Kläger zu 1. macht im Beru-fungsverfahren weiterhin
geltend, dass er im Wege der gewillkürten Prozessstand-schaft die Rechte des verstorbenen Herrn C im eigenen
Namen geltend machen könne, wobei sich sein eigenes schutzwürdiges Interesse daraus ergebe, dass er dessen
gesellschaftsrechtliche Beteiligung und die daraus erwachsenden rechtlichen Interessen als Gesellschafter auch
nach dessen Tod bis zur Klärung der gesellschaftsrechtlichen Nachfolge wahre.
Wie bereits oben festgestellt, begründet aber die Ermächtigung durch die transmortale Vollmacht ab dem Tod des
Herrn C kein fremdes Recht dieses Ermächtigenden mehr, das der Kläger zu 1. überhaupt im Wege gewillkürter
Prozessstandschaft geltend machen könnte. Vielmehr hat der Kläger zu 1. dadurch nur die Befugnis,
Rechtshandlungen für den Erben des Herrn C vorzunehmen. In der Berufungsbegründung (dort S. 3 u. 4, Bl. 348,
349 d. A.) beruft sich der Kläger zu 1. indes ausdrücklich (nur) auf eine Prozessstandschaft für den verstorbenen
Herrn C, nicht für dessen Erben. Selbst wenn die Erklärungen des Klägers zu 1. anders zu verstehen sein sollten,
hat er jedenfalls nicht darlegt, worin schützenswerte rechtliche Interessen an einer Prozessstandschaft zugunsten
des Erben liegen sollten. Dieser ist als inzwischen gleichrangig antragstellender Kläger zu 2. selbst an dem
vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren beteiligt.
cc) Verfahrensführungsbefugnis kraft
Schließlich ergibt sich die Verfahrensführungsbefugnis des Klägers zu 1. auch nicht aus der Wirkung der früheren
Gesellschafterliste (
Vermutung der Gesellschafterstellung sich grundsätzlich weiterhin auf den verstorbenen Gesellschafter bezieht
(näher dazu siehe unten), ist der Kläger zu 1. unstreitig selbst zu keinem Zeitpunkt Gesellschafter der N GmbH
gewesen und insoweit zu Recht nie in der Gesellschafterliste gemäß
auch aus dieser Norm keine eigene Verfahrensführungsbefugnis ableiten kann.
Damit sind die umgestellten einstweiligen Verfügungsanträge, soweit sie von dem Kläger zu 1. für den
verstorbenen Herrn C bzw. im eigenen Namen gestellt worden sind, unzulässig und dessen Berufung ist – auch
unter Berücksichtigung der objektiven und subjektiven Antragsänderungen - unbegründet.
b) Verfahrensführungsbefugnis des Klägers zu 2.:
Demgegenüber ist das Landgericht im Ergebnis zu Recht von der eigenständigen Verfahrensführungsbefugnis
des Klägers zu 2. für die vom Kläger zu 1. als sein Prozessvertreter in seinem Namen gestellten einstweiligen
Verfügungsanträge ausgegangen, wobei die Anträge erst zulässig sind, seitdem die Parteien deren ursprünglich
hilfsweise auf die ebenfalls primäre Geltendmachung umgestellt haben (s. o.). Der Kläger zu 2. ist parteifähig
i.S.d. § 50 ZPO und behauptet die Verletzung eines eigenen Rechts als Erbe des von Herrn C bis zu dessen Tod
innegehabter Gesellschaftsanteils an der N GmbH.
aa) Der Kläger zu 2. als eigenständige Partei des einstweiligen Verfügungsverfah-rens wird in diesem sowohl
aufgrund der transmortalen Vollmacht als Erbe des Herrn C (dazu näher siehe unten) als auch jedenfalls aufgrund
der von ihm selbst unterschriebenen ausdrücklichen Vollmacht vom 25.07.2019 wirksam durch den Kläger zu 1.
vertreten.
bb) Zudem kann der Kläger zu 2. - was für seine Verfahrensführungsbefugnis genügt – geltend machen, ein
eigenes Recht als Gesellschafter in Anspruch zu nehmen. Dabei kommt es für die Zulässigkeit nicht darauf an, ob
der Kläger zu 2. für die Be-schlussanfechtungs- oder Nichtigkeitsklage in der Hauptsache anfechtungsbefugt ist.
Abgesehen davon, dass nicht nur der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer, sondern grundsätzlich jeder in
der Gesellschafterliste gemäß
(Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, a.a.O., Anh. § 47 Rn. 32, 136; Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., § 47 Rn.
138), handelt es sich insoweit – weder in der Hauptsache noch im einstweiligen Verfügungsverfahren – um eine
Prozessvoraussetzung, sondern um ein Begründetheitserfordernis (Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, a.a.O., Anh.
§ 47 Rn. 135).
(1) Der Kläger zu 2. hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihm ein Recht zum Stellen der einstweiligen
Verfügungsanträge als Gesellschafter der N GmbH kraft Gesamtrechtsnachfolge gem. § 1922 BGB nach dem am
30.04.2019 verstorbenen Gesellschafter C zusteht. Zwar ist der Kläger zu 2. bisher nicht in die Gesellschafterliste
gemäß
zum Tod des Herrn C Ende April 2019 unstreitig gültig war und über die Rechtmäßigkeit von deren Änderung
durch die jetzige Gesellschafterliste Anlage A vom 29.07.2019 die Parteien vorliegend streiten, war Herr C als
Gesellschafter mit einem Geschäftsanteil von 40.000,00 DM (40 %) eingetragen. In erster Instanz hat der Kläger
zu 2. durch den Kläger zu 1. unter Vorlage eines Eröffnungsprotokolls des Amtsgerichts Oberhausen vom
21.05.2019 und eines privatschriftlichen Testaments vom 10.03.2006 schlüssig vorgetragen, dass er mit dem
Tode des Herrn C vom 30.04.2019 als Alleinerbe dessen Gesamtrechtsnachfolger (§ 1922 BGB) und damit u. a.
Gesellschafter der N GmbH geworden sei.
(2) Im Berufungsverfahren hat der Kläger zu 2. durch den Kläger zu 1. zudem den ihn als Alleinerben gemäß §
2365 BGB legitimierenden Erbschein des Amtsgerichts Oberhausen zum Az. 6 VI 586/19 vom 08.08.2019
(Anlage BK 2, Bl. 360 d. A.) zu den Akten gereicht und hierdurch gemäß
nunmehr seine Erbenstellung hinreichend glaubhaft gemacht. Durch die Vorlage der E-Mail des Klägers zu 1. an
den Kläger zu 2. vom 21.08.2019 (Anlage BK 3, Bl. 361 d. A.) ist zudem glaubhaft gemacht worden, dass die
Vorlage des dem Kläger zu 2. erst nach der Verkündung des angefochtenen Urteils vom 09.08.2019
zugegangenen Erbscheins im Berufungsverfahren am Maßstab der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO
nicht präkludiert ist. An früherem Vortrag und einer früheren Vorlage der Urkunde war der Kläger zu 2. ohne
Nachlässigkeit gehindert.
