Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen aufgrund nicht ordnungsgemäßer Ankündigung
letzte Aktualisierung: 26.4.2019
OLG München, Urt. v. 9.1.2019 – 7 U 1509/18
GmbHG §§ 47 Abs. 4, 48 Abs. 2, 51 Abs. 2 u. 4
Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen aufgrund nicht ordnungsgemäßer Ankündigung
1. Kennt der Gesellschafter den Ort der Gesellschafterversammlung, so kommt es nicht darauf an, ob
am Tag der Gesellschafterversammlung unter dieser Anschrift ein Briefkasten oder ein Klingelschild
der Gesellschaft vorhanden ist.
2. Die Formulierung im Gesellschaftsvertrag, dass „Versammlungsleiter der dienstälteste Geschäftsführer
der Gesellschaft“ sein soll, ist dahingehend auszulegen, dass der dienstälteste anwesende Geschäftsführer
die Versammlung leiten soll.
3. Eine angekündigte Tagesordnung muss die Beschlussgegenstände hinreichend konkretisieren. Weder
ist dabei bereits die genaue Formulierung der Anträge noch eine Begründung erforderlich. Es ist
ausreichend, wenn klar wird, was gemeint sein soll, sodass ggf. auch eine allgemeine Formulierung
oder Bezugnahme auf frühere Versammlungen verwendet werden kann. 4. Eine Beschlussfassung, die
wegen nicht ordnungsgemäßer Ankündigung gegen § 51 Abs. 2 u. 4 GmbHG verstößt, führt nicht nur
zur Anfechtbarkeit, sondern zur Nichtigkeit. (Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Entscheidungsgründe
B.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nur insoweit begründet, als über die von keiner der Parteien angegriffene
und damit rechtskräftige Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses der Gesellschafterversammlung der
Beklagten vom 02.05.2017/03.05.2017 durch das Landgericht hinaus festzustellen war, dass der Beschluss der
Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 29.08.2017 zu TOP 5 der Tagesordnung insoweit nichtig ist, als
den Geschäftsführern der Beklagten für die Veräußerung sämtlicher Geschäftsanteile der Beklagten an der ...
Ha, GmbH Entlastung erteilt wird. Im Übrigen ist die Berufung der Klägerin unbegründet und bleibt die Klage
abgewiesen.
I.
1. Die Beschlüsse vom 29.08.2017 sind nicht schon deshalb anfechtbar, weil sich am vorgesehenen Ort der
Versammlung „aktuell weder ein Briefkasten der Beklagten noch ein Klingelschild“ befunden habe.
Zum einen kommt es für die Frage der wirksamen Beschlussfassung schon nicht darauf an, ob „aktuell“, das
heißt zum Zeitpunkt der Klageerweiterung vom 10.10.2017, ein Briefkasten und/oder ein Klingelschild der
Beklagten vorhanden war. Erheblich ist - wenn überhaupt - nur, ob dies zum Zeitpunkt der Versammlung am
29.08.2017 der Fall war. Insoweit hat die Klägerin aber schon nichts vorgetragen.
Zum anderen hat das Landgericht - unterstellt es war zum Versammlungszeitpunkt tatsächlich kein Briefkasten
und/oder Klingelschild der Beklagten am Versammlungslokal angebracht gewesen - zutreffend ausgeführt (LGU
S. 8), dass, nachdem in der Einladung vom 18.08.2017 (Anl. K 5) als Tagungsort die Südliche M, Straße 60 in
G,angegeben war und dies der Sitz der Beklagten ist, für die Klägerin bzw. deren Geschäftsführer ohne weiteres
erkennbar war, dass die Versammlung in den Geschäftsräumen der Beklagten stattfand. Der Geschäftsführer
der Klägerin, der zu diesem Zeitpunkt auch gleichzeitig noch Geschäftsführer der Beklagten war, wusste also,
wo er sich hätte hinbegeben müssen, wenn er denn zu der Versammlung am 29.08.2017 hätte erscheinen
wollen. Gegen diese Erwägungen des Landgerichts hat die Berufung auch nichts mehr erinnert.
