OLG Brandenburg 20. März 2007
4 U 79/06
BGB § 358 Abs. III

Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts bei Darlehen für Grundstückskauf

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Dokumentnummer: 4u79_06
letzte Aktualisierung: 21.3.2007
OLG Brandenburg, 21.3.2007 - 4 U 79/06
BGB § 358 Abs. III
Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts bei Darlehen für Grundstückskauf


4 U 79/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht
14 O 264/05 Landgericht Frankfurt (Oder)
Anlage zum Protokoll vom 21.03.2007
Verkündet am 21.03.2007

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Brandenburgisches Oberlandesgericht
Im Namen des Volkes
U r t e il
In dem Rechtsstreit
1.
des Herrn W… S…,
2.
der Frau M… S…,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt …
gegen
die Bankhaus M… AG,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigter:

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts in Brandenburg auf Grund der
mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2006
durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. Chwolik-Lanfermann,
ZP 650
Urteil OLG allgemein - MEGA
den Richter am Oberlandesgericht Kuhlig
für R e c h t erkannt:
Die Berufung der Kläger gegen das am 3. Mai 2006 verkündete Urteil der
4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die Kläger begehren die Erklärung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einer
notariellen Urkunde über die Bestellung einer Briefgrundschuld mit Übernahme der
persönlichen Haftung und Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung.
Wegen der Feststellungen wird auf das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom
3.5.2006 Bezug genommen (§ 540 I Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Zwangsvollstreckung sei nicht unzulässig.
Der Darlehensvertrag habe durch die Kläger nicht mehr wirksam widerrufen werden können,
weil die Widerrufsfrist abgelaufen gewesen sei. Bei einem Immobilienkauf wisse auch der
geschäftsunerfahrene Laie, dass Kreditgeber und Verkäufer verschiedene Personen seien. Die
Voraussetzungen für die Annahme eines Verbundgeschäftes nach § 358 III 3 BGB lägen nicht
vor.
Die Beklagte als Kreditgeber habe das Recht am Grundstück nicht verschafft, sondern nur
Herr I… als Eigentümer. Die Grundstücksvertragsparteien hätten als Verbraucher gehandelt;
auch Herr I…, der nicht als Vorstand für die Beklagte aufgetreten sei. Ob Herr I… zugleich
Treuhänder der B…-Treuhand GmbH gewesen sei, könne dahinstehen. Auch insoweit habe
Tochtergesellschaft der Beklagten, sondern mit der G… Gruppe verflochten.
Die Beklagte als Kreditgeber habe den Grundstückserwerb über die Zur-Verfügung-Stellung
von Darlehen hinaus nicht durch Zusammenwirken mit dem Unternehmer gefördert. Herr I…
sei bereits kein Unternehmer. Unabhängig davon läge keine der drei Möglichkeiten vor, bei
denen eine wirtschaftliche Einheit angenommen werden könne.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit der Berufung, mit der sie die Erklärung der
Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde erreichen wollen.
Die Kläger sind der Auffassung, sie hätten den Darlehensvertrag wirksam widerrufen, weil sie
im Hinblick auf das Verbundgeschäft nicht ordnungsgemäß belehrt worden seien.
Die Beklagte habe den Klägern das Recht am Grundstück verschafft i.S.d. § 358 III 3 Alt. 1