(2) Im Rahmen der gleichermaßen für die Zulässigkeit und für die Begründetheit doppelt relevanten Tatsachen
(vgl. z. B. BGH, Urteil vom 29.06.2010, VI ZR 122/09, juris) muss es für die Verfahrensführungsbefugnis des
Klägers zu 2. genügen, dass dieser schlüssig Tatsachen behauptet hat, die seine Gesellschafterstellung zum
Zeitpunkt der in Streit stehenden Beschlüsse der Gesellschafterversammlung am 29.07.2019 begründen. Ob der
Kläger zu 2. im Ergebnis in der Sache selbst aktivlegitimiert, also materiell-rechtlich Inhaber der geltend
gemachten einstweiligen Verfügungsansprüche ist, ist eine Frage der Begründetheit und bedarf hier noch keiner
Klärung. Insbesondere war es der folgenden Begründetheitsprüfung vorzubehalten, inwieweit im Falle der
Gesamtrechtsnachfolge bei der Beurteilung der Anspruchsberechtigung des Erben § 16 Abs. 1 GmbHG
dahingehend zu beachten ist, dass der Kläger zu 2. mangels bisheriger Eintragung in die Gesellschafterliste der
N GmbH im Ergebnis als nicht aktivlegitimiert zur Geltendmachung der einstweiligen Verfügungsanträge
anzusehen wäre (vgl. Heidinger, in: MüKo-GmbHG, 3. Aufl., § 16 Rn. 146).
c) Verfügungsbeklagtenbefugnis:
Schließlich ist der Beklagte als durch den in Streit stehenden Beschluss der Gesellschafterversammlung vom
29.07.2019 bestellter Geschäftsführer auch zulässiger Verfügungsbeklagter jedenfalls des einstweiligen
Verfügungsantrags zu 1. des Klägers zu 2.
Zwar hat der Kläger zu 2. seine Anträge nicht gegen die in der Hauptsache und im einstweiligen
Verfügungsverfahren primär in Anspruch zu nehmende Gesellschaft, die N GmbH, als Verfügungsbeklagte
gerichtet.
Da die Anfechtungsklage gegen einen Beschluss der Gesellschafterversammlung einer GmbH in analoger
Anwendung des § 246 Abs. 2 S. 1 AktG in der Hauptsache grundsätzlich gegen die Gesellschaft zu richten ist
und insoweit grundsätzlich ein prozessualer Gleichlaut zwischen Hauptsache und einstweiligen
Verfügungsverfah-ren anzustreben ist, ist im einstweiligen Verfügungsverfahren jedenfalls auch die Gesellschaft
beklagtenbefugt. Die N GmbH wird vorliegend indes nicht in Anspruch genommen. Grundsätzlich können im
einstweiligen Verfügungsverfahren ausnahmsweise aber auch einzelne Mitgesellschafter durch den Antragsteller
in Anspruch genommen werden (vgl. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., Anh zu § 47 Rn. 93),
soweit die Vollziehung des streitigen Beschlusses, insbesondere eine Anmeldung zum Handelsregister aufgrund
ihrer Stellung als Geschäftsführer in ihren Händen liegt. Aufgrund der oben dargelegten vorläufigen Wirksamkeit
des durch den bestellten Versammlungsleiter festgestellten Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom
29.07.2019 zu TOP 6 war der Beklagte als handelnder Geschäftsführer grundsätzlich gem. § 35 Abs. 1 GmbHG
befugt, die Anmeldung seiner Bestellung als Geschäftsführer zum Handelsregister sowie die Mitteilung der
geänderten Gesellschafterliste vorzunehmen. In einer ähnlichen Konstellation hat der Senat die Möglichkeit des
einstweiligen Verfügungsantrags gegen einen Abberufungsbeschluss nicht nur gegen die Gesellschaft, sondern
auch gegen deren Gesellschafter-Geschäftsführer als handelnde Personen für zulässig erachtet (Senatsurteil
vom 07.03.2018, 8 U 2/18, S. 12; Senatsurteil vom 07.10.1992, 8 U 75/92, juris).
Zweifelhaft erscheint dem Senat allerdings die Verfügungsbeklagtenbefugnis des Beklagten bezogen auf den
jetzigen Antrag zu 2. auf Zuordnung eines Widerspruchs zu der Gesellschafterliste, nachdem diese inzwischen
beim Handelsregister elektronisch registriert worden ist. Die nunmehr geltend gemachte Zuordnung eines
Widerspruchs betrifft kein Handeln des Beklagten persönlich mehr, sondern eine etwaige Verpflichtung der
Gesellschaft. Letztlich lässt der Senat dies offen, weil der geltend gemachte Verfügungsanspruch jedenfalls in der
Sache selbst nicht besteht.
II. Begründetheit der einstweiligen Verfügungsanträge:
In der Sache selbst sind die einstweiligen Verfügungsanträge des Klägers zu 2. unbegründet, weil dieser zwar
möglicherweise einen Verfügungsanspruch gegen den Beklagten auf vorläufige Unterlassung des Tätigwerdens
und Auftretens als Geschäftsführer, aber keinen Verfügungsanspruch auf Zuordnung eines Widerspruchs gegen
die neue Gesellschafterliste zum Handelsregister (dazu 1.) sowie keinen Verfügungsgrund bzgl. des
Unterlassungsanspruchs (dazu 2.) als überwiegend wahrscheinlich glaubhaft gemacht hat (§§ 936, 920 Abs. 2,
294 ZPO).
1. Glaubhaft gemachter Verfügungsanspruch:
Dem Kläger zu 2. steht zwar grundsätzlich ein in tatsächlicher Hinsicht als überwiegend wahrscheinlich glaubhaft
gemachter Verfügungsanspruch auf einstweilige Unterlassung der Tätigkeit des Beklagten als Geschäftsführer,
nicht aber ein Verfügungsanspruch auf Zuordnung eines Widerspruchs gegen die beim Handelsregister geführte
Gesellschafterliste Anl. A zu.
a) Antrag zu 1.: Unterlassung des Tätigwerdens/Auftretens als Geschäftsführer:
Dem Kläger zu 2. dürfte – was der Senat letztlich wegen des fehlenden Verfügungsgrundes offenlassen kann -
gegen den Beklagten ein Verfügungsanspruch auf Unterlassung des Tätigwerdens bzw. Auftretens als
Geschäftsführer der N GmbH auf Grundlage des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 29.07.2019
zustehen.
aa) Anspruchsgrundlage:
Als Anspruchsgrundlage kommt insoweit neben der gesellschaftsrechtlichen Treue-pflicht des Beklagten als
Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft, aber auch dem Kläger zu 2. als Mitgesellschafter (vgl. grundlegend
Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, a.a.O., § 13 Rn. 29 ff.) der quasi-negatorische Unterlassungsanspruch gem. §§
823, 1004 BGB analog in Betracht kommen (vgl. Senatsurteil vom 24.10.2018, 8 U 53/18).
bb) Aktivlegitimation:
Entgegen dem angefochtenen Urteil ist der Kläger zu 2. jedenfalls mittlerweile im Ergebnis als aktivlegitimiert
anzusehen, im einstweiligen Verfügungsverfahren den Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten geltend zu
machen.
(1) Jedenfalls mit der Vorlage des Erbscheins vom 08.08.2009, der ihn als Alleinerbe des Herrn C nach dessen
Tod vom 30.04.2019 ausweist und dessen vermutete Legitimationswirkung nach § 2365 BGB nicht widerlegt ist,
hat der Kläger zu 2. als überwiegend wahrscheinlich glaubhaft gemacht, dass er als Gesamtrechtsnachfolger
gemäß § 1922 BGB mit dem Tod des Erblassers 40-%-iger Gesellschafter der N GmbH geworden ist. Wie bereits
oben bei der Verfahrensführungsbefugnis des Klägers zu 2. dargelegt worden ist, ist der diesbezügliche neue
Vortrag im Berufungsverfahren am Maßstab der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO gemessen
zuzulassen.
