BGH 16. Juli 2024
II ZR 71/23
GmbHG §§ 46, 53; AktG § 241 Nr. 3

Abberufung eines Geschäftsführers durch nach Satzung unzuständige Gesellschafterversammlung; Anfechtbarkeit kompetenzwidrig gefasster Gesellschafterbeschlüsse; Anforderungen an Satzungsdurchbrechung

letzte Aktualisierung: 2.8.2024
BGH, Urt. v. 16.7.2024 – II ZR 71/23

GmbHG §§ 46, 53; AktG § 241 Nr. 3
Abberufung eines Geschäftsführers durch nach Satzung unzuständige Gesellschafterversammlung;
Anfechtbarkeit kompetenzwidrig gefasster Gesellschafterbeschlüsse;
Anforderungen an Satzungsdurchbrechung

1. Gesellschafterbeschlüsse einer GmbH, die gegen die in der Satzung festgelegte, nicht auf
zwingenden gesetzlichen Vorschriften beruhende Kompetenzverteilung verstoßen, sind lediglich
anfechtbar.
2. Die Abberufung eines Geschäftsführers durch die nach der Satzung dafür nicht zuständige
Gesellschafterversammlung ist keine zustandsbegründende Satzungsdurchbrechung.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen
Entscheidung und Abweisung der Klage.

I. Das Berufungsgericht (OLG Celle, GmbHR 2023, 739) hat zur Begründung
seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung,
ausgeführt:

Der angegriffene Beschluss sei gemäß § 241 Nr. 3 AktG analog nichtig,
weil er kompetenzwidrig gefasst worden sei und dies unter den besonderen Umständen
des Streitfalls nicht lediglich seine Anfechtbarkeit zur Folge habe. Die
Kompetenzüberschreitung durch die Gesellschafterversammlung erschöpfe sich
nicht in einem Verstoß gegen die Satzung. Hinzutrete ein Verstoß des Vereins
als Alleingesellschafter der Beklagten gegen den Hannover-96-Vertrag, der eine
Stimmrechtsbindung zugunsten der Sales & Service KG enthalte. Die gesonderte
Durchsetzung der vertraglichen Verpflichtung, das durch die Stimmrechtsbindung
vorgegebene Ergebnis herbeizuführen, wäre eine unnötige Förmelei. So
wie kein Grund dafür bestehe, stimmbindungswidrig überstimmte Gesellschafter
auf den umständlichen Weg einer Klage gegen ihre Mitgesellschafter zu verweisen,
um den bindungswidrig gefassten Beschluss aus der Welt zu schaffen, bestehe
ein solcher Grund auch dann nicht, wenn die übrigen Vertragsparteien
keine Gesellschafter seien. Im Streitfall komme hinzu, dass bei bloßer Anfechtbarkeit
des Beschlusses der Kompetenzverstoß innergesellschaftlich sanktionslos
bliebe, weil der Verein Alleingesellschafter sei.

Der Beschluss sei überdies sittenwidrig und damit analog § 241 Nr. 4 AktG
nichtig. Mit dem Abberufungsbeschluss sei eine Schädigung nicht anfechtungsberechtigter
Dritter verbunden. Er konterkariere das mit dem Hannover-96-Vertrag
festgeschriebene Erfordernis der Zustimmung der Sales & Service KG zu
jedweder Änderung der Satzung. Dies erweise sich als in besonderem Maße
treuwidrig, weil sich der Verein dieser Bindung bewusst gewesen sei und es sich
um ein bewusstes Unterlaufen der satzungsmäßigen Kompetenzverteilung gehandelt
habe.

II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht
stand. Der Beschluss über die Abberufung des Klägers ist wirksam.

1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Beschluss
über die Abberufung des Klägers entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig
sei.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind Beschlüsse der Gesellschafterversammlung
einer GmbH nur unter den einschränkenden Voraussetzungen
der für Hauptversammlungsbeschlüsse einer Aktiengesellschaft maßgebenden
§§ 241 f. AktG nichtig (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1953
- II ZR 167/52, BGHZ 11, 231, 235; Urteil vom 8. Dezember 1954 - II ZR 291/53,
BGHZ 15, 382, 384; Urteil vom 9. Dezember 1968 - II ZR 57/67, BGHZ 51, 209,
210 f.; Urteil vom 17. Februar 1997 - II ZR 41/96, BGHZ 134, 364, 365 f.). Das
gilt unbeschadet des zwischenzeitlichen Inkrafttretens des Gesetzes zur Modernisierung
des Personengesellschaftsrechts vom 10. August 2021
(BGBl. I S. 3436; im Folgenden: MoPeG) am 1. Januar 2024 (Art. 137 Satz 1
MoPeG) und der dadurch aufgeworfenen Frage, ob und inwieweit die nunmehr
für Personenhandelsgesellschaften geltenden §§ 110 ff. HGB künftig auf das
Beschlussmängelrecht der GmbH "ausstrahlen" werden (RegE eines Gesetzes
zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, BT-Drucks. 19/27635,
S. 228; vgl. Drescher in Ebenroth/Boujong, HGB, 5. Aufl., § 110 Rn. 9;
Schäfer/Liebscher, Das neue Personengesellschaftsrecht, § 5 Rn. 174 ff.;
Liebscher/Rickelt, ZPG 2024, 41, 51 f.; K. Schmidt, ZHR 187 [2023], 107, 117).
Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts (dazu BGH,
Beschluss vom 18. April 2023 - II ZR 37/22, ZIP 2023, 1589 Rn. 37) gilt § 110
Abs. 2 HGB nicht für Beschlüsse, die vor seinem Inkrafttreten gefasst wurden
(RegE eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts,
BT-Drucks. 19/27635, S. 228; Drescher in Ebenroth/Boujong, HGB, 5. Aufl.,
§ 110 Rn. 11; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann,
HGB, 6. Aufl., § 110 Rn. 2a; Vossler in Heidel/Schall, HGB, 4. Aufl., § 110 Rn. 11).
Entsprechend § 241 Nr. 3 AktG ist ein Gesellschafterbeschluss nichtig,
wenn er mit dem Wesen der GmbH nicht zu vereinbaren ist oder durch seinen
Inhalt Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutz der
Gläubiger der Gesellschaft oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind. In
Abgrenzung zu einer Verletzung des Gesetzes oder der Satzung, derentwegen
ein Beschluss der Gesellschafterversammlung angefochten werden kann (§ 243
Abs. 1 AktG), kann nur eine Verletzung der tragenden Strukturprinzipien des
GmbH-Rechts eine Unvereinbarkeit des Beschlusses mit dem Wesen der GmbH
begründen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 1996 - II ZR 77/95, BGHZ 132, 84,
93 f. [zur Genossenschaft]; Urteil vom 18. April 2005 - II ZR 151/03, ZIP 2005,
985, 987; BeckOK GmbHG/Leinekugel, Stand 1.2.2024, § 47 Anhang Rn. 18;
Noack in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., Anhang nach § 47 Rn. 50;
Scholz/K. Schmidt/Bochmann, GmbHG, 13. Aufl., § 45 Rn. 120; Teichmann in
Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 6. Aufl., Anhang zu § 47 Rn. 14; MünchKomm-
GmbHG/Wertenbruch, 4. Aufl., Anh. § 47 Rn. 90). Entgegen der Auffassung der
Revisionserwiderung ergibt sich das Wesen der GmbH im Sinne von § 241 Nr. 3
AktG nicht aus den individuellen Satzungsregelungen der jeweils in Rede stehenden
Gesellschaft, weil das Wesen der GmbH durch das GmbHG und die
abstrakt-generellen Strukturmerkmale des GmbH-Rechts bestimmt wird und damit
nicht zur Disposition der Gesellschafter steht. Zu diesen abstrakt-generellen
Strukturmerkmalen mag zwar auch die Satzungsautonomie gehören, die aber
nicht mit den in Ausübung dieser Autonomie getroffenen konkreten Satzungsregelungen
verwechselt werden darf.

