Kein Ausgleich gleichartiger Anrechte beim Versorgungsausgleich wegen Geringfügigkeit auch bei anderen gleichartigen auszugleichenden Anrechten
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Dokumentnummer: 8uf139_12
letzte Aktualisierung: 8.1.2013
OLG Naumburg, 20.7.2012 - 8 UF 139/12
Kein Ausgleich gleichartiger Anrechte beim Versorgungsausgleich wegen Geringfügigkeit
auch bei anderen gleichartigen auszugleichenden Anrechten
Liegen bei gleichartigen Anrechten der allgemeinen Rentenversicherung (hier Anrechte West)
die Voraussetzungen nach
nicht auszugleichen, auch wenn andere gleichartige Anrechte in der allgemeinen Rentenversicherung (hier Anrechte Ost) auszugleichen sind (anderer Ansicht der 3. Zivilsenat – 1. Senat
für Familiensachen – und der 4. Zivilsenat – 3. Senat für Familiensachen).
Gründe:
I.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den nach § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG
ausgesetzten öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei hat es Auskünfte
der gesetzlichen Rentenversicherungsträger der beteiligten früheren Eheleute zugrunde gelegt,
die von einem Ehezeitende am 31.01.2001 ausgehen, obwohl der Ehescheidungsantrag der
Antragstellerin dem Antragsgegner erst am 12.04.2001 zugestellt wurde, so dass das zutreffende
Ehezeitende der 31.03.2001 ist (
Darüber hinaus hat das Amtsgericht mit Blick auf die ehezeitbezogenen Anrechte der beteiligten
früheren Eheleute, denen Entgeltpunkte zugrunde liegen, keine Bagatellprüfung gemäß § 18
Abs. 1 VersAusglG durchgeführt.
Gegen diese ihm am 21.05.2012 zugestellte Entscheidung wendet sich der für den Antragsgegner
und die Antragstellerin zuständige gesetzliche Rentenversicherungsträger mit seinen am
25.05.2012 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerden.
II.
Die Beschwerden sind gemäß
Zu Recht rügt die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland als gesetzlicher
Rentenversicherungsträger beider beteiligten früheren Eheleute, dass der angefochtenen
Entscheidung Auskünfte über die zu berücksichtigenden Anrechte in der gesetzlichen
Rentenversicherung zugrunde liegen, die von einem falschen Ehezeitende (31.01.2001)
ausgehen. Diesbezüglich ist der angefochtene Beschluss unter Berücksichtigung der
aktualisierten Auskünfte der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland ebenso zu
korrigieren wie mit Blick auf den vorzunehmenden Ausschluss des Ausgleichs der
regeldynamischen Anrechte der Beteiligten nach
Darüber hinaus bedarf es keiner Erwähnung eines Anrechts der Antragstellerin bei der „G.“
Lebensversicherung AG im Beschlusstenor nach
Auskunft dieses Versicherungsunternehmens vom 12.09.2011 ist der Versicherungsvertrag zum
01.09.2001 durch Kündigung erloschen, so dass keine bestehende Anwartschaft im Sinne des § 2
Abs. 1 VersAusglG gegeben ist, die zum Ausgleich heranzuziehen wäre (vgl. auch BGH FamRZ
2004, 693; Hoppenz in: ders., Familiensachen, 9. Aufl.,
Einzelnen nachfolgende Berechnung.
Nach
Anrechten jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen. Die Ehezeit
beginnt mit dem ersten Tag des Monats der Eheschließung und endet am letzten Tag des Monats
vor Zustellung des Scheidungsantrags (
Anfang der Ehezeit: 01.12.1990
Ende der Ehezeit: 31.03.2001
Ausgleichspflichtige Anrechte
In der Ehezeit haben die beteiligten Ehegatten folgende Anrechte erworben:
Die Antragstellerin:
Gesetzliche Rentenversicherung
1. Bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland hat die Antragstellerin ein Anrecht
mit einem Ehezeitanteil von 0,0196 Entgeltpunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5
Abs. 3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 0,0098 Entgeltpunkten zu
bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach
52,34 Euro.
2. Bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland hat die Antragstellerin ein Anrecht
mit einem Ehezeitanteil von 8,9269 Entgeltpunkten (Ost) erlangt. Der Versorgungsträger hat
gem.
(Ost) zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach
39.054,76 DM oder 19.968,38 Euro.
Der Antragsgegner:
Gesetzliche Rentenversicherung
3. Bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland hat der Antragsgegner ein Anrecht
mit einem Ehezeitanteil von 0,8549 Entgeltpunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5
Abs. 3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 0,4275 Entgeltpunkten zu
bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach
oder 2.282,96 Euro.
mit einem Ehezeitanteil von 6,4464 Entgeltpunkten (Ost) erlangt. Der Versorgungsträger hat
gem.
