BGH 23. November 2011
XII ZR 210/09
BGB § 542 Abs. 1; BGB § 709 Abs. 1; SchuldRAnpG § 6 Abs. 1; SchuldRAnpG § 1 Abs. 1; BGB § 714

Wirksame Kündigung gegenüber GbR; Einzelvertretung bei Passivvertretung auch bei gesellschaftsvertraglicher Gesamtvertretung

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 12zr210_09
letzte Aktualisierung: 16.2.2012
BGH, 23.11.2011 - XII ZR 210/09
BGB §§ 542 Abs. 1, 709 Abs. 1, 714; DDR-ZGB § 266; SchuldRAnpG §§ 1 Abs. 1, 6 Abs. 1
Wirksame Kündigung gegenüber GbR; Einzelvertretung bei Passivvertretung auch bei
gesellschaftsvertraglicher Gesamtvertretung
a) Zur Rechtsnatur einer Garagengemeinschaft nach § 266 ZGB-DDR.
b) Für die Kündigung eines mit einer Außen-GbR abgeschlossenen Mietvertrages genügt es,
wenn sich aus der Kündigungserklärung entnehmen lässt, dass das Mietverhältnis mit der Gesellschaft gekündigt werden soll und die Kündigung einem vertretungsberechtigten Gesellschafter zugeht.
c) Das gilt auch dann, wenn den Gesellschaftern die Vertretungsbefugnis gemeinschaftlich zusteht. (amtliche Leitsätze)
d) Auch bei einer GbR gilt der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass der Zugang einer Willenserklärung trotz Gesamtvertretung gegenüber einem Gesamtvertreter bewirkt werden kann. (Leitsatz der DNotI-Redaktion)


BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 210/09
Verkündet am:
23. November 2011
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 542 Abs. 1, 709 Abs. 1, 714; DDR:ZGB § 266;
SchuldRAnpG §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 6 Abs. 1
a) Zur Rechtsnatur einer Garagengemeinschaft nach § 266 ZGB-DDR.
b) Für die Kündigung eines mit einer Außen-GbR abgeschlossenen Mietvertrages
genügt es, wenn sich aus der Kündigungserklärung entnehmen lässt, dass das
Mietverhältnis mit der Gesellschaft gekündigt werden soll und die Kündigung einem vertretungsberechtigten Gesellschafter zugeht.
c) Das gilt auch dann, wenn den Gesellschaftern die Vertretungsbefugnis gemeinschaftlich zusteht.
BGH, Urteil vom 23. November 2011 - XII ZR 210/09 - LG Frankfurt (Oder)
AG Frankfurt (Oder)
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. November 2011 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. April 2009 wird auf Kosten der Beklagten zu 1 zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten zu 1 die Räumung und Herausgabe einer mit einer Garagenanlage bebauten Grundstücksfläche im Beitrittsgebiet.
Mit Vereinbarung vom 19. September 1979 überließ die Rechtsvorgängerin der Klägerin der Beklagten zu 1 eine Teilfläche eines Grundstücks zur
unbefristeten und unentgeltlichen Nutzung, damit diese hierauf Garagen errichten kann.
Zu diesem Zweck schlossen die 16 Mitglieder der Beklagten einen "Vertrag über die Bildung der Garagengemeinschaft S.
W.
". Nach Ziff. 1
dieses Vertrages bildeten die Bestimmungen des Zivilgesetzbuches der DDR
über Gemeinschaften von Bürgern (§§ 266-273 ZGB-DDR) die Grundlage dieses Vertrages. Ziff. 3 Satz 1 des Vertrages sah vor, dass die Vertretung der
Gemeinschaft allen Vertragspartnern gemeinschaftlich zusteht. Für die Erfordernisse der Praxis der gesellschaftlichen, insbesondere der rechtlichen Beziehungen wurde gemäß Ziff. 3 Satz 3 des Vertrages vier in einer Anlage 2 zu dem
Vertrag benannten Mitgliedern als Vorstand der Gemeinschaft Generalvollmacht zur Erledigung von Rechtsgeschäften erteilt, wobei je zwei der Bevollmächtigten gemeinschaftlich zur Zeichnung berechtigt sein sollten.