BGB. Ein Näheverhältnis zwischen Darlehensgeber und Verkäufer wie hier im Fall der
Identität des Handelnden einmal als Privatperson und einmal als Organ reiche aus. Außerdem
habe die Beklagte das Grundstück auch deshalb verschafft, weil ihr Vorstand als Treuhänder
für einen Dritten aufgetreten sei.
Die Voraussetzungen für ein verbundenes Geschäft gemäß § 358 III 3 Alt. 2 BGB lägen
ebenfalls vor.
Der Verkäufer müsse nicht Unternehmer sein. Zudem sei Herr I… nur als Treuhänder für die
B…-Treuhand GmbH aufgetreten und habe auf deren Rechnung gehandelt.
Die Beklagte habe sich auch die Veräußerungsinteressen des Unternehmers zu Eigen gemacht.
Das ergebe sich aus dem Umstand, dass Veräußerer der eigene Vorstand der Bank war. Die
Bank habe natürlich im Interesse ihres Vorstands gehandelt. Der zuständige Sachbearbeiter
habe sich am Willen seiner Vorgesetzten, letztlich seines Vorstands orientiert. Zudem habe
Herr I… lediglich als Treuhänder der B…-Treuhand GmbH gehandelt.
Schließlich habe die Beklagte den Veräußerer auch dadurch einseitig begünstigt, dass sie den
Verkauf gefördert habe, obwohl sie gewusst habe, dass der Kauf nur auf Grund der geplanten
beruflichen Tätigkeit des Klägers erfolgt und diese Tätigkeit keineswegs gesichert gewesen
sei. Ohne dass es auf anderes angekommen wäre, hätte es ausgereicht, wenn die Beklagte
273.839 € zur Deckung eines Liquiditätsengpasses im Jahr 2004 gestellt gewesen sei und sie
sich zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage gesehen hätte, diesen Kredit zu bewilligen.
Insoweit habe die Beklagte einen Wissensvorsprung gehabt, den sie nicht habe verschweigen
dürfen.
Die Entscheidung der Gesellschafter der Klinik F… GmbH i.G. vom 30.3.2004, dass eine
Insolvenz wegen der Bürgschaften der Gesellschafter und der im Übrigen nicht feststehenden
stillen Reserven nicht in Betracht komme, sei eine Folge des gemeinsamen Vorgehens der
Bank, ihres Vorstands und der B…-Treuhand GmbH gewesen. Der Grundstücksverkauf am
26.3.2004 sei für die Herren G… und I… die letzte Gelegenheit gewesen, den Klägern das
Hausgrundstück zu verkaufen, weil sie gewusst hätten, dass die Kläger es nicht mehr kaufen
würden, wenn sie von der wirklichen Lage der Klinik erfahren würden. Deshalb seien der
Grundstückskaufvertrag am 26.3.2004 und der Darlehensvertrag am 29.3.2004 entsprechend
überstürzt abgeschlossen worden, bevor am 30.3.2004 die Informationen über eine drohende
Insolvenz der Klinik F… GmbH i.G. hätten erteilt werden müssen. Der Kläger zu 1) habe am
30.3.2004 die Brisanz der Informationen nicht erkannt und zu diesem Zeitpunkt noch auf
seine Partner vertraut.
Das Vorgehen der Beklagten mit der „Kreditgewährung“ vom 14.4.2003 und der
Verweigerung eines weiteren Kredites sei nur eine Rettungsaktion in eigener Sache vor
Einstellung des Projektes gewesen.
Die Kläger sind außerdem der Auffassung, sie hätten auch Schadensersatzansprüche aus dem
rechtlichen Gesichtspunkt der culpa in contrahendo gegen die Beklagte. Für diese sei die
ungesicherte Finanzierung der Klinik erkennbar gewesen. Sie sei nicht bereit gewesen, die
notwendige Finanzierungszusage zu geben. Dies hätte sie ihnen, den Klägern, nicht
verheimlichen dürfen. Die Beklagte habe ihre Rolle als Kreditgeberin weit überschritten.
Die Kläger beantragen,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 3.5.2006,
