Reichweite des vertraglich begründeten Zustimmungserfordernisses des Grundstückseigentümer im Hinblick auf Belastungen
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Dokumentnummer: i15w154_10
letzte Aktualisierung: 08.04.2011
OLG Hamm, 17.11.2010 - I-15 W 154/10
Reichweite des vertraglich begründeten Zustimmungserfordernisses des
Grundstückseigentümers im Hinblick auf Belastungen
1. Die Regelung in einem Erbbaurechtsbestellungsvertrag und anschließende Eintragung im
Erbbaugrundbuch, wonach Belastungen des Erbbaurechts der Zustimmung des
Grundstückseigentümers bedürfen, ist so zu verstehen, dass sie sich nur auf Rechte in Abt. III
bezieht, für die ein solches Zustimmungserfordernis begründet werden kann.
2. Das Grundbuchamt darf für die Eintragung eines Nießbrauchs am Erbbaurecht keine
Zustimmung des Grundstückseigentümers anfordern.
Oberlandesgericht Hamm, I-15 W 154/10
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Oberlandesgericht Hamm, I-15 W 154/10
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Aktenzeichen:
17.11.2010
Oberlandesgericht Hamm
15. Zivilsenat
Beschluss
I-15 W 154/10
Vorinstanz:
Amtsgericht Dorsten, DO-4680
Tenor:
Die Zwischenverfügung wird aufgehoben.
Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 1) ist die Mutter des Beteiligten zu 2). Sie ist Inhaberin des in
dem eingangs genannten Grundbuch auf die Dauer von 99 Jahren seit dem
13.07.1959 eingetragenen Erbbaurechts. Nach dem Bestandsverzeichnis ist "zur
Veräußerung und Belastung des Erbbaurechts" die Genehmigung des
Grundstückseigentümers erforderlich. Eigentümerin des belasteten Grundstücks
ist Frau L in E.
Mit notariellem Vertrag vom 16.09.2009 (Urkunde Nr. ###/#### des Notars B U)
übertrug die Beteiligte zu 1) im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ihrem
Sohn das Erbbaurecht. In § 3 der Urkunde behielt sich die Beteiligte zu 1) ein
lebenslängliches Nießbrauchsrecht an der gesamten in sich abgeschlossenen
Wohnung (ca. 86 qm) im Erdgeschoss des Hauses vor; der Nießbrauch sollte
durch Eintragung in das Grundbuch dinglich gesichert werden. In § 4 der
Urkunde behielt sich die Beteiligte zu 1) den Rücktritt vom schuldrechtlichen
Vertrag unter im einzelnen aufgeführten Bedingungen vor; dieser
Rückforderungsanspruch sollte durch eine Rückauflassungsvormerkung
gesichert werden, deren Eintragung von den Vertragsbeteiligten bewilligt wurde.
§ 7 enthält eine Regelung für den Fall des Versterbens des Beteiligten zu 2); für
diesen Fall sollte dessen beiden Söhnen K und O als Gesamtberechtigte das
Recht eingeräumt werden, von den Erben des Beteiligten zu 2) die
unentgeltliche Übertragung des Erbbaurechts zu verlangen. Zur Sicherung
dieses Anspruchs sollte zugunsten der beiden Kinder eine Vormerkung mit Rang
nach dem Nießbrauchsrecht und der Rückauflassungsvormerkung eingetragen
werden.
Die Grundstückseigentümerin stimmte am 01.10.2009 "der
Veräußerung/Übertragung des Erbbaurechts zu den Bedingungen des Vertrages
vom 16. September 2009 zu".
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2010/I_15_W_154_10beschluss20101117.... 08.04.2011
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Mit Schriftsatz vom 09.10.2009 übersandte der Notar seine Urkunde ###/####
mit den Anträgen auf
• Löschung der Rechte Abt. III Nr. 1, 2, 3 und 6,
• Umschreibung des Erbbaurechts auf den Beteiligten zu 2) und
• Eintragung der Rückauflassungsvormerkung, des Nießbrauchsrechts
sowie der Vormerkung zugunsten der beiden Söhne des Beteiligten zu 2).
Aufgrund der Zwischenverfügung vom 28.10.2009 änderten die Beteiligten § 3
der notariellen Urkunde ###/#### vom 16.09.2010 in der notariellen Urkunde
###/## vom 27.11.2010 dahin ab, dass das Nießbrauchsrecht sich auf das
gesamte Erbbaurecht beziehe; schuldrechtlich solle es jedoch dabei bleiben,
dass sich das Nießbrauchsrecht auf die gesamte in sich abgeschlossene
Wohnung (ca. 86 qm) im Erdgeschoss des Hauses beziehe.
Mit Zwischenverfügung vom 23.02.2010 wies das Grundbuchamt die Beteiligten
darauf hin, dass zur Eintragung der Belastungen (Rückauflassungsvormerkung,
Nießbrauchsrecht sowie der Vormerkung zugunsten der beiden Söhne des
Beteiligten zu 2) eine Belastungsgenehmigung der Grundstückseigentümerin
erforderlich sei, weil auch insoweit eine Zustimmungspflicht zum Inhalt des
Erbbaurechts gemacht worden sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 02.03.2010, mit der geltend gemacht
wird, eine Zustimmungspflicht könne nach
schon nach der wortgleichen Vorgängerregelung in § 5 Abs. 2 ErbbaurVO – mit
dinglicher Wirkung nur für die Belastung eines Erbbaurechts mit einer Hypothek,
Grund- oder Rentenschuld oder einer Reallast vereinbart werden; die hier
vorgesehenen Belastungen fielen nicht unter den Regelungsbereich und
Schutzzweck der Vorschrift, der darin liege, den Grundstückseigentümer gegen
unerwünschte, nach § 33 EbbauRG bestehen bleibende Belastungen zu
schützen. In diesem Sinne sei auch der Erbbaurechtsvertrag vom 13.07.1959
(Urkunde Nr. ###/#### des Notars K1 C in E) auszulegen.
Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab und legte sie dem Senat zur
Entscheidung vor.
II.
Die namens der Beteiligten (
73 GBO zulässig. Da das FGG-RG die Eigenständigkeit der Vorschriften der
verbleibt es bei den in der bisherigen Entwicklung der Rechtsprechung
entwickelten Grundsätzen zur Zulässigkeit der Beschwerde. Dazu gehört, dass
die Rechtsmittelfähigkeit einer Zwischenverfügung des Grundbuchamtes
anerkannt ist, obwohl es sich dabei nicht um eine instanzabschließende
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2010/I_15_W_154_10beschluss20101117.... 08.04.2011
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Entscheidung handelt (BGH
Zusammenhang nicht anwendbar.
In der Sache hat die Beschwerde Erfolg und führt zur Aufhebung der
angefochtenen Zwischenverfügung.
Das Grundbuchamt hat zunächst übersehen, dass die Eigentümerin am
01.10.2009 dem notariellen Übertragungsvertrag vom 16.09.2009
uneingeschränkt zugestimmt hat. Dies folgt aus der Erklärung ihres
Bevollmächtigten, die Eigentümerin stimme "der Veräußerung/Übertragung des
Erbbaurechts zu den Bedingungen des Vertrages vom 16. September 2009 zu",
ohne dass in irgendeiner Weise auch nur andeutungsweise eine Einschränkung
gemacht worden ist. Es bedarf daher vorliegend keiner Entscheidung zu der
streitigen Frage (vgl. die Nachweise bei Ingenstau/Hustedt, ErbbauG, 9. Aufl.,
§ 6 Rn 14 und Fn 11; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rn 1786), ob
die beiden Vormerkungen überhaupt nur mit Genehmigung der
Grundstückseigentümerin eingetragen werden dürften, weil eine solche vorliegt.
Hinsichtlich der Eintragung des Nießbrauchrechts gilt im Ergebnis nichts
anderes. Zwar wurde der notarielle Übertragungsvertrag vom 16.09.2009
insoweit nachträglich durch die notariellen Urkunde ###/## vom 27.11.2010
abgeändert, sodass sich die Zustimmungserklärung der Eigentümerin vom
01.10.2009 hierauf nicht beziehen
kann. Dies ist aber unschädlich. Denn die Regelung in § 5 des
Erbbaurechtsbestellungsvertrages vom 13.07.1959, wonach Veräußerungen und
Belastungen des Erbbaurechts der schriftlichen Zustimmung des
Grundstückseigentümers bedürfen, kann nur dahin verstanden werden, dass mit
"Belastungen" nur die Belastungen gemeint sind, die nach dem Gesetz in
zulässiger Weise mit dinglicher Wirkung, d.h. mit rechtlicher Bindung auch
gegenüber dem Rechtsnachfolger, zum Inhalt des Erbbaurechts gemacht
werden können. Anhaltspunkte dafür, dass damit andere Belastungen gemeint
sein könnten, also solche, die nur schuldrechtlich zwischen den
Vertragsbeteiligten wirken, bestehen nicht, zumal keine bestimmten Belastungen
benannt worden sind. Welche Vereinbarungen zwischen dem
Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten zum Inhalt des
Erbbaurechts gemacht werden können, regeln die
abschließend. Darüber hinausgehende Vereinbarungen können zwar
schuldrechtlich getroffen, nicht aber zum Inhalt des dinglichen Rechts gemacht
werden (
des Erbbaurechts, 4. Aufl., Rn 4.26 f.). Entgegen der Auffassung des
Grundbuchamtes lässt sich in diesem Zusammenhang auch aus der sprachlich
einschränkungslosen Eintragung des Zustimmungsvorbehalts zur Belastung des
Erbbaurechts im Bestandsverzeichnis des Erbbau-Grundbuchblattes ein
anderes Ergebnis nicht ableiten. Denn es bleibt insoweit bei dem Grundsatz des
Einigung und Eintragung entstehen kann. Wenn somit infolge des Typenzwangs
des Sachenrechts ein Erbbaurecht mit einem bestimmten dinglichen Inhalt durch
Einigung nicht begründet werden kann, kann es auch durch eine Eintragung im
Grundbuch allein mit einem solchen Inhalt nicht entstehen. Vielmehr würde es
sich dann um einen Fall inhaltlicher Unzulässigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 S. 2
GBO handeln.
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Grundstücksbelastungen des Erbbaurechtsinhabers von der Zustimmung des
Grundstückseigentümers abhängig gemacht werden dürfen. Dies sind die
Belastung eines Erbbaurechts mit einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld
oder einer Reallast. Andere Belastungen, wie
der Nießbrauch, fallen nicht unter
a.a.O., § 5 Rn 27; MünchKommBGB/von Oefele, 5. Aufl.,
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2010/I_15_W_154_10beschluss20101117.... 08.04.2011
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Hamm
Erscheinungsdatum:16.11.2010
Aktenzeichen:I-15 W 154/10
Rechtsgebiete:Erbbaurecht
Normen in Titel:ErbbauRG § 5