b) Daran gemessen, findet die Annahme der Nichtigkeit des angegriffenen
Beschlusses in § 241 Nr. 3 AktG keine Stütze.

aa) Das Berufungsgericht geht im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend
davon aus, dass Gesellschafterbeschlüsse, die gegen die in der Satzung festgelegte,
nicht auf zwingenden gesetzlichen Vorschriften beruhende Kompetenzverteilung
verstoßen, lediglich anfechtbar sind (BeckOK GmbHG/Leinekugel,
Stand 1.2.2024, § 47 Anhang Rn. 26; Raiser/Schäfer in Habersack/
Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., Anhang nach § 47 Rn. 45; Römermann in
Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 4. Aufl., Anh. § 47 Rn. 35 ff.;
Scholz/K. Schmidt/Bochmann, GmbHG, 13. Aufl., § 45 Rn. 118; aA
Leuschner/Enneking, ZIP 2024, 1229, 1231). Danach kann die Abberufung des
Klägers durch den Verein als solche nicht zur Nichtigkeit des Abberufungsbeschlusses
entsprechend § 241 Nr. 3 AktG führen, selbst wenn man darin mit dem
Berufungsgericht einen Verstoß gegen die in der Satzung der Beklagten bestimmte
Kompetenz des Aufsichtsrats zur Abberufung des Geschäftsführers
sehen wollte. Der vom Verein gefasste Abberufungsbeschluss ist vielmehr schon
deshalb mit den tragenden Strukturprinzipien des GmbH-Rechts vereinbar, weil
§ 52 Abs. 1 GmbHG dem fakultativen Aufsichtsrat nicht von Gesetzes wegen die
Kompetenz zur Abberufung der Geschäftsführer zuweist, sondern diese Kompetenz
gemäß § 45 Abs. 2, § 46 Nr. 5 GmbHG vielmehr grundsätzlich der Gesellschafterversammlung
vorbehalten ist.

Auf die von der Revision in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen,
ob der Gesellschafterversammlung trotz anderweitiger Regelung in der Satzung
eine Kompetenz für die Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem
Grund verbleibt (bejahend: Beurskens in Noack/Servatius/Haas, GmbHG,
23. Aufl., § 38 Rn. 29; MünchKommGmbHG/Stephan/Tieves, 4. Aufl., § 38
Rn. 38; Kablitz, EWiR 2023, 521, 522; Werner, NZG 2023, 64, 67 f.; verneinend:
Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 21. Aufl., § 38 Rn. 16; Scholz/
Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, GmbHG, 13. Aufl., § 38 Rn. 22;
Leuschner/Enneking, ZIP 2024, 1229, 1231; alle mwN; offenlassend: BGH, Urteil
vom 24. Februar 1954 - II ZR 88/53, BGHZ 12, 337, 340) und ob das Berufungsgericht
im Streitfall das Vorliegen eines wichtigen Grundes rechtsfehlerhaft verneint
hat, kommt es daher nicht an.

bb) Dagegen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft angenommen,
dass im Streitfall besondere Umstände vorlägen, die zur Nichtigkeit des Beschlusses
entsprechend § 241 Nr. 3 AktG führten.

(1) Die vom Berufungsgericht bejahte Missachtung des Zustimmungsvorbehalts
in Ziffer 3 des Hannover-96-Vertrags durch den Verein rechtfertigt nicht
die Annahme, dass der Abberufungsbeschluss mit dem Wesen der GmbH nicht
zu vereinbaren sei. Die Beachtung von derartigen Stimmbindungsverträgen gehört
nicht zu den tragenden Strukturprinzipien des GmbH-Rechts.

(a) Die Gesellschafter einer GmbH können sich jederzeit außerhalb der
Satzung ihren Mitgesellschaftern schuldrechtlich verpflichten, in der Gesellschafterversammlung
in bestimmter Weise abzustimmen (BGH, Urteil vom 20. Januar
1983 - II ZR 243/81, ZIP 1983, 297, 298; Urteil vom 27. Oktober 1986
- II ZR 240/85, ZIP 1987, 293, 295; Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08,
BGHZ 179, 13 Rn. 12 - Schutzgemeinschaftsvertrag II [zur AG]). Dabei ist aber
zwischen der schuldrechtlichen und der korporationsrechtlichen Ebene zu unterscheiden.
Ein Stimmbindungsvertrag bindet grundsätzlich nur die Vertragsparteien
(BGH, Urteil vom 15. März 2010 - II ZR 4/09, ZIP 2010, 1541 Rn. 8; Urteil
vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 20 - Schutzgemeinschaftsvertrag
II). Verletzt ein Gesellschafter ein solches mit einem Mitgesellschafter
getroffenes Abkommen, indem er abredewidrig abstimmt, so ist der auf
diese Weise zustande gekommene Beschluss grundsätzlich nicht anfechtbar,
vielmehr ist der Streit um die Rechtsfolgen des Verstoßes unter den an der Bindung
Beteiligten und nicht mit der Gesellschaft auszutragen (BGH, Urteil vom
20. Januar 1983 - II ZR 243/81, ZIP 1983, 297, 298).

Noch weniger folgt aus einer vertraglichen Pflichtverletzung die Nichtigkeit
des Beschlusses entsprechend § 241 Nr. 3 AktG, weil in dem privatautonom begründeten
Stimmbindungsvertrag die individuellen und verzichtbaren Interessen
der Vertragspartner zum Ausdruck kommen, er aber nicht zu den tragenden
Strukturprinzipien des GmbH-Rechts gehört (vgl. OLG Koblenz, NJW 1986,
1692, 1693; OLG Koblenz, NJW 1991, 1119, 1120; OLG Karlsruhe, Urteil vom
30. Dezember 1998 - 14 U 31/98, juris Rn. 46; OLG Saarbrücken, GmbHR 2005,
546, 548; Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl., Anh. § 47 Rn. 77; BeckOGK
GmbHG/Denga, Stand 15.10.2023, § 47 Rn. 70; MünchKommGmbHG/
Drescher, 4. Aufl., § 47 Rn. 254; BeckOGK GmbHG/Dubovitskaya,
Stand 1.4.2024, § 38 Rn. 92; Hillmann in Henssler/Strohn, GesR, 6. Aufl., § 47
GmbHG Rn. 91 f.; Hüffer/Schäfer in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl.,
§ 47 Rn. 86 Noack in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 47 Rn. 117;
BeckOK GmbHG/Schindler, Stand 1.8.2023, § 47 Rn. 72; Scholz/
K. Schmidt/Bochmann, GmbHG, 13. Aufl., § 47 Rn. 53; MünchKomm-
GmbHG/Stephan/Tieves, 4. Aufl., § 38 Rn. 24; Leuschner/Enneking, ZIP 2024,
1229, 1234 f.).

