Beibehaltung des Geburtsnamens nach Volljährigenadoption
letzte Aktualisierung: 19.03.2020
OLG Stuttgart, Beschl. v. 28.8.2019 – 15 UF 184/19
BGB §§ 1757, 1767, 1770, 1776 Abs. 2; FamFG §§ 59, 197 Abs. 3 S. 1
Beibehaltung des Geburtsnamens nach Volljährigenadoption
Eine erweiternde Auslegung der
Volljährigenadoption die Fortführung des bisherigen Geburtsnamens als alleinigen Familiennamen
gestattet, kommt nicht in Betracht. (Leitsatz der DNotI-Redaktion)
Gründe
I.
Im Beschwerdeverfahren im Streit ist die Namensführung der Beteiligten zu 1 nach erfolgter Adoption durch die Beteiligte zu 2. Die Beteiligte zu 1 ist mit Herrn H... D... verheiratet. Die Ehegatten haben keinen gemeinsamen Ehenamen bestimmt, sondern nach der Eheschließung ihren jeweiligen Geburtsnamen beibehalten. Die vier aus der Ehe hervorgegangenen Söhne, von denen der jüngste noch minderjährig ist, tragen den Familiennamen der Beteiligten zu 1 „W...“.
Das Familiengericht hat auf den Antrag der Beteiligten zu 1 und 2 vom 19.11.2018 die Annahme der Beteiligten zu 1 durch die Beteiligte zu 2 ausgesprochen. Weiter hat es auf den insoweit hilfsweise von beiden Beteiligten gestellten Antrag bestimmt, dass dem neuen Familiennamen der Angenommenen der bisherige Familienname beigefügt wird und dieser künftig „W...-B...“ lautet. Der Antrag auf Weiterführung des bisherigen Geburtsnamens „W...“ als alleinigen Familiennamen der Angenommenen wurde abgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss (Bl. 70/71 d.A.) Bezug genommen.
Mit ihren Beschwerden wenden sich die Beteiligten zu 1 und 2 gegen die Abweisung ihres Antrags auf Fortführung des Geburtsnamens der Beteiligten zu 1 als alleinigen Familiennamen.
Ihre Beschwerdebefugnis stützen sie unter Hinweis auf die Zurückweisung ihres Antrags auf § 59 Abs. 1, 2 FamFG.
Sie machen geltend, dass das Familiengericht verkannt habe, dass eine verfassungskonforme Auslegung des § 1757 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB über seinen Wortlaut hinaus gebiete, dem volljährigen Adoptierten die Weiterführung des bisherigen Familiennamens als alleinigen Familiennamen zu gestatten.
Der Name eines Menschen sei Ausdruck seiner Identität und Individualität. Das Interesse an namensmäßiger Kontinuität sei deshalb Teil der durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Identität und damit zugleich des durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts seines Trägers. Eingriffe in die grundrechtlich geschützte Namenskontinuität bedürften einer verfassungsmäßigen Rechtfertigung. Der Gesetzeszweck der in § 1757 Abs.1 BGB vorgeschriebenen Namensänderung, der in Übereinstimmung mit dem Prinzip der Volladoption eine umfassende Eingliederung des Anzunehmenden in die neue Familie im Blick habe, sei erkennbar auf die Minderjährigenadoption zugeschnitten. Demgegenüber führe die Volljährigenadoption mit schwacher Wirkung nicht zu einem Herauslösen aus der alten Familie und keiner Vollintegration in die Familie des Annehmenden. Vor diesem Hintergrund sei in Literatur und Rechtsprechung anerkannt, dass die Regelung des § 1757 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB (Anfügen oder Voranstellen des bisherigen Familiennamens) großzügig auszulegen sei.
Darüber hinaus sei auf Grund der verfassungsgemäßen Vorgaben in Ausnahmefällen auch ein Erhalt des Geburtsnamens auszusprechen. Vom Vorliegen einer solchen Ausnahmekonstellation sei vorliegend auszugehen.
Dem Interesse der Angenommenen an der Beibehaltung ihres bisherigen Namens komme im Hinblick auf ihr Alter von nunmehr 54 Jahren und der damit einhergehenden Verfestigung ihrer gesellschaftlichen und beruflichen Stellung als selbständig tätiger H... ein erhebliches Gewicht zu.
Hinzu komme, dass der unter dem Schutz des
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdebegründung (Bl. 74/83 d.A.) Bezug genommen.
II.
1.
