Grundstücksgrenzübergreifende Tiefgarage; Grunddienstbarkeit; Pflicht zur Kostenübernahme
letzte Aktualisierung: 2.3.2023
BGH, Urt. v. 27.1.2023 – V ZR 261/21
BGB § 1021
Grundstücksgrenzübergreifende Tiefgarage; Grunddienstbarkeit; Pflicht zur
Kostenübernahme
a) Gehört zur Ausübung einer Grunddienstbarkeit eine Anlage auf dem belasteten Grundstück,
kann zwischen den Eigentümern des dienenden und des herrschenden Grundstücks mit dinglicher
Wirkung vereinbart werden, dass die Pflicht zur Unterhaltung der Anlage zwischen ihnen aufgeteilt
wird.
b) Möglich ist auch eine Vereinbarung, die sich auf die – anteilige – Verpflichtung zur Übernahme
der zur Unterhaltung der Anlage erforderlichen Kosten beschränkt, ohne eine Pflicht zur
tatsächlichen Unterhaltung zu begründen.
c) Wenn sich eine Anlage auf zwei Grundstücke erstrecken soll und beide Eigentümer zur Nutzung
der Anlage (auch) auf dem jeweils anderen Grundstück berechtigt sein sollen (hier: Tiefgarage),
können wechselseitige Grunddienstbarkeiten bestellt werden; die Grundstücke sind dann zugleich
herrschendes und dienendes Grundstück. Auch in diesem Fall ist es möglich, die
Unterhaltungskosten der Anlage unter den beteiligten Eigentümern durch eine dinglich wirkende
Vereinbarung nach einer bestimmten Quote zu verteilen.
d) Auch wenn der Eigentümer des herrschenden Grundstücks zur (anteiligen) Unterhaltung der
Anlage bzw. zur anteiligen Kostentragung verpflichtet ist, genügt für die dingliche Wirksamkeit der
Vereinbarung die Eintragung in das Grundbuch des dienenden Grundstücks. Einer zusätzlichen
Eintragung auf dem Grundbuchblatt des herrschenden Grundstücks bedarf es nicht.
Entscheidungsgründe:
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klage zulässig. Insbesondere
sei die Klägerin zur Geltendmachung der Ausgleichsansprüche ihrer Mitglieder
berechtigt, weil die Wohnungseigentümer die Prozessführung der Klägerin durch
Beschluss vom 18. Dezember 2017 genehmigt hätten. In der Sache sei die Klage
unbegründet. Als Anspruchsgrundlage für die Ansprüche der Klägerin, deren materielle
Ausübungsbefugnis sich aus
BGB in Betracht. Dessen Voraussetzungen lägen nicht vor. Die Eigentümer der
Grundstücke, denen mit den am 30. Januar 1995 bestellten Grunddienstbarkeiten
wechselseitige Rechte an der Tiefgarage eingeräumt worden seien, gehörten
zwar einer Bruchteilsgemeinschaft i.S.v. § 741 BGB an. Die Klägerin habe aber
nicht hinreichend dargelegt, dass es sich bei den Kosten, die den streitgegenständlichen
Rechnungen zugrunde lägen, jeweils um gemäß
Kosten der Erhaltung, Verwaltung oder gemeinschaftlichen Benutzung
gehandelt habe. Soweit es um die Verwaltungskosten gehe, scheide eine
Erstattung bereits deshalb aus, weil die kostenauslösenden Maßnahmen entgegen
Mehrheitsbeschlüssen der Teilhaber der Tiefgaragengemeinschaft beruhten. Im
Hinblick auf die abgerechneten Kosten für die Sanierung der Tiefgarage habe die
Klägerin nicht hinreichend dargelegt, dass es sich um notwendige Erhaltungsmaßnahmen
i.S.v. § 744 Abs. 2 BGB handele. Auch wenn die Vorschrift nicht auf
Eilmaßnahmen beschränkt sei, komme es darauf an, inwieweit die anderen Teilhaber
im einzelnen Fall daran interessiert sein könnten, an der fraglichen Maßnahme
mitzuwirken. Eine bedeutsame Maßnahme, durch die erhebliche Verpflichtungen
für die Gemeinschaft oder die anderen Teilhaber begründet würden,
könne nur dann als notwendig angesehen werden, wenn sie so dringend sei,
dass eine Beteiligung der anderen Teilhaber nicht mehr rechtzeitig möglich sei.