2. Eine Anfechtbarkeit der Beschlüsse vom 29.08.2017 folgt auch nicht aus der Leitung der
Gesellschafterversammlung durch den Geschäftsführer der Beklagten K. Zwar sieht § 8 Ziffer 3 S. 5 GV vor,
dass in Ermangelung einer anderweitigen Bestimmung durch die Gesellschafterversammlung
„Versammlungsleiter der dienstälteste Geschäftsführer der Gesellschaft“ ist und war Herr K, zum
Versammlungszeitpunkt nicht der dienstälteste Geschäftsführer der Beklagten. Jedoch ist § 8 Ziffer 3 S. 5 GV
dahingehend auszulegen, dass der dienstälteste der jeweils anwesenden Geschäftsführer der Beklagten die
Versammlung leiten soll. Die entgegen § 133 BGB am Buchstaben verharrende Auslegung der Klägerseite
würde dagegen zum einen zu einer ungebührlichen Erschwerung der Durchführung von
Gesellschafterversammlungen führen, und zum anderen letztendlich demjenigen Gesellschafterstamm, der den
dienstältesten Geschäftsführer stellt, eine Blockademöglichkeit in die Hand geben. Da bei der Auslegung jedoch
stets davon auszugehen ist, dass die Vertragsparteien vernünftige Ziele verfolgen (vgl. Ellenberger in Palandt,
78. Auflage, München 2019, Rdnr. 26 zu § 133 BGB), steht nach § 8 Ziffer 3 S. 5 GV die Versammlungsleitung
dem dienstältesten anwesenden Geschäftsführer zu. Nachdem in der Gesellschafterversammlung vom
29.08.2017 nur der Geschäftsführer K. anwesend war, war er auch zu deren Leitung berufen.
II.
Zu Recht hat das Landgericht eine Anfechtbarkeit des Beschlusses zu TOP 3 (Abberufung des Geschäftsführers
W. B.) verneint. Denn - wie das Landgericht zutreffend ausführt (LGU S. 9) - ist nach § 38 Abs. 1 GmbHG die
Bestellung eines Geschäftsführers jederzeit widerruflich, sofern nicht in der Satzung der Gesellschaft eine
Beschränkung dieser freien Widerruflichkeit vorgesehen ist (
enthält der Gesellschaftsvertrag jedoch gerade nicht (vgl. § 7 GV). Dagegen hat die Berufung auch nichts mehr
eingewandt.
III.
1. Der Beschluss zu TOP 5 vom 29.08.2017 ist dagegen wegen eines Verstoßes gegen
insoweit nichtig, als den Geschäftsführern der Beklagten für die Veräußerung sämtlicher Geschäftsanteile der
Beklagten an der ... Ha. GmbH Entlastung erteilt wird.
a. Ein Verstoß gegen
Gesellschafterversammlung vom 29.08.2017 als Beschlussgegenstand zu TOP 5 nur die „Bestätigung des
Beschlusses über den Verkauf der Anteile an der ... Ha, GmbH vom 02.05.2017/03.05.2017“ aufgeführt und
auch sonst die Entlastung der Geschäftsführer in der Tagesordnung nicht erwähnt war, während die
Gesellschafterversammlung nicht nur den Bestätigungsbeschluss fasste, sondern auch noch „(d) en
Geschäftsführern (…) für diese Maßnahmen gesondert Entlastung erteilt(e)“ (vgl. Protokoll der
Gesellschafterversammlung laut Anl. B 7).