(2) Der Beklagte kann der Aktivlegitimation des Klägers zu 2. zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs
nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass der Kläger zu 2. weder in der ursprünglichen Gesellschafterliste gem. § 16
GmbHG vom 29.06.2010 noch in derjenigen vom 29.07.2019 als Gesellschafter aufgeführt ist. Dabei lässt der
Senat im Ergebnis offen, ob er der vom Landgericht zugrunde gelegten Auffassung folgt, dass der Erbe zwar mit
dem Erbfall materiell Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers - auch im Hinblick auf alle mitgliedschaftlichen
Rechte gegenüber der GmbH - werde, die Ausübung dieser Rechte ihm jedoch erst möglich sei, wenn er als
Nachfolger in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste nach
(vgl. zur wohl h. M. OLG Naumburg, Urteil vom 01.09.2016, 2 U 95/15, ZIP 2016, S. 2217 = GWR 2016, S. 507,
juris; Heidinger, in: MüKo-GmbHG, a.a.O., § 16 Rn. 146; Werner, GmbHR 2017, S. 86, 89).
Gegenüber der Gesellschaft gilt nur der in der Gesellschafterliste nach
als Gesellschafter der GmbH. Dies gilt grundsätzlich auch beim Tod des Gesellschafters. Wenn allein die
materielle Berechtigung des Erben nicht genügt (Heidinger, in: MüKo-GmbHG, a.a.O., § 16 Rn. 152), muss dies
zur notwendigen Konsequenz haben, dass der Verstorbene weiterhin als Gesellschafter unwiderleglich vermutet
wird (Heidinger, in: MüKo-GmbHG, a.a.O., § 16 Rn. 153). Nach obergerichtlicher Rechtsprechung gilt selbst in
dem Fall, dass die in der Gesellschafterliste eingetragene verstorbene Person einen Vertreter – auch über deren
Tod hinaus – bevollmächtigt hat, der Verstorbene noch als Gesellschafter, weil er gem. § 16 Abs. 1 GmbHG
eingetragen ist, auch wenn diese Person nicht mehr existiert und ihre Rechte selbst nicht mehr wahrnehmen kann
(OLG Naumburg, Urteil vom 01.09.2016, 2 U 95/15, ZIP 2016, S. 2217 = GWR 2016, S. 507, juris, Rn. 31).
Die Folge ist im Fall der Vollmacht über den Tod hinaus, dass der vom verstorbenen Listengesellschafter
Bevollmächtigte – hier der Kläger zu 2. - dessen Rechte grundsätzlich gegenüber der Gesellschaft wahrnehmen
kann (vgl. Berninger, GWR 2016, S. 507). Da dieser aber prozessual – wie oben aufgezeigt – nicht für den
Verstorbenen klagen kann, tritt in dem Fall der Erbe – hier der Kläger zu 2. - jedenfalls dann an seine Stelle und
ist aktivlegitimiert, wenn die Vollmacht noch besteht und – zumindest auch – für den Erben ausgeübt wird.
cc) Summarische Prüfung der Wirksamkeit der Beschlüsse vom 29.07.2019:
Bei der gebotenen summarischen Prüfung sind die den einstweiligen Verfügungsanträgen des Klägers zu 2.
zugrunde liegenden Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 29.07.2019 zur Bestellung des Beklagten
als Geschäftsführer und zur Einziehung des Gesellschaftsanteils des Erben des Herrn C mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit unwirksam, zumindest anfechtbar.
(1) Vorläufige Verbindlichkeit der festgestellten Beschlüsse:
Hat eine förmliche Beschlussfeststellung auf einer Gesellschafterversammlung der GmbH stattgefunden, können
Fehler bei der Beschlussfeststellung wie die Nichtzählung wirksamer oder Mitzählung unwirksamer Stimmen –
das gleiche gilt auch bei der parallel in Streit stehenden möglichen Feststellung durch einen wegen der gleichen
Problematik der Wirksamkeit der Stimmabgabe möglicherweise nicht wirksam bestellten Versammlungsleiter –
nur mehr mittels Anfechtungsklage in der Hauptsache geltend gemacht werden; der vom Versammlungsleiter
festgestellte Beschluss ist im Interesse der Rechtssicherheit als vorläufig verbindlich anzusehen (s.o.,
Roth/Altmeppen-Roth, a.a.O., § 47 Rn. 106, 131). Dies gilt abweichend von der früheren Rechtsprechung (BGHZ
51, S. 209, 211 ff.) nicht nur bei zu beurkundenden Beschlüssen (§ 53 Abs. 2 GmbHG), sondern generell immer
dann, wenn aufgrund einer förmlichen Ergebnisfeststellung vom festgestellten Beschlussinhalt ausgegangen wird.
Es gilt insbesondere, wenn eine Ungültigkeit von Stimmen wegen einer Pflichtbindung oder
Stimmrechtsausschluss infrage steht (vgl. BGHZ 104, S. 66, 71, Roth/Altmeppen, a.a.O., mit weiteren
Rechtsprechungsnachweisen). Auf die Frage der Wirksamkeit des Beschlusses zur Bestellung des
Prozessbevollmächtigten des Beklagten zum Versammlungsleiter kommt es insoweit im einstweiligen
Verfügungsverfahren nicht entscheidungserheblich an.
(2) Formelle Beschlussmängel:
Formelle Beschlussmängel dürften im Ergebnis teilweise vorliegen, wobei der Senat dies im Ergebnis wegen des
fehlenden Verfügungsgrundes offenlassen kann.
(a) Einberufungsmängel:
Ein zur Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses zur Bestellung des Beklagten als Geschäftsführer vom
29.07.2019 führender gravierender Einberufungsmangel (vgl. dazu grundlegend Baumbach/Hueck-Zöllner
/Noack, a.a.O., Anh. § 47 Rn. 45 ff.) dürfte sich am Maßstab des § 49 GmbHG i.V.m. § 6 Abs. 3 u. Abs. 5 des
Gesell-schaftsvertrages gemessen nicht feststellen lassen.
(aa) Bezogen auf die Einberufung zur Gesellschafterversammlung vom 29.07.2019 liegen keine Mängel vor. Im
Ausgangspunkt ist zu berücksichtigen, dass das Landgericht Münster in dem Verfahren mit dem Az. 022 O 70/19
durch bestandskräftig gewordenen Beschluss vom 22.07.2019 den einstweiligen Verfügungsantrag des Klägers
zu 1. auf Untersagung der Durchführung der Gesellschafterversammlung vom 29.07.2019 in Kenntnis der
tatsächlichen Umstände und der Rechtsansichten des Klägers zu 1. zurückgewiesen hat (Abschrift Bl. 10 ff. d.
A.).
(bb) Auch ansonsten sind Einberufungsmängel wohl nicht gegeben. Nach dem Tod des Herrn C als einzigem
Geschäftsführer verfügte die Gesellschaft nicht mehr über einen an sich für die Einberufung gemäß § 49 Abs. 1
GmbHG, § 6 Abs. 3 S. 1 der Satzung zuständigen Geschäftsführer. Verbliebene Gesellschafter neben dem nach
dem Tod dem Beklagten noch unbekannten Erben waren nur der Beklagte selbst zu 30 % und die Gesellschaft zu
weiteren 30 %. Als zur erforderlichen Willensbildung der Gesellschaft durch Einladung zur
Gesellschafterversammlung fähige natürliche Person verblieb damit nur noch der Beklagte, vgl. § 50 Abs. 3 S. 1
GmbHG. Dieser hatte seinen Prozessbevollmächtigten am 10.07.2019 Vollmacht für die Vertretung zur
Geltendmachung seiner Rechte aus dem Gesellschaftsanteil erteilt. Im Ergebnis konnten die Bevollmächtigten
des Beklagten mit Schreiben vom 11.07.2019 (Anlage AS 17, Bl. 90 ff. d. A.) daher grundsätzlich wirksam zu der
Gesellschafterversammlung laden.
(aaa) Allerdings ist streitig, ob die Delegation der Einberufung überhaupt zulässig ist (vgl. zum Streitstand Senat,
Urteil vom 01.02.1995, 8 U 148/94, juris, Rn. 22; OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2003, 16 U 95/98, juris, Rn.
104; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 49 Rn. 4; Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, a.a.O., § 49 Rn. 5; van
Venrooy, GmbHR 2000, S. 166 ff.). Jedenfalls darf sich der für die Einberufung Zuständige technischer Hilfe eines
Dritten, z. B. eines Rechtsanwalts, bedienen und diesen bevollmächtigen, wenn aus der Einberufung hervorgeht,
dass nicht der Dritte, sondern der Zuständige Urheber der Einberufung ist und erkennbar wird, dass der
Entschluss zur Ladung von dem Zuständigen selbst stammt. Das ist hier der Fall. In dem Einberufungsschreiben
der Bevollmächtigten des Beklagten vom 11.07.2019 (Anlage AS 17, S. 2) heißt es ausdrücklich, dass die
Einladung zu der Gesellschafterversammlung vom 29.07.2019 „namens und im Auftrag des Gesellschafters Q“
erfolge. Damit wird klar, dass Rechtsanwalt Dr. Y im Auftrag des Beklagten gehandelt hat, der tatsächlich Urheber
der Einberufung gewesen ist.
(bbb) Inwieweit im Hinblick auf die in dem Antwortschreiben des Klägers zu 1. vom 18.07.2019 (Anlage AS 23, Bl.
99 ff. d. A.) erklärte Zurückweisung der Vollmacht mangels Vorlage des Originals ein Einberufungsmangel
vorliegt, weil bei der Ladung durch einen Vertreter ohne vorherige Kenntnis der Gesellschafter § 174 S. 1 BGB
analog eingreife (vgl. Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, a.a.O., § 49 Rn. 5), lässt der Senat im Ergebnis offen.
Wendet man § 174 S. 1 BGB analog an – anders als etwa im Falle der Kündigung liegt in der Einberufung zu
einer Gesellschafterversammlung an sich kein einseitiges Rechtsgeschäft – hätte dies zur Folge, dass der Kläger
zu 1. die Ladung – auch in Vollmacht für den Kläger zu 2. handelnd – grundsätzlich zu Recht zurückgewiesen
hätte, sodass die Einberufung unwirksam und die Beschlüsse nichtig wären, wenn keine Vollversammlung
stattgefunden hätte. Geht man demgegenüber davon aus, dass es bei der rein technischen Hilfe für die
Versendung der Einberufung durch einen beauftragten Rechtsanwalt nicht um die Stellvertretung bei einem
einseitigen Rechtsgeschäft geht, spricht aus Sicht des Senats mehr dafür, dass es an einer planwidrigen
Regelungslücke und an einer vergleichbaren Interessenlage für die analoge Anwendung des § 174 S. 1 BGB
fehlt.
(cc) Zudem ist auch die erforderliche Frist eingehalten worden. In dem Protokoll vom 10.07.2019, das dem
Einberufungsschreiben vom 11.07.2019 beigefügt worden ist, wird zutreffend darauf hingewiesen, dass für die
Einberufung einer Folgeversammlung aufgrund einer Beschlussunfähigkeit der Erstversammlung gemäß § 6 Abs.
5 S. 3, 4 der Satzung, worauf mit der Einladung hinzuweisen ist, nunmehr eine Frist von 15 Tagen gilt. Unstreitig
hat das Einberufungsschreiben vom 11.07.2019 den Kläger zu 1. als aufgrund der transmortalen Vollmacht für
den Kläger zu 2. Bevollmächtigten mindestens 15 Tage vor der Versammlung vom 29.07.2019 erreicht.
(dd) Soweit der Kläger zu 2. Einberufungsmängel bezogen auf die Gesellschafterver-sammlung vom 10.07.2019
rügt, hätten sich diese für jene Sitzung selbst nicht ergebnisrelevant ausgewirkt. Auf dieser
Gesellschafterversammlung ist kein Beschluss gefasst worden, sondern gemäß dem Protokoll vom selben Tage
(Anlage AS 16, Bl. 87 ff. d. A.) ausdrücklich festgestellt worden, dass die Gesellschafterversammlung nicht
beschlussfähig ist. Auch die Rüge, dass es sich am 29.07.2019 nicht um eine wirksam einberufene
Folgeversammlung gehandelt habe, weil schon die erste Gesellschafterversammlung mangels ordnungsgemäßer
Einladung nicht wirksam durchgeführt worden sei, greift nicht durch. Aus den nachfolgenden Gründen zu (ee) und
(ff) sind die Ladungen sowohl zur Versammlung vom 10.07.2019 als auch zu derjenigen vom 29.07.2019 zu
Recht - und jeweils fristgerecht - an den Kläger zu 1. als Vertreter des Erben des in der Gesellschafterliste
eingetragenen Herrn C als 40 %-Gesellschafter gerichtet worden.
(ee) Der durch den Kläger zu 1. vertretene Kläger zu 2. kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie beide
nicht zur Entgegennahme von Einladungen zu den Gesellschafterversammlungen bevollmächtigt gewesen seien.
Bei der gebotenen Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB enthält die umfassende Bevollmächtigung des Klägers
zu 1. durch Herrn C – transmortal wirkend auch für den Erben - mit der Vertretung anlässlich zukünftiger
Gesellschafterversammlungen und Ausübung der Rechte in diesen Gesellschafterversammlungen auch die
Befugnis, Ladungen zu diesen für Herrn C bzw. den Erben zu empfangen. Die Vollmacht nach dem Tode – auf
deren weitreichende Wirkung sich die Kläger gerade berufen - wäre weitgehend entwertet, wenn in ihr nicht auch
die Berechtigung enthalten wäre, Einladungen zu Gesellschafterversammlungen – auf denen gerade die Rechte
in Vollmacht ausgeübt werden sollen – entgegen zu nehmen. Gerade in der Übergangszeit, in der noch der
verstorbene Gesellschafter in der Gesellschafterlist nach
bedeutsam. Vor Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste hätte der Erbe sonst nicht geladen werden
können. Dass der Vollmachtgeber C dies gewollt haben könnte, ist angesichts seiner Interessenlage nicht
anzunehmen, selbst wenn man berücksichtigt, dass die Vollmacht noch vor Änderung des
worden ist.
(ff) Die Ladung vom 06.06.2019 zum 10.07.2019 hat der Beklagte als Einwurfschreiben noch selbst verfasst, so
dass sich das Vollmachtsproblem nach § 174 S. 1 BGB analog hier nicht stellt. Der Ladung an den Kläger zu 1.
(auch als Bevollmächtigten des Klägers zu 2.) war ordnungsgemäß eine Tagesordnung beigefügt. Rechtlich
unerheblich ist das Vorbringen des Klägers zu 1., dass in der eidesstattlichen Versicherung des Beklagten
(Anlage AG 2) von einem Einladungsschreiben vom 07.06.2019 statt 06.06.2019 die Rede ist. Tatsächlich ist dem
Kläger zu 1. - auch als Vertreter des Klägers zu 2. - jedenfalls ein inhaltlich identisches Einladungsschreiben vom
06.06.2019 oder 07.06.2019 (Anlage M 1 zur Berufungserwiderung vom 18.11.2019) zugegangen.
Ebenso ist es, da dem Beklagten und seinem späteren Prozessvertreter die Person des Erben des Herrn C
seinerzeit noch nicht bekannt waren und sie daher lediglich den Kläger zu ein 1. als dessen Vertreter laden
konnten, nicht entscheidungserheblich, ob, wann und in welcher Rolle dem Kläger zu 2. persönlich seinerzeit die
Ladung vom 06.06.2019 zugegangen ist. Der Kläger zu 1. hat eine Ladung zum 10.07.2019 als Bevollmächtigter
tatsächlich am 11.06.2019 erhalten. Es kommt jedoch nicht auf den tatsächlichen Zugang an, sondern
grundsätzlich auf den nach den üblichen Postzustellungszeiten zu erwartenden Zugang. In der Regel kann von
einem Zugang jedenfalls nach dem Ablauf eines zweitägigen Postzustellungszeitraums ausgegangen werden.
