Übergang des Erbbaurechts im Wege der Zwangsversteigerung; Zustimmungsvorbehalt; Eintritt des Erwerbers in den Erbbaurechtsbestellungsvertrag; Fortbestand schuldrechtlicher Abreden
letzte Aktualisierung: 25.7.2024
OLG Nürnberg, Endurt. v. 12.3.2024 – 3 U 1856/23
ErbbauRG §§ 5, 9
Übergang des Erbbaurechts im Wege der Zwangsversteigerung; Zustimmungsvorbehalt;
Eintritt des Erwerbers in den Erbbaurechtsbestellungsvertrag; Fortbestand
schuldrechtlicher Abreden
1. Ansprüche aus einer schuldrechtlichen Abrede in einem Erbbaurechtsbestellungsvertrag gegen
den ersten Erbbaurechtsinhaber, die über den dinglichen Erbbauzins hinausgehen, bestehen gegen
diesen fort, auch wenn das Erbbaurecht einem Dritten zugeschlagen wurde.
2. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der mit einem Zustimmungsvorbehalt nach
Anpassung des Erbbauzinses erzwungen werden kann, begründet keine Verpflichtung, den
Erwerber als Vertragspartner des Bestellungsvertrags bzw. der Erbbauzinsabrede zu akzeptieren.
Dementsprechend besteht erst recht keinerlei Obliegenheit, bereits bei der Bestellung des
Erbbaurechts durch Vereinbarung eines Zustimmungsvorbehalts sicherzustellen, dass ein Eintritt
eines späteren Erwerbers oder Erstehers in den Bestellungsvertrag erzwungen werden könnte.
Entscheidungsgründe
I.
Die Parteien streiten darum, ob die Beklagten noch Pflichten aus einem Erbbaurechtsvertrag treffen,
nachdem das Erbbaurecht in der Zwangsversteigerung einem Dritten zugeschlagen wurde.
Die Kläger sind als Erben der früheren Eigentümer, und Eigentümer eines mit einer Gewerbeimmobilie
bebauten 10.000 qm großen Grundstücks in Nürnberg. Die Beklagten sind Erben des am 27. Februar 2010
verstorbenen Herrn ..., dem die genannten drei früheren Eigentümer mit notarieller Urkunde des Notars, vom
23. Dezember 1965 (Urk-Rolle Nr.), und nachfolgender Messungsanerkennung vom 6. Dezember 1966 (Urk-
Rolle Nr.) an dem Grundstück ein Erbbaurecht für die Dauer von 99 Jahren bestellt haben (Grundbuch –
Erbbargrundbuch – des Amtsgerichts Nürnberg für, Blatt). Als Erbbauzins ist in dem Vertrag eine jährliche
Zahlung von 3,00 DM/qm vorgesehen, die in vierteljährlich fälligen Teilbeträgen ab 5. Januar 1966 zu
erbringen ist (Ziff. V. 1 und 2). Im Umfang von 30.000,00 DM wurde eine Erbbauzinsreallast bewilligt (Ziff. V.
3), welche am 16. Februar 1967 unter lfd. Nr. 2 in Abteilung II des Erbbaurechtsgrundbuchs eingetragen
wurde. Schuldrechtlich ist vereinbart, dass sich der Erbbauzins in dem Verhältnis erhöhen oder verringern
sollte, wie sich der Gesamt-Lebenshaltungsindex nach oben oder unten, unter Berücksichtigung eines
Schwellenwerts von jeweils 10%, verändert (Ziff. V. 4; vom Landgericht und im Folgenden als
„Zusatzvereinbarung“ bezeichnet). Die Genehmigung der Anpassungsklausel durch die Landeszentralbank
ist in der Folgezeit erteilt worden. Ein Zustimmungsvorbehalt zugunsten der Eigentümer für eine Übertragung
oder einen Zuschlag des Erbbaurechts ist in dem Vertrag nicht vorgesehen.