Das habe der Bundesgerichtshof zu der in § 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB geregelten
Notgeschäftsführung eines Miterben entschieden (Verweis auf BGH, Urteil vom
8. Mai 1952 - IV ZR 208/51,
niedergelegte Recht des einzelnen Teilhabers könne nichts Anderes gelten.
Hier seien die von der Klägerin abgerechneten Arbeiten Teil einer umfangreichen
Sanierung gewesen. Eine Dringlichkeit dieser Sanierungsarbeiten in dem
Sinne, dass eine vorherige Beteiligung des Beklagten und der anderen Teilhaber
nicht möglich gewesen sei, behaupte die Klägerin nicht.
Mit den am 30. Januar 1995 beurkundeten Erklärungen seien die nach
abbedungen noch eingeschränkt worden. Die Kostenausgleichspflicht der Teilhaber
sei auch nicht erweitert worden. Mehr als der Wille, die Teilhaber an den
Unterhalts-, Betriebs- und Instandhaltungskosten zu beteiligen, lasse sich der
notariellen Urkunde nicht entnehmen. Deshalb müsse auf die gesetzlichen Regelungen
in
einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder für einen Bereicherungsanspruch
habe die Klägerin nicht dargelegt.
II.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der von dem Berufungsgericht
gegebenen Begründung lassen sich die von der Klägerin weiter verfolgten
Ansprüche nicht verneinen.
1. Zu Recht erachtet das Berufungsgericht die Klage für zulässig. Insbesondere
ist die Klägerin für die mit der Klage geltenden gemachten Ansprüche
prozessführungsbefugt. Insoweit kommt es auf die von dem Berufungsgericht zur
Begründung angeführte Genehmigung der Prozessführung durch die Klägerin
aufgrund des Beschlusses vom 18. Dezember 2017 nicht an. Die Prozessführungsbefugnis
der Klägerin folgt jedenfalls aus
Vorschrift, die am 1. Dezember 2020 in Kraft getreten ist und auch hier Anwendung
findet, übt die GdWE unter anderem solche Rechte der Wohnungseigentümer
aus, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern. Diese ist hier sowohl
im Hinblick auf mögliche Ansprüche der Wohnungseigentümer aus einer Bruchteilsgemeinschaft
i.S.v. § 741 BGB als auch im Hinblick auf weitere Ansprüche
geboten, die sich aus den in der Urkunde vom 30. Januar 1995 getroffenen Vereinbarungen
ergeben können. Hiervon geht im Ergebnis auch das Berufungsgericht
zutreffend aus, auch wenn es
materiellen Ausübungsbefugnis der Klägerin heranzieht. Die Vorschrift betrifft
allerdings sowohl die Prozessführungsbefugnis als auch die Aktivlegitimation der
GdWE (vgl. Senat, Urteil vom 15. Juli 2022 - V ZR 127/21,
Rn. 8).
2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts tragen jedoch die Abweisung
der Klage als unbegründet nicht.
a) Hierfür kann offenbleiben, ob die Klägerin und der Beklagte Teilhaber
einer Bruchteilsgemeinschaft sind und - bejahendenfalls - der Klägerin dem
Grunde nach ein Ausgleichsanspruch gemäß § 748, § 744 Abs. 2 BGB zusteht.
Ein solcher Anspruch wäre zu verneinen, wenn den dem Beklagten anteilig in
zugrunde lägen, wovon das Berufungsgericht
ausgeht. Wie es zutreffend sieht, können nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs zu der inhaltlich mit § 744 Abs. 2 BGB im Wesentlichen
übereinstimmenden Vorschrift des § 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB bedeutsame Maßnahmen,
durch die erhebliche Verpflichtungen für den Nachlass oder die anderen
Miterben begründet werden, nur dann als notwendig angesehen werden, wenn
sie so dringend sind, dass die Zustimmung der anderen Miterben nicht mehr
rechtzeitig erlangt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 1952 - IV ZR 208/51,
2005, 375, 376). An einer solchen Eilbedürftigkeit fehlt es auf der Grundlage der
von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen, weil die Klägerin die Möglichkeit
gehabt hätte, eine Zustimmung des Beklagten einzuholen. Ob die Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs zu § 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB, die in der
Literatur ganz überwiegend Zustimmung gefunden hat (vgl. MüKoBGB/Gergen,
9. Aufl., § 2038 Rn. 58 mwN, Grüneberg/Weidlich, BGB, 82. Aufl., § 2038 Rn. 11;
BeckOGK/Rißmann/Szalai, BGB [1.11.2022], § 2038 Rn. 56; BeckOK BGB/Lohmann
[1.5.2022], § 2038 Rn. 10; aA Staudinger/Löhnig, BGB [2020], § 2038
Rn. 30), auch im Rahmen des § 744 Abs. 2 BGB Anwendung findet, ist höchstrichterlich
bislang nicht geklärt und in der Literatur umstritten (gegen das Erfordernis
einer Unaufschiebbarkeit der Maßnahme Staudinger/von Proff, BGB
[2021], § 744 Rn. 23; BeckOK BGB/Gehrlein [1.8.2022], § 744 Rn. 7; BeckOGK/
Fehrenbacher, BGB [1.8.2022], § 744 Rn. 22; Grüneberg/Sprau, BGB, 82. Aufl.,
§ 744 Rn. 3 mwN).
b) Diese Frage bedarf hier aber keiner Entscheidung, weil das Berufungsgericht
eine weitere Anspruchsgrundlage rechtsfehlerhaft nicht in den Blick genommen
hat, deren Voraussetzungen auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen
dem Grunde nach vorliegen. Die Klägerin kann nämlich im Hinblick
auf die wechselseitig in der Urkunde vom 30. Januar 1995 bestellten Grunddienstbarkeiten
gemäß § 1108 Abs. 1 i.V.m.
Ausgleich der für die erforderlichen Unterhaltungsmaßnahmen der Tiefgarage
angefallenen Kosten in Höhe der auf ihn entfallenden Quote verlangen.
aa) Gehört zur Ausübung einer Grunddienstbarkeit eine Anlage auf dem
belasteten Grundstück, so kann bestimmt werden, dass der Eigentümer dieses
Grundstücks (sog. dienendes Grundstück) die Anlage zu unterhalten hat, soweit
das Interesse des Berechtigten es erfordert (§ 1021 Abs. 1 Satz 1 BGB). Steht
dem Eigentümer das Recht zur Mitbenutzung der Anlage zu, so kann bestimmt
werden, dass der Berechtigte (Eigentümer des herrschenden Grundstücks) die
Anlage zu unterhalten hat, soweit es für das Benutzungsrecht des Eigentümers
erforderlich ist (§ 1021 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ist eine solche Unterhaltungspflicht
vereinbart, finden nach
entsprechende Anwendung. Dies bedeutet, dass der Eigentümer, der zur Unterhaltung
der Anlage verpflichtet ist, unter anderem gemäß § 1108 Abs. 1 BGB für
die während der Dauer seines Eigentums fällig werdenden Leistungen (auch)
persönlich haftet; dementsprechend haftet auch der unterhaltungspflichtige
Dienstbarkeitsberechtigte bei entsprechender Vereinbarung nicht nur dinglich,
sondern auch persönlich (vgl. zur Grundbucheintragung in einem solchen Fall
unten Rz. 14).