Nach der Aufgabe des Einberufungsschreibens am 07.06.2019 wäre dieser Zeitpunkt unter Berücksichtigung der
Pfingstfeiertage vom 09. bis 10.06.2019) zwar ggf. auch frühestens am 11.06.2019 gewesen. Jedoch ist ein
zweitägiger Zustellungszeitraum dann nicht mit zu berücksichtigen, wenn die Ladungsfrist laut Satzung bereits
länger als die gesetzliche Einberufungsfrist von einer Woche gem. § 51 Abs. 1 S. 2 GmbHG ist, weil dann
jedenfalls der Zweck der ausreichenden Vorbereitung für die Gesellschafter ermöglicht wird (OLG Brandenburg,
NZG 1999, S. 829; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 51 Rn. 14 a. E.). Im Ergebnis hat der Kläger zu 1. für
den Kläger zu 2. die Einberufung jedenfalls rechtzeitig innerhalb der die gesetzliche Wochenfrist deutlich
übersteigenden 30-tägigen Ladungsfrist des § 6 Abs. 3 S. 2 der Satzung erhalten.
Schließlich steht der Wirksamkeit der Einberufung zu der Erstversammlung vom 10.07.2019 auch nicht entgegen,
dass es in der Überschrift des Schreibens – sowohl datierend auf den 06.06.2019 als auch den 07.06.2019 –
jeweils heißt, dass es um die Einladung zu einer ordentlichen Gesellschafterversammlung am 08.07.2019 gehe.
Das falsche Datum in der Überschrift ist nämlich unerheblich, weil nach der Klarstellung im Fließtext unter
Nennung des Wochentages „am Mittwoch, den 10.07.2019“ kein Zweifel über das richtige Datum mehr
verbleiben konnte.
(b) Mängel der Abstimmung bzw. Beschlussfassung:
Bei summarischer Prüfung liegen jedoch formelle Mängel der Abstimmung bzw. Beschlussfassung vor. Der
Beschluss zur Bestellung des Beklagten zum Geschäftsführer ist nicht mit der erforderlichen Stimmenmehrheit
getroffen worden, weil der Kläger zu 1. als Vertreter des Klägers zu 2. treuwidrig an der Stimmabgabe gehindert
worden ist und der Beklagte seine Stimme seinerseits treuwidrig abgegeben hat.
(aa) Bzgl. der Gesellschafterversammlung der GmbH ist das satzungsgemäße Erfordernis der (einfachen)
Mehrheit der abgegebenen Stimmen in § 6 Abs. 7 des Gesellschaftsvertrages, der mit § 47 Abs. 1 GmbHG im
Einklang steht, geregelt. Dieses Mehrheitserfordernis gilt, wenn keine anderslautenden Satzungsregelungen
greifen. § 6 Abs. 8 der Satzung sieht lediglich für Beschlüsse über eine Änderung des Gesellschaftsvertrages,
Kapitalerhöhungen und Herabsetzungen sowie die Auflösung der Gesellschaft eine Mehrheit von 75 % der
stimmberechtigten Stimmen vor. Für die Bestellung eines Geschäftsführers gilt dieses Quorum also nicht.
Allerdings verlangt § 6 Abs. 5 S. 1 der Satzung für die Beschlussfähigkeit, dass mindestens 75 % der
stimmberechtigten Stimmen in der Versammlung anwesend oder vertreten sind. Dies war hier nicht der Fall, da
auf der Gesellschafterversammlung vom 29.07.2019 nur der Beklagte mit einem Anteil von 30 % als
stimmberechtigt angesehen worden ist und der Kläger zu 1. als Vertreter des Klägers zu 2. die
Gesellschafterversammlung vor der Fassung des streitigen Beschlusses bereits verlassen hatte. Auch unter
Berücksichtigung des 30 %-igen Gesellschaftsanteils der GmbH selbst war das Quorum von 75 % nicht erreicht.
Indes regelt § 6 Abs. 5 S. 2, 2. HS der Satzung, dass im Falle der ordnungsgemäß geladenen, aber nicht
beschlussfähigen Erstversammlung die Folgeversammlung im Falle ordnungsgemäßer Ladung in jedem Falle
beschlussfähig ist. So liegt der Fall nach dem oben Festgestellten hier. Die Wirksamkeit des in Streit stehenden
Beschlusses scheitert demnach nicht bereits an der fehlenden Beschlussfähigkeit der
Gesellschafterversammlung vom 29.07.2019.
(bb) Der Beschluss vom 29.07.2019 ist aber nicht mit der erforderlichen Mehrheit zustande gekommen. Zwar hat
der Beklagte als verbliebener stimmberechtigter Anwesender mit seinem Anteil von 300 Stimmen (gemäß § 6
Abs. 7 S. 3 der Satzung je 100,- DM Nennbetrag des Geschäftsanteils eine Stimme) entsprechend der
Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter ohne Gegenstimme und Enthaltung für seine Bestellung
zum von den Beschränkungen des
(Protokoll zu TOP 6.1, 6.2).
(aaa) Insoweit ist der Kläger zu 1. - als Vertreter des Klägers zu 2. - aber zu Unrecht von der
Stimmrechtsausübung ausgeschlossen worden. Im Hinblick auf die obigen Feststellungen zu der auch nach dem
Tode des Herrn C zu dessen bzw. seinen Erben Gunsten die Gesellschafterstellung unwiderleglich vermutenden
Gesellschafterliste nach § 16 Abs. 1 GmbHG handelte der Kläger zu 1. bei seinem Auftreten in der
Gesellschafterversammlung kraft transmortaler Vollmacht des Herrn C für dessen im Wege der
Gesamtrechtsnachfolge des § 1922 BGB in den Gesellschaftsanteil einrückenden Erben, den Kläger zu 2.
Angesichts der auf den Listengesellschafter C zurückgehenden Vollmacht stellt sich insoweit nicht das Problem
gem. § 10 Abs. 3 der Satzung, wonach mehrere Rechtsnachfolger einen gemeinsamen Vertreter bestellen
müssen. Unabhängig davon gab es tatsächlich nur einen Erben, den Kläger zu 2.
Der Kläger zu 1. hat seine Stimme in Vertretung für den Kläger zu 2. als Erben des Gesellschafters C nicht
abgegeben, weil er die Gesellschafterversammlung zuvor verlassen hatte. Ungeachtet der streitigen
Einzelumstände hatte der Kläger zu 1. die Gesellschafterversammlung vor den Beschlussfassungen allerdings
nicht freiwillig verlassen, sondern vor dem Hintergrund, dass der Beklagte und sein Bevollmächtigter als
Versammlungsleiter ihm deutlich gemacht hatten, ihn mangels Benennung der konkreten Person des Erbens
(fälschlich und in Verkennung der Legitimationswirkung der Gesellschafterliste nach § 16 Abs. 1 GmbHG über
den Tod des C hinaus) für nicht stimmberechtigt zu halten und seine Stimme für den Fall der Abgabe ohnehin
nicht mitzuzählen. Damit haben sie das Verlassen der Versammlung durch den Kläger zu 1. provoziert. Die
gefassten Beschlüsse sind insoweit in der Hauptsache anfechtbar. Da der Kläger zu 1. namens des Klägers zu 2.
als Erben für dessen 40 %-Gesellschaftsanteil wirksam mit „Nein“ gestimmt hätte, hätte es keine Mehrheit für die
gefassten Beschlüsse gegeben, für den Antrag zu 1. maßgeblich also nicht für den Beschluss auf Bestellung des
Beklagten zum Geschäftsführer. Die Berücksichtigung allein der Stimme des Beklagten als damaligem 30
%-Gesellschafter erweist sich vor dem Hintergrund des von ihm und seinem Bevollmächtigten provozierten
unberechtigten Ausschlusses des Klägers zu 1. von der Ausübung seines Stimmrechts für den Kläger zu 2. als
treuwidrig.
