Ausnahmsweise Herabsetzung der Stimmkraft eines Eigentümers bei über Jahren nicht errichtetet Wohnungen
letzte Aktualisierung: 13.8.2019
BGH, Urt. v. 18.1.2019 – V ZR 72/18
WEG §§ 10 Abs. 2 S. 3, 16 Abs. 4, 21 Abs. 8
Ausnahmsweise Herabsetzung der Stimmkraft eines Eigentümers bei über Jahren nicht
errichtetet Wohnungen
Zur Herabsetzung der Stimmkraft des Eigentümers von sog. „Geisterwohnungen“.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Kläger auf Änderung
der Gemeinschaftsordnung aus
nach
der Teilungserklärung ergebe zweifelsfrei, dass sich das Stimmrecht der
Beklagten zu 1 nach den in der Anlage zur Teilungserklärung angegebenen
Wohnflächen errechne. Diese Regelung erscheine unbillig, weil die Beklagte zu
1 damit 48 % der Stimmrechte erhalte, ohne dass sie Eigentümerin einer errichteten
Wohnung sei. Zwar stehe nach allgemeiner Meinung selbst einem sondereigentumslosen
Miteigentümer ein Stimmrecht zu. Wenn aber die Gemeinschaftsordnung
ausdrücklich das Stimmrecht nach der Wohnfläche berechne
und der geplante Bau seit über 20 Jahren nicht errichtet worden sei, sei eine
solche Regelung als unbillig anzusehen. Ihr Stimmrechtsanteil verschaffe der
Beklagten zu 1 eine faktische Mehrheit, weil die Anwesenheit aller Wohnungseigentümer
bei einer Gemeinschaft dieser Größe auch mit Vollmachten nicht
erzielt werden könne. Dabei sei die Beklagte zu 1 mangels Wohnungen von
den wesentlichen Entscheidungen der täglichen Verwaltung praktisch nicht betroffen.
Ein solcher Zustand sei von allen Wohnungseigentümern einige Jahre
hinzunehmen, weil die verschiedenen Bauabschnitte nicht in unmittelbarem Zusammenhang
fertiggestellt werden könnten. Der Teilungserklärung liege aber
ersichtlich zugrunde, dass alle Wohnungen alsbald geschaffen würden und damit
die Verteilung der Stimmrechte gerechtfertigt sei; an eine Bauunterbrechung
von über 20 Jahren sei erkennbar nicht gedacht worden.
Die von dem Amtsgericht getroffene Regelung schränke die Belange der
Beklagten zu 1 nicht unbillig ein. Ihr verbleibe ein Stimmenanteil, mit dem sie
weiterhin eine Änderung der Teilungserklärung nach deren § 18 verhindern
könne. Zudem sei die Regelung nur für eine Übergangszeit geschaffen, da das
Stimmrecht der Beklagten zu 1 mit der Fertigstellung der Wohnungen wieder
auf den in der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen Anteil anwachse.
II.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht von der Zulässigkeit der
Klage aus.
a) Dabei kann offen bleiben, ob die Beschlussersetzungsklage nach § 21
Abs. 8 WEG schon deshalb die richtige Klageart ist, weil die Gemeinschaftsordnung,
deren Anpassung die Kläger erstreben, eine Öffnungsklausel enthält,
also durch Beschluss geändert werden könnte (vgl. zu
Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 144/09,
kann jedenfalls dann durch eine gerichtliche Entscheidung nach § 21
Abs. 8 WEG ersetzt werden, wenn ein Wohnungseigentümer auf ihren Abschluss
nach
Wohnungseigentümer nicht erfüllen, und wenn - wie hier - bei der inhaltlichen
Ausgestaltung Spielraum besteht (vgl. Senat, Urteil vom 8. April 2016
- V ZR 191/15,
Ob die von den Klägern begehrte Herabsetzung der Stimmkraft auf der
Grundlage der in § 18 TE enthaltenen Öffnungsklausel hätte beschlossen werden
können oder ob sie zwingend einer Vereinbarung der Wohnungseigentü-
mer bedurfte (vgl. zu den Grenzen der durch Öffnungsklauseln legitimierten
Mehrheitsmacht Senat, Urteil vom 10. Oktober 2014 - V ZR 315/13, BGHZ 202,
346 Rn. 12), bedarf hier keiner Klärung, da ein Anspruch auf die begehrte Änderung
in beiden Fällen nur unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 3
WEG besteht (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 114/09, BGHZ
184, 88 Rn. 27).
b) Das Rechtsschutzbedürfnis ist ebenfalls in beiden Fällen gegeben.