Aufgrund eines von der aus einer an sie abgetretenen Grundschuld an dem Erbbaurecht (eingetragen am
28. Februar 2012 als lfd. Nr. 6 in Abteilung III) betriebenen Zwangsversteigerungsverfahrens in das
Erbbaurecht wurde dieses mit Beschluss vom 24. März 2022 der (haftungsbeschränkt) zugeschlagen. Eine
Übernahme der schuldrechtlichen Verpflichtungen durch die Ersteherin erfolgte nicht.
Die Kläger fordern vorliegend von den Beklagten für die Zeit ab dem 1. April 2022 Zahlung der Differenz
zwischen dem Betrag, der sich infolge der Zusatzvereinbarung errechnet, und dem dinglich gesicherten
Erbbauzins, welche sie mit 12.824,73 € pro Quartal beziffert haben. Nach ihrer Auffassung haften die
Beklagten ungeachtet des Übergangs des Erbbaurechts infolge des Zuschlags weiter für die
schuldrechtlichen Verpflichtungen, wie sie sich aus der Zusatzvereinbarung ergeben.
Die Beklagten meinen, ihre Verpflichtungen aus dem notariellen Vertrag seien infolge des Zuschlags
vollständig entfallen. Die Bestimmung über die Anpassung des Erbbauzinses stelle keine selbstständige
Verpflichtung dar, sondern regle nur dessen Höhe. Die Rechtsvorgänger der Kläger hätten es versäumt,
durch Vereinbarung eines Zustimmungsvorbehalts die Übernahme der Regelung zur Anpassung des
Erbbauzinses durch die Ersteherin faktisch zu erzwingen.
Das Landgericht hat im angegriffenen Endurteil vom 10. August 2023 die Beklagten antragsgemäß
samtverbindlich zur Zahlung von vierteljährlich 12.824,73 €, fällig am 5. Monatstag eines
Kalendervierteljahres im Voraus, allerdings nur für die Zukunft, verurteilt. Die im Erbbaurechtsvertrag
übernommenen Verpflichtungen des Erbbauberechtigten blieben schuldrechtliche Verbindlichkeiten und
richteten sich auch nach Veräußerung des Erbbaurechts weiter gegen den ursprünglichen
Erbbauberechtigten. Die an sich akzessorische Zinsanpassungsklausel sei durch den Übergang des
Erbbaurechts nicht in Wegfall geraten. Der Verbraucherpreisindex, den die Kläger herangezogen haben, sei
der bestmögliche Wertmesser für die Veränderung der Lebenshaltungskosten. Seit 1965 ergebe sich eine
kumulierte Steigerung von 443%, was zu einem Anspruch von sogar 13.152,99 € vierteljährlich führe.
Mit ihrer Berufung rügen die Beklagten, dass das Landgericht im Urteilstenor einen Endzeitpunkt für die
Zahlungspflicht hätte vorsehen müssen und die Bestimmung des
Leistung von einer Gegenleistung nicht angewandt werden könne. Das Landgericht habe ferner nicht
beachtet, dass die Beklagten die Echtheit oder Wirksamkeit der Abreden sowie das Fehlen nachträglicher
Änderungen bestritten hatten und die Kläger keinen Sachvortrag zur Anspruchshöhe gehalten hätten; das
Landgericht hätte nicht selbst die Berechnung vornehmen dürfen und zudem die Schwellenwertregelung
beachten müssen. Die schuldrechtliche Regelung zur Indexierung könne nicht von der Schuld selbst getrennt
werden, sodass die Beklagten dann, wenn sie keinen Erbbauzins mehr schulden, auch keinen erhöhten
Erbbauzins mehr schulden würden. Alles andere widerspreche jeglichem Gerechtigkeitsempfinden, was
auch der Einzelrichter des Landgerichts zunächst so gesehen habe. Zudem hätten die Kläger einen
Anspruch auf Zahlung der Erhöhungsbeträge gegenüber der Ersteherin selbst vereitelt, weil sie nicht für eine
Übernahme der Zusatzvereinbarung durch die Ersteherin gesorgt hätten; die Beklagten behaupten insoweit,
die Ersteherin hätte sich hierzu einverstanden erklärt. Die Kläger müssten sich insoweit entgegenhalten
lassen, dass ihre Rechtsvorgänger sich in leichtfertiger Weise nicht ein Zustimmungserfordernis für den Fall
der Veräußerung oder Zwangsversteigerung des Erbbaurechts vorbehalten hätten, mit dem sie einen
solchen Eintritt hätten herbeiführen können.