(Ost) zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach
28.202,38 DM oder 14.419,65 Euro.
Übersicht:
Antragstellerin
Die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland, Kapitalwert: 102,36 DM
Ausgleichswert: 0,0098 Entgeltpunkte
Die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland, Kapitalwert: 39.054,76 DM
Ausgleichswert: 4,4635 Entgeltpunkte (Ost)
Antragsgegner
Die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland, Kapitalwert: 4.465,09 DM
Ausgleichswert: 0,4275 Entgeltpunkte
Die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland, Kapitalwert: 28.202,38 DM
Ausgleichswert: 3,2232 Entgeltpunkte (Ost)
Nach Kapitalwerten hat der Ausgleich in Höhe von 6.489,65 DM oder 3.318,11 Euro zulasten
der Antragstellerin zu erfolgen.
Ausgleich:
Bagatellprüfung:
Das Anrecht der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland mit
einem Kapitalwert von 102,36 DM oder 52,34 Euro und das Anrecht des Antragsgegners bei der
Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland mit einem Kapitalwert von 4.465,09 DM oder
2.282,96 Euro sind gleichartig i. S. d.
beträgt 4.362,73 DM oder 2.230,63 Euro und überschreitet somit nicht den Grenzwert des § 18
Abs. 3 VersAusglG von 5.376,00 DM oder 2.748,71 Euro. Die Anrechte werden deshalb gem. §
18 Abs. 1 VersAusglG vom Versorgungsausgleich ausgeschlossen.
Besondere Gründe, die den Ausgleich angezeigt sein lassen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere
rechtfertigt die vom Bundesgerichtshof zu
Anrechte nicht zu einer nennenswerten Verwaltungserleichterung bei den Versorgungsträgern,
weil beide Eheleute noch weitere (und auszugleichende) Anrechte in der gesetzlichen
Rentenversicherung erworben haben, die weiterhin von den Versorgungsträgern verwaltet
werden müssen. Im Gegensatz zu
Abs. 1 VersAusglG verfolgte Zweck aber nicht in der Berücksichtigung des Arbeitsaufwandes
beim Versorgungsträger, auch wenn der Ausschluss gleichartiger Anrechte in der Regel zu einer
Reduzierung des Verwaltungsaufwandes führen wird. Grund für die Regelung in § 18 Abs. 1
VersAusglG ist vielmehr in erster Linie das wirtschaftliche Interesse der beteiligten Eheleute an
der Vornahme bzw. Nichtvornahme des Ausgleichs gleichartiger Anrechte. Bei annähernd
gleichem Wert (im Rahmen der Bagatellgrenze) geht der Gesetzgeber davon aus, dass die
Eheleute kein wirtschaftliches Interesse an einem Ausgleich haben, weil er nur zu einem
sinnlosen Hin-und-Her-Ausgleich führen würde. Wenn beiden etwas gegeben wird, was sie in
(annähernd) gleichem Umfang an den anderen abgeben müssen, so kann davon ausgegangen
werden, dass sie an derartigen Einzelausgleichen wirtschaftlich kein Interesse haben. Diese
Interessenlage besteht aber auch dann, wenn neben gleichartigen auch andersartige Anrechte
auszugleichen sind, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Anrechte der gesetzlichen
Rentenversicherung handelt oder nicht und ob die andersartigen Anrechte nun auszugleichen
sind oder (etwa wegen
andersartigen Anrechts berührt daher den Ausschluss gleichartiger Anrechte nach Maßgabe des §
18 Abs. 1 VersAusglG nicht.
Die einzelnen Anrechte:
Zu 1.:
Für das Anrecht der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland
(Entgeltpunkte) mit dem Ausgleichswert von 0,0098 Entgeltpunkten unterbleibt der Ausgleich.
Zu 2.:
Das Anrecht der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland ist
nach
Entgeltpunkten (Ost) zugunsten des Antragsgegners auszugleichen.
Zu 3.:
Für das Anrecht des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland
(Entgeltpunkte) mit dem Ausgleichswert von 0,4275 Entgeltpunkten unterbleibt der Ausgleich.
Das Anrecht des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland ist
nach
Entgeltpunkten (Ost) zugunsten der Antragstellerin auszugleichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf
Beschwerdeverfahren errechnet sich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass lediglich die
unzutreffende Berücksichtigung von vier Anrechten Gegenstand des Rechtsmittels ist, nach §§
40 Abs. 1, 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG zu (738,00 Euro + 601,00 Euro) * 3 * 4 * 10% = 1.606,80
Euro.
Im Hinblick auf die unterschiedlichen Auffassungen in der Rechtsprechung zur Anwendung des
einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen,
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Naumburg
Erscheinungsdatum:20.07.2012
Aktenzeichen:8 UF 139/12
Rechtsgebiete:Versorgungsausgleich
Normen in Titel:VersAusglG § 18