(2) Inhaltliche Beschlussmängel:
Ob die Beschlussfassung zur Bestellung des Beklagten zum alleinigen Geschäftsführer der Beklagten darüber
hinaus auch inhaltliche Mängel aufweist, lässt der Senat dahinstehen. Auf diese stützen die Kläger ihr
Unterlassungsbegehren im Kern nicht.
Materielle Beschlussmängel können darin liegen, dass die Beschlussfassung gegen das Gesetz oder die Satzung
verstößt, einschließlich der daraus folgenden Treuepflichten. Solche sind bezogen auf die Bestellung des
Beklagten zum alleinigen Geschäftsführer nicht ohne Weiteres zu erkennen, denn diese steht inhaltlich im
Einklang mit den Regelungen des § 6 GmbHG und den Anforderungen der §§ 5 und 6 der Satzung der N GmbH.
Nach dem Tode des Herrn C als seinerzeit einzigem Gesellschafter-Geschäftsführer bedurfte die Gesellschaft vor
dem Hintergrund des § 35 GmbHG zur Wiederherstellung ihrer Handlungsfähigkeit dringend der Bestellung eines
oder mehrerer neuer Geschäftsführer. Aus den vom Kläger zu 1. im Senatstermin vom 27.11.2019 erwähnten, in
einem lange zurückliegenden Gerichtsverfahren erörterten und nicht näher substantiierten Bedenken gegen die
damalige Fähigkeit des Beklagten zur Ausübung der Geschäftsführung ergeben sich keine als überwiegend
wahrscheinlich glaubhaft gemachten aktuellen Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte für die Geschäftsführung
ungeeignet sein könnte. Auch die in der Verhandlung vor dem Senat erörterte derzeitige wirtschaftliche
Entwicklung der GmbH, über deren Inhalt und Gründe die Parteien streiten, begründet keine konkreten Zweifel an
der Fähigkeit des Beklagten zur Geschäftsführung. Soweit der Kläger zu 1. - auch für den Kläger zu 2. handelnd –
seinerzeit mit einem vorgelegten Beschlussentwurf die Bestellung der Herren X und S zu Geschäftsführern
anstelle des Beklagten anstrebte, ist dies für die inhaltliche Wirksamkeit der Bestellung des Beklagten ohne
Belang.
Abschließend geht der Senat jedoch wegen des als überwiegend wahrscheinlich glaubhaft gemachten formellen
Beschlussmangels der treuwidrigen Stimmausübung von einem grundsätzlich bestehenden Verfügungsanspruch
des Klägers zu 2. gegen den Beklagten auf Unterlassung des weiteren Auftretens und Tätigwerdens als
Geschäftsführer der N GmbH aufgrund der Beschlussfassung vom 29.07.2019 aus.
b) Verfügungsantrag zu 2.: Zuordnung eines Widerspruchs zu der im Handelsregister elektronisch gespeicherten
Gesellschafterliste:
Für den geänderten Verfügungsantrag zu 2. auf Zuordnung eines Widerspruchs zu der im Handelsregister
elektronisch gespeicherten neuen Gesellschafterliste fehlt es hingegen bereits an einem Verfügungsanspruch, der
allein aus § 16 Abs. 1, Abs. 3 S. 3 GmbHG resultieren könnte. Zwar dürfte der – der neuen Gesellschafterliste
zugrunde liegende - Beschluss zur Einziehung des Gesellschaftsanteils C bei der gebotenen summarischen
Prüfung nicht nur an dem oben aufgezeigten formellen Beschlussmangel der treuwidrigen Stimmabgabe leiden,
sondern auch materielle Beschlussmängel aufweisen (dazu folgend aa). Die in derartigen Fällen grundsätzlich
bestehende Möglichkeit der Zuordnung eines Widerspruchs zu der Gesellschafterliste im einstweiligen
Verfügungsverfahren kann vorliegend allerdings mangels tauglichen Gegenstandes eines gutgläubigen Erwerbs
(neu gebildeter Geschäftsanteil) nicht durchgreifen (dazu folgend bb).
aa) Die Beschlussfassung zu TOP 5 über die Einziehung des Geschäftsanteils des Herrn C aus wichtigem
Grund gem. § 9 Abs. 2 S. 1 lit. d) der Satzung ist bei summarischer Prüfung unwirksam, denn die
Voraussetzungen dieser Regelung haben am 29.07.2019 nicht vorgelegen. Dabei lässt der Senat offen, ob der
Kläger zu 1., handelnd für den Kläger zu 2., wegen dessen Betroffenheit durch die Einziehung des
Geschäftsanteils durch § 9 Abs. 2 S. 1 der Satzung wirksam an der Ausübung des Stimmrechts gehindert
gewesen wäre. Jedenfalls fehlte es zum Zeitpunkt der Beschlussfassung an dem erforderlichen wichtigen Grund
für die Einziehung des Geschäftsanteils, weil noch Zeit bestand, auf die Legitimation eines Erben zu warten, und
die Kläger das Erbscheinsverfahren mit angemessener Beschleunigung betrieben haben:
Das Zustandekommen des Einziehungsbeschlusses ist von Seiten des Beklagten unter Verstoß gegen seine
gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten gegenüber dem – ihm seinerzeit noch nicht in Person bekannten – Erben
als Gesellschafter anstelle des verstorbenen Herrn C erfolgt. Bereits in der Tagesordnung als Anlage zur Ladung
vom 06.06.2019 war unter TOP 4 unter bloßer Bezugnahme auf § 10 der Satzung ohne jede weitere Erklärung
die Abtretung des Geschäftsanteils des Gesellschafters C an den Beklagten vorgesehen. Zwar ergibt sich aus §
10 Abs. 1 der Satzung, dass im Falle des Todes eines Gesellschafters dessen Erbe aufgrund eines Beschlusses
der übrigen Gesellschafter die Beteiligung des verstorbenen Gesellschafters an die übrigen Gesellschafter
abzutreten haben. Ein zur Abtretung verpflichteter Erbe war dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht
bekannt.
Mit Schreiben vom 02.07.2019 haben die Bevollmächtigten des Beklagten die Tages-ordnung sodann noch um
den weiteren TOP 5 Einziehung des Geschäftsanteils des Herrn C für den Fall der nicht bis spätestens im
Zeitpunkt der Abhaltung der Gesellschafterversammlung vom 10.07.2019 rechtssicher legitimierten Nachfolge
erweitert. Damit hat der Beklagte den aufgrund der transmortalen Vollmacht wirksam für den Erben handelnden
Kläger zu 1. treuwidrig dahingehend unter Druck gesetzt, dass dieser nunmehr innerhalb von acht Tagen einen
nach § 2365 BGB legitimie-renden Erbschein hätte vorlegen müssen. Obwohl das Nachlassverfahren mit dem Az.
6 IV 386/19 Amtsgericht Oberhausen ausweislich des Protokolls vom 21.05.2019 über die Eröffnung des
Testaments zeitnah nach dem Tod des Herrn C eingeleitet worden ist, ist dem Kläger zu 2. – nach der gebotenen
Anhörung der gesetzlichen Erben im schriftlichen Verfahren – erst am 08.08.2019 in dem weiteren Verfahren 6 VI
586/19 ein Erbschein erteilt und seinem Notar am 21.08.2019 zugestellt worden. Die Legitimierung eines
Alleinerben des Herrn C war den Klägern so zeitnah wie vom Beklagten gefordert also faktisch gar nicht möglich.