bb) Nach dem Wortlaut des § 1021 Abs. 1 BGB wird bei den möglichen
Vereinbarungen zwischen dem Eigentümer des dienenden und dem Eigentümer
des herrschenden Grundstücks danach unterschieden, ob nur der Dienstbarkeitsberechtigte
die Anlage nutzen darf oder aber dem Eigentümer des belasteten
Grundstücks ein Recht zur Mitbenutzung der Anlage zusteht. Während im
ersten Fall vereinbart werden kann, dass der Eigentümer des dienenden Grundstücks
die Anlage zu unterhalten hat, ist im zweiten Fall eine Vereinbarung dahingehend
möglich, dass den Eigentümer des herrschenden Grundstücks die
Unterhaltungspflicht trifft. Es steht aber in Rechtsprechung und Literatur außer
Streit, dass beide Möglichkeiten miteinander kombiniert werden können. Gehört
zur Ausübung einer Grunddienstbarkeit eine Anlage auf dem belasteten Grundstück,
kann zwischen den Eigentümern des dienenden und des herrschenden
Grundstücks mit dinglicher Wirkung vereinbart werden, dass die Pflicht zur Unterhaltung
der Anlage zwischen ihnen aufgeteilt wird. In der Festlegung des Verteilungsschlüssels
sind die Eigentümer des herrschenden und des dienenden
Grundstücks frei (vgl. KG,
§ 1021 Rn. 13; MüKoBGB/Mohr, 9. Aufl., § 1021 Rn. 5; BeckOGK/Kazele, BGB
[1.11.2022], § 1021 Rn. 57).
cc) Möglich ist auch eine Vereinbarung, die sich auf die - anteilige - Verpflichtung
zur Übernahme der zur Unterhaltung der Anlage erforderlichen Kosten
beschränkt, ohne eine Pflicht zur tatsächlichen Unterhaltung zu begründen.
(vgl. KG,
BeckOGK/Kazele, BGB [1.11.2022], § 1021 Rn. 57). Dies folgt aus einem Erstrecht-
Schluss. Wenn die Beteiligten schon eine Vereinbarung über die Unterhaltungspflicht
als solche treffen können, muss ihnen auch die Möglichkeit eingeräumt
werden, sich nur über die Tragung der Unterhaltungskosten zu verständigen.
die Anlage ausschließlich auf dem mit der Grunddienstbarkeit belasteten Grundstück
befindet, so dass es nur ein dienendes und ein herrschendes Grundstück
gibt. Wenn sich eine Anlage auf zwei Grundstücke erstrecken soll und beide
Eigentümer zur Nutzung der Anlage (auch) auf dem jeweils anderen Grundstück
berechtigt sein sollen, wie dies beispielsweise bei einem Weg oder auch bei einer
Tiefgarage der Fall sein kann, können wechselseitige Grunddienstbarkeiten bestellt
werden; die Grundstücke sind dann zugleich herrschendes und dienendes
Grundstück. Die Eigentümer der Grundstücke dürfen das jeweils andere Grundstück
nutzen, so dass sie insoweit Eigentümer des herrschenden Grundstücks
sind. Gleichzeitig müssen sie aber auch die Nutzung des eigenen Grundstücks
durch den anderen Eigentümer dulden, so dass sie insoweit Eigentümer des dienenden
Grundstücks sind. Auch in diesem Fall ist es möglich, die Unterhaltungskosten
der Anlage gemäß § 1021 Abs. 1 BGB unter den beteiligten Eigentümern
durch eine dinglich wirkende Vereinbarung nach einer bestimmten Quote zu verteilen.
ee) Damit einer Vereinbarung i.S.d. § 1021 Abs. 1 BGB dingliche Wirkung
zukommt und die Wirkungen einer Reallast gemäß § 1021 Abs. 2 i.V.m. § 1107 f.