Die angekündigte Tagesordnung muss nämlich die Beschlussgegenstände hinreichend konkretisieren, wobei
allerdings weder eine genaue Formulierung der Beschlussanträge noch eine Begründung erforderlich ist. Um
dem Schutzzweck des § 51 Abs. 2, 4 GmbHG - nämlich den Schutz aller Gesellschafter vor Überraschung und
Überrumpelung (vgl. BGH, Urteil vom 25.11.2002, Az. II ZR 69/01, III 1 b) - zu genügen, ist ausreichend, wenn
klar ist, was gemeint ist, sodass unter Umständen auch eine allgemeine Formulierung oder Bezugnahme auf
frühere Versammlungen hinreichend ist. Immer jedoch muss sich der Empfänger ein so genaues Bild machen
können, dass er weiß, worüber verhandelt und Beschluss gefasst werden soll und sich hierauf vorbereiten kann
(BGH, aaO; vgl. auch Schindler in BeckOK GmbHG, 36. Edition Stand 01.02.2018, Rdnr. 36 zu § 51 GmbH).
Diesen Anforderungen genügt die Tagesordnung vom 18.08.2017 jedoch hinsichtlich des
Entlastungsbeschlusses nicht. Die angekündigte Bestätigung des Beschlusses vom 02.05.2017/03.05.2017 ist
inhaltlich nämlich etwas völlig anderes als die Entlastung der Geschäftsführer für ihre Handlungen im Rahmen
des tatsächlichen Vollzugs des Beschlusses und damit des Verkaufs der Geschäftsanteile der Beklagten an der
... Ha, GmbH. Die Entlastung der Geschäftsführer hat darüber hinaus eine weitgehende Präklusionswirkung
hinsichtlich etwaiger Schadensersatzansprüche gegen die Geschäftsführer, wohingegen die bloße Bestätigung
des Beschlusses vom 02.05.2017/03.05.2017 eine derartige Wirkung nicht hat.
Nach alledem hätte hinsichtlich der Entlastung der Geschäftsführer in der Versammlung vom 29.08.2017 ein
Beschluss nicht gefasst werden dürfen.
b. Zwar nimmt das Schrifttum überwiegend an, ein derartiger Verstoß gegen § 51 Abs. 2, 4 GmbHG führe nur zur
Anfechtbarkeit (vgl. die Nachweise bei Schindler in BeckOK GmbHG, 36. Edition, Stand 01.02.2018, Rdnr. 61 zu
§ 51 GmbHG). Das Gericht folgt jedoch der neueren Rechtsprechung des BGH, der in diesen Fällen von einer
Nichtigkeit des Beschlusses ausgeht (BGH, Urteil vom 29.05.2000, Az. II ZR 47/99, Rdnr. 7 aE). Der BGH
bejahte in dieser Entscheidung vom 29.05.2000 aufgrund der nicht hinreichend genauen Bezeichnung des
Beschlussgegenstandes in der Tagesordnung zwar unmittelbar nur einen Verstoß gegen Regelungen in der
Geschäftsordnung des Verwaltungsrats der beklagten Sparkasse, wonach „unter Mitteilung der Tagesordnung
einzuladen sei“, stellte aber gleichzeitig ausdrücklich darauf ab, dass die Regelungen, gegen die verstoßen
worden sei, inhaltsgleich mit § 51 Abs. 2 und 4 GmbHG seien (BGH, aaO, Rdnr. 8). Daher ist ein entgegen § 51
Abs. 2, 4 GmbHG gefasster Beschluss nicht nur anfechtbar, sondern nichtig.
c. Diese Nichtigkeit erstreckt sich entsprechend § 139 BGB nur auf den Entlastungsbeschluss, nicht aber auf die
gleichzeitig erfolgte Bestätigung des Beschlusses vom 02.05.2017/03.05.2017, da die beiden Beschlussinhalte
ohne weiteres trennbar sind, sodass die Bestätigung nicht mit der Entlastung steht und fällt. Die bloß formal
einheitliche Beschlussfassung unter TOP 5 schafft keine engere als die ohnehin aufgrund des
Sachzusammenhangs bestehende inhaltliche Verbindung.