(b) Die Rechtsfolgen einer Verletzung des gegenüber Nichtgesellschaftern
eingegangenen schuldrechtlichen Stimmbindungsvertrags, der zulässig sein
kann (BGH, Urteil vom 29. Mai 1967 - II ZR 105/66, BGHZ 48, 163, 166 ff.; Urteil
vom 7. Februar 1983 - II ZR 25/82, ZIP 1983, 432 f.; vgl. auch BGH, Beschluss
vom 15. Juli 2014 - II ZR 375/13, AG 2014, 705 [zur AG]), reichen nicht weiter als
die Folgen, die eine Verletzung einer gegenüber Mitgesellschaftern eingegangenen
Stimmbindungsverpflichtung haben kann (oben (a)). Ob auch Stimmbindungsverträge
mit Nichtgesellschaftern zulässig sind, die sich, wie Ziffer 3 des
Hannover-96-Vertrags, auf Satzungsänderungen beziehen, ist im Schrifttum umstritten
(bejahend: BeckOGK GmbHG/Born, Stand 1.5.2024, § 53 Rn. 216;
MünchKommGmbHG/Drescher, 4. Aufl., § 47 Rn. 245; Ganzer in Rowedder/
Pentz, GmbHG, 7. Aufl., § 47 Rn. 37; Noack in Noack/Servatius/Haas, GmbHG,
23. Aufl., § 47 Rn. 113; Römermann in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt,
GmbHG, 4. Aufl., § 47 Rn. 504; Leuschner/Enneking, ZIP 2024, 1229, 1233; verneinend:
Füller in Ensthaler/Füller, GmbHG, 3. Aufl., § 47 Rn. 13; differenzierend:
Scholz/Priester/Tebben, GmbHG, 12. Aufl., § 53 Rn. 36; Scholz/K. Schmidt,
GmbHG, 13. Aufl., § 47 Rn. 42; Hillmann in Henssler/Strohn, GesR, 6. Aufl., § 47
GmbHG Rn. 90; Hüffer/Schäfer in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl.,
§ 47 Rn. 80, 82; jeweils mwN), bedarf im Streitfall aber keiner Entscheidung.
Ebenso wenig muss entschieden werden, ob der Verein im Streitfall deswegen
nicht an den Zustimmungsvorbehalt aus Ziffer 3 des Hannover-96-Vertrags gebunden
war, weil die Sales & Service KG, wäre sie Gesellschafterin der Beklagten,
vom Stimmrecht bei der Abberufung des Klägers als Geschäftsführer aus
wichtigem Grund ausgeschlossen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 29. Mai 1967
- II ZR 105/66, BGHZ 48, 163, 166; OLG Frankfurt, Urteil vom 16. September
1999 - 1 U 137/98, juris Rn. 44; MünchKommGmbHG/Drescher, 4. Aufl., § 47
Rn. 247 mwN) oder weil bei einer Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem
Grund eine anderweitige Stimmbindung im Hinblick auf die Treuepflicht des
Gesellschafters keine Wirkung entfalten könnte (vgl. BGH, Urteil vom
4. November 1976 - II ZR 50/75, WM 1977, 525, 528 f. [zur OHG]; Urteil vom
24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 17 - Schutzgemeinschaftsvertrag
II; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 21. Aufl., § 47 Rn. 21;
MünchKommGmbHG/Drescher, 4. Aufl., § 47 Rn. 249; Römermann in
Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 4. Aufl., § 47 Rn. 514).
(c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich die Nichtigkeit
des angegriffenen Beschlusses auch nicht aus den prozesswirtschaftlichen
Erwägungen ableiten, die den Senat veranlasst haben, ausnahmsweise die Anfechtbarkeit
eines unter Verletzung einer von allen Gesellschaftern untereinander
eingegangenen Bindung zustande gekommenen Beschlusses anzunehmen
(BGH, Urteil vom 20. Januar 1983 - II ZR 243/81, ZIP 1983, 297, 298; Urteil vom
27. Oktober 1986 - II ZR 240/85, ZIP 1987, 293, 295; vgl. auch BGH, Urteil vom
7. Juni 1993 - II ZR 81/92, BGHZ 123, 15, 20). Eine von sämtlichen Gesellschaftern
untereinander eingegangene Bindung ist einem mit Nichtgesellschaftern vereinbarten
schuldrechtlichen Zustimmungsvorbehalt schon nicht vergleichbar (unten
(aa)). Zudem besagt die prozessuale Anfechtbarkeit eines Beschlusses
nichts über seine materiell-rechtliche Nichtigkeit (unten (bb)). Schließlich widerspricht
die Nichtigkeitsfolge der auf das Verhältnis der Vertragsparteien beschränkten
Bindungswirkung des Zustimmungsvorbehalts (unten (cc)).

(aa) Unterwirft sich der Alleingesellschafter in Angelegenheiten der Gesellschaft
gegenüber einem Nichtgesellschafter einem schuldrechtlichen Zustimmungsvorbehalt,
ist diese Vereinbarung nicht zugleich eine solche der Gesellschaft.
Sie kann nicht mit gesellschaftsrechtlichen Mitteln durchgesetzt werden,
weil ihr Gläubiger außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses steht (vgl. OLG
Karlsruhe, Urteil vom 30. Dezember 1998 - 14 U 31/98, juris Rn. 46;
Scholz/K. Schmidt/Bochmann, GmbHG, 13. Aufl., § 47 Rn. 19; Goette,
RWS-Forum 8, Gesellschaftsrecht 1995, 113, 127). Vielmehr obliegt es dem aus
dem Zustimmungsvorbehalt Berechtigten, seine Ansprüche gegen den daraus
Verpflichteten außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses durchzusetzen (vgl.
BGH, Urteil vom 29. Mai 1967 - II ZR 105/66, BGHZ 48, 163, 170 f.).