Die Beschwerden sind zulässig. Zwar ist ein Beschluss, der die Annahme als Kind ausspricht nach § 197 Abs. 3 S. 1 FamFG nicht anfechtbar. Indessen sind Folgeregelungen, die nicht die Annahme selbst betreffen, anfechtbar. Hierunter fällt insbesondere die Namensänderung (vgl. MüKoFamFG/Maurer 3. Aufl. § 197 Rn. 93; Staudinger/Helms [2019] § 1757 Rn. 35; offen gelassen BGH,
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind auch beschwerdebefugt im Sinne des § 59 FamFG. Ihr insoweit gestellter Hauptantrag, dass die Annahme in Ansehung des Geburtsnamens der Angenommenen zu keiner Änderung führt, ist erfolglos geblieben, während das Familiengericht nur dem - lediglich zur Vermeidung der Abweisung der Annahme gestellten Hilfsantrag - den bisherigen Familiennamen voranzustellen, stattgegeben hat. Dadurch sind die Beteiligten zu 1 und 2 in ihren eigenen Rechten beeinträchtigt, weil die Annahme eines Volljährigen gemäß
2.
Die Beschwerden sind jedoch unbegründet. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist eine verfassungskonforme Auslegung des § 1757 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB i.V.m. § 1767 Abs. 2 BGB dahingehend, dass über seinen ausdrücklichen Wortlaut hinaus in Einzelfällen im Rahmen der Volljährigenadoption die Beibehaltung des bisherigen Familiennamens des Angenommenen möglich ist, nicht geboten.
Eine planwidrige Lücke der gesetzlichen Regelung der
Die für den Fall der Adoption vorgesehene namensrechtliche Regelung des § 1757 Abs. 1 BGB, wonach der Angenommene gemäß § 1757 Abs. 1 BGB als Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden erhält und bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen gemäß § 1757 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB dem neuen Familiennamen der bisherige Familienname des Kindes vorangestellt oder angefügt werden kann, ist auch in Ansehung der Besonderheiten der Volljährigenadoption verfassungsgemäß. Der Senat schließt sich den zutreffenden Ausführungen des 4. Senats für Familiensachen des OLG Hamm (Beschluss v. 30.06.2011 - II - 4 UF 186/10,
a)
Der Geburtsname eines Menschen wird vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 1, 2 GG umfasst. Über seine Funktion als Unterscheidungs- und Zuordnungsmerkmal hinaus ist er Ausdruck der Identität und Individualität des Namensträgers. Der Einzelne kann daher verlangen, dass die Rechtsordnung seinen Namen respektiert (vgl. BVerfG, Beschluss v. 08.03.1988 - 1 BvL 9/85 -,
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Senat keine Zweifel daran, dass die Regelungen des § 1757 BGB - auch für den Fall der Volljährigenadoption - verfassungsgemäß sind (siehe auch Maurer
Zwar führt die Volljährigenadoption nicht zu einer Vollintegration der angenommenen Person in die Familie des Annehmenden. Die Wirkungen der Annahme erstrecken sich gemäß
Hinzu kommt, dass die Volljährigenadoption sittlich gerechtfertigt sein muss, § 1767 Abs. 1 BGB. Hiervon ist insbesondere dann auszugehen, wenn zwischen der annehmenden und der anzunehmenden Person bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist. Durch die kraft Gesetzes eintretende Änderung des Geburtsnamens der anzunehmenden Person (vgl. hierzu BGH,
b)
Dem Kontinuitätsinteresse der Beteiligten zu 1, dem angesichts ihres Alters von 54 Jahren und dem Umstand, dass sie seit Jahren unter ihrem Namen „W...“ als H... selbständig tätig ist, ist durch die nach
c)
Schließlich rechtfertigt auch der Einwand der Beschwerdeführerinnen, dass dem unter dem Schutz des
Die weitere Annahme, dass die fehlende Erkennbarkeit der Ableitung des Namens der Kinder vom Namen der Beteiligten zu 2 insbesondere für den Fall des Führens eines Doppelnamens gelte, da für einen außenstehenden Dritten der Eindruck entstehen könnte, dass die gemeinsamen Söhne der Eheleute W.../D... aus einer ersten Ehe der Angenommenen mit einem Herrn W... stammten, ist eher fernliegend. Denn der Umstand, dass sich die Herkunft der gemeinsamen Kinder von dem Ehemann der Beteiligten zu 1 H... D... im Namen nicht niedergeschlagen hat, folgt allein daraus, dass die Ehegatten keinen gemeinsamen Familiennamen und den Namen „W...“ als Geburtsnamen ihrer Kinder bestimmt haben.
III.
Der Senat hat gemäß
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Die Festsetzung des Verfahrenswerts beruht auf
Die Rechtsbeschwerde wurde gemäß
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Stuttgart
Erscheinungsdatum:28.08.2019
Aktenzeichen:15 UF 184/19
Rechtsgebiete:
Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Abstammung (incl. künstliche Befruchtung), Adoption
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
RNotZ 2020, 293-295
Zerb 2019, 291-294
BGB §§ 1757, 1767, 1770, 1776 Abs. 2; FamFG §§ 59, 197 Abs. 3 S. 1