d. Der Feststellung der Nichtigkeit des Entlastungsbeschlusses steht auch nicht entgegen, dass sich der Antrag
der Klägerin in der Klageschrift (Antrag 5 im Klageerweiterungsschriftsatz, dort S. 2, Bl. 31 d.A.) und in der
Berufungsbegründung (Antrag 5 im Berufungsbegründungsschriftsatz, dort S. 2, Bl. 83 d.A.) nur auf den
Bestätigungsbeschluss bezieht, nicht aber auch ausdrücklich auf die Entlastung der Gesellschafter. Denn der
Klageantrag ist dahingehend auszulegen, dass beantragt ist, auch den Beschluss zu TOP 5 hinsichtlich der
Entlastung der Geschäftsführer für nichtig zu erklären, da es der Klägerin ersichtlich darum geht, den gesamten
Beschluss aus der Welt zu schaffen.
Da es sich insoweit um eine Nichtigkeitsklage handelt, führt auch die in § 8 Ziffer 4 Abs. 2 S. 2 GV statuierte
Monatsfrist für die Beschlussanfechtung nicht zur Unbegründetheit der Klage, obwohl sich die
Klage(erweiterung) vom 10.10.2017 hinsichtlich der Entlastung nicht zur Diskrepanz zwischen der mit der
Einladung vom 18.08.2017 mitgeteilten Tagesordnung einerseits und der auf der Gesellschafterversammlung
vom 29.09.2017 erfolgten Beschlussfassung andererseits verhält.
Auf eine etwaige Relevanz des Verstoßes kommt es bei der Nichtigkeitsklage nicht an, da die Nichtigkeit von
jedermann in jeder Weise geltend gemacht werden kann (vgl. Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Auflage,
München 2015, Rdnr. 91 zu § 47 GmbHG).
e. Nachdem der Entlastungsbeschluss bereits wegen Verstoßes gegen § 51 Abs. 2 und 4 GmbHG nichtig ist,
kommt es auf den erstmals in der Berufungsbegründung von der Klägerin behaupteten Verstoß gegen § 47 Abs.
4 GmbHG, da der Geschäftsführer der Beklagten K. mit abgestimmt habe, obwohl es (auch) um seine
Entlastung ging, nicht mehr an. Unerheblich ist daher insoweit, dass, da ein solcher Verstoß nicht zur Nichtigkeit,
sondern nur zur Anfechtbarkeit des Beschlusses führen würde und dieser behauptete Verstoß im
Klageerweiterungsschriftsatz vom 10.10.2017 nicht gerügt worden war, die materiell-rechtliche Ausschlussfrist
des § 8 Ziffer 4 Abs. 2 S. 2 GV greifen würde.
2. Insoweit als der Beschluss vom 29.08.2017 zu TOP 5 den Beschluss vom 02.05.2017/03.05.2017 bestätigte,
ist er dagegen weder anfechtbar noch gar nichtig.
a. Ein Verstoß gegen § 51 Abs. 2, 4 GmbHG liegt nicht vor.
aa. Wenn man - wie das Landgericht - davon ausgeht, dass der Beschluss vom 02.05.2017/03.05.2017 aufgrund
des Verstoßes gegen § 48 Abs. 2 GmbHG unwirksam (so bspw. Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHGesetz,
21. Auflage, München 2017, Rdnr. 36 zu § 48 GmbHG, Hillmann in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht,
3. Auflage, München 2016, Rdnr. 23 zu § 48 GmbHG) bzw. nichtig (vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2006, Az. II ZR
135/04, Rdnr. 10 für einen im nicht in der Satzung vorgesehenen Kombinationsverfahren gefassten Beschluss)
und deshalb eine Bestätigung dieses Beschlusses nicht möglich gewesen sein sollte, so wäre der
Tagesordnungspunkt in der Einladung vom 18.08.2017 jedoch dahingehend auszulegen, dass Beschluss gefasst
werden sollte über die Genehmigung des durch die Geschäftsführung der Beklagten zum Zeitpunkt der
Gesellschafterversammlung bereits längst ausgeführten Verkaufs der Geschäftsanteile an der ... Ha, GmbH.