(bb) Anders als das Berufungsgericht meint, handelt es sich dabei nicht
um eine "unnötige Förmelei", sondern um den für Nichtgesellschafter einzigen
Weg, schuldrechtliche Vereinbarungen mit dem Alleingesellschafter durchzusetzen.
Die Anfechtungsklage ist, von Sonderfällen abgesehen, den nach § 16
Abs. 1 GmbHG zu bestimmenden rechtlichen Gesellschaftern vorbehalten (BGH,
Urteil vom 28. Januar 1980 - II ZR 84/79, BGHZ 76, 154, 159; Urteil vom
11. Februar 2008 - II ZR 187/06, ZIP 2008, 757 Rn. 26, 34; Urteil vom 13. Oktober
2008 - II ZR 112/07, ZIP 2008, 2215 Rn. 11; Urteil vom 2. Juli 2019 - II ZR 406/17,
BGHZ 222, 323 Rn. 58). Die Nichtgesellschaftern offenstehende Möglichkeit, die
Nichtigkeit eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung durch eine allgemeine
Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO feststellen zu lassen, soweit
sie ein Feststellungsinteresse haben (BGH, Urteil vom 11. Februar 2008
- II ZR 187/06, ZIP 2008, 757 Rn. 34; Urteil vom 13. Oktober 2008 - II ZR 112/07,
ZIP 2008, 2215 Rn. 11; Urteil vom 2. Juli 2019 - II ZR 406/17, BGHZ 222, 323
Rn. 58), setzt die Nichtigkeit des Beschlusses voraus, begründet sie aber nicht.

(cc) Die Auffassung des Berufungsgerichts überdehnt auch den Grundsatz
der Relativität der Schuldverhältnisse. Da nichtige Beschlüsse von Anfang an
keine Rechtswirkungen entfalten und die Nichtigkeit von jedermann geltend gemacht
werden kann (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1953 - II ZR 167/52,
BGHZ 11, 231, 239; Urteil vom 28. Januar 1980 - II ZR 84/79, BGHZ 76, 154,
159), würden sich schuldrechtliche Pflichtverletzungen unabhängig von dem Willen
des Gläubigers und auch zugunsten von Personen auswirken, die, wie der
Kläger, weder an dem Stimmbindungsvertrag beteiligt sind noch sonst daraus
Ansprüche ableiten können.

(2) Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich die Nichtigkeit des
Abberufungsbeschlusses auch nicht damit begründen, dass das von ihm angenommene
kompetenz- und vertragswidrige Verhalten des Vereins ansonsten
"innergesellschaftlich sanktionslos" bliebe.

(a) Der vom Berufungsgericht gezogene Schluss von der Unanfechtbarkeit
auf die Nichtigkeit hat in § 243 Nr. 3 AktG keine Stütze. Auch sonst gibt es keinen
Rechtssatz, nach dem eine Verletzung der Satzung stets gesellschaftsrechtlichen
Sanktionen unterliegen müsse. Vielmehr entspricht es dem Wesen der
GmbH, dass ein die Satzung verletzender Beschluss nicht mit Erfolg angefochten
werden kann, wenn es an einer zur Anfechtung befugten Person fehlt.
(b) Die Nichtigkeit eines vertragswidrig zustande gekommenen Beschlusses
lässt sich daher auch nicht mit der Erwägung begründen, sie sei zur Durchsetzung
des Zustimmungsvorbehalts, dem sich der Verein unterworfen habe, erforderlich
(so aber Otte, RFamU 2023, 197, 200; ähnlich Mock, ZIP 2022, 2369,
2372). Da zwischen der schuldrechtlichen und der korporationsrechtlichen Ebene
zu unterscheiden ist, wirkt sich eine vertragliche Pflichtverletzung nicht unmittel-
bar auf das Gesellschaftsverhältnis aus. Vielmehr bestimmen sich ihre Rechtsfolgen
grundsätzlich im Verhältnis der Vertragsparteien nach den von ihnen privatautonom
begründeten Regeln (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 1983
- II ZR 243/81, ZIP 1983, 297, 298; Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08,
BGHZ 179, 13 Rn. 20 - Schutzgemeinschaftsvertrag II; Kablitz, EWiR 2023, 521,
522; Lüttenberg, GmbHR 2023, 453, 455 f.).

cc) Schließlich lässt sich aus der vom Berufungsgericht angenommenen
Kombination von Kompetenz- und Vertragswidrigkeit des Gesellschafterbeschlusses
keine Verletzung tragender Strukturprinzipien des GmbH-Rechts ableiten.
Da weder die Inanspruchnahme der nach der Satzung dem Aufsichtsrat
zustehenden Kompetenz zur Abberufung des Geschäftsführers noch die Missachtung
des schuldrechtlichen Zustimmungsvorbehalts durch den Verein für sich
betrachtet das Wesen der GmbH berühren, kann im Grundsatz und so auch hier
nichts Anderes gelten, wenn der Beschluss sowohl Satzung als auch Vertrag verletzt.

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts rechtfertigen die getroffenen
Feststellungen auch nicht die Annahme, dass der Beschluss über die
Abberufung des Klägers sittenwidrig und damit entsprechend § 241 Nr. 4 AktG
nichtig sei.

a) Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer GmbH sind entsprechend
§ 241 Nr. 4 AktG nur dann nichtig, wenn sie durch ihren Inhalt gegen die
guten Sitten verstoßen. Der Beschluss muss also "für sich allein betrachtet" gegen
die guten Sitten verstoßen (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1954
- II ZR 291/53, BGHZ 15, 382, 384 f.; Urteil vom 1. Juni 1987 - II ZR 128/86,
BGHZ 101, 113, 116; Urteil vom 16. Dezember 1991 - II ZR 58/91, BGHZ 116,
359, 374 f.; Urteil vom 6. Dezember 2022 - II ZR 187/21, ZIP 2023, 355 Rn. 29).

Beschlüsse, bei denen nicht der eigentliche Beschlussinhalt, sondern "nur" Beweggrund
oder Zweck gegen die guten Sitten verstößt, oder bei denen die Sittenwidrigkeit
in der Art des Zustandekommens liegt, sind lediglich anfechtbar
(BGH, Urteil vom 1. Juni 1987 - II ZR 128/86, BGHZ 101, 113, 116; Urteil vom
16. Dezember 1991 - II ZR 58/91, BGHZ 116, 359, 374 f.; Urteil vom 6. Dezember
2022 - II ZR 187/21, ZIP 2023, 355 Rn. 29).