In der Folgezeit wurden von der Beklagten zu 1 auf dem Gelände
16 Garagen errichtet.
Im August 2007 kündigte die Klägerin den Nutzungsvertrag ordentlich
zum 30. November 2007, hilfsweise zum nächst möglichen Zeitpunkt. Die Kündigungsschreiben ließ die Klägerin den ihr bekannten 16 Mitgliedern der Beklagten zu 1 jeweils durch den Gerichtsvollzieher zustellen. Gegenüber der Beklagten zu 1 als solcher erfolgte keine ausdrückliche Kündigung des Vertrags.
Die Klägerin hat erstinstanzlich die Beklagte sowie neun weitere Mitglieder der Garagengemeinschaft auf Herausgabe und Räumung der Grundstücksfläche in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben.
Die allein von der Beklagten zu 1 eingelegte Berufung ist erfolglos geblieben.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte die Beklagte weiter die Abweisung der Klage erreichen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Beklagte sei
befugt gewesen, die Berufung auch ohne ihre Gesellschafter einzulegen, weil
sie als Außen-GbR parteifähig sei. Die Beklagte habe sich als eine Garagengemeinschaft nach § 266 ZGB-DDR gebildet. Mit der Wiedervereinigung nach
dem 2. Oktober 1990 habe die Bürgergemeinschaft nach § 266 ZGB-DDR nicht
nach Art. 232 § 1 EGBGB fortbestehen können, so dass sie der Gesetzgeber
gemäß § 4 Abs. 2 SchuldRAnpG seit dem Wirksamwerden des Beitritts als eine
Art der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts mit Gesamthandsvermögen angesehen und so ihren Fortbestand kraft Gesetzes angeordnet habe. Als AußenGbR erfülle die Beklagte auch das Erfordernis, im Rechtsverkehr unter ihrem
Namen aufzutreten.
In der Sache habe das Amtsgericht die Beklagte zu Recht sowohl gem.
§ 546 BGB als auch gem. § 985 BGB zur Räumung und Herausgabe des Garagengrundstücks und der Garagen verurteilt. Die Klägerin sei nämlich gemäß
§ 6 Abs. 1 SchuldRAnpG i. V. m. § 580 a Abs. 1 Nr. 3 BGB zur Kündigung des
Nutzungsvertrags berechtigt gewesen.
Der Nutzungsvertrag sei nach Art. 232 § 4 a EGBGB mit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes am 1. Januar 1995 in einen Mietvertrag überführt worden. Dies folge aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes
nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SchuldRAnpG, da der Nutzungsvereinbarung eine
Grundstücksüberlassung nach den §§ 312 ff. ZGB-DDR zum Zwecke der Errichtung von Garagen zu Grunde gelegen habe.
§ 2 Abs. 2 SchuldRAnpG stehe dem nicht entgegen. Vom Anwendungsbereich des Schuldrechtsanpassungsgesetzes würden nur Verträge ausgeschlossen, die § 71 Abs. 2 des Gesetzes über das Vertragssystem in der sozialistischen Wirtschaft vom 25. März 1982 (Vertragsgesetz; nachfolgend zitiert
als: VG-DDR) unterfielen. Im vorliegenden Fall sei nicht erkennbar, woraus sich
die für die Anwendbarkeit des Vertragsgesetzes maßgebliche Eigenschaft der
Beklagten als Wirtschaftseinheit ergeben könne. Allein der Umstand, dass das
Mitglied der Garagengemeinschaft K. als "Vorsitzender des Wohnbezirksausschusses" bezeichnet worden sei, führe nicht dazu, dass die Beklagte zu einer
Wirtschaftseinheit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 VG-DDR geworden sei und
damit Rechtsfähigkeit erlangt habe. Auch die Vertragsgestaltung in Form der
Unentgeltlichkeit und der sog. "Unbegrenztheit der Nutzung" führe nicht zwingend zur Anwendbarkeit des Vertragsgesetzes der DDR.