Denn nach den oben unter 1 a dargelegten Grundsätzen ist Schutzzweck § 51 Abs. 2, 4 GmbHG der Schutz der
Gesellschafter vor Überrumpelung und war eine solche im konkreten Fall nicht zu befürchten. Aus der
Bezeichnung des TOP 5 „Bestätigung des Beschlusses über den Verkauf der Anteile an der ... Ha, vom
02.05.2017/03.05.2017“ wird nämlich klar, dass Inhalt der Beschlussfassung eine abschließende Entscheidung
der Gesellschafter über den Anteilsverkauf sein sollte. Unerheblich ist insoweit, ob es sich dabei um eine
Zustimmung zu einem noch bevorstehenden Verkauf oder aber um eine Genehmigung eines bereits erfolgten
Verkaufs handelte. Der Geschäftsführer der Klägerin wusste auch, worum es bei dem Umlaufbeschluss vom
02.05.2017/03.05.2017 inhaltlich gegangen war, da er ihm ausdrücklich nicht zugestimmt hatte. Der
Geschäftsführer der Klägerin wusste ferner zum Zeitpunkt der Einladung zur Gesellschafterversammlung vom
29.08.2017 auch bereits, dass der Geschäftsführer der Beklagten L, den Verkauf der Anteile bereits vollzogen
hatte. Dies ergibt sich aus der von der Klägerin gegen den Umlaufbeschluss vom 02.05.2017/03.05.2017
erhobenen Anfechtungsklage, in der ausgeführt wird, dass „die Veräußerung auf der Basis des
Beschlussvorschlages sofort umgesetzt“ worden sei war (vgl. Klageschriftsatz vom 30.05.2017, S. 3, Bl. 3 d.A.).
Da es sich bei der Beklagten um eine zweigliedrige Gesellschaft handelt, ist eine Überraschung anderer
Gesellschafter nicht zu befürchten, sodass allein auf den Kenntnisstand der Klägerin (und der T.W. GmbH)
abgestellt werden kann.
bb. Sollte dagegen mit einer im Schrifttum vertretenen Ansicht davon ausgegangen werden, dass der Verstoß
gegen § 48 Abs. 2 GmbHG nicht zur Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit des
Umlaufbeschlusses vom 02.05.2017/03.05.2017 führte, da sich alle Gesellschafter (auch der Kläger) an der
Abstimmung beteiligt hatten und lediglich die in § 48 Abs. 2 GmbHG vorgegebene Form verletzt worden war (so
bspw. Liebscher in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Auflage, München 2016, Rdnr. 172 zu § 48 GmbHG,
Thüringer OLG, Beschluss vom 09.01.2006, Az. 6 U 569/05, Rdnr. 9 m.w.N.), so läge schon keine - für einen
Verstoß gegen § 51 Abs. 2, 4 GmbHG allerdings zwingend notwendige - Diskrepanz zwischen dem in der
Einladung vom 18.08.2017 (Anl. K 6) bezeichneten Tagesordnungspunkt 5 und dem in der
Gesellschafterversammlung vom 29.08.2017 zu TOP 5 gefassten Beschluss vor. Denn angekündigt war in der
Einladung vom 18.08.2017 unter TOP 5 die „Bestätigung des Beschlusses über den Verkauf der Anteile an der
... Ha, GmbH vom 02.05.2017/03.05.2017“. Beschlossen wurde in der Gesellschafterversammlung vom
29.08.2017 zu TOP 5, dass „(d) er Umlaufbeschluss vom 02.05.2017/03.05.2017, der der Geschäftsführung mit
66 Ja-Stimmen und 34 Nein-Stimmen den Auftrag erteilte, sämtliche Geschäftsanteile an der ... Ha. GmbH (…)
zu veräußern, (…) vollumfänglich bestätigt“ wird (vgl. Protokoll der Gesellschafterversammlung laut Anl. B 7). Ob
und gegebenenfalls welche rechtlichen Konsequenzen diese Bestätigung auf den zum Zeitpunkt der Fassung
des Bestätigungsbeschlusses am 29.08.2017 bereits längst vollzogenen Verkauf der Anteile der Beklagten an
der ... Ha. GmbH hat, wäre dann keine Frage der Wirksamkeit des am 29.08.2017 gefassten Beschlusses,
sondern der Wirksamkeit des Anteilsverkaufs, der vorliegend jedoch nicht streitgegenständlich ist.