Bestünde die Beschlusskompetenz aufgrund der Öffnungsklausel, wäre dem
Vorbefassungsgebot (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 15. Januar 2010
- V ZR 114/09,
mehrheitlich abgelehnt wurde. Bestünde sie nicht, so wäre die Vorbefassung
der Wohnungseigentümergemeinschaft mit dem Ziel des Abschlusses einer
entsprechenden Vereinbarung ohnehin entbehrlich (vgl. hierzu Senat, Urteil
vom 15. Januar 2010 - V ZR 114/09,
2. Das Berufungsgericht bejaht den Anspruch der Kläger aus § 10 Abs. 2
Satz 3 WEG auf Abänderung der Stimmkraftregelung in der Gemeinschaftsordnung
in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise.
a) Diese Vorschrift begründet einen (Individual-)Anspruch jedes Wohnungs-
oder Teileigentümers gegen die anderen Miteigentümer auf Abschluss
einer Vereinbarung, wenn ein Festhalten an der geltenden Regelung aus
schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls,
insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer,
unbillig erscheint (vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember 2010
- V ZR 131/10,
Rn. 16). Die danach vorzunehmende Würdigung der Umstände des Einzelfalls
ist in erster Linie Sache des Tatrichters und revisionsrechtlich nur darauf zu
überprüfen, ob die in
erfasst und ausgelegt, alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände
berücksichtigt sowie die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet wurden
(vgl. Senat, Urteil vom 11. Juni 2010 - V ZR 174/09,
vom 23. März 2018 - V ZR 307/16,
b) Einer Prüfung nach diesem Maßstab hält das Berufungsurteil stand,
insbesondere hat das Berufungsgericht alle für die Beurteilung wesentlichen
Umstände berücksichtigt.
aa) Es erkennt zutreffend, dass das Stimmrecht der Wohnungseigentümer
nach ständiger Rechtsprechung des Senats zu dem Kernbereich elementarer
Mitgliedschaftsrechte gehört (vgl. Senat, Beschluss vom 19. September
2002 - V ZB 30/02,
- V ZR 60/10,
- V ZR 85/13,
Rn. 9). Dies schließt Einschränkungen des Stimmrechts zwar nicht prinzipiell
aus, führt aber dazu, wovon das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeht,
dass eine solche nur ausnahmsweise und lediglich unter eng begrenzten Voraussetzungen
in Betracht kommt (vgl. Senat, Urteil vom 14. Juli 2017
- V ZR 290/16,
bb) Auch bei Berücksichtigung der Bedeutung des Stimmrechts ist es revisionsrechtlich
nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht schwerwiegende
Gründe i.S.v.
zu 1 aufgrund der Stimmrechtsregelung der Teilungserklärung, die ersichtlich
von der zeitnahen Fertigstellung aller Wohnungen der Wohnanlage ausgeht,
fast die Hälfte aller Stimmen zukommt, obwohl sie die Bauabschnitte III und IV
seit mehr als 20 Jahren nicht errichtet und folglich kein Sondereigentum an einer
tatsächlich vorhandenen Wohnung hat.