Das Berufungsgericht hat, insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung
des Senats, Nichtigkeit auch dann angenommen, wenn der Beschluss
seinem Wortlaut nach keine Sittenwidrigkeit beinhaltet, aber seinem inneren Gehalt
nach in einer sittenwidrigen Schädigung nicht anfechtungsberechtigter Personen
besteht, weil ansonsten die Gefahr besteht, dass sich die Gesellschafter
durch eine geeignete Fassung ihrer Beschlüsse über jedes Gebot der guten Sitten
hinwegsetzen könnten (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1954 - II ZR 291/53,
BGHZ 15, 382, 385 f.; Urteil vom 1. Juni 1987 - II ZR 128/86, BGHZ 101, 113,
116 f.; OLG Dresden, NZG 1999, 1109; OLG Nürnberg, NZG 2000, 700, 702;
OLG Karlsruhe, NZG 2013, 818, 819 [zum Strafrecht]; BeckOGK AktG/Drescher,
Stand 1.2.2024, § 241 Rn. 255; Koch, AktG, 18. Aufl., § 241 Rn. 21; BeckOK
GmbHG/Leinekugel, Stand 1.2.2024, § 47 Anhang Rn. 27; MünchKomm-
AktG/Schäfer, 5. Aufl., § 241 Rn. 70; Schmidt in Großkomm. AktG, 4. Aufl., § 241
Rn. 65; MünchKommGmbHG/Wertenbruch, 4. Aufl., Anh. § 47 Rn. 111).
b) Die Bewertung eines Verhaltens als sittenwidrig ist eine Rechtsfrage,
die der uneingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt (BGH,
Urteil vom 20. Juli 2017 - IX ZR 310/14, ZIP 2017, 1571 Rn. 17; Urteil vom
6. Dezember 2022 - II ZR 187/21, ZIP 2023, 355 Rn. 23). Sittenwidrig ist ein Verhalten,
das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung
von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl
aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen
nicht, dass der Handelnde eine vertragliche Pflicht oder das Gesetz verletzt oder
bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere
Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten
Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den
eingetretenen Folgen ergeben kann (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2013
- VI ZR 124/12, NJW 2014, 1380 Rn. 8; Urteil vom 19. November 2013
- VI ZR 336/12, ZIP 2014, 82 Rn. 9; Urteil vom 20. Juli 2017 - IX ZR 310/14,
ZIP 2017, 1571 Rn. 16; Urteil vom 6. Dezember 2022 - II ZR 187/21, ZIP 2023,
355 Rn. 23 mwN). Der anzulegende Maßstab der guten Sitten bestimmt sich zudem
nach dem jeweiligen gesetzlichen Rahmen, weil dieser die berechtigten Verhaltenserwartungen
des angesprochenen begrenzten Verkehrskreises beeinflusst
(vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 1989 - II ZR 334/87, ZIP 1989, 1390, 1394;
Staudinger/Oechsler, BGB, Neubearbeitung 2021, § 826 Rn. 58 f.). Schließlich
darf sich die Nichtigkeitsfolge nicht in Widerspruch mit anderen gesetzlichen Wertungen
setzen (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 1962 - II ZR 252/59, WM 1962, 419;
Urteil vom 25. April 1966 - II ZR 80/65, WM 1966, 614).

c) Nach diesen Grundsätzen ist eine sittenwidrige Schädigung zu verneinen.
Indem das Berufungsgericht die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens
des Vereins aus dem von ihm festgestellten bewussten Unterlaufen der satzungsmäßigen
Kompetenzverteilung und dem Bewusstsein der im Hannover-96-
Vertrag eingegangenen Bindung abgeleitet hat, hat es den Begriff der Sittenwidrigkeit
überdehnt. Der Grad des Verschuldens einer Satzungs- und Pflichtverletzung
indiziert hier für sich alleine keine sittenwidrige Schädigung.
aa) In der Inanspruchnahme der nach der Satzung dem Aufsichtsrat zustehenden
Kompetenz zur Abberufung des Geschäftsführers durch die Gesellschafterversammlung
liegt keine sittenwidrige Schädigung Dritter.

Der bloße Verstoß gegen eine Satzungsbestimmung macht einen Gesellschafterbeschluss
anfechtbar, aber nicht nichtig (BGH, Urteil vom 17. Februar
1997 - II ZR 41/96, BGHZ 134, 364, 366). Bei einem Kompetenzkonflikt zwischen
der Gesellschafterversammlung und dem fakultativen Aufsichtsrat sind, soweit
die Satzung nichts Anderes vorsieht, weder der Aufsichtsrat noch seine Mitglieder
allgemein zur Anfechtung von kompetenzwidrig gefassten Gesellschafterbeschlüssen
befugt (Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl., Anh. § 47 Rn. 85 f.; Drescher
in Henssler/Strohn, GesR, 6. Aufl., § 245 AktG Rn. 23; Ganzer in Rowedder/
Pentz, GmbHG, 7. Aufl., Anh. § 47 Rn. 47; Hillmann in Henssler/Strohn, GesR,
6. Aufl., Anhang § 47 GmbHG Rn. 10; Raiser/Schäfer in Habersack/Casper/
Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., Anhang nach § 47 Rn. 165 f.; Teichmann in
Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 6. Aufl., Anhang zu § 47 Rn. 62 f.). Danach hat
das von einem kompetenzwidrig gefassten Gesellschafterbeschluss unmittelbar
betroffene Gesellschaftsorgan die Verletzung der Satzung hinzunehmen. Diese
innergesellschaftliche Risikozuweisung kann nicht durch die Annahme der Sittenwidrigkeit
eines derartigen Beschlusses, der regelmäßig im Bewusstsein der
Verletzung der Satzung gefasst werden wird, unterlaufen werden. Noch weniger
lässt sich die Sittenwidrigkeit des Abberufungsbeschlusses damit begründen,
dass der Verein mit ihm zugleich die "Machtbalance" innerhalb der von der Beklagten,
der KGaA und der Sales & Service KG gebildeten Organisationsstruktur
sowie die in der Satzung der Beklagten vorgesehenen Entsenderechte in den
Aufsichtsrat missachtet habe (aA Mock, ZIP 2022, 2369, 2372). Solche von dem
angegriffenen Beschluss mittelbar betroffenen Interessen und Rechte werden jedenfalls
nicht stärker geschützt als das übergangene Gesellschaftsorgan selbst
(vgl. zur Beschränkung der Haftung aus § 826 BGB unter Schutzzweckgesichtspunkten
BGH, Urteil vom 20. Februar 1979 - VI ZR 189/78, NJW 1979, 1599,
1600; Urteil vom 11. November 1985 - II ZR 109/84, BGHZ 96, 231, 236 f.; Urteil
vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 15).