GeschZ. 14 O 264/05, die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Notars …,
Notariat III T…, UR-Nr. III 521/2004, vom 23.4.2004 für unzulässig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie weist ergänzend darauf hin, dass über die
Kreditvergabe zur Deckung eines Liquiditätsengpasses im Jahr 2004 nur noch nicht endgültig
entschieden worden sei, weil dies auch noch nicht als notwendig erschienen sei. Dies sei auch
nicht der Grund für die Nichteröffnung der Klinik gewesen. Vielmehr sei die Klinik allein
deswegen nicht eröffnet worden, weil das entsprechende Klinikkonzept nach der Ablehnung
durch die BfA und durch die LVA B… nicht mehr tragfähig gewesen sei. Der
Betriebsmittelkredit zugunsten der Klinik bestehe demgegenüber bis heute ungekündigt fort.
II.
Die – zulässige - Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Landgericht die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Notars …
Notariat III T… – UR-Nr. III 521/2004 als zulässig angesehen. Die Einwendungen der Kläger
gegen den dem Titel zu Grunde liegenden Anspruch greifen nicht durch.
1. Die von den Klägern erteilte Unterwerfungsklausel ist nicht gemäß § 812 II BGB
kondizierbar. Die Kläger haben den Darlehensvertrag der Parteien nicht wirksam widerrufen.
Den Klägern stand das Widerrufsrecht im Zeitpunkt des erklärten Widerrufs, der frühestens
mit Schriftsatz vom 11.9.2004 erklärt worden ist, nicht mehr zu.
Die den Klägern von der Beklagten am 5.4.2004 erteilte Belehrung über das Widerrufsrecht
hat die Widerrufsfrist von zwei Wochen in Gang gesetzt. Die Widerrufsbelehrung war
ordnungsgemäß. Die Kläger sind vollständig über alle ihre Rechte belehrt worden (§ 355 II, III
2 BGB). Dem steht nicht entgegen, dass die Kläger nicht darüber belehrt worden sind, dass sie
bei Widerruf des Darlehensvertrages nicht an das finanzierte Grundstücksgeschäft gebunden
wären. Darüber waren die Kläger nicht zu belehren.
Eine solche Belehrung wäre nur dann erforderlich gewesen, wenn sowohl das
Finanzierungsgeschäft als auch das finanzierte Geschäft als Verbraucherverträge eine
wirtschaftliche Einheit gebildet hätten (§ 358 III 3 BGB; MüKo-Habersack, a.a.O., Rn. 51 zu
§ 358). Das kann hier indes nicht festgestellt werden.
Allerdings
haben
die
Kläger
als
Verbraucher
i.S.d.
§
BGB
einen
Verbraucherdarlehensvertrag abgeschlossen. Die Gesellschafterstellung des Klägers zu 1) und
der Grundstückserwerb im Hinblick auf seine neue berufliche Tätigkeit in der Klinik F…
ändern daran nichts. Dementsprechend sind die Kläger auch gemäß §§ 495, 312 II, 355 BGB
belehrt worden.
Dem Widerrufsrecht nach § 495 I BGB steht auch nicht § 495 II BGB entgegen. Danach
besteht
für
den
Darlehensnehmer
Verbraucherdarlehensverträgen
ein
bei
den
in
Widerrufsrecht
§
nicht.
I
Dies
BGB
betrifft
genannten
jedoch
nur
Überziehungskredite bei laufenden Konten. Zwar haben die Parteien einen Kontokorrentkredit
vereinbart. Jedoch handelte es sich um kein laufendes Konto i.S.d. § 493 I 1 BGB, weil die –
einmalige – Auszahlung einem bestimmten Auszahlungszweck diente (Palandt-Putzo, BGB,
66. Aufl., Rn. 6 zu § 493).
Die streitige Frage, ob der Grundstückskaufvertrag zwischen Herrn I… und den Klägern ein
Verbrauchervertrag gemäß § 310 III 1 BGB ist, kann offen bleiben.
Jedenfalls waren der Darlehensvertrag und das Grundstücksgeschäft kein verbundenes