Die Klägerin sei auch berechtigt gewesen, das Nutzungsverhältnis gemäß § 580 a Abs. 1 Nr. 3 BGB i. V. m. § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG zu kündigen.
Gemäß § 23 Abs. 6 Nr. 1 SchuldRAnpG habe nämlich der Kündigungsschutz
für Verträge über Garagengrundstücke mit Ablauf des 31. Dezember 1999 geendet.
Das Kündigungsrecht zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien sei
nicht durch den Abschluss einer Individualvereinbarung ausgeschlossen worden, die nach § 6 Abs. 2 Satz 2 SchuldRAnpG weiterhin Geltung beanspruchen
würde. Der Wortlaut des zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien geschlossenen Nachtrags habe mit der Formulierung "unbefristeten und unentgeltlichen Nutzung" nicht zu einem individuell verabredeten Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts geführt. Die Parteien hätten sich insoweit an den
Wortlaut der damals geltenden Musterverträge für die Überlassung von Erholungs- und Freizeitgrundstücken gehalten und den Gesetzeswortlaut zum Inhalt
der Abrede gemacht. Dies reiche für die Annahme einer Individualvereinbarung
nach § 6 Abs. 2 Satz 2 SchuldRAnpG nicht aus.
Die Kündigungserklärung der Klägerin sei der Beklagten auch wirksam
zugegangen. Zwar gelte grundsätzlich, dass bei einer Mehrheit von Mietern die
Kündigungserklärung gegenüber allen Personen auf Mieterseite erklärt werden
müsse. Deshalb sei es bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Mieterin
erforderlich, die Kündigung allen Gesellschaftern zukommen zu lassen.
Etwas anderes gelte dann, wenn die Beklagte - wie hier - eine AußenGbR sei. Die Kündigungserklärung sei in diesem Fall an sich an die Beklagte zu
adressieren gewesen und wäre mit Zugang an die vertretungsberechtigten Gesellschafter wirksam geworden. Es sei aber ausreichend, wenn die Kündigungserklärung an alle Gesellschafter der Außen-GbR adressiert werde und
diesen die Kündigungserklärung zugehe. Voraussetzung sei nur, dass aus der
Kündigungserklärung ersichtlich werde, dass das bestehende Mietverhältnis mit
der Außen-GBR als Mieterin gekündigt werden solle.
So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Die Klägerin habe nämlich in ihrem an die einzelnen Mitglieder der Beklagten gerichteten Kündigungsschreiben vom 22. August 2007 allein den Nutzungsvertrag mit der Beklagten vom
19. September 1979 nebst Nachträgen gekündigt und so zum Ausdruck gebracht, dass dieser Vertrag durch die Kündigung beendet werden solle.
Der Wirksamkeit der Kündigungserklärung könne die Beklagte nicht entgegenhalten, dass einige Adressaten der Kündigungserklärung nicht Gesellschafter der Beklagten gewesen seien bzw. dass ihnen die Kündigungserklärung nicht zugegangen sei. Den Sachvortrag der Beklagten hierzu habe das
Berufungsgericht nicht berücksichtigen dürfen, da das Amtsgericht den entsprechenden Sachvortrag in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom
18. April 2008 zu Recht gemäß § 296 a ZPO zurückgewiesen habe. Soweit die
Beklagte vortrage, die Klägerin habe in ihrem Schriftsatz vom 6. März 2008 mit
der Behauptung, die Kündigungserklärungen seien wirksam zugestellt worden,
eine neue Tatsachenbehauptung aufgestellt, verkenne sie, dass es sich hierbei
allenfalls um eine - untaugliche - Rechtstatsachenbehauptung handeln könne.
Die Frage des rechtswirksamen Zugangs der Kündigungserklärung habe sich
für die Beklagte schon nach Zustellung der Klageschrift stellen müssen.
Schließlich habe das Amtsgericht zutreffend das von der Beklagten im
Hinblick auf die von ihr und ihren Mitgliedern errichteten Garagen behauptete
Recht zum Besitz nach Art. 232 § 1 a BGB (richtig: Art. 233 § 2 a EGBGB) verneint, da diese Norm mit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsänderungsgesetzes
zum 1. Januar 1995 aufgehoben worden sei und die Rechtslage nunmehr nach
dem Schuldrechtsanpassungsgesetz beziehungsweise dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu beurteilen sei.
