BFH 30. November 2020
II B 41/20
GrEStG §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 u. 2, Abs. 2a, 3 Nr. 8

Grundstückserwerb durch Treuhänder; Grunderwerbsteuerpflichtigkeit

letzte Aktualisierung: 18.2.2021
BFH, Beschl. v. 30.11.2020 – II B 41/20

GrEStG §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 u. 2, Abs. 2a, 3 Nr. 8
Grundstückserwerb durch Treuhänder; Grunderwerbsteuerpflichtigkeit

Ein Erwerbsvorgang ist nicht bereits deshalb grunderwerbsteuerfrei, weil der Erwerber das
Grundstück lediglich als Treuhänder für den Veräußerer als Treugeber halten soll.

Entscheidungsgründe

II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache weist keine grundsätzliche Bedeutung auf.

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss im konkreten Fall klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn hinsichtlich ihrer Beantwortung Unsicherheit besteht. Daran fehlt es nach ständiger Rechtsprechung des BFH, wenn die streitige Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 03.06.2020 - II B 54/19, BFH/NV 2020, 1174, BStBl II 2020, 586, Rz 3, m.w.N.). Das gilt insbesondere, wenn sich die Beantwortung der Rechtsfrage ohne Weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 28.04.2020 - IX B 121/19, BFH/NV 2020, 870, Rz 3).

2. So verhält es sich im Streitfall.

a) Der Erwerb eines Treuhänders von dem Treugeber ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, ggf. nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG steuerpflichtig. Der Treuhänder erwirbt zivilrechtlich einen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks und spätestens durch die Auflassung das Eigentum am Grundstück. Hieran ändern weder die schuldrechtlichen Abreden der Parteien noch ein zeitgleich vereinbarter Anspruch auf Rückübertragung etwas. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO findet keine Anwendung (BFH-Urteil vom 29.09.2004 - II R 14/02, BFHE 207, 59, BStBl II 2005, 148, unter II.1.b, m.w.N.). Inwieweit dem Eigentum des Treuhänders ein wirtschaftlicher Wert zukommt, ist deshalb nicht entscheidend. Die Auffassung der Klägerin, sie sei als Treuhänderin eigentlich nicht Eigentümerin geworden, ist nicht nachvollziehbar.

Diese Betrachtungsweise ist nach dem Wortlaut der Vorschriften eindeutig und wird auch so von der Finanzverwaltung in den gleich lautenden Ländererlassen zu grundstücksbezogenen Treuhandgeschäften sowie zu Grundstückserwerben durch Auftragnehmer bzw. Geschäftsbesorger vom 12.10.2007 (BStBl I 2007, 757) in Tz. 1.1. vertreten. Die Klägerin hat keine Gegenmeinungen hierzu angeführt.

b) Es besteht keine ausnahmsweise Freistellung von der Steuer. Das folgt aus § 3 Nr. 8 Satz 2 GrEStG. Nach § 3 Nr. 8 Satz 1 GrEStG ist u.a. von der Besteuerung ausgenommen der Rückerwerb eines Grundstücks durch den Treugeber bei Auflösung des Treuhandverhältnisses. Voraussetzung ist nach § 3 Nr. 8 Satz 2 GrEStG, dass für den Rechtsvorgang, durch den der Treuhänder den Anspruch auf Übereignung des Grundstücks oder das Eigentum an dem Grundstück erlangt hatte, die Steuer entrichtet worden ist. Diese Voraussetzung kann nur erfüllt sein, wenn genau der Rechtsvorgang, durch den der Treuhänder den Anspruch auf Übereignung des Grundstücks oder das Eigentum an dem Grundstück erlangt hatte, steuerbar und steuerpflichtig ist. Wäre er es nicht, liefe die Vorschrift leer. Das wäre eine sachwidrige Auslegung. Die Auffassung der Klägerin ist also offenkundig unzutreffend.

c) Es gibt keinen Grund dafür, bestimmte Treuhandverhältnisse, etwa die uneigennützige Treuhand, im Wege der teleologischen Reduktion von der Besteuerung auszunehmen. Die Grunderwerbsteuer ist eine Rechtsverkehrsteuer und knüpft an das Zivilrecht an (vgl. BFH-Urteil vom 29.06.2016 - II R 14/12, BFH/NV 2017, 1, Rz 21). Darauf weist die Klägerin selbst zu Recht hin. Diesem Grundsatz wäre es fremd, wenn es darauf ankäme, welchen wirtschaftlichen Zweck ein Treuhandverhältnis verfolgt.

d) Die Handhabung der Treuhandverhältnisse im Rahmen von § 1 Abs. 2a GrEStG, auf die die Klägerin hinweist, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Sie ist normspezifisch. Der BFH nimmt hier eine wirtschaftliche Betrachtung vor, weil die zivilrechtliche Betrachtung nicht möglich ist.

e) Die unterschiedliche Behandlung der Treuhandverhältnisse im Einkommensteuerrecht und im Grunderwerbsteuerrecht ist nicht zu beanstanden. Die beiden Steuerarten erfassen mit dogmatisch verschiedenen Ansätzen unterschiedlich geartete Lebensvorgänge.

f) Soweit die Klägerin beanstandet, es sollte nicht im Verkehr auftreten müssen, wer nicht im Verkehr auftreten wolle, ist dieses Vorbringen unerheblich. Der Treugeber wird nicht gezwungen, im Verkehr aufzutreten. Es entspricht allerdings der Funktionsweise einer Rechtsverkehrsteuer, dass der Wechsel desjenigen, der im Verkehr auftritt, Steuern auslöst.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

4. Von einer weiteren Begründung wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BFH

Erscheinungsdatum:

30.11.2020

Aktenzeichen:

II B 41/20

Rechtsgebiete:

Grunderwerbsteuer

Normen in Titel:

GrEStG §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 u. 2, Abs. 2a, 3 Nr. 8