BGB eintreten können, muss (auch) die Vereinbarung in das Grundbuch eingetragen
werden. Da es sich insoweit um den Inhalt der Grunddienstbarkeit handelt,
muss die Vereinbarung allerdings nicht selbst in den Eintragungsvermerk aufgenommen
werden. Vielmehr genügt es, wenn insoweit nach § 874 BGB auf die
Eintragungsbewilligung Bezug genommen wird (vgl. OLG Düsseldorf, OLG-Report
2003, 356; Staudinger/Weber, BGB [2017], § 1021 Rn. 1 mwN). Auch wenn
der Eigentümer des herrschenden Grundstücks zur (anteiligen) Unterhaltung der
Anlage bzw. zur anteiligen Kostentragung verpflichtet ist, genügt nach ganz über-
wiegender und zutreffender Auffassung für die dingliche Wirksamkeit der Vereinbarung
die Eintragung in das Grundbuch des dienenden Grundstücks (vgl. § 10
GBV). Einer zusätzlichen Eintragung auf dem Grundbuchblatt des herrschenden
Grundstücks bedarf es nicht (vgl. Staudinger/Weber, BGB [2017], § 1021 Rn. 14
mwN; MüKoBGB/Mohr, 9. Aufl., § 1021 Rn. 7; Grüneberg/Herrler, BGB, 82. Aufl.,
§ 1021 Rn. 1; Ring/Grziwotz/Schmidt-Räntsch/Otto, BGB, 5. Aufl., § 1021 Rn. 15;
BeckOGK/Kazele, BGB [1.11.2022], § 1021 Rn. 60; BeckOK BGB/Reischl
[1.8.2022], § 1021 Rn. 9). Dass die Unterhaltungspflicht nach
reallastähnlich ausgestaltet ist, ändert daran nichts (aA LG Ellwangen, BWNotZ
1987, 141, 142). Sie ist nämlich keine selbstständige Belastung des herrschenden
Grundstücks, sondern gehört, wenn auch als Nebenpflicht, zum Inhalt der
Dienstbarkeit und bildet mit dieser ein einheitliches Recht (vgl. Staudinger/Weber,
BGB [2017], § 1021 Rn. 14 mwN; MüKoBGB/Mohr, 9. Aufl., § 1021 Rn. 7;
BeckOGK/Kazele, BGB [1.11.2022], § 1021 Rn. 60). Wird - wie hier - gleichwohl
zusätzlich auf dem Grundbuchblatt des herrschenden Grundstücks eine Reallast
eingetragen, liegt eine Doppelsicherung vor, derer es wegen der in § 1021 Abs. 2
BGB angeordneten Reallastwirkung nicht bedarf und die deshalb unzulässig ist
(vgl. Staudinger/Weber, BGB [2017], § 1021 Rn. 7; Grüneberg/Herrler, BGB,
81. Aufl., § 1021 Rn. 1; Volmer,
die Reallastwirkung aus
- wie hier - wechselseitigen Grunddienstbarkeiten sowohl herrschendes als auch
dienendes Grundstück, muss konsequenterweise auf beiden Grundstücksblättern
eine Eintragung erfolgen, aber auch in diesem Fall nur insoweit, als das
Grundstück die Funktion des dienenden Grundstücks hat.
ff) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin gegen den
Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Erstattung der (anteiligen) erforderlichen
Kosten für die Unterhaltung der Tiefgarage in dem hier relevanten
Zeitraum nach § 1108 Abs. 1 i.V.m.
(1) Maßgeblich ist insoweit die notarielle Urkunde vom 30. Januar 1995.
Hierin haben die (damaligen) Eigentümer der Grundstücke, auf der die Tiefgarage
als Anlage i.S.d. § 1021 Abs. 1 BGB errichtet wurde, unter Ziff. 5 wechselseitige
Grunddienstbarkeiten bestellt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
sind diese Grunddienstbarkeiten in das Grundbuch eingetragen worden.
Dass das Berufungsgericht keine näheren Feststellungen zu der konkreten Form
der Eintragung getroffen hat, ist unerheblich. Entweder sind die Grunddienstbarkeiten
in vollem Umfang in das Grundbuch eingetragen worden oder aber es ist
- was naheliegt - wegen des näheren Inhalts der Grunddienstbarkeiten zulässigerweise
(§ 874 BGB) auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen worden.
Es kommt auch nicht darauf an, ob die maßgeblichen Vereinbarungen zu der
Tragung der Unterhaltungskosten zusätzlich auf dem Grundbuchblatt des jeweils
herrschenden Grundstücks eingetragen worden sind, da die Eintragung auf dem
Grundstücksblatt des jeweils dienenden Grundstücks genügt.