II.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Die Klägerin hat den Grundstücksüberlassungsvertrag wirksam gekündigt (§ 580 a Abs. 1
Nr. 3 BGB i. V. m. § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG). Die Beklagte zu 1 ist daher gemäß § 546 Abs. 1 i. V. m. § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG, § 985 Abs. 1 BGB zur Herausgabe und Räumung des Garagengrundstücks verpflichtet.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass auf den
von den Rechtsvorgängern der Parteien abgeschlossenen Grundstücksüberlassungsvertrag die Bestimmungen des am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen
Schuldrechtsanpassungsgesetzes (SchuldRAnpG) vom 21. September 1994
(BGBl. I S. 2538) anwendbar sind. Bei dieser Vereinbarung handelt es sich um
einen Vertrag zur Überlassung eines Grundstücks zur Errichtung von Garagen
nach §§ 312 Abs. 1, 313 Abs. 2 ZGB-DDR (Ministerium der Justiz-DDR Komm.
zum ZGB § 312 ZGB Anm. 1.2.; vgl. auch Horst GE 1996, 1262), der gemäß
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 SchuldRAnpG dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes unterfällt.
Soweit die Revision hiergegen einwendet, bei der Vereinbarung handele
es sich um einen Nutzungsvertrag nach § 71 VG-DDR, der nach § 2 Abs. 2
SchuldRAnpG vom Anwendungsbereich des Schuldrechtsanpassungsgesetzes
ausgenommen ist, kann dem nicht gefolgt werden. Die Beklagte zu 1 ist keine
Wirtschaftseinheit im Sinne von § 2 Abs. 1 VG-DDR, so dass das Vertragsgesetz auf den zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien abgeschlossenen
Nutzungsvertrag keine Anwendung findet.
a) Das Vertragsgesetz der DDR bildete die Rechtsgrundlage für Kooperationsvereinbarungen zwischen staatlichen Organen der DDR und den in § 2
Abs. 1 VG-DDR genannten Wirtschaftseinheiten, die der Koordinierung der
Wirtschaftstätigkeit sowie der gemeinschaftlichen Lösung von Aufgaben dienen
sollten (vgl. § 1 Abs. 1 VG-DDR). Deshalb war in personeller Hinsicht der Anwendungsbereich des Vertragsgesetzes auf staatliche Organe und die in § 2
Abs. 1 VG-DDR als Wirtschaftseinheiten bezeichneten Vereinigungen und Organisationseinheiten beschränkt (vgl. Staatliches Vertragsgericht beim Ministerrat der DDR Kommentar zum Gesetz über das Vertragssystem in der sozialistischen Wirtschaft 2. Aufl. Vorbem. zu §§ 1- 5 Anm. 2.).
Soweit die Revision meint, die Garagengemeinschaft "S.
W.
"
sei ursprünglich als ein gemeinschaftliches Wirtschaftssubjekt zwischen dem
zuständigen Wohnbezirksausschuss der Nationalen Front (WBA) und der
Rechtsvorgängerin der Klägerin als damaliger sozialistischer Genossenschaft
gebildet worden, verkennt sie die Rechtsnatur des Vertrages über die Bildung
der Garagengemeinschaft "S.
W.".