(1) Die Stimmrechtsregelung der Teilungserklärung führt zu einem
Stimmanteil der Beklagten zu 1 von 48 %, obwohl ihre Miteigentumsanteile
nicht mit dem Sondereigentum an tatsächlich vorhandenen Wohnungen verbunden
sind. Nach den in § 9 Abs. 4 und § 12 Abs. 1 TE getroffenen Regelungen,
die der Senat in vollem Umfang ohne Bindung an die Auslegung durch das
Berufungsgericht selbst auslegen kann, wobei die Auslegung „aus sich heraus“
objektiv und normativ zu erfolgen hat (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2015
- V ZR 169/14,
- V ZR 275/16,
zu tragenden Kosten und für die Berechnung der Stimmenanteile der
Miteigentümer in der Eigentümerversammlung die Wohnflächen zu Grunde zu
legen. Die Regelung enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass hierbei nur die
Flächen der bereits errichteten Wohnungen und Gewerbeeinheiten berücksichtigt
werden sollten. Ein solches Verständnis hätte, da die Teilung vor Beginn der
Errichtung der Anlage erfolgt ist, die interessenwidrige Konsequenz gehabt,
dass zunächst überhaupt kein Stimmrecht bestanden und kein Verteilungsmaßstab
für die Kosten und Lasten des Gemeinschaftseigentums zur Verfügung
gestanden hätte. Somit spricht alles dafür, dass die in der Anlage II zur Teilungserklärung
aufgeführten Flächenangaben zu Grunde gelegt werden sollten,
gleich ob die betreffende Einheit bereits errichtet ist oder nicht. Dass die Wohnflächen
nach der II. Berechnungsverordnung ermittelt werden sollten, steht diesem
Verständnis nicht entgegen, denn hiermit wird lediglich die Möglichkeit
bzw. die Pflicht geregelt, die für die Stimmkraft zunächst zu Grunde zu legenden
geplanten Wohnflächen nach Errichtung der Gebäude anhand des tatsächlich
Gebauten neu zu ermitteln.
(2) Das Berufungsgericht geht ohne Rechtsfehler davon aus, dass dieser
Regelung ersichtlich die Annahme einer zeitnahen Fertigstellung aller geplanten
Wohnungen zu Grunde liegt. Dies zeigt sich auch daran, dass sich
nach der Darstellung in Abschnitt II.4 der Teilungserklärung die Stadt L. in
dem mit der Beklagten zu 1 geschlossenen Kaufvertrag das durch eine Vormerkung
gesicherte Recht vorbehalten hat, die Rückübertragung des Grundstücks
zu verlangen, falls die Investitionsmaßnahmen nicht durchgeführt werden.
An eine Bauunterbrechung von mehreren Jahren war offenbar nicht gedacht,
und hierauf sind die Stimmrechtsregelungen der Teilungserklärung, die
bei der Bemessung der Stimmkraft allein auf die (geplanten) Wohnflächen abstellen
und nicht zwischen bereits fertiggestellten und noch in Planung bzw. im
Bau befindlichen Wohnungen differenzieren, erkennbar nicht zugeschnitten.
cc) Die Annahme des Berufungsgerichts, es wäre unbillig, an der Stimmrechtsregelung
der Teilungserklärung festzuhalten, ist revisionsrechtlich ebenfalls
nicht zu beanstanden.
(1) Die Regelung in § 9 Abs. 4 und § 12 Abs. 1 TE führt aufgrund der
eingetretenen Bauunterbrechung im Ergebnis dazu, dass der Beklagten zu 1 in
der Eigentümerversammlung seit mittlerweile über 20 Jahren ein Stimmanteil
von rund 48 % zusteht, obwohl sie keine tatsächlich vorhandenen Sondereigentumseinheiten
hält. Das Wohnungseigentum bleibt nämlich - der Substanz nach
als Miteigentumsanteil - auf Dauer wirksam, wenn das geplante Gebäude
- gleich aus welchen Gründen - nicht errichtet wird und das Sondereigentum
daher nicht entsteht (vgl. Senat, Urteil vom 22. Dezember 1989 - V ZR 339/87,
eine faktische Mehrheit, weil bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit
gut 120 Mitgliedern die Anwesenheit sämtlicher Wohnungseigentümer auch mit
Stimmvollmachten regelmäßig nicht zu erreichen sein wird.