b. Auch mit der gegen den Bestätigungsbeschluss vom 28.09.2017 erhobenen Rüge, der Beschluss hätte nach
§ 8 Ziffer 1 S. 4 GV einer 3/4-Mehrheit bedurft, vermag die Kägerin nicht durchzudringen.
aa. Zum einen ist die Klägerin mit dieser Rüge bereits entsprechend § 246 Abs. 1 AktG präkludiert, da sie sie
zum ersten Mal in der Berufungsbegründung (dort S. 3, Bl. 84 d.A.) und damit nicht innerhalb der Monatsfrist des
§ 8 Ziffer 4 Abs. 2 S. 2 GV erhoben hat. Daran ändert auch nichts, dass die Klägerin die ihrer Meinung nach
unzureichende Mehrheit bereits in der Klage vom 30.05.2017 bemängelt hat. Denn diese Klage richtete sich
ausschließlich gegen den Umlaufbeschluss vom 02.05.2017/03.05.2017, nicht aber gegen den späteren
Bestätigungsbeschluss vom 29.08.2017, der vorliegend ausschließlich streitgegenständlich ist. Die Klägerin
hätte damit die angeblich unzureichende Mehrheit bereits in ihrer Klageerweiterung vom 10.10.2017 rügen
müssen. Dort wird aber nicht einmal mitgeteilt, mit welcher Mehrheit der Bestätigungsbeschluss vom 29.08.2017
gefasst wurde.
bb. Der Bestätigungsbeschluss wurde aber auch mit einer hinreichenden Mehrheit gefasst, da es nach § 8 Ziffer
1 S. 3 GV einer 3/4-Mehrheit gar nicht bedurfte, weil demnach nur für Satzungsänderungen, die Auflösung der
Gesellschaft, den Abschluss von Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträgen, sonstige
Unternehmensverträge sowie Umwandlungen oder Verschmelzungen eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist.
Der Verkauf der Anteile der Beklagten an ihrer Tochter ... Ha. GmbH erfüllt jedoch keinen dieser Tatbestände.
Insbesondere ist der Kaufvertrag entgegen der Ansicht der Klägerin kein „Unternehmensvertrag“. Die Satzung
knüpft nämlich mit der Verwendung des Begriffes „Unternehmensvertrag“ ersichtlich an den in §§ 291 und 292
AktG legal definierten Terminus an. Die dort aufgestellten Voraussetzungen für das Vorliegen eines
Unternehmensvertrages sind jedoch nicht erfüllt.
Im Übrigen wurde der Bestätigungsbeschluss vom 02.05.2017/03.05.2017 sogar einstimmig und damit in jedem
Fall mit der in § 8 Ziffer 1 S. 3 GV vorgesehenen Mehrheit gefasst. Denn danach kommt es für die Bestimmung
der Mehrheit nur auf die in der Gesellschafterversammlung abgegebenen Stimmen an. Bei den abgegebenen
Stimmen handelte es sich aber ausweislich des Protokolls der Versammlung ausschließlich um Ja-Stimmen.
c. Der Wirksamkeit des Bestätigungsbeschlusses steht auch nicht entgegen, dass das Landgericht in seinem
Endurteil vom 29.03.2018 festgestellt hat, dass der durch den Beschluss vom 29.08.2017 bestätigte Beschluss
vom 02.05.2017/03.05.2017 unwirksam ist (LGU Ziffer 1 des Tenors und Ziffer III der Entscheidungsgründe).
aa. Geht man von der Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit des Bestätigungsbeschlusses aus, konnte letzterer nicht
bestätigt werden und ginge die Bestätigung durch den Beschluss vom 29.08.2017 ins Leere. In diesem Falle
wäre der Bestätigungsbeschluss vom 29.08.2017 jedoch - wie bereits oben unter a. aa ausgeführt - als
Genehmigung des bereits vollzogenen Verkaufs auszulegen.