b) Nach § 266 ZGB-DDR konnten sich Bürger zur Verbesserung ihrer
Arbeits- und Lebensbedingungen durch Vertrag zu einer Gemeinschaft zusammenschließen, um durch Arbeitsleistungen und materielle Mittel Einrichtungen
und Anlagen für die kollektive und individuelle Nutzung zu schaffen und zu unterhalten. Gemeinschaften im Sinne dieser Bestimmung waren insbesondere
die sog. Garagengemeinschaften (Ministerium der Justiz-DDR Komm. zum
ZGB § 266 ZGB Anm. 1.; vgl. ausführlich dazu Horst GE 1996, 1262, 1276). In
dieser Rechtsform wollten sich auch die Mitglieder der Rechtsvorgängerin der
Beklagten zu 1 organisieren. Bereits in § 1 des Vertrages wird ausdrücklich Bezug genommen auf die Bestimmungen des Zivilgesetzbuches der DDR über die
Gemeinschaften von Bürgern (§§ 266-273 ZGB-DDR). Mitglieder der Garagengemeinschaft sollten allein die in der Anlage 1 zu dem Vertrag aufgeführten
Personen werden. Auch in seinem weiteren Inhalt entspricht die Vereinbarung
den Vorgaben, die § 267 Abs. 1 ZGB-DDR für einen Vertrag zur Bildung einer
Gemeinschaft von Bürgern i. S. v. § 266 ZGB-DDR beinhaltete.
c) Die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 gebildete Gemeinschaft von Bürgern gemäß § 266 ZGB-DDR ist indes nicht als Wirtschaftseinheit i. S. v. § 2 Abs. 1 VG-DDR zu qualifizieren. Zwar konnten nach § 2 Abs. 1
Nr. 7 VG-DDR auch sozialistische Gemeinschaften und gemeinschaftliche Einrichtungen eine Wirtschaftseinheit sein, jedoch nur unter der Voraussetzung,
dass sie Rechtsfähigkeit besaßen (vgl. Staatliches Vertragsgericht beim Ministerrat der DDR Kommentar zum Gesetz über das Vertragssystem in der sozialistischen Wirtschaft 2. Aufl. Vorbem. zu §§ 1- 5 Anm. 2.). Der Gemeinschaft
nach § 266 ZGB-DDR wurde jedoch gerade keine Rechtsfähigkeit zuerkannt
(vgl. Ministerium der Justiz-DDR Komm. zum ZGB § 266 ZGB Anm. 3.).
d) Die von der Beklagten zu 1 vorgelegten Unterlagen führen zu keiner
anderen Beurteilung. Bei der Prüfung, ob die Vorschriften des Schuldrechtsanpassungsgesetzes im vorliegenden Fall Anwendung finden, ist zwischen dem
Vertrag zur Errichtung der Garagengemeinschaft und dem anschließend von
der Gemeinschaft abgeschlossenen Nutzungsvertrag zu unterscheiden. § 71
VG-DDR erfasste Nutzungsbeziehungen zwischen Wirtschaftseinheiten der
sozialistischen Planwirtschaft (Göhring in Kiethe [Hrsg.] SchuldRAnpG § 2
Rn. 21). Einen Nutzungsvertrag im Sinne dieser Vorschrift konnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 somit bereits deshalb nicht abschließen, weil
sie keine Wirtschaftseinheit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 VG-DDR bildete und daher
schon nicht von dem personellen Anwendungsbereich des Vertragsgesetzes
der DDR erfasst wurde. Der von der Beklagten zu 1 vorgelegte Prüfbericht und
die weiteren Schreiben beziehen sich nur auf den Nutzungsvertrag und führen
deshalb zu keiner anderen Beurteilung der Rechtsnatur der Rechtsvorgängerin
der Beklagten zu 1.
e) Das Berufungsgericht hat daher zu Recht angenommen, dass der
Nutzungsvertrag mit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes
zum 1. Januar 1995 nach § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG in einen Mietvertrag überführt worden ist. Dabei ist unerheblich, dass der zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien abgeschlossene Nutzungsvertrag eine unentgeltliche Überlassung
der
Grundstücksfläche
vorgesehen
hatte.
Denn
§6
Abs. 1
SchuldRAnpG findet auf sämtliche von § 1 Abs. 1 Nr. 1 SchuldRAnpG erfasste
Grundstücksüberlassungsverträge Anwendung, unabhängig davon, ob für die
Nutzung die Erbringung einer Gegenleistung vereinbart war (vgl. dazu auch
MünchKommBGB/Kühnholz 4. Aufl. § 20 SchuldRAnpG Rn. 1). Wurde ein
Grundstück zur Errichtung von Garagen überlassen, ist auf das Vertragsverhältnis regelmäßig Mietrecht anzuwenden (vgl. Horst GE 1996, 1262, 1273;
Matthiessen in Kiethe [Hrsg.] SchuldRAnpG § 6 Rn. 15).
