LG Münster 30. September 1998
5 T 757/98
BGB §§ 1629 Abs. 1, 1795, 181, 1821 Abs. 1 Nr. 5

Ausschluß der Auseinandersetzung bei Schenkung an Minderjährige

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Deutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 758
letzte Aktualisierung: 11. Dezember 1998
758
LG Münster
w o 5 T 757/98
30.09.1998
BGB §§ 1629 Abs. 1, 1795, 181, 1821 Abs. 1 Nr. 5
Ausschluß der Auseinandersetzung bei Schenkung an Minderjährige

Der schenkw eise Erw erb von Miteigentumsanteilen durch Minderjährige
unter Ausschluß des Rechts der Auseinandersetzung der
Miteigentümergemeinschaft ist lediglich rechtlich vorteilhaft und bedarf auch nicht
der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung.
G r ü n d e :
Die Beteiligte E. ist mit F. zu je ½ Miteigentümerin des eingangs bezeichneten Grundstücks. Am 19.6.1998 haben
die Beteiligten vor dem Notar ... zu dessen Urkundenrolle Nr. ... einen Vertrag geschlossen, in welchem die
Beteiligte E. ihren Anteil an dem Grundstück überträgt. Die vertragliche Regelung lautet wie folgt:
Sie überträgt diesen halben Anteil hiermit auf ihre drei Söhne, und zwar auf jeden von ihnen zu einem Drittel (so
daß jeder ein Sechstel Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz bekommt). Soweit erforderlich, stimmt der
Ehemann dieser Übertragung zu, und beide nehmen die Übertragung, soweit erforderlich, auch als gesetzliche
Vertreter der beiden Söhne A. und T. für diese an. Die Übertragung erfolgt mit der Maßgabe, daß das Recht auf
Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft, auch im Wege des § 180 ZVG, für die Dauer von 5 Jahren
ab Eigentumsumschreibung ausgeschlossen ist.
Die Beteiligten beantragen, die Eigentumsumschreibung im Grundbuch vorzunehmen.
Der Rechtspfleger des Grundbuchamtes hat am 22.7.1998 eine Zwischenverfügung erlassen. In dieser vertritt er
die Auffassung, die Beteiligten zu 1. seien nach den §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 181 BGB von der
Vertretung der minderjährigen Beteiligen zu 2.) und zu 3.) ausgeschlossen; ferner sei eine
vormundschaftsgerichtliche Genehmigung des Vertrages erforderlich, da eine gemischte Schenkung vorliege.
Gegen diese Zwischenverfügung wenden sich die Beteiligten mit der Erinnerung vom 14.8.1998. Wegen der
Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag, die Zwischenverfügung sowie die Erinnerung Bezug genommen. Die
Erinnerung gilt, nachdem ihr das Amtsgericht nicht abgeholfen hat, als Beschwerde.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat Erfolg.
Die Beteiligten zu 1.) sind als Eltern der Beteiligten zu 2.) und 3.) nicht nach den §§ 1629 Abs. 2, 1795, 181 BGB
von der gesetzlichen Vertretung ausgeschlossen. Denn die §§ 1795 und 181 BGB gelten nicht bei
Willenserklärungen, die dem Minderjährigen ausschließlich einen rechtlichen Vorteil bringen (BGHZ 59/236; BGH
FamRZ 1975/480). Im vorliegenden Fall bringt die Übertragung des Grundstücksanteils den Beteiligten zu 2.) bis
4.) lediglich einen rechtlichen Vorteil. Bei der Beurteilung des Geschäftes, ob lediglich ein rechtlicher Vorteil
gegeben ist, ist eine Gesamtbetrachtung des dinglichen und des schuldrechtlichen Geschäftes anzustellen (BGHZ
78/34). Durch die dingliche Eigentumsübertragung erhalten die Beteiligten zu 2.) bis 4.) unbelastete
Grundstücksanteile zu Eigentum. Schuldrechtlich erhalten sie die Grundstücksanteile geschenkt, verpflichten sich


aber, die zwischen ihnen entstehende Miteigentümergemeinschaft auf die Dauer von 5 Jahren nicht aufzulösen.
Der Ausschluß der Aufhebung der Miteigentümergemeinschaft führt nicht dazu, daß das gesamte Geschäft den
Erwerbern nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil brächte. In dem Vertrag vom 19.6.1998 haben die Beteiligten zu
2.) bis 4.) konkludent die Aufhebung der Gemeinschaft für die Dauer von 5 Jahren ausgeschlossen. Diese
Vereinbarung bewirkt lediglich eine Einschränkung der Möglichkeit, den Grundstücksanteil zu verwerten. Durch sie
werden keine weiteren unmittelbaren oder mittelbaren finanziellen Verpflichtungen oder sonstige rechtliche
Belastungen des Vermögens der Erwerber herbeigeführt.
Der Vertrag vom 19.6.1998 bedarf nicht der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung. Eine solche käme in Betracht nach
den §§ 1643, 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB. Danach bedarf ein Vertrag der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, der u.a. auf
den entgeltlichen Erwerb eines Grundstücks gerichtet ist. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Ein entgeltlicher Erwerb
liegt nicht vor. Da in dem Vertrag vom 19.6.1998 keine sonstige Gegenleistung vereinbart worden ist, könnte als solche
lediglich der Ausschluß der Auseinandersetzung der zwischen den Beteiligten zu 2.) bis 4.) entstehenden
Miteigentümergemeinschaft in Betracht kommen. Der Auseinandersetzungsausschluß stellt aber keine von den Beteiligten zu
2.) bis 4.) an die Beteiligte E. zu erbringende Gegenleistung dar. Denn eine Leistung ist die Zuwendung eines wirklichen oder
vermeintlichen Vorteils (Palandt, § 241 BGB, Rdnr. 4). Für die Beteiligte E. stellt es aber keinen Vorteil dar, wenn die
Beteiligten zu 2.) bis 4.) während der Dauer von 5 Jahren nicht in Bezug auf die erworbenen Miteigentumsanteile
auseinandersetzen.
Die Zwischenverfügung ist nach alledem aufzuheben.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

LG Münster

Erscheinungsdatum:

30.09.1998

Aktenzeichen:

5 T 757/98

Erschienen in:

DNotI-Report 1998, 243
Rpfleger 1999, 73-74

Normen in Titel:

BGB §§ 1629 Abs. 1, 1795, 181, 1821 Abs. 1 Nr. 5