Die Beklagten und Berufungsführer beantragen,
Das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 10.08.2023 wird aufgehoben und die Klage
abgewiesen.
Die Kläger und Berufungsbeklagten beantragen,
Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 10. August 2023 –
Aktenzeichen: 18 O 3484/22 – wird zurückgewiesen.
Die Kläger meinen, eine Befristung der Zahlungspflicht sei nicht erforderlich gewesen, weil wegen des in Ziff.
II. § 3 des Vertrags vereinbarten Vorrechts auf Erneuerung sowie wegen der Regelungen zum Heimfall eine
Beendigung der Zahlungspflicht auch nach Ablauf von 99 Jahren nicht feststehe. Den Eltern der Kläger,
Landwirtseheleute, könne nicht vorgeworfen werden, bewusst auf einen Zustimmungsvorbehalt verzichtet zu
haben, zumal die spätere Rechtsprechung des BGH damals noch gar nicht abzusehen gewesen sei.
Versuche im Zwangsversteigerungsverfahren, die Zuschlagserteilung zu verhindern, falls der Ersteher die
Zusatzvereinbarung nicht übernimmt, seien erfolglos geblieben; die Ersteherin wäre auch keinesfalls zur
Übernahme dieser Verpflichtungen bereit gewesen. Die schuldrechtliche Verpflichtung aus dem
Erbbaurechtsvertrag und die dinglich gesicherte Pflicht könnten getrennt werden. Für die Beklagten sei aus
der Versteigerung ein Erlös von rund 1,2 Mio. € verblieben. Das Landgericht habe zutreffend den
Verbraucherpreisindex anstelle des ursprünglich vereinbarten Lebenshaltungskostenindex herangezogen,
nachdem dieser nicht mehr erhoben werde.
Der Senat hat mit den Parteien zur Sache mündlich verhandelt und die Sach- und Rechtslage einschließlich
des Ansatzes und Rechenergebnisses des Senats umfassend erörtert. Die Beklagten haben den
vorgetragenen Inhalt der notariellen Urkunden, auf die sich die Kläger stützen, unstreitig gestellt. Im Übrigen
wird zur Darstellung des Sachverhalts auf den Tatbestand des angegriffenen Endurteils, ergänzend die
ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen, Bezug genommen; auf Letztere wird ebenfalls wegen des
tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens der Parteien im einzelnen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache nur geringfügig Erfolg.
1. Die Aufnahme eines Endzeitpunkts für die Zahlungen in den Urteilstenor war und ist im vorliegenden Fall
nicht erforderlich.
Verpflichtungen zur künftigen Leistung i.S.v.
Hinblick auf das Bestehen und die Höhe der Zahlungspflicht (vgl. MüKoZPO/Becker-Eberhard, 6. Aufl. 2020,
ZPO § 258 Rn. 11). Dementsprechend ist anerkannt, dass beide Seiten Veränderungen des Anspruchs
infolge Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse im Wege des
Aufl. 2020, ZPO § 258 Rn. 19) geltend machen können und der Verurteilte Vollstreckungsgegenklage
erheben kann, wenn die Zahlungspflicht infolge eines später eingetretenen Ereignisses vollständig erloschen
ist (vgl. MüKoZPO/Gottwald, 6. Aufl. 2020, ZPO § 323 Rn. 34; BGH, Urteil vom 20. Juni 1996 – III ZR 116/94,
Vorliegend spricht zwar einiges dafür, dass die Zahlungspflicht mit Ablauf des Jahres 2064 oder im Februar
2066 enden wird, weil das Erbbaurecht nur für einen Zeitraum von 99 Jahren, beginnend schuldrechtlich am