2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass das
Recht der Klägerin zur Kündigung des Vertrages nicht durch den Abschluss
einer Individualvereinbarung ausgeschlossen wurde.
a) Zwar bleiben nach § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 SchuldRAnpG Vereinbarungen, die die Beteiligten bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 getroffen haben,
von den jeweiligen Bestimmungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes unberührt, wenn sie vom Inhalt eines Vertrages vergleichbarer Art abweichen, nicht
zu einer unangemessenen Benachteiligung eines Beteiligten führen und wenn
von ihnen anzunehmen ist, dass die Beteiligten sie auch getroffen hätten, wenn
sie die durch den Beitritt bedingte Änderung der wirtschaftlichen und sozialen
Verhältnisse vorausgesehen hätten. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass es
sich um nichttypisierte Vereinbarungen handelt, die einen individuellen, von den
gesetzlichen Vorgaben abweichenden Inhalt haben (Horst GE 1996, 1262,
1270). Abreden, die sich nur auf die Wiedergabe des Gesetzeswortlauts beschränken oder in den seinerzeit häufig verwendeten Musterverträgen vorgedruckt wiederzufinden waren, reichen nicht aus (Matthiessen in Kiethe [Hrsg.]
SchuldRAnpG § 6 Rn. 43; vgl. auch MünchKommBGB/Kühnholz 4. Aufl. § 6
SchuldRAnpG Rn. 5). Denn mit § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 SchuldRAnpG beabsichtigte der Gesetzgeber, solche individuell vertraglichen Abreden zwischen
Grundstückseigentümern und Nutzern aus der typisierten Übergangsregelung
des Schuldrechtsanpassungsgesetzes auszunehmen, bei denen die Interessen
der Beteiligten im Einzelfall angemessene Berücksichtigung gefunden haben
und die Vereinbarung auch unter marktwirtschaftlichen Verhältnissen getroffen
worden wäre (BGH Urteil vom 25. November 1999 - VIII ZR 380/96 - NZM
1999, 312, 316 f.; vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf des Schuldrechtsänderungsgesetzes- SchuldRÄndG, BT-Drucks. 12/7135 S. 40).
b) Eine solche Individualvereinbarung ergibt sich aus den Feststellungen
des Berufungsgerichts indes nicht.
Im 2. Nachtrag zu der Vereinbarung vom 19. September 1979 haben die
Rechtsvorgänger der Parteien unter der Ziff. 2 vereinbart, dass der Garagengemeinschaft die Grundstücksfläche zur unbefristeten und unentgeltlichen Nutzung überlassen wird. Entgegen der Auffassung der Revision kann hierin kein
individualvertraglich vereinbarter Ausschluss des Rechts der Klägerin zur ordentlichen Kündigung des Nutzungsvertrages gesehen werden. Diese Vereinbarung entspricht inhaltlich bereits der in § 312 Abs. 2 Satz 2 ZGB-DDR vorgesehenen Regelung, wonach ein Vertrag zur Überlassung von land- und forstwirtschaftlich nicht genutzten Bodenflächen zu Zwecken der kleingärtnerischen
Nutzung, Erholung und Freizeitgestaltung nur dann befristet abgeschlossen
werden darf, wenn dafür gesellschaftlich gerechtfertigte Gründe vorliegen, die
nach § 312 Abs. 2 Satz 3 ZGB-DDR im Vertrag anzugeben waren. Die unbefristete Überlassung von Grundstücksflächen war daher die Regel (vgl. Ministerium
der Justiz-DDR Komm. zum ZGB § 312 ZGB Anm. 2). Hinzu kommt, dass eine
ordentliche Kündigung des Grundstücksüberlassungsvertrages durch die
Rechtsvorgängerin der Klägerin bereits aufgrund der Regelung des § 314
Abs. 4 Satz 3 ZGB-DDR nicht möglich war. Nach dieser Vorschrift konnte das
Nutzungsverhältnis, wenn der Nutzungsberechtigte in Ausübung des Nutzungsrechts auf der Bodenfläche ein Wochenendhaus oder eine Garage errichtet hatte, gegen seinen Willen nur durch gerichtliche Entscheidung aufgehoben werden. Selbst wenn also, wie die Revision meint, die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit der in dem 2. Nachtrag gewählten Formulierung einen Verzicht auf
das Recht zur ordentlichen Kündigung hätte zum Ausdruck bringen wollen, wäre dies keine von der vertragstypischen Regelung abweichende Individualvereinbarung gewesen, weil der Rechtsvorgängerin der Klägerin schon nach der
gesetzlichen Regelung kein ordentliches Kündigungsrecht zugestanden hat.