bb) Ebenso wenig liegt in der Verletzung eines Stimmbindungsvertrags
ohne Weiteres eine sittenwidrige Schädigung der Vertragspartner, selbst wenn
sie, was regelmäßig der Fall sein wird, vorsätzlich erfolgt ist (vgl. BGH, Urteil vom
1. März 1962 - II ZR 252/59, WM 1962, 419; Urteil vom 25. April 1966
- II ZR 80/65, WM 1966, 614; BeckOK BGB/Förster, Stand 1.5.2024, § 826
Rn. 68; Schwab in K. Schmidt/Lutter, AktG, 5. Aufl., § 241 Rn. 32; Münch-
KommBGB/Wagner, 9. Aufl., § 826 Rn. 103; Lüttenberg, GmbHR 2023, 453,
455 f.; tendenziell auch Leuschner/Enneking, ZIP 2024, 1229, 1235; aA BeckOK
GmbHG/Leinekugel, Stand 1.2.2024, § 47 Anhang Rn. 27.3; Staudinger/
Oechsler, BGB, Neubearbeitung 2021, § 826 Rn. 322; Arntzen/Schweneke/
Abele, jurisPR-HaGesR 3/2023 Anm. 5; Mock, ZIP 2022, 2369, 2372).
Die Annahme der Sittenwidrigkeit eines unter bewusster Missachtung
eines Stimmbindungsvertrags zustande gekommenen Beschlusses der Gesellschafterversammlung
über die Abberufung eines Geschäftsführers würde wiederum
dem Grundsatz widersprechen, nach dem zwischen der schuldrechtlichen
und der korporationsrechtlichen Ebene zu unterscheiden ist und vereinbarungswidrig
zustande gekommene Beschlüsse nicht anfechtbar sind (BGH, Urteil vom
20. Januar 1983 - II ZR 243/81, ZIP 1983, 297, 298; Urteil vom 24. November
2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 20 - Schutzgemeinschaftsvertrag II). Die
Rechtsfolgen der Pflichtverletzung beschränken sich grundsätzlich auf das Verhältnis
der am Schuldverhältnis Beteiligten, haben aber keine Wirkung nach
außen (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 1966 - II ZR 80/65, WM 1966, 614). Sonst
würde bis zur Klärung dieser Pflichtverletzung in der Schwebe bleiben, ob der
Geschäftsführer die Gesellschaft weiter vertreten kann, und bei Feststellung der
Nichtigkeit wären, wenngleich unter Berücksichtigung des durch das Handelsregister
vermittelten Schutzes nach § 15 Abs. 1 HGB, § 39 Abs. 1 Fall 2 GmbHG
(vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 2024 - II ZR 220/22, ZIP 2024, 567 Rn. 26), die
von ihm in Vertretung der Gesellschaft vorgenommenen Rechtsakte in Frage gestellt.
Das sind Folgen, die für die bloße Verletzung eines Stimmbindungsvertrags
nicht in Kauf genommen werden können (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 1962
- II ZR 252/59, WM 1962, 419; Urteil vom 25. April 1966 - II ZR 80/65, WM 1966,
614 [jeweils zur Verletzung eines Treuhandverhältnisses]).

cc) Schließlich führt auch eine Gesamtbetrachtung zu keinem anderen Ergebnis.
Dabei kann auf sich beruhen, ob der von dem Berufungsgericht angenommene
Verstoß des Vereins sowohl gegen die Satzung als auch den schuldrechtlichen
Zustimmungsvorbehalt das Gewicht der Pflichtverletzungen erhöht
(vgl. Arntzen/Schweneke/Abele, jurisPR-HaGesR 3/2023 Anm. 5). Denn auch
dann ist im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen, dass der Alleingesellschafter
unter Inkaufnahme der mit einer Vertragsverletzung verbundenen
Folgen die Satzung ändern und die Kompetenz zur Abberufung des Geschäftsführers
an sich ziehen kann (§§ 53, 54 GmbHG). Dass der Verein von einer förmlichen
Satzungsänderung keinen Gebrauch gemacht, sondern sich auf eine Satzungsdurchbrechung
beschränkt hat, stellt sich entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung
nicht als besonders verwerflich dar. Dieses Vorgehen ist aber
am Maßstab der §§ 53, 54 GmbHG zu messen (unten III. 1.).

dd) Eine Nichtigkeit des Abberufungsbeschlusses wegen einer sittenwidrigen
Schädigung nicht anfechtungsbefugter Personen käme danach allenfalls in
Betracht, wenn sich das Verhalten des Vereins nicht in der Kompetenz- und Vertragspflichtverletzung
erschöpft hätte, sondern darüberhinausgehende die Verwerflichkeit
begründende Umstände vorlägen. Solche Umstände hat das Berufungsgericht
indes nicht festgestellt. Es hat auch keinen dahingehenden Vortrag
des Klägers beurkundet. Derartige Umstände sind auch sonst nicht ersichtlich.
Insbesondere liegt in dem Verhalten des Vereins keine sittenwidrige Ausnutzung
einer formalen Rechtsposition (vgl. dazu BGH, Urteil vom 1. Juni 1987
- II ZR 128/86, BGHZ 101, 113, 121; Urteil vom 6. Dezember 2022 - II ZR 187/21,
ZIP 2023, 355 Rn. 31; OLG Dresden, NZG 1999, 1109 f.; BeckOK GmbHG/
Leinekugel, Stand 1.2.2024, § 47 Anhang Rn. 27.1), weil die nur schuldrechtliche
Stimmbindung die rechtliche Gesellschafterstellung nicht beschränkt. Auch stellt,
wie schon das Landgericht zutreffend angenommen hat, die durch die Abberufung
des einzigen Geschäftsführers bedingte Führungslosigkeit der Beklagten
keine besonders verwerfliche Folge dar (vgl. Beurskens in Noack/
Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 38 Rn. 2; BeckOGK GmbHG/Dubovitskaya,
Stand 1.4.2024, § 38 Rn. 19; Terlau in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt,
GmbHG, 4. Aufl., § 38 Rn. 4; jeweils mwN). Es ist Sache der dazu berufenen
Gesellschaftsorgane, durch die Bestellung eines Geschäftsführers die Führungslosigkeit
der Beklagten zu beenden.

III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen
Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

1. Der notariell beurkundete Abberufungsbeschluss ist, anders als das
Landgericht angenommen hat, nicht unter dem Gesichtspunkt einer zustandsbegründenden
Satzungsdurchbrechung nichtig.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine einen Einzelfall regelnde
Satzungsdurchbrechung im Grundsatz auch ohne Einhaltung der formellen
Voraussetzungen einer Satzungsänderung möglich, wenn sie sich auf eine punktuelle
Regelung beschränkt, bei der sich die Wirkung des Beschlusses in der betreffenden
Maßnahme erschöpft (BGH, Urteil vom 11. Mai 1981 - II ZR 25/80,
ZIP 1981, 1205, 1206; Urteil vom 7. Juni 1993 - II ZR 81/92, BGHZ 123, 15, 19;
Urteil vom 19. Mai 2016 - II ZR 342/14, BGHZ 210, 186 Rn. 17; Urteil vom
20. August 2019 - II ZR 121/16, ZIP 2019, 1805 Rn. 24; Urteil vom 11. Juli 2023
- II ZR 98/21, ZIP 2023, 1638 Rn. 17; BFHE 278, 231 Rn. 23). Nichtig sind hingegen
Satzungsdurchbrechungen, die einen von der Satzung abweichenden
rechtlichen Zustand begründen, wenn die für eine Satzungsänderung geltenden
Formvorschriften nicht eingehalten werden (BGH, Urteil vom 7. Juni 1993
- II ZR 81/92, BGHZ 123, 15, 19; Urteil vom 2. Juli 2019 - II ZR 406/17,
BGHZ 222, 323 Rn. 70; Urteil vom 11. Juli 2023 - II ZR 98/21, ZIP 2023, 1638
Rn. 17; BFHE 278, 231 Rn. 22). Sie bedürfen der notariellen Beurkundung (§ 53
Abs. 3 GmbHG), die auch die genau bestimmte Änderung des Satzungstextes
umfasst, damit daraus der nach § 54 Abs. 1 Satz 2 GmbHG der Anmeldung beizufügende
vollständige Wortlaut der geänderten Satzung abgeleitet werden kann
(OLG Köln, GmbHR 2019, 188, 189; BeckOGK GmbHG/Born, Stand 1.5.2024,
§ 53 Rn. 66; Gummert in Henssler/Strohn, GesR, 6. Aufl., § 53 Rn. 10;
Scholz/Priester/Tebben, GmbHG, 12. Aufl., § 53 Rn. 30; Ulmer/Casper in
Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., § 53 Rn. 38; Priester, ZHR 151
[1987], 40, 55 f.; aA Leitzen in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 6. Aufl., § 53
Rn. 16; Lawall, DStR 1996, 1169, 1173; Pöschke, DStR 2012, 1089, 1093; differenzierend:
MünchKommGmbHG/Harbarth, 4. Aufl., § 53 Rn. 51). Der Grund dafür
liegt vor allem darin, dass solche eine Dauerwirkung entfaltenden Abweichungen
von der Satzung nicht nur gesellschaftsinterne Bedeutung haben, sondern
auch den Rechtsverkehr einschließlich etwaiger später eintretender Gesellschafter
berühren. Dem Schutz des Rechtsverkehrs dient die Registerpublizität auch
in Fragen, in denen es nicht etwa nur um die Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft
geht. Denn zum Handelsregister ist die gesamte Satzungsurkunde einzureichen;
gibt sie den materiellen Satzungsinhalt nicht richtig und vollständig wieder,
dann wird der Rechtsverkehr über die Verhältnisse der Gesellschaft entgegen
dem mit der Registerpublizität verfolgten Zweck unzutreffend informiert
(BGH, Urteil vom 7. Juni 1993 - II ZR 81/92, BGHZ 123, 15, 19; BFHE 278, 231
Rn. 27).