Zwar bestehen nach der Teilungserklärung für die einzelnen Häusergruppen
Untergemeinschaften, die, soweit wie rechtlich möglich, als selbständige
Eigentümergemeinschaften behandelt werden sollen. Dies führt dazu, dass
die Mitglieder der Untergemeinschaften über Maßnahmen, die ein zu dieser
Untergemeinschaft gehörendes Gebäude betreffen, weitestgehend allein und
unter Ausschluss der übrigen Miteigentümer entscheiden können (vgl. Senat,
Urteil vom 10. November 2017 - V ZR 184/16,
ändert aber nichts daran, dass die Verwaltung des Grundstücks als Ganzes den
Wohnungseigentümern gemeinsam zusteht (
Beklagte zu 1 etwa bei der Beschlussfassung über die Verwalterbestellung,
über den (Gesamt-)Wirtschaftsplan und die (Gesamt-)Jahresabrechnung zu
beteiligen ist. Die Wohnungseigentümer werden folglich in diesen besonders
wichtigen Angelegenheiten „fremdbestimmt“ durch eine Miteigentümerin mit
faktischer Mehrheitsmacht, die keine Wohnungen hält und daher von der Verwaltung
des Gemeinschaftseigentums allenfalls in Randbereichen betroffen ist.
Nachdem eine baldige Errichtung der weiteren Sondereigentumseinheiten auch
20 Jahre nach dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht
absehbar ist, kann es als unbillig angesehen werden, die übrigen Wohnungseigentümer
an einer Stimmrechtsregelung festzuhalten, nach der die nicht errichteten
Einheiten bei der Bemessung der Stimmkraft voll zu berücksichtigen sind
(vgl. auch
(2) Dabei kommt es, wie das Berufungsgericht richtig sieht, nicht darauf
an, ob die Beklagte zu 1 ihre faktische Mehrheitsmacht in rechtsmissbräuchlicher
Weise ausübt, indem sie erforderliche Beschlüsse blockiert oder Beschlüsse
fasst, die nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Einer solchen
Majorisierung der faktischen Minderheit durch einen Wohnungseigentümer
wäre jeweils mit den hierfür zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfen, namentlich
der Beschlussanfechtungs- und der Beschlussersetzungsklage zu be-
gegnen, die den Minderheitenschutz im Einzelfall gewährleisten (vgl. Senat,
Urteil vom 14. Juli 2017 - V ZR 290/16,
ist vielmehr, dass die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums
- soweit sie nicht von den Untergemeinschaften wahrgenommen wird - den
Wohnungseigentümern nach
aber durch einen Miteigentümer beherrscht wird, der selbst nicht Eigentümer
einer tatsächlich vorhandenen Wohnung ist.
(3) Entgegen der Ansicht der Revision ist die von dem Berufungsgericht
vorgenommene Würdigung nicht deshalb zu beanstanden, weil es nicht berücksichtigt,
dass die Beklagte zu 1 gemäß
ihres Miteigentumsanteils im Außenverhältnis für Verbindlichkeiten der
Gemeinschaft haftet. Zwar trifft es zu, dass die Beklagte zu 1 nach dieser Vorschrift
für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft im Außenverhältnis zu etwa 48 %
haftet, während ihre Stimmkraft auf der Eigentümerversammlung auf insgesamt
etwa 36 % reduziert werden soll. Dies führt aber nicht dazu, dass die Anpassung
der Stimmkraftregelung unbillig ist. Da für die bereits errichteten Häusergruppen
Untergemeinschaften bestehen, fallen kostenträchtige Maßnahmen,
namentlich Instandsetzungs- und Sanierungsmaßnahmen, vornehmlich in diesen
an und sind daher im Innenverhältnis allein von den Mitgliedern der jeweiligen
Untergemeinschaft zu tragen. Zudem muss in den Beschlüssen der Untergemeinschaften
über die Durchführung solcher Maßnahmen eine Finanzierung
vorgesehen werden, die die übrigen Wohnungseigentümer nicht mit einbezieht,
so dass das mit der Außenhaftung verbundene wirtschaftliche Risiko für die
nicht an der Untergemeinschaft beteiligten Eigentümer gering ist (vgl. Senat,
Urteil vom 10. November 2017 - V ZR 184/16,
3. Auch die von dem Berufungsgericht bestimmte Rechtsfolge des Anspruchs
der Kläger aus
ist nicht zu beanstanden.