Damit läge, das Vorbringen der Revision hierzu unterstellt, keine individuell
ausgehandelte Vertragsbestimmung mit einem von den gesetzlichen Vorgaben
abweichenden Inhalt vor, die nach § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 SchuldRAnpG fortbestehen würde. Deshalb war das Berufungsgericht auch nicht gehalten, den
Zeugen N. zum Inhalt der Vereinbarung zu vernehmen.
3. Der Nutzungsvertrag wurde von der Klägerin wirksam gemäß § 580 a
Abs. 1 Nr. 3 BGB i. V. m. § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG gekündigt. Das Berufungsgericht hat jedenfalls im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Kündigungserklärung der Beklagten wirksam zugegangen ist.
a) Auf die vormals als Gemeinschaft von Bürgern i. S. v. § 266 ZGB-DDR
gegründete Garagengemeinschaft sind gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 SchuldRAnpG
die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzuwenden. Da die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 durch
den Bau und die Unterhaltung der auf der Grundstücksfläche errichteten Garagenanlage am allgemeinen Rechtsverkehr teilgenommen hat, ist sie seit dem
Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu qualifizieren, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie - wie hier - durch Teilnahme am
Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet (BGHZ 146, 341 = NJW
2001, 1056 ff.). Partei des ursprünglich mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin
geschlossenen Nutzungsvertrags ist daher nach der Schuldrechtsanpassung
allein die Beklagte zu 1, so dass ihr gegenüber die Kündigung des Nutzungsvertrages zu erklären war.
b) Entgegen der Auffassung der Revision muss jedoch die Kündigungserklärung eines mit einer Außen-GbR abgeschlossenen Mietvertrags nicht allen
Gesellschaftern zugehen. Lässt sich aus der Kündigungserklärung entnehmen,
dass das Mietverhältnis mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gekündigt
werden soll, genügt es, wenn die Kündigung einem vertretungsberechtigten
Gesellschafter zugeht (§ 164 Abs. 3 BGB; vgl. Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht
10. Aufl. § 542 BGB Rn. 27; Rolfs in Emmerich/Sonnenschein Miete 10. Aufl.
§ 542 BGB Rn. 11; Blank in Blank/Börstinghaus Miete 3. Aufl. § 542 Rn. 26;
Oprée in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete 2. Aufl. Kap. 15
Rn. 70; Kandelhard in Herrlein/Kandelhard [Hrsg.] Mietrecht 4. Aufl. § 542 BGB
Rn. 24; Palandt/Weidenkaff BGB 70. Aufl. § 542 Rn. 18). Das gilt auch dann,
wenn den Gesellschaftern gemäß §§ 709 Abs. 1, 714 BGB die Vertretungsbefugnis gemeinschaftlich zusteht (Staudinger/Habermeier [2003] § 714 BGB
Rn. 11; Prütting/Wegen/Weinreich/von Ditfurth BGB 6. Aufl. § 714 Rn. 4; Palandt/Sprau BGB 70. Aufl. § 714 Rn. 4; Staudinger/Rolfs [2010] § 542 BGB
Rn. 38;Erman/Lützenkirchen BGB 13. Aufl. § 542 Rn. 15). Aus den § 125
Abs. 2 Satz 3 HGB, § 78 Abs. 2 Satz 2 AktG, § 35 Abs. 2 Satz 3 GmbHG, § 25
Abs. 1 Satz 3 GenG und §§ 26 Abs. 2, 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB wird zu Recht
der allgemeine Rechtsgrundsatz abgeleitet, dass einer Personenmehrheit eine
Willenserklärung durch Abgabe gegenüber einem der Gesamtvertreter zugeht
(BGH Urteil vom 17. September 2001 - II ZR 378/99 - ZIP 2001, 2227 mwN;
MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl. § 164 BGB Rn. 87; Palandt/Ellenberger
BGB 70. Aufl. § 167 Rn. 14).
c) Auf dieser rechtlichen Grundlage ist von einem wirksamen Zugang der
Kündigungserklärung auszugehen.
(1) Aus dem an die ihr bekannten Gesellschafter der Beklagten zu 1 gerichteten Kündigungsschreiben ergibt sich, dass die Klägerin den mit der Garagengemeinschaft abgeschlossenen Nutzungsvertrag vom 19. September 1979
kündigen wollte und sich die Kündigung nicht nur auf die Vertragsbeziehung mit
einzelnen Gesellschaftern beziehen sollte. Insbesondere weist die Klägerin in
den gleichlautenden Kündigungsschreiben die Gesellschafter der Beklagten zu
1 auf deren gesamtschuldnerische Haftung für die Räumungs- und Herausgabeverpflichtung als Mitglieder der Garagengemeinschaft hin. Aus der maßgeblichen Sicht der Erklärungsempfänger (§ 133 BGB) war daher diesen Schreiben
klar zu entnehmen, dass die Klägerin den Nutzungsvertrag mit der Gesellschaft
kündigen wollte.
(2) Da die Kündigungserklärung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die von der Revision nicht angegriffen werden, jedenfalls auch
den Gesellschaftern P. und K. (den ehemaligen Beklagten zu 5. und 6.) zugestellt worden ist und diese zu ständigen Vertretern der Garagengemeinschaft
bestellt worden waren (vgl. Anlage 2 zum Vertrag über die Bildung der Garagengemeinschaft S. W. ), ist jedenfalls ein wirksamer Zugang bei einem vertretungsberechtigten Gesellschafter der Beklagten zu 1 erfolgt. Ob darüber hinaus
an andere Gesellschafter der Beklagten zu 1 eine wirksame Zustellung erfolgte,
kann daher ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob das Amtsgericht das
Vorbringen der Beklagten zu 1, die Kündigungserklärung sei nicht allen Gesellschaftern wirksam zugegangen, zu Recht gemäß § 296 a ZPO als verspätet
zurückgewiesen hat.
4. Schließlich hat das Berufungsgericht auch zu Recht ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten zu 1 verneint.
Unabhängig von der von der Revision angesprochenen Frage, wann der
Entschädigungsanspruch nach § 12 SchuldRAnpG entsteht (vgl. dazu AG
Strausberg VIZ 2001, 448), scheitert ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten
zu 1 wegen eines möglichen Entschädigungsanspruchs für die von ihren Gesellschaftern errichteten Garagen jedenfalls an den §§ 578 Abs. 1, 570 BGB
i.V.m. § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG. Nach diesen Vorschriften kann der Mieter gegenüber dem Rückgabeanspruch des Vermieters ein Zurückbehaltungsrecht
nicht geltend machen. Dieser Ausschluss erstreckt sich auch auf gesetzliche
Ansprüche, die neben dem Anspruch auf Rückgabe gemäß § 546 BGB bestehen (Schmidt-Futterer/Streyl Mietrecht 10. Aufl. § 570 BGB Rn. 5 mwN).
Hahne
Klinkhammer
Günter
Schilling
Nedden-Boeger
Vorinstanzen:

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

23.11.2011

Aktenzeichen:

XII ZR 210/09

Rechtsgebiete:

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Miete

Normen in Titel:

BGB § 542 Abs. 1; BGB § 709 Abs. 1; SchuldRAnpG § 6 Abs. 1; SchuldRAnpG § 1 Abs. 1; BGB § 714