Geschäft. Beim finanzierten Erwerb eines Grundstückes liegt ein verbundenes Geschäft in
Einschränkung des allgemeinen Tatbestandes der wirtschaftlichen Einheit nur unter den
besonderen Voraussetzungen des § 358 III 3 BGB vor (vgl. MüKo-Habersack, BGB, 4. A.,
Rn. 50 zu § 358). Diese sind hier nicht gegeben.
a) Die Beklagte als Darlehensgeber hat nicht selbst das Grundstück den Klägern
„verschafft“ i.S.v. § 358 III 3 Alt. 1 BGB.
Dieses Merkmal betrifft lediglich den Fall, dass der Darlehensgeber mit dem
Grundstücksverkäufer
identisch
ist
und
dem
Käufer
auf
der
Grundlage
des
Grundstückskaufvertrages das Eigentum am Grundstück einräumt (so auch MüKo-Habersack,
Auslegung orientiert sich am Wortlaut. Sie entspricht auch der Intention des Gesetzgebers.
§ 358 III 3 BGB ist auf Initiative des BT-Rechtsausschusses durch das OLG-VertrÄndG dem
§ 358 III BGB a.F. angefügt worden. Geschaffen werden sollte danach eine zu § 358 III 2
Alt. 1 BGB parallele Regelung, wonach Unternehmer und Darlehensgeber personenidentisch
sind. Übertragen auf den Immobiliendarlehensvertrag heißt das, dass Darlehensgeber und
Grundstücksverkäufer personenidentisch sein müssen.
Mit dieser Auslegung wird dem Anliegen des Gesetzgebers Rechnung getragen, die
Voraussetzungen, unter denen bei Immobiliendarlehensverträgen eine wirtschaftliche Einheit
mit dem Grundstücksvertrag angenommen wird, enger zu fassen. Es besteht auch keine
Notwendigkeit, über eine erweiternde Auslegung des Begriffes „Verschaffen“ den
Anwendungsbereich der Norm auszudehnen, weil in der weiteren Konkretisierung der
Absatzförderung allgemein das Fördern des Grundstückserwerbs im Zusammenwirken mit
dem Unternehmer über die Zuverfügungstellung des Darlehens hinaus die Annahme einer
wirtschaftlichen Einheit rechtfertigt. Die Intention des Gesetzgebers zur engeren Fassung der
Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit bei Immobiliendarlehensverträgen zeigt sich
auch hier daran, dass diese Alternative nur in drei enumerativ aufgeführten Konkretisierungen
der Absatzförderung vorliegt.
b) Die Beklagte hat nicht über die Zuverfügungstellung des Darlehens hinaus den
Erwerb des Grundstücks durch Zusammenwirken mit dem Verkäufer I… gefördert (§ 358 III
Alt. 2 BGB).
aa) Die Beklagte hat sich nicht die Interessen des Verkäufers I… oder der B…Treuhand GmbH als unterstellter Treugeberin ganz oder teilweise zu Eigen gemacht. Diese
Voraussetzung liegt nicht etwa deshalb vor, weil Herr I… als privater Veräußerer Vorstand
der finanzierenden Bank ist.
Es gibt keinen Erfahrungssatz dahin, dass die Bank immer im privaten Interesse des
Vorstandes handelt. Der Vorstand handelt bei der Veräußerung
seines Grundstücks im
privaten Interesse. Die Bank verfolgt naturgemäß bei Finanzierungen ihr eigenes Interesse. In
objektiver und typisierender Betrachtung ist dabei zu beurteilen, welchen Eindruck die
Beklagte als Bank bei den Klägern als Verbraucher hervorgerufen hat (vgl. MüKo-Habersack,
kann nicht den begründeten Eindruck hervorrufen, dass die Bank sich das Interesse des
Verkäufers I… zu Eigen gemacht hat. Davon kann allenfalls dann ausgegangen werden, wenn
der Verkäufer zugleich bei der Kreditvergabe als Vertreter der finanzierenden Bank in
Erscheinung tritt.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Führung von Verhandlungen über das
Grundstücksgeschäft im Dienstzimmer des Herrn I… reicht dafür nicht aus; sie betreffen nicht
den Darlehensvertrag. Auch der Umstand, dass der weitere Mitarbeiter der Beklagten Sch…,
zugleich Schwiegersohn des Verkäufers I…, als zuständiger Kreditsachbearbeiter in
Erscheinung getreten ist, reicht für eine solche Annahme nicht aus. Denn Herr Sch… hat nicht
über den Kredit entschieden. Den Kreditvertrag hat vielmehr der weitere Vorstand K… der
Beklagten als deren weiterer oberster Repräsentant und gesetzlicher Vertreter unterzeichnet.
Auch in diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob Herr I… als Treuhänder der
B…-Treuhand GmbH gehandelt hat. Nach dem zuvor Ausgeführten kann nicht davon
ausgegangen werden, dass die Beklagte sich Veräußererinteressen – seien es die des Herrn I…
oder der B…-Treuhand GmbH – zu Eigen gemacht hätte, zumal nichts dafür ersichtlich ist,
dass die Beklagte von der – behaupteten – Treuhänderstellung des Herrn I… gewusst hat.
bb) Die Beklagte hat nicht bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts
Funktionen des Veräußerers übernommen. Solches wird von den Klägern auch nicht geltend
gemacht.
cc) Die Beklagte hat schließlich den Veräußerer I… – bzw. die B…-Treuhand GmbH
als unterstellte Treugeberin – nicht einseitig begünstigt.
Die Kläger machen vergeblich hierfür geltend, die Beklagte habe den Verkauf gefördert,
obwohl sie gewusst habe, dass der Kauf nur auf Grund der geplanten beruflichen Tätigkeit des
Klägers zu 1) erfolgte und diese Tätigkeit keineswegs gesichert gewesen sei. Es mag
zutreffen, dass der Beklagten aus den Finanzierungsunterlagen bekannt war, dass sich der
Kauf nur aus dem Einkommen des Klägers zu 1) als ärztlicher Direktor finanzieren ließ. Dass
die Klinik noch nicht eröffnet war, sprach nicht gegen die Kreditvergabe. Dies gilt schon
deshalb, weil die Beklagte auch die Klinik F… – obwohl noch nicht eröffnet – finanzierte.
Grund dessen sein Gehalt auch schon für einige Monate erhalten. Zudem war es Sache der
Kläger, vor Darlehensvertragsabschluss das bis zur Klinikeröffnung bestehende Risiko
abzuschätzen, dass die weitere berufliche Tätigkeit des Klägers zu 1) als Ärztlicher Direktor
noch nicht endgültig gesichert war. Das gilt umso mehr, als der Kläger zu 1) zu einem
erheblichen Anteil von 26 % an der die Klinik betreibenden Gesellschaft beteiligt und zudem
bereits als Ärztlicher Direktor der Klinik eingesetzt war. Es war auch die Entscheidung der
Kläger, das trotz heruntergehandelten Preises immer noch hochpreisige Grundstück bereits
vor Klinikeröffnung zu kaufen, statt entweder zunächst die Mietwohnung in Fr… zu behalten
oder eine neue Wohnung, gegebenenfalls am Arbeitsort des Klägers zu 1), anzumieten.
Die Beklagte hat den Verkäufer I… – oder die B…-Treuhand GmbH – auch nicht dadurch
einseitig begünstigt, dass sie den Kläger nicht darüber aufgeklärt hat, dass die Klinik F…
GmbH i.G. einen weiteren Kreditantrag über 273.839 € für Betriebsmittel zur Deckung eines
Liquiditätsengpasses im Jahr 2004 gestellt und die Beklagte die Entscheidung hierüber
zurückgestellt hatte.
Eine Aufklärungspflicht besteht nur dann, wenn der andere Teil redlicherweise Aufklärung
verlangen kann. Grundsätzlich ist es Sache jeder Partei, ihre eigenen Interessen
wahrzunehmen (Palandt-Heinrichs, a.a.O., Rn. 5 zu § 123). Eine Aufklärungspflicht der