b) Nach diesen Maßstäben muss ein Beschluss der nach der Satzung unzuständigen
Gesellschafterversammlung über die Abberufung eines Geschäftsführers
nicht die für eine Satzungsänderung geltenden Formvorschriften einhalten
(BeckOGK GmbHG/Born, Stand 1.5.2024, § 53 Rn. 72; MünchKomm-
GmbHG/Harbarth, 4. Aufl., § 53 Rn. 52; Priester, ZHR 151 [1987], 40, 52;
Scholz/K. Schmidt/Bochmann, GmbHG, 13. Aufl., § 45 Rn. 9; im Ergebnis auch
Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl., § 53 Rn. 64 f.; Noack in Noack/Servatius/Haas,
GmbHG, 23. Aufl., § 53 Rn. 50; Ulmer/Casper in Habersack/Casper/Löbbe,
GmbHG, 3. Aufl., § 53 Rn. 36, 39 aE; Leuschner/Enneking, ZIP 2024, 1229,
1233; aA Hoffmann/Bartlitz in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG,
4. Aufl., § 53 Rn. 58 f.; Koch, AktG, 18. Aufl., § 179 Rn. 7; Mock, ZIP 2022, 2369,
2371 f.; Lüttenberg, GmbHR 2023, 453, 455; wohl auch Peterseim, Satzungsdurchbrechung,
2020, S. 139 ff.; Selentin, Satzungsdurchbrechungen, 2019,
S. 60; offenlassend für den Abschluss eines befristeten Anstellungsvertrags
durch ein unzuständiges Organ: BGH, Urteil vom 20. August 2019 - II ZR 121/16,
ZIP 2019, 1805 Rn. 24).

aa) Die Abberufung eines Geschäftsführers durch die nach der Satzung
dafür nicht zuständige Gesellschafterversammlung begründet keinen von der
Satzung abweichenden rechtlichen Zustand (vgl. MünchKommGmbHG/
Harbarth, 4. Aufl., § 53 Rn. 52; Zöllner, Festschrift Priester, 2007, S. 879, 889;
aA Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl., § 53 Rn. 64; Habersack, ZGR 1994, 354,
362 f.; jeweils für die Bestellung eines Geschäftsführers). Die Verletzung der Satzung
betrifft das Zustandekommen des Beschlusses und erledigt sich spätestens
mit seiner Bekanntgabe an den Geschäftsführer. Die Beendigung des Organverhältnisses
ist kein satzungswidriger rechtlicher Zustand. Sie wäre auch eingetreten,
wenn der Geschäftsführer sein Amt in Übereinstimmung mit der Satzung
verloren hatte.

bb) Die Einhaltung der Förmlichkeiten einer Satzungsänderung ist auch
nicht unter Berücksichtigung des mit der Registerpublizität bezweckten Schutzes
des Rechtsverkehrs geboten. Interessen des Rechtsverkehrs sind nicht betroffen,
wenn der Beschluss nicht materiell einer Satzungsänderung gleichkommt
(BGH, Urteil vom 7. Juni 1993 - II ZR 81/92, BGHZ 123, 15, 19; Bayer in
Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 21. Aufl., § 53 Rn. 29; Priester, ZHR 151 [1987], 40,
55). Maßgebend für die Beurteilung sind daher nicht die Auswirkungen des
Beschlusses, sondern sein konkreter Regelungsgehalt (Bayer in Lutter/
Hommelhoff, GmbHG, 21. Aufl., § 53 Rn. 27; BeckOGK GmbHG/Born,
Stand 1.5.2024, § 53 Rn. 72; Scholz/K. Schmidt/Bochmann, GmbHG, 13. Aufl.,
§ 45 Rn. 49). Daran gemessen berührt ein unter Missachtung der in der Satzung
festgelegten Kompetenzordnung gefasster Beschluss über die Abberufung eines
Geschäftsführers nicht die schützenswerten Interessen des Rechtsverkehrs (aA
Mock, ZIP 2022, 2369, 2371).

(1) Die zum Handelsregister eingereichte Satzungsurkunde der Beklagten
informiert den Rechtsverkehr nach wie vor zutreffend über die Verhältnisse der
Gesellschaft, insbesondere die Kompetenz des Aufsichtsrats zur Abberufung des
Geschäftsführers. Die Einsichtnahme in den zum Handelsregister eingereichten
Abberufungsbeschluss (§ 9 HGB, § 54 Abs. 2 GmbHG) würde sich in der Erkenntnis
erschöpfen, dass die Gesellschafterversammlung in der Vergangenheit
in Abweichung von der Satzungsregelung einmalig die Kompetenz zur Abberufung
des Geschäftsführers in Anspruch genommen hat. Eine für den Rechtsverkehr
relevante und fortwirkende Regelung, auf die er sich einstellen können
müsste, ergäbe sich daraus nicht. Die Publizitätsfunktion des Handelsregisters
schützt aber nicht das Vertrauen des Rechtsverkehrs darin, dass in der Vergangenheit
ausschließlich Beschlüsse unter Beachtung der Vorgaben der Satzung
gefasst wurden (vgl. BFHE 278, 231 Rn. 29; Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl., § 53
Rn. 65; BeckOGK AktG/Drescher, Stand 1.2.2024, § 243 Rn. 56; Noack in
Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 53 Rn. 47; Scholz/Priester/Tebben,
GmbHG, 12. Aufl., § 53 Rn. 30a; Pöschke, Satzungsdurchbrechende Beschlüsse
in GmbH und AG, 2020, S. 239 f.; Priester, ZHR 151 [1987], 40, 53; aA Tieves,
ZIP 1994, 1341, 1346 f.).