Dies hat sich auch kausal auf die Beschlussfassung zu TOP 5 in der Folgeversamm-lung vom 29.07.2019
ausgewirkt. Unabhängig davon, ob und aus welchen Gründen der Kläger zu 1. dem Beklagten nicht die Person
des Klägers zu 1. als testamenta-risch bestimmter Alleinerbe mitgeteilt haben mag, ist die Einziehung des Gesellschaftsanteils
des Herrn C durch den Beschluss vom 29.07.2019 - für den Beklagten erkennbar – zu einem
Zeitpunkt erfolgt, zu dem bei dem gewöhnlichen Lauf der Dinge noch nicht mit der unter Fristsetzung bis zur
Gesellschafterversammlung geforderten Legitimierung eines Erbens gerechnet werden durfte. Insoweit bestand
für den Beklagten im Übrigen auch nach den Satzungsregelungen noch kein Zeitdruck. Für die Einziehung eines
Geschäftsanteils – gegen Entgelt (§ 9 Abs. 4 ff. der Satzung) – sieht § 9 der Satzung keine Frist vor. Auch soweit
der Beklagte mit dem Beschluss zur Einziehung des Geschäftsanteils der nach seiner Darstellung ohnehin aus §
10 der Satzung folgenden Verpflichtung zur Übertragung des Geschäftsanteils im Erbfall zuvorkommen wollte,
bestand kein Zeitdruck, denn für einen Gesellschafterbeschluss gegenüber dem Erben zur Pflichtübertragung des
Geschäftsanteils galt gem. § 10 Abs. 2 der Satzung eine Frist von sechs Monaten nach dem Ableben des
Gesellschafters, hier also angesichts des Todes des Herrn C vom 30.04.2019 bis zum 30.10.2019. Zum Zeitpunkt
des angefochtenen Einziehungsbeschlusses vom 29.07.2019 lief diese Frist noch gut drei Monate lang.
Ein sonstiger wichtiger Grund zur Einziehung des Geschäftsanteils im Sinne des § 9 Abs. 2 S. 1 lit. d) der
Satzung, der gleich gewichtig ist wie die zu lit. a) bis c) aufgeführten Gründe (über das Vermögen des
Gesellschafters eröffnetes Insolvenzverfahren, Pfändung des Geschäftsanteils, Verstoß gegen § 12 der Satzung
= Vereinbarung der Gütertrennung mit Ehegatten der Gesellschafter) ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Auf
die zudem fehlende Regelung der Gegenleistung (Entgelt, s.o.) in dem angefochtenen Beschluss kommt es
insoweit nicht mehr erheblich an.
bb) Trotz der Unwirksamkeit des Beschlusses zur Einziehung des Gesellschaftsanteils des verstorbenen Herrn C
ergibt sich aus § 16 Abs. 1, Abs. 3 S. 3 GmbHG aber kein glaubhaft gemachter Verfügungsanspruch des Klägers
zu 2. gegen den Beklagten auf Zuordnung eines Widerspruchs zu der mittlerweile im Handelsregister elektronisch
hinterlegten Gesellschafterliste vom 29.07.2019 (Anlage A).
(1) Der Widerspruch dient gemäß § 16 Abs. 3 S. 3 GmbHG der Verhinderung des gutgläubigen Erwerbs des
Gesellschaftsanteils, lässt aber die von der hinterlegten Gesellschafterliste ausgehende Legitimationswirkung
unberührt (Bayer, in: Lutter/ Hommelhoff, a.a.O., § 16 Rn. 93). Eine einstweilige Verfügung hat insoweit zur
Voraussetzung, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Einreichung einer korrigierten Liste und damit seine
wahre Gesellschafterstellung gemäß den
Anwendungsfall in der Praxis ist die Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste durch den Geschäftsführer
nach erfolgter Zwangseinziehung, wenn der betroffene Gesellschafter der Einziehung widersprochen hat.
Richtiger Antragsgegner ist der angeblich unrichtig in die Gesellschafterliste Eingetragene (vgl. zum
Vorstehenden insgesamt Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 16 Rn. 97 mit Rechtsprechungsnachweisen). Ein
Widerspruch kommt allerdings - worauf der Beklagte in der Berufungserwiderung vom 18.11.2019 zu Recht
hingewiesen hat – nur in Bezug auf einen etwa anstelle des eingezogenen Geschäftsanteils neu gebildeten
Geschäftsanteil in Betracht (vgl. LG Kassel, Urteil vom 11.07.2018, 11 O 4146/16,
2019, S. 29 ff.).
(2) Vorliegend fehlt es an diesem Maßstab gemessen schon an den Anspruchsvoraussetzungen für die
Eintragung eines Widerspruchs zur Vermeidung eines gutgläubigen Erwerbs. Anders als in einem vom
Kammergericht Berlin entschiedenen Fall, in dem der eingezogene Gesellschaftsanteil in der Gesellschafterliste
dem Anteil der GmbH zugeordnet worden war (KG, Beschluss vom 01.04.2010, 2 W 36/10, ZIP 2010, S. 2047 ff.,
juris), ist der eingezogene Gesellschaftsanteil C in der vom Kläger zu 2. im Antrag zu 2. in Bezug genommenen
neuen Gesellschafterliste vom 29.07.2019 (Bl. 347 d. A.) nicht zu Unrecht einem anderen Gesellschafter
zugeordnet worden. Vielmehr sind zum einen beide in der Gesellschafterliste aufgeführten Geschäftsanteile
zutreffend mit ihren – bisherigen und fortbestehenden - Nennbeträgen von jeweils 30.000,00 DM dem Beklagten
und der GmbH jeweils als Inhabern zugeordnet worden; die Angabe, dass der prozentuale Anteil jeweils (statt
bisher je 30 %) 50 % betrage, ist für den gutgläubigen Erwerb unerheblich. Bezüglich des für den Widerspruch
maßgeblichen bisherigen Geschäftsanteils des Herrn C bzw. des Klägers zu 2. als dessen Erben heißt es in der
Gesellschafterliste wörtlich: „Der Geschäftsanteil Nr. 1 im Nominalbetrag von 40.000,00 DM wurde vernichtet
durch Einziehung.“ Dieser Anteil kann also durch Dritte schon nicht mit dem Hinweis auf die Gesellschafterliste
gutgläubig erworben werden. Insbesondere ist der Beklagte in dieser nicht fälschlich als Berechtigter eines neu
gebildeten oder im Nominalwert erhöhten Geschäftsanteils bezeichnet worden.
2. Glaubhaft gemachter Verfügungsgrund:
Für den Verfügungsantrag zu 1. auf Unterlassung der Betätigung des Beklagten als Geschäftsführer, für den
grundsätzlich ein Verfügungsanspruch besteht, hat der Kläger zu 2. schließlich einen Verfügungsgrund i.S.d. §§
935, 940 ZPO nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
a) Der Senat handhabt die Voraussetzungen eines Verfügungsgrundes in Fällen wie dem vorliegenden in
ständiger Rechtsprechung streng. Aus dem Rechtsgedanken des
Verbindlichkeit von Gesellschafterbeschlüssen der GmbH folgt das anzuerkennende Interesse der Gesellschaft
daran, dass Organfragen möglichst nicht vorläufig geregelt werden sollten. Ergibt sich auf Basis der danach
vorzunehmenden Abwägung – auch unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens -,
dass ein anzuerkennendes Interesse die Bejahung eines Verfügungsanspruchs – wie vorliegend – grundsätzlich
rechtfertigt, folgt daraus keineswegs automatisch auch das Vorliegen eines Verfügungsgrundes. Letzterer setzt
eine Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit voraus, die nicht schon aufgrund bloßer abstrakter Erwägungen als
gegeben angesehen werden kann, sondern konkret im Einzelfall begründet werden muss (Senat, Urteil vom
27.11.2017, I-8 U 34/17). Ein Verfügungsgrund ist nur dann gegeben, wenn dem Antragsteller ohne die
beantragte einstweilige Regelung eine konkrete, schwerwiegende Beeinträchtigung seiner rechtlichen Interessen
droht (OLG München, Urteil vom 23.10.2009, 23 U 3430/09, juris; Senat, Urteil vom 03.07.2019, 8 U 27/19).