1. Januar 1966, dinglich mit dem Tag der Eintragung am 16. Februar 1967, bestellt wurde.
Es kann gleichwohl nicht sicher davon ausgegangen werden, dass die Zahlungspflicht im Jahr 2064 enden
wird, weil die Kläger als Erbbauberechtigte nach
Voraussetzungen gegeben sind, eine Verlängerung des Erbbaurechts erwirken können. Dies würde einen
Fortbestand der Zahlungsverpflichtungen aus dem Bestellungsvertrag, der eine Verpflichtung für die Dauer
des Erbbaurechts vorsieht, nach sich ziehen.
Darauf, dass die Ausübung eines Vorrechts nach
Folgezeit mit dem zwischen Eigentümer und einem Dritten ausgehandelten Inhalt zustande kommt (§ 31
Abs. 3 ErbbauRG; MüKoBGB/Weiß, 9. Aufl. 2023, ErbbauRG § 31 Rn. 5) und deshalb die aktuell
bestehende Verpflichtung als solche wohl nicht mehr fortbestehen würde, kommt es damit nicht mehr
entscheidend an.
Ein Endzeitpunkt für die vertragsgemäßen Zahlungspflichten steht damit nicht hinreichend sicher fest, so
dass eine Befristung nicht auszusprechen ist. Der Senat wiederholt, dass das Fehlen eines Endtermins nicht
bedeutet, dass den Beklagten zu gegebener Zeit der Einwand, die Zahlungsverpflichtung habe –
insbesondere wegen Erlöschen des Erbbaurechts – geendet, abgeschnitten wäre.
2. Der Inhalt der damals von den jeweiligen Rechtsvorgängern der Parteien getroffenen Vereinbarungen ist
aufgrund der vor dem Senat erfolgten Erklärungen als unstreitig zugrundezulegen.
Soweit die Beklagten weiter bestritten haben, dass es nicht zu späteren Änderungen der Abreden
gekommen ist, obläge ihnen die Darlegungslast für entsprechende rechtsvernichtende oder rechtshindernde
Einwendungen. Das bloße Bestreiten hilft damit nicht weiter.
3. Das Landgericht hat fehlerfrei eine Verurteilung zu künftigen Leistungen auf Grundlage von
ausgesprochen. Der Anwendung dieser Bestimmung steht nicht entgegen, dass sie voraussetzt, dass die
Leistungen nicht von einer Gegenleistung abhängig sind (dazu statt aller MüKoZPO/Becker-Eberhard, 6.
Aufl. 2020, ZPO § 258 Rn. 9).
Der Erbbaurechtsbestellungvertrag ist seiner Natur nach Rechtskauf, bei dem die vom
Grundstückseigentümer geschuldete Leistung in der Verschaffung des Erbbaurechts liegt (BGH, Urteil vom
20. Oktober 2005 – IX ZR 145/04,
9 Rn. 2). Diese Verpflichtung haben die Rechtsvorgänger der Kläger im vorliegenden Fall vollständig erfüllt,
indem sie die notwendigen materiellrechtlichen und grundbuchverfahrensrechtlichen Erklärungen abgegeben
haben (und es auch zur Eintragung gekommen ist). Die Zahlungspflicht ist damit nicht mehr von einer noch
von der Klägerseite zu bewirkenden Gegenleistung abhängig. Auch der BGH geht in Konstellationen der
vorliegenden Art durchwegs von der Zulässigkeit der Verurteilung zu künftigen Leistungen nach
aus (ausdrücklich BGH, Urteil vom 2. März 2012, V ZR 159/11,
vom 5. Juni 2016, V ZB 160/13,
4. Die Angriffe der Berufung dagegen, dass das Landgericht von einem Fortbestand der Verpflichtungen aus
dem Erbbaurechtsvertrag, insbesondere der „Zusatzvereinbarung“ gegenüber den Beklagten ausgegangen
ist, sind unbegründet.
a) Im Hinblick auf die Schuldnerstellung und die Auswirkungen eines Rechtsübergangs am Erbbaurecht ist
zwischen dem schuldrechtlichen und dem dinglichen Erbbauzins zu differenzieren.
Grundlage jeder Erbbauzinsvereinbarung ist der Bestellungsvertrag zwischen dem Besteller (Eigentümer)
und dem ersten Erbbauberechtigten; die Ausgestaltung des Erbbauzinses unterliegt dabei der
Vertragsfreiheit (BeckOGK/Toussaint, 1.12.2023,
versprochenen Gegenleistungen sind dabei der schuldrechtliche Kaufpreis i.S.v.
verschaffende Recht.
Die Parteien können die Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung, wenn der Erbbauzins periodisch zu leisten sein
soll, vollständig oder teilweise dinglich absichern (BeckOGK/Toussaint, 1.12.2023,
dann den „dinglichen Erbbauzins“ darstellt. Im Hinblick auf diesen kommen die Regelungen des § 9
ErbbauRG zur Anwendung, nach denen die Verpflichtung durch eine (subjektiv-dingliche) Reallast, lastend
auf dem Erbbaurecht, zugunsten des jeweiligen Grundstückseigentümers gesichert wird (BeckOGK/
Toussaint, 1.12.2023,
wenn die Zahlungen wiederkehrend geschuldet sind (§ 9 Abs. 1 S. 1 ErbauRG; MüKoBGB/Weiß, 9. Aufl.
2023,
Leistung, sondern den Erbbauzins als das reallastartige Stammrecht; Gegenleistung für die Bestellung oder
Übertragung des Erbbaurechts ist insoweit die Belastung des Erbbaurechts mit einer Erbbauzinsreallast, aus
der dann die persönliche und dingliche Haftung des jeweiligen Erbbaurechtsinhabers für den vereinbarten
Erbbauzins folgt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2009 – V ZR 18/09,
Erbbauzins stellt insoweit eine Belastung, nicht den Inhalt des Erbbaurechts dar (BGH, Urteil vom 25.
September 1981 – V ZR 244/80,
Rn. 26, 27).
Die Möglichkeit der Bestellung einer dinglichen Erbbauzinsreallast lässt aber die Möglichkeit unberührt,
überhaupt oder daneben schuldrechtliche Pflichten vorzusehen. Vor Inkrafttreten des § 9a ErbbauRVO (23.
Januar 1974; nunmehr
(vgl. MüKoBGB/Weiß, 9. Aufl. 2023,
Erbbauzinsanpassungsklausel, die sich aus dem schuldrechtlichen Bestellungsvertrag ergibt, gehen dabei
nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen, insbesondere dem Prinzip der Relativität der
Schuldverhältnisse, im Fall einer Einzelrechtsnachfolge oder der Zwangsversteigerung nicht auf den
Erwerber des Erbbaurechts über (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2017, V ZB 186/15,
m.w.N.; BGH, Urteil vom 5. Juni 2014, V ZR 160/13,
Im Übrigen gilt, dass auch, soweit ein dinglicher Erbbauzins vereinbart und so eine Haftung des jeweiligen
Erbbauberechtigten geschaffen ist, gewollt sein kann, dass Teil der Leistungspflicht des ersten
Erbbaurechtsinhabers auch eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Zahlung des (gesamten) vereinbarten
Erbbauzinses ist, der erste Erbbauberechtigte also neben den sich für ihn oder einen Rechtsnachfolger aus
18/09,
z.B. Krediten, weil auch dort die Bestellung der Sicherheit nicht bewirkt, dass im Umfang der so erlangten
Vollstreckungsmöglichkeit keine Zