Herstellung beglaubigter Abschriften
ten, es sei die anderen Erben beweisen, daß dies der Billigkeit
nicht entspricht. Bewohnt er die Ehewohnung nicht, dann
kann er den besonderen Pflichtteil nur beanspruchen, wenn
er beweist, daß er die Ehewohnung unfreiwillig verfassen hat
und daß die Anerkennung des besonderen Pflichtteils der Billigkeit entspricht. In beiden Fällen hat der Richter einen Ermessensspielraum. In der Praxis wird die Schuld an der faktischen Trennung bei der Anwendung des Billigkeitsgrundsatzes eine Rolle spielen.
7. Erbrecht, Trennung von Tisch und Bett und Ehescheidung
Die Trennung von Tisch und Bett und die Ehescheidung
schließen wie früher jedes gesetzliche Erbrecht aus
(Art.731). Das neue Erbrecht hat hier nur eine Änderung gebracht in den Verträgen, die im Rahmen einer einverständlichen Trennung von Tisch und Bett oder einer einverständlichen Ehescheidung abgeschlossen werden müssen. Diese
Vereinbarungen müssen nunmehr eine Regelung über das
Erbrecht und den Pflichtteil enthalten für den Fall, daß einer
der Ehegatten während des Verfahrens stirbt (Art.1287,
Abs.2, ZPO). Auf diese Weise können die Ehegatten einander sowohl den Pflichtteil als auch den verfügbaren Teil entziehen". Die Vereinbarung hat keine Wirkung, wenn der Antrag auf Trennung oder Ehescheidung zurückgenommen
wird (Art. 1287, Abs.2 in fine, ZPO).
111.
Nichtehellchenerbrecht
1. Erbrecht des nichtehelichen Kindes
Art.756 bestimmt, daß das nichteheliche Kind nicht Erbe
wird. Vor Erlaß des Gesetzes vom 14.5.1981 bedeutete dies
in erster Linie, daß es nicht unmittelbarer Rechtsnachfolger
des Erblassers wurde, sondern sich in den Besitz einweisen
lassen mußte, Das neue Ehegattenerbrecht hat diese Regel
für den überlebenden Ehegatten geändert (s. oben I. 1). Bei
dieser Gelegenheit wurde auch die Rechtsstellung des nichtehelichen Kindes in dieser Weise verstärkt12. Die anderen
Diskriminierungen bleiben aber bestehen: Das Erbrecht ist
auf den ersten Grad beschränkt (Art.756); der Erbteil ist geringer als der des ehelichen Kindes (Art 757 - 758); der gesetzliche Erbteil ist die Obergrenze auch für testamentarische Zuwendungen (Art. 908); Ehebruchs-und Inzestkinder
haben kein Erbrecht und verfügen nur über einen Unterhaltsanspruch (Art.762).
Im Jahre 1978 hat die Regierung dem Parlament einen Gesetzesentwurf zugeleitet, der die volle Gleichberechtigung aller
Kinder einführen möchte13.Der Entwurf steht noch immer in
einer Senatskommission zur Diskussion. Es ist zu befürchten, daß die Gleichberechtigung des Ehebruchskindes
im Bereich des Erbrechts auf Widerstand stoßen wird. Möglicherweise wird man versuchen, den Erbteil des Ehebruchskindes nach französischem Beispiel bei Zusammentreffen
mit dem überlebenden Ehegatten und/oder ehelichen Kinder
zu verringern oder den Erbersatzanspruch des deutschen
Rechts zu übernehmen.
2. Der Einfluß der Marckx-Entscheidung auf die Rechtsprechung
Die Beschränkung des Nichtehelichenerbrechts auf den gesetzlichen Erbteil stellt den nichtehelichen Elternteil vor ein
Dilemma. Erkennt er sein Kind nicht an. kann er diesem seinen ganzen Nachlaß hinterlassen. Erkennt er sein Kind an,
werden dessen Erbrechte beschränkt. Durch eine Adoption
wird das Kind wohl einem ehelichen gleichgestellt, die Erbrechte bleiben aber auf den ersten Grad beschränkt.
In der Marckx-Entscheidung vom 13.6.1979 (s. oben Nr.1)
hat der Europäische Gerichtshof für die Menschenrechte im
Wege einer teleologischen Auslegung des Begriffes „vle familiale" eine Verletzung von Art.8 i. V. m. Art.14 der Menschenrechtskonvention angenommen wegen der Beschränkung des Nichtehelichenrechtes gegenüber der Mutter und
wegen einer totalen Abwesenheit eines Erbrechtes gegenüber den Verwandten der Mutter.
Am 20.11.1980 hatte das Gericht erster Instanz in Genf14 Gelegenheit, sich mit der Anwendung dieser Artikel zu befassen. Das Gericht hat der teleologischen Auslegung zugestimmt und hat auf Grund des Vorranges des internationalen
Rechtes das Nichtehelichenerbrecht für unvereinbar mit der
Konvention erklärt und das Erbrecht des ehelichen Kindes
auf das nichteheliche angewandt. Das Gericht erster Instanz
in Brüssel hat im gleichen Sinne geurteilt18,
Rechtsprechung
1. Aligemeines/Notarrecht — Herstellung beglaubigter
Abschriften
(LG Aachen, Beschluß vom 23.2.1983 — 3T102/82)
BeurkG §39
GBO §29
Eine notariell begtaubigte Fotokopie einer Eintragungsbewilligung mit Unterschriftsbeglaubigung genügt nicht dem
Formerfordernis des
(Leitsatz nicht amtlich)
Zum Sachverhalt:
Der Notar legte dem Grundbuchamt eine beglaubigte Abschrift der Genehmigungserklärung der Frau B. vor. Es handelte sich um eine Ablichtung, die die abgelichtete Unterschrift der Frau B ausweist und darunter
den Unterschriftsbeglaubigungsvermerk des Notars. Dieser Beglaubigungsvermerk enthält nicht die abgelichtete Unterschrift des Notars,
sondern nur die maschinengeschriebenen Worte gez. D.Notar°
Auf der Rückseite steht folgender, vom Notar unterschriebener und mit
seinem Farbdrucksiegel versehener Beglaubigungsvermerk: .Vorstehende Abschrift stimmt der mir vorliegenden Urschrift wörtlich überein,
was ich hiermit beglaubige.'
Aus den Gründen:
Nach §39 BeurkG sind unter dem Begriff „Abschrift" nicht
nur gewöhnliche Abschriften, sondern auch fotomechanische und sonstige Vervielfältigungen zu verstehen (Keidel/
Kuntze/Winkler [KKW], 11.Aufl., §42 BeurkG, Rd.-Nr.5). Die
beglaubigte Abschrift ist das Zeugnis des Notars, daß die Abschrift mit einer Hauptschrift übereinstimmt, Sie erbringt vollen Beweis für die Übereinstimmung mit der Hauptschrift und
ist fähig, sie im Rechtsverkehr zu ersetzen (KKW, §42 BeurkG, Rd.-Nr.7). Unter Beglaubigung einer Abschrift ist also
das notarielle Zeugnis zu verstehen, daß eine bestimmte Abschrift mit einer bestimmten Hauptschrift übereinstimmt, Der
11 Hierzu Pinten, Echtschekling door anderenge toesternming. Met modelten wee
akten, Antwerpen, 1982, N, 329 ff., S, 202 ff.
12 Aufhebung des Art. 773; hlerbi PIntens, Hei erfrecht ten het ratuurlijk kind en
het Rechtskundig Weekblad 1983-84, 458.
13 Gesetzesentwurf Van Elsiande, Senats Drucksache 1977-78, N. 305/1. Hierzu
Peuweis, Vers la reforene du droft beige de la Nation: Je protet de toi Van Efsbrede
(19781, ht Pauwes (Hrgb.), La reforrnes du droit de la filiation. Perspectives eurepfäennes, Brüssel 1981, 6.145 ff.
14 Rb. Gent, 20. 11. 1983, Rechtskundig Weekblad 1980-81, 2328.
15 Rb. Brüssel, 29. 3. 1983, Rechtskundig Weelead 1989-84, 454, Anm. Pintens.
Heft Nr. 3 • MittRhNotK • März 1984 59
Notar darf den Beglaubigungsvermerk erst erteilen, wenn er
die Übereinstimmung von Hauptschrift und Abschrift durch
eigene Prüfung festgestellt hat (KKW, §42 BeurkG,
Rd.-Nr. 11 ;Jansen, §42 BeurkG, Rd.-Nr. 7). Der notarielle Beglaubigungsvermerk soll in jedem Fan erkennen lassen, ob
die Hauptschrift eine Urschrift, eine Ausfertigung, eine beglaubigte oder einfache Abschrift war,
(KKw,
Rd.-Nr. 7),
Diesem Erfordernis wird die vorgelegte und beanstandete
Urkunde nicht gerecht. Es handelt sich bei ihr offensichtlich
um eine Ablichtung der Urschrift. Denn in der Ablichtung ist
die Originalunterschrift der Frau 8. mitabgelichtet. Dagegen
ist die Originalunterschrift des Notars unter dessen Unterschriftsbeglaubigungsvermerk nicht mitabgelichtet. Daraus
geht hervor, zumindest muß davon ausgegangen werden,
daß die Ablichtung zu einem Zeitpunkt angefertigt worden ist,
zu dem der Notar den Unterschriftsbeglaubigungsvermerk
noch nicht unterzeichnet hatte, anderenfalls wäre zwingend
seine Originalunterschrift darunter mitabgelichtet worden.
Etwas anderes ist technisch gar nicht denkbar, Deshalb bestehen Bedenken, ob der Beglaubigungsvermerk auf der
Rückseite, daß „die vorstehende Abschrift" mit der dem
Notar „vorliegenden Urschrift' wörtlich übereinstimmt, richtig ist. Denn in der Urschrift müßte seine Originalunterschrift
unter dem Unterschriftsbeglaubigungsvermerk vorhanden
und demnach mitabgelichtet worden sein.
Die hiernach bestehenden Bedenken werden nicht durch die
bloß formlose Erklärung des Notars in der Erinnerungsschrift
ausgeräumt, daß er den Beglaubigungsvermerk „selbstverständlich erst unterschrieben" habe, nachdem er den Unterschriftsbeglaubigungsvermerk bereits unterzeichnet hatte.
Der Zweck des §29 GBO ist es, die Eintragung auf sichere
Unterlagen zu gründen. Das Grundbuchamt darf daher, wo—
wie hier — ein forrngerechter Nachweis ohne besondere
Schwierigkeit möglich ist—der Notar braucht nur die beglaubigte Ablichtung der Urschrift mit den daraus ersichtlichen
(mitabgelichteten) Originalunterschriften der Frau B. und seiner eigenen vorzulegen nicht davon absehen, Urkunden zu
verlangen, selbst wenn es im einzelnen Fall von der Richtigkeit des Vorbringens überzeugt ist (Horber, 14.Aufl., §29
GBO, Anm. 9 a). Bei der Beanstandung handelt es sich nicht
um leeren oder übertriebenen Formalismus.
Anmerkung
(von Notar Dr. R. Kanzleiter, Neu-Ulm)
Die Entscheidung verkennt die Vorschriften über die Hersteilung von beglaubigten Abschriften in grundlegender Weise
§39 BeurkG stellt die verschiedenen Verfahren zur Herstellung von Vervielfältigungen vollständig gleich 1,2. Die Vorschrift verbietet auch nicht, die verschiedenen Verfahren bei
der Herstellung einer Abschrift zu kombinieren 3 . Eine solche
Kombination der verschiedenen technischen Herstellungsverfahren war und ist sowohl bei Urschriften als auch bei Abschriften immer üblich: Als Durchschläge für Abschriften verwendet wurden, wurden häufig als Grundlage auch für die
Abschriften in Druckverfahren hergestellte Vordrucke herangezogen und dann die Einzelheiten durchgeschlagen;
ebenso häufig war es, daß in den Durchschlägen Einzelheiten
durch unmittelbare Maschinenschrift ergänzt oder geändert
wurden. Auch heute ist die Kombination von verschiedenen
technischen Verfahren bei der Herstellung von Urschriften
1 Mecke, §39 BeurkG, Rd.-Nr.8 stellt zurecht fest, daß §39 unter einer Abschrift' jede beliebige Vervielfältigung versteht; s. auch Höfer/Huhri/von
Schuckmann, §39 BeurkG, Anm.4, Höfer, Jur. Anlaysen 1970, 783; Jansen,
§39 BeurkG, Anm. 11; Keidel/KuntzeMinkler. §39 BeurkG, Rd.-Nr.9, §42
BeurkG, Rd.-Nr.5.
2 Vielleicht wirkt in der Entscheidung noch (der verunglückte und deshalb zu
Mißverständnissen führende) §1 der VO über die Vereinfachung des Beurkundungsverfahrens vorn 21,10.1942 (RBGI. I S.609) nach, der einen besonderen Beglaubigungsvermerk für Ablichtungen vorsah.
und Abschriften häufig, etwa bei Ergänzung eines Vordrucks
oder einer elektrofotographischen Ablichtung mit Tintenoder Schreibmaschinenschrift oder—von §26 Abs.4 DoNot
als selbstverständlich vorausgesetzt — bei der Verwendung
von Stempeln.
Die
Reihenfolge, in der Urschrift und beglaubigte Abschrift technisch herzusteifen sind: Die Abschrift kann nach der Urschrift
(etwa durch Ablichtung) hergestellt werden, dies kann
gleichzeitig geschehen (man denke wiederum an die Herstellung der Abschriften mit Durchschlägen oder in Druckverfahren), die Abschrift kann sogar vor der Urschrift hergestellt
werden (wenn eine in Schreibmaschinenschrift hergestellte
„Urschrift" abgelichtet und dann diese Ablichtung als Urschrift, die „Urschrift" als beglaubigte Abschrift verwendet
wird). Es ist auch durchaus zulässig und in der Praxis häufig,
daß eine Abschrift technisch schon entsprechend dem zu erwartenden Ablauf soweit vorbereitet wird, daß sie unmittelbar
nach der Urschrift unterzeichnet werden kann (für die Unterschriftsbeglaubigungen einer Bank können — etwa durch
Druck nicht nur die Beglaubigungsvermerke für die beiden
handelnden Prokuristen, sondern auch Abschriftsbegiaubigungsverrnerke über die davon gefertigten beglaubigten Abschriften so hergestellt werden, daß nur das Datum und die
Unterschrift eingefügt werden müssen).
Richtig ist selbstverständlich, daß der Notar eine beglaubigte
Abschrift rechtlich nicht vor der Urschrift herstellen darf, weil
sonst sein Vermerk über die Abschriftsbeglaubigung
schlicht falsch wäre. Rechtlich wird die beglaubigte Abschrift
aber erst mit der Unterschrift des Notars hergestellt', erst mit
den Voraussetzungen des §39 BeurkG entsteht die öffentliche Urkunde in Vermerkform, die der Beglaubigungsvermerk
darstellt, vor der Unterschrift des Notars besteht nichts weiter als ein Entwurf, der rechtlich ohne jede Bedeutung ist. Im
Moment der Unterschrift unter dem Vermerk über die Beglaubigung der Abschrift bezeugt der Notar, daß sie mit der
Urschrift übereinstimmt, keine Sekunde vorher. In diesem
Moment trägt der Notar die Verantwortung für die Übereinstimmung von Urschrift und Abschrift 5> keine Sekunde früher. An diese Regeln — und andere gibt es nicht — hat sich der
Notar bei seiner Verfahrensweise gehalten.
Das von ihm gewählte Verfahren ist auch durchaus zweckmäßig: Im Interesse des Klienten wird Zeit, im Interesse des Notars unnötiger Arbeitsaufwand erspart, wenn gleichzeitig mit
dem Vermerk über die Unterschriftsbeglaubigung auch sofort die erforderlichen Abschriften vorbereitet werden.
Schließlich widerspricht die Entscheidung auch den gesetzlichen Regein über die Beweiskraft öffentlicher Urkunden in
der Zivilprozeßordnung, die für alle zivilgerichtlichen Verfahren, auch die der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchamts nach der Grundbuchordnung gelten 6 . Wenn § 437
Abs. 2 ZPO die Einholung einer Auskunft des Ausstellers der
öffentlichen Urkunde als Verfahren für die Feststellung ihrer
Echtheit vorsieht, sollte dies für ihre Wahrheit hinsichtlich eines einzelnen Punktes (im konkreten Fall die Übereinstimmung der beglaubigten Abschrift mit der Urschrift insofern,
daß die Urschrift vom Notar unterschrieben ist) erst recht gelten. Nach Einholung der Auskunft des Notars bestand jedenfalls nicht mehr der geringste vernünftige Zweifel an der Beweiskraft der öffentlichen Urkunde entsprechend §418
Abs. 1 ZPO.
3 Zur Herstellung von Urschriften s. Weingartner/Schöttler, Dienstordnung
für Notare, §26, Rd.-Nr.399; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, §29 G90,
Rd.-Nr. 85.
4 S. Higer/HuhrVvon Schuckmann, §39 BeurkG, Mm.1; Keidel/Kuntze/WInklar, §39 BeurkG, Rd.-Nr.20; Macke, §39 BeurkG,
5 S. dazu Helfer/Huhn/vor) Schuckmann. §42 BeurkG, Anrn.5; Keidel/Kuntze/
WInkien §42 Beurke, Rd.-Nr.11; Macke, §42 BeurkG, Rd,4 r.4,
6 S. BGH NJW 1957,1673; KG KGJ 40, 115.
Heft Nr.3 • MitehNotK • März 1984
Entscheidung, Urteil
Gericht:LG Aachen
Erscheinungsdatum:23.02.1983
Aktenzeichen:3 T 102/82
Erschienen in: Normen in Titel:BeurkG § 39; GBO § 29