Beklagten bestand schon deshalb nicht, weil sie zu Recht davon ausgehen durfte, die Kläger
seien informiert. Der Kläger zu 1) war schließlich zu 26 % als Gesellschafter an der Klinik
GmbH i.G. beteiligt. Zudem betrifft die von den Klägern geltend gemachte fehlende
Aufklärung über den weiteren Kreditantrag der Klinik F… GmbH i.G. und die Zurückstellung
der Entscheidung hierüber durch die Beklagte nicht das finanzierte Geschäft selbst bzw. den
Kaufgegenstand, das Grundstück, sondern die Kreditwürdigkeit der Kläger. Außerdem könnte
eine Aufklärungspflicht der Beklagten insoweit allenfalls dann angenommen werden, wenn
dieser Umstand zum Scheitern des Klinikprojektes und zur Insolvenz der Klinik F… GmbH
i.G. hätte führen müssen. Das ist aber nicht der Fall, wie sich aus Nachstehendem ergibt.
Eine Aufklärungspflicht der Beklagten wegen einer bevorstehenden Insolvenz der Klinik F…
GmbH i.G. hat schon deshalb nicht bestanden, weil nicht festgestellt werden kann, dass die
Beklagte im Zeitpunkt des Darlehensvertragsabschlusses mit einer solchen Insolvenz
rechnete. Zu Recht wies bereits das Landgericht darauf hin, dass davon nicht einmal die
Zurückstellung der Entscheidung über den Betriebsmittelkredit über 273.839 € klar war, dass
die Anschubfinanzierung scheiterte, der Liquiditätsengpass nicht zu überwinden war und
daher eine Aufnahme der Tätigkeit der Klinik nicht in Betracht kam, kann nicht angenommen
werden. Es handelte sich um eine Zurückstellung der Entscheidung über den
Betriebsmittelkreditantrag, die zudem keine unmittelbaren Folgen hatte, wie durch den
weiteren zeitlichen Ablauf bestätigt wird. Die Klinik F… GmbH i.G. ist schließlich nicht
insolvent geworden, sondern liquidiert worden. Die Mitteilung der Beklagten vom 25.5.2004
an die Klinik F… GmbH i.G. über die Kontoüberziehung verbunden mit dem Hinweis, dass
keine Überweisungen mehr ausgeführt werden, liegt zum einen zeitlich nach dem Beschluss
der Gesellschafterversammlung über die Einstellung der Tätigkeit der Gesellschaft und kann
daher dafür nicht maßgeblich gewesen sein. Zum anderen wird auch in diesem Schreiben eine
Kreditaufstockung nicht von vornherein abgelehnt.
2. Den Klägern steht auch ein Schadensersatzanspruch aus dem rechtlichen
Gesichtspunkt der culpa in contrahendo nicht zu.
Die Beklagte hat eine Pflichtverletzung nicht dadurch begangen, dass sie die Kläger nicht
darüber aufgeklärt hat, dass die Finanzierung der Klinik ungesichert und sie nicht bereit war,
die notwendige Finanzierungszusage zu geben. Ebenso wenig hat die Beklagte hat ihre Rolle
als Kreditgeberin dadurch weit überschritten, dass Verkäufer des Grundstücks ihr Vorstand
I… war, der nach der Behauptung der Kläger als Treuhänder der B…-Treuhand GmbH
gehandelt hat. Zur Begründung wird auf das zuvor Ausgeführte verwiesen.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 I, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 II Nr. 1 und 2 ZPO).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 150.000 € festgesetzt.
Dr. Chwolik-Lanfermann
Dr. Schäfer
Kuhlig

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Brandenburg

Erscheinungsdatum:

20.03.2007

Aktenzeichen:

4 U 79/06

Rechtsgebiete:

AGB, Verbraucherschutz

Erschienen in:

MittBayNot 2007, 400-402

Normen in Titel:

BGB § 358 Abs. III