b) An diesem Maßstab gemessen hat der Kläger zu 2. mit seinem schriftsätzlichen Vortrag unter Berücksichtigung
der mündlichen Ergänzungen im Senatstermin einen konkreten dringlichen Verfügungsgrund für den Anspruch
auf vorläufige Untersagung des Tätigwerdens des Beklagten als Geschäftsführer nicht gem. den §§ 935, 940, 920
Abs. 2, 936, 294 ZPO glaubhaft gemacht. Eine konkrete schwerwiegende Beeinträchtigung seiner
rechtlichen Interessen als Gesellschafter der N GmbH durch die Tätigkeit des Beklagten als Geschäftsführer
hat der Kläger zu 2. nicht hinreichend dargelegt. Mit der Berufungsbegründung hat er lediglich pauschal
dargelegt, dass eine Untersagung der Ausführung der Geschäftsführerrechte erforderlich und eilig sei, da der
Beklagte die Möglichkeit habe, als Geschäftsführer für die N GmbH trotz nichtiger Geschäftsführerbestellung
aufzutreten und für diese im Rechtsverkehr verbindliche Verpflichtungen einzugehen. Dieser Vortrag genügt nicht
der Rechtsprechung des Senats. Vielmehr liegt es grundsätzlich im Interesse der Gesellschaft, dass ein
Geschäftsführer existiert, der sein Amt auch wahrnimmt. Anhaltspunkte für eine zu besorgende pflichtwidrige
Amtsführung hat der Kläger zu 2. nicht dargelegt.
Auch der deutlich substantiiertere sowie gem. § 420 ZPO urkundlich belegte Vortrag des Klägers zu 2. in der
Replik vom 20.11.2019 vermag im Ergebnis nicht einen Verfügungsgrund hinreichend glaubhaft zu machen. Dass
der Beklagte seine derzeitige faktische Position dazu ausgenutzt hat, durch Schreiben vom 27.08.2019 die
Prokura des Klägers zu 2. zu widerrufen, durch Schreiben vom 25.09.2019 das Anstellungsverhältnis des Klägers
zu 2. zu der N GmbH mittels ordentlicher Kündigung unter Freistellung von der Arbeitsleistung fristgemäß zum
31.03.2020 zu beenden sowie durch Gesellschafterbeschluss vom 07.09.2019 sich selbst – den Beklagten – zum
alleinigen verantwortlichen Leiter des Geschäftsbereichs „Kfm. Leiter des Controllings sowie der Finanz- und
Personalabteilung“ im Rahmen seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer zu bestellen, begründet nicht
die überwiegende Wahrscheinlichkeit der rechtsmissbräuchlichen Ausübung der (vorläufigen)
Geschäftsführerstellung zur schwerwiegenden Beeinträchtigung der rechtlichen Interessen des Klägers zu 2. Zum
einen ist dieser durch die gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen nicht in seiner Stellung als – angesichts der
unwirksamen Einziehung – Gesellschafter der GmbH betroffen, sondern als angestellter Prokurist des
Unternehmens. Eine Beeinträchtigung der Gesellschafterrechte des Klägers zu 2. ist mit den konkreten
Maßnahmen – auch wenn der Beklagte die Gesellschafterstellung des Klägers zu 2. leugnet – nicht verbunden.
Überdies hat der Beklagte die aus seiner Sicht den Widerruf der Prokura, die Kündigung des
Anstellungsverhältnisses des Klägers zu 2. sowie die eigene Übernahme der Controlling-, Finanz- und
Personalabteilung notwendig machenden Gründe (von dem Kläger zu 2. als Prokurist und dessen Abteilung zu
verantwortende katastrophale Buchführung und dadurch bedingte wirtschaftliche Schieflage des Unternehmens)
im Senatstermin näher dargelegt, ohne dass der für die Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes darlegungsund
beweisbelastete Kläger zu 2. konkrete Tatsachen glaubhaft machen konnte, dass die gegen ihn gerichteten
Maßnahmen ohne Grund nur zum Zwecke seines Herausdrängens aus der GmbH erfolgt seien.
Die unstreitige Tatsache, dass der Beklagte zugleich – in streitigem aktuellen Umfang – als Geschäftsführer des
anderweitigen Maschinenherstellers der Verpackungsbranche Fa. M GmbH tätig ist, vermag ohne – vorliegend
fehlenden – konkreten Vortag des Klägers zu 2. nicht die Besorgnis glaubhaft zu machen, dass der Beklagte
seinen – durch Beschluss vom 07.09.2019 ausgeweiteten – Aufgaben als Geschäftsführer der N GmbH nicht in
dem erforderlichen Maße ordnungsgemäß nachkommen könne. Auch eine unzulässige Konkurrenztätigkeit ist
nicht glaubhaft gemacht, da der Beklagte unwiderlegt vorgetragen hat, dass das andere Unternehmen, in dem er
im März 2020 als Geschäftsführer ausscheiden werde, kein Wettbewerber sei, weil die Tätigkeiten beider
Unternehmen in den Produktlinien hintereinander lägen.
Des Weiteren vermag auch die vom Kläger zu 1. als Vertreter für den Kläger zu 2. im Senatstermin behauptete
Absicht des Beklagten, die N GmbH zeitnah zu veräußern, keinen Verfügungsgrund zu rechtfertigen. Ausgehend
von der hinterlegten Gesellschafterliste könnten allenfalls die Geschäftsanteile des Beklagten und der GmbH
übertragen werden. Seinen eigenen Geschäftsanteil kann der Beklagte ohnehin grundsätzlich frei an einen Dritten
veräußern. Als Gefahr verbleibt damit nur, dass der Beklagte als Geschäftsführer die Veräußerung der
Gesellschaftsanteile der GmbH selbst betreiben könnte. Dafür ist aber grundsätzlich ein Gesellschafterbeschluss
erforderlich, der Geschäftsführer einer GmbH kann nicht eigenmächtig handeln. Zwar könnte der Beklagte
möglicherweise die Gesellschafterrechte des Klägers zu 2. durch Unterlassen der Einladung zu der notwendigen
Gesellschafterversammlung vereiteln. Insoweit hätte jedoch jeder Geschäftsführer – also auch die etwa statt des
Beklagten zu bestellenden Herren X und/oder S – die geänderte Gesellschafterliste gem. § 16 Abs. 1 GmbHG zu
beachten, solange sie beim Handelsregister vorliegt.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die N GmbH im Falle des Erlasses der beantragten einstweiligen
Verfügung erneut – zum zweiten Mal nach dem Tod des Herrn C – führungslos wäre, der Beklagte sich aber
andererseits auf Basis der Legitimationswirkung entfaltenden aktuellen hinterlegten Gesellschafterliste jederzeit
wieder durch einen Gesellschafterbeschluss zum Geschäftsführer bestellten könnte. Die Auseinandersetzung der
Parteien muss unter Beachtung der darlegten vorläufigen Einschätzung der Sach- und Rechtslage durch den
Senat dem laufenden Hauptsacherechtsstreit vorbehalten bleiben.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Hamm
Erscheinungsdatum:27.11.2019
Aktenzeichen:8 U 69/19
Rechtsgebiete:
Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht
Sachenrecht allgemein
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
In-sich-Geschäft
Gesetzliche Erbfolge
Aktiengesellschaft (AG)
GmbH
Nachlaßabwicklung (insbes. Erbschein, Nachlaßinventar)
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
BGB §§ 164, 1924, 2365; GmbHG §§ 16 Abs. 1 u. 3, 49 Abs. 1