(2) Der Revisionserwiderung ist nicht darin zu folgen, dass sich aus einer
mit dem Abberufungsbeschluss verbundenen Änderung der "Machtverhältnisse"
in der Beklagten zugunsten des Vereins die Notwendigkeit ergebe, die Förmlichkeiten
einer Satzungsänderung einzuhalten. Dabei handelt es sich lediglich um
tatsächliche Auswirkungen des Beschlusses, die sich nicht aus dem Regelungsgehalt
des Beschlusses ergeben und keinen Bezug zur Satzung haben.

Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ändert es im Streitfall
auch nichts, dass die Beklagte mit dem Kläger ihren einzigen Geschäftsführer
ersatzlos abberufen hat, auch wenn der Aufsichtsrat, wozu das Berufungsgericht
keine Feststellungen getroffen hat, wegen einer "Pattsituation" zwischen Vereinsund
Kapitalseite unfähig zur Bestellung eines Geschäftsführers sein sollte (so
aber Mock, ZIP 2022, 2369, 2371). Zwar führt die Abberufung des einzigen Geschäftsführers
zu einem von den Vorgaben der Satzung (§ 6 der Satzung) abweichenden
rechtlichen Zustand. Dieser Zustand ist aber keineswegs notwendig
mit der Satzungsdurchbrechung verbunden. Er wäre vielmehr auch bei einer in
Übereinstimmung mit der Satzung erfolgten Abberufung des Klägers eingetreten
und kann wegen entgegenstehender zwingender gesetzlicher Vorgaben (§ 6
Abs. 1 GmbHG) niemals Gegenstand einer Satzungsänderung sein.
Sollte der für die Bestellung eines Geschäftsführers zuständige Aufsichtsrat
einer GmbH funktionsunfähig sein, ist die Gesellschafterversammlung im Übrigen
nicht daran gehindert, zur Vermeidung einer Führungslosigkeit einen Geschäftsführer
zu bestellen (BGH, Urteil vom 24. Februar 1954 - II ZR 88/53;
BGHZ 12, 337, 340; Urteil vom 2. Juli 2019 - II ZR 406/17, BGHZ 222, 323
Rn. 52). Diese "Ausfallkompetenz" der Gesellschafterversammlung griffe auch
bei kompetenzgerechter Abberufung des Geschäftsführers der Beklagten, sofern
sich ihr Aufsichtsrat nicht mehrheitlich auf die Bestellung eines Nachfolgers verstehen
könnte. Der Schutzzweck der Registerpublizität wird dadurch nicht berührt.

(3) Eine mögliche Verletzung der Interessen der KGaA oder der Sales &
Service KG und der zu ihren Gunsten bestehenden Entsenderechte rechtfertigt
keine andere Beurteilung (so aber Mock, ZIP 2022, 2369, 2371). Weder die Publizitätsfunktion
des Handelsregisters noch die Vorschriften über die Satzungsänderung
(§§ 53, 54 GmbHG) dienen der Durchsetzung der in der Satzung der Beklagten
auch im Interesse von Nichtgesellschaftern niedergelegten Kompetenzordnung.
Ob sich daran etwas ändert, wenn die Gesellschafterversammlung wiederholt
Kompetenzen für sich in Anspruch nimmt, die nach der Satzung dem Aufsichtsrat
zugewiesen sind (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 1991 - II ZR 209/90,
ZIP 1991, 724, 725; BFHE 278, 231 Rn. 25; Ulmer/Casper in Habersack/
Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., § 53 Rn. 39c; Pöschke, Satzungsdurchbrechende
Beschlüsse in GmbH und AG, 2020, S. 288 ff.; Mock, ZIP 2022, 2369,
2371 f.), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

2. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann der Kläger
sein Klagebegehren auch nicht im Rahmen einer Anfechtungsklage auf die vom
Berufungsgericht angenommene Verletzung der Satzung stützen.
Unabhängig davon, dass die von ihm erhobene allgemeine Feststellungsklage
(§ 256 Abs. 1 ZPO) und eine Anfechtungsklage im Hinblick auf ihr Rechtsschutzziel
wesensverschieden sind (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2008
- II ZR 112/07, ZIP 2008, 2215 Rn. 11), fehlt dem Kläger die Anfechtungsbefugnis.
Der Geschäftsführer ist, anders als der Vorstand einer Aktiengesellschaft
(§ 245 Nr. 4 AktG), nicht zur Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen befugt
(BGH, Urteil vom 28. Januar 1980 - II ZR 84/79, BGHZ 76, 154, 159; Urteil vom
11. Februar 2008 - II ZR 187/06, ZIP 2008, 757 Rn. 26). Der Kläger wird im Hinblick
auf seine Anfechtungsbefugnis nicht deshalb einem Gesellschafter gleichgestellt,
weil er aufgrund einer mittelbaren Beteiligung an der KGaA ein rechtliches
und wirtschaftliches Interesse an der Beklagten erlangt hat. Denn die Berechtigung
zur Erhebung einer Anfechtungsklage gegen einen Abberufungsbeschluss
steht als förmliche Voraussetzung der Vernichtung von Gesellschafterbeschlüssen
nur dem nach § 16 Abs. 1 GmbHG zu bestimmenden rechtlichen,
nicht auch dem wirtschaftlichen Gesellschafter oder dem Treugeber zu (vgl.
BGH, Urteil vom 1. März 1962 - II ZR 252/59, WM 1962, 419 f.; Urteil vom
13. Oktober 2008 - II ZR 112/07, ZIP 2008, 2215 Rn. 11; Urteil vom 26. Juni 2018
- II ZR 205/16, ZIP 2018, 1492 Rn. 20; Urteil vom 2. Juli 2019 - II ZR 406/17,
BGHZ 222, 323 Rn. 58). Mit der allgemeinen Feststellungsklage kann sich der
Geschäftsführer dagegen nur gegen einen nichtigen, also nicht nur anfechtbaren
Beschluss wehren (BGH, Urteil vom 11. Februar 2008 - II ZR 187/06, ZIP 2008,
757 Rn. 34; Urteil vom 2. Juli 2019 - II ZR 406/17, BGHZ 222, 323 Rn. 58).
IV. Die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da die Aufhebung der Entscheidung
nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte
Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung
reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Klage ist abzuweisen, weil der angegriffene Gesellschafterbeschluss
nicht nichtig ist. Weitere Feststellungen sind nicht zu
erwarten. Die maßgeblichen Gesichtspunkte wurden bereits in den Vorinstanzen
erörtert.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

16.07.2024

Aktenzeichen:

II ZR 71/23

Rechtsgebiete:

Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht
OHG
Aktiengesellschaft (AG)
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

GmbHG §§ 46, 53; AktG § 241 Nr. 3