a) Die Ausübung des tatrichterlichen Ermessens im Rahmen von § 21
Abs. 8 WEG ist von dem Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob alle wesentlichen
Umstände Beachtung gefunden haben, die Grenzen der Ermessensausübung
eingehalten sind und in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden
Weise von dieser Gebrauch gemacht wurde (vgl. Senat, Urteil
vom 24. Mai 2013 - V ZR 182/12,
8. April 2016 - V ZR 191/15,
b) Einer solchen Überprüfung hält die getroffene Regelung stand.
aa) Wenig überzeugend ist allerdings, dass sich die Stimmkraft der
Wohnungseigentümer für die nicht bezugsfertig errichteten Sondereigentumseinheiten
nach dem betreffenden Miteigentumsanteil, für bereits errichtete Einheiten
aber nach der Wohnfläche bemessen soll. Dass sich unter Zugrundelegung
der von dem Berufungsgericht gewählten Berechnungsmethode ein
Stimmanteil der Beklagten zu 1 von etwa 36 % ergibt, ist nur dem Zufall geschuldet,
dass die Miteigentumsanteile vorliegend in Einheiten zu 1/10.000-stel
angegeben und daher in der Größenordnung in etwa mit der Gesamtwohnfläche
von 16.335,50 m² vergleichbar sind. Die Herabsetzung der Stimmkraft für
die noch nicht errichteten Sondereigentumseinheiten hätte auch innerhalb eines
Berechnungsprinzips erreicht werden können, in dem die Flächen der nicht fertig
gestellten Einheiten bis zu ihrer Errichtung mit einem Faktor kleiner als 1,0
multipliziert würden.
bb) Für die Frage, ob die Grenzen des tatrichterlichen Ermessens bei der
Herabsetzung der Stimmkraft des Eigentümers von „Geisterwohnungen“ eingehalten
sind, kommt es aber nicht auf die Überzeugungskraft der Berechnungsmethode,
sondern allein auf das Ergebnis der Berechnung an, wenn und soweit
sich dieses Ergebnis - wie hier - mit der gewählten Methode zweifelsfrei ermit-
teln lässt. Das Ergebnis der Herabsetzung der Stimmkraft ist hier nicht zu beanstanden.
(1) Dem Umstand, dass das Stimmrecht der Wohnungseigentümer zu
dem Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte gehört und nur ausnahmsweise
und lediglich unter eng begrenzten Voraussetzungen eingeschränkt werden
kann (siehe oben Rn. 17), ist auf der Rechtsfolgenseite des Anspruchs aus
Eigentümers von „Geisterwohnungen“ nur maßvoll und nur vorübergehend bis
zur Fertigstellung der verbleibenden Sondereigentumseinheiten beschränkt
wird.
(2) Diese Vorgaben hat das Berufungsgericht beachtet. Die Herabsetzung
der Stimmkraft für die nicht errichteten Einheiten um etwa 25 % bzw. der
Gesamtstimmkraft um 12 Prozentpunkte von etwa 48 % auf etwa 36 % für die
Zeit bis zur Fertigstellung der weiteren Bauabschnitte überschreitet nicht die der
tatrichterlichen Ermessenausübung revisionsrechtlich gezogenen Grenzen. Insbesondere
droht der Beklagten zu 1 keine Majorisierung durch die übrigen
Wohnungseigentümer. Ihr verbleibt insgesamt eine Stimmkraft, mit der sie eine
Änderung der Teilungserklärung auf der Grundlage der Öffnungsklausel in § 18
TE verhindern kann. Die Beklagte zu 1 hat es zudem in der Hand, ihre volle
Stimmkraft - auch schrittweise - wiederzuerlangen, indem sie die weiteren Bauabschnitte
fertigstellt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:18.01.2019
Aktenzeichen:V ZR 72/18
Rechtsgebiete:
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BWNotZ 2020, 19-23
NJW-RR 2019, 909-912
ZWE 2019, 403-409
WEG §§ 10 Abs. 2 S. 3, 16 Abs. 4, 21 Abs. 8