(2) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist in der Bestellungsurkunde
auch nicht lediglich der (allgemeine) Wille der Urkundsbeteiligten zum
Ausdruck gekommen, sich an den Unterhaltungskosten zu beteiligen. Bei der gebotenen
objektiven Auslegung von Grundbucheintragungen, die das Revisionsgericht
in vollem Umfang überprüfen kann, kommt es maßgebend darauf an, wie
die Eintragung nach Wortlaut und Sinn für einen unbefangenen Betrachter
nächstliegend zu verstehen ist (vgl. Senat, Urteil vom 4. Mai 2018 - V ZR 163/17,
ist nicht nächstliegend. Der Wortlaut in der Urkunde ist eindeutig. Hierwollten
hiermit erkennbar eine praktisch handhabbare und rechtlich verbindliche Regelung
dazu treffen, wie die im Zusammenhang mit der gemeinsamen Unterhaltung
der Tiefgarage anfallenden Kosten aufgeteilt werden sollten. Dafür, dass es
sich, wie das Berufungsgericht meint, insoweit um bloße Absichtserklärungen
handeln und (nur) auf die gesetzlichen Ausgleichsregeln nach § 748, § 744
Abs. 2 BGB verwiesen werden sollte, ergeben sich aus der Urkunde keine Anhaltspunkte.
Deshalb scheidet ein Rückgriff auf
vorrangige Vereinbarung der Urkundsbeteiligten aus (vgl. auch Staudinger/Weber,
BGB [2017], § 1021 Rn. 12). Aus den von der Revisionserwiderung zitierten
Entscheidungen des Senats, in denen für die Frage der Tragung der Unterhaltungskosten
bei einer gleichberechtigten Mitbenutzung einer Anlage durch den
Berechtigten einer Grunddienstbarkeit und den Eigentümer des dienenden
Grundstücks Vorschriften über die Bruchteilsgemeinschaft herangezogen wurden
(vgl. Urteil vom 8. März 2017 - V ZR 343/17,
f.; Urteil vom 27. September 2019 - V ZR 1/18, juris Rn. 11), ergibt sich nichts
Anderes. Den Entscheidungen lagen nämlich Fallgestaltungen zugrunde, bei denen
es - anders als hier - an entsprechenden Vereinbarungen i.S.d. § 1021
Abs. 1 BGB gerade fehlte.
(3) Dass in der Vereinbarung nicht geregelt ist, wen die Unterhaltungspflicht
in natura treffen soll, ist unerheblich. Wie oben dargelegt, kann sich die
Vereinbarung auf die Pflicht zur Übernahme der Unterhaltungskosten beschränken
(Rz. 12). Ebenso lässt es die Wirksamkeit der Vereinbarungen unberührt,
dass zugunsten der Urkundsbeteiligten zusätzlich zu den Grunddienstbarkeiten
nebst der Vereinbarung zu der Tragung der Unterhaltungskosten wechselseitige
Reallasten bestellt und in das Grundbuch eingetragen wurden (vgl. oben Rz. 14).
III.
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (
Rechtsstreit ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen, da er nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1
Satz 1, Abs. 3 ZPO).
1. Das Berufungsgericht hat - von seinem Ausgangspunkt folgerichtig -
keine Feststellungen dazu getroffen, ob es sich bei den von der Klägerin geltend
gemachten Kosten um solche handelt, die für eine ordnungsgemäße Unterhaltung
der Tiefgarage erforderlich waren. Maßgeblich ist insoweit das Benutzungsinteresse
der Eigentümer. Darunter fällt in erster Linie ihr Interesse an der Gebrauchsfähigkeit
und Funktionsfähigkeit der Tiefgarage (vgl. Senat, Urteil vom
7. Februar 2020 - V ZR 128/19,
Ausgangspunkt auch die (erforderlichen) Kosten für die Verwaltung, ohne die
eine Tiefgarage nicht betrieben werden kann. Da es für die Frage der Erforderlichkeit
der Unterhaltungskosten auf eine objektive Betrachtung ankommt, ist es
unerheblich, ob der Beklagte den kostenauslösenden Maßnahmen zugestimmt
hat.
2. Ohne Klärung der Erforderlichkeit der Kosten kann auch nicht entschieden
werden, ob und wenn ja in welchem Umfang die Klägerin neben der Hauptforderung
einen Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen sowie auf Erstattung
der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:27.01.2023
Aktenzeichen:V ZR 261/21
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Reallast
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
Erbengemeinschaft, Erbauseinandersetzung
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
ZWE 2023, 206-209
Normen in Titel:BGB § 1021