bb. Geht man dagegen davon aus, dass der Verstoß gegen § 48 Abs. 2 GmbHG nur zur Anfechtbarkeit des
Beschlusses vom 02.05.2017/03.05.2017 führte, wäre eine Bestätigung ohne weiteres möglich. Denn leidet der
Ausgangsbeschluss nur unter einem formalen Mangel, kann die Gesellschafterversammlung durch die
Bestätigung ihren Willen bekunden, den Erstbeschuss trotz des ihm anhaftenden Verfahrensmangels als
verbindliche Regelung der Gesellschaftsangelegenheit anzuerkennen, sofern nur der bestätigende Beschluss
nunmehr verfahrensfehlerfrei gefasst, der Mangel des Erstbeschlusses also vermieden wird. Denn darin liegt der
zentrale Zweck des Bestätigungsbeschlusses: Dieser kann den Verfahrensmangel zwar nicht ungeschehen
machen, allerdings gibt er den Gesellschaftern die Möglichkeit zu erklären, dass sie trotz des formalen Fehlers
am unbedenklichen Inhalt des Beschlusses festhalten wollen (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 12.12.2005, Az. II
ZR 253/03, Rdnr. 18). Da der Beschluss vom 02.05.2017/03.05.2017 nur deshalb anfechtbar ist, weil er unter
Verstoß gegen § 48 Abs. 2 GmbHG trotz fehlender Zustimmung der Klägerin zu dieser Vorgehensweise im
Umlaufverfahren gefasst wurde, basiert die Nichtigkeit allein auf einem Formverstoß. Ein inhaltlicher Mangel des
Beschlusses wurde weder von der Klägerin gerügt noch vom Landgericht festgestellt und ist auch nicht
ersichtlich. Die in der gegen den Beschluss vom 02.05.2017/03.05.2017 gerichteten Klage der Klägerin vom
30.05.2017 bemängelte Beschlussfassung mit einer nach § 8 Ziffer 1 S. 4 GV nicht hinreichenden Mehrheit
würde ebenfalls nur einen formalen Mangel begründen und greift im Übrigen aus den oben unter b. bb zum
Beschluss vom 29.08.2017 bezeichneten Gründen ohnehin nicht durch.
d. Die von der Klägerin behauptete Aufhebung des Bestätigungsbeschlusses vom 29.08.2017 durch den
Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 02.02.2018 ist im streitgegenständlichen Verfahren ohne
Bedeutung. Streitgegenständlich sind nämlich entsprechend den Anträgen der Klägerin nur die
„Ungültigerklärung“ sowie die Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse vom 29.08.2017, nicht aber die Frage,
ob die Beschlüsse durch eine spätere Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung im Nachhinein wieder
aufgehoben wurden.
IV.
Die Rüge der Klägerin das Landgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, da der
Klägervertreter den Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 20.02.2018 erst nach der Urteilsverkündung erhalten
hätte, bleibt erfolglos, da die Klägerin in der Berufungsbegründung schon nicht dargelegt hat, was sie im Falle
der Einräumung einer Schriftsatzfrist auf das Vorbringen der Beklagten vom 20.02.2018 vorgetragen hätte (zu
diesem Erfordernis vgl. Greger in Zöller 31. Auflage, Köln 2016, Rdnr. 20 zu
kann daher nicht überprüfen, ob der gerügte (unterstellte) Verfahrensfehler für die Entscheidung überhaupt
kausal wurde.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus
Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Weder hat die
Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu würdigen waren vielmehr die
Umstände des Einzelfalles.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG München
Erscheinungsdatum:09.01.2019
Aktenzeichen:7 U 1509/18
Rechtsgebiete:
GmbH
Konzernrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
GmbHG §§ 47 Abs. 4, 48 Abs. 2, 51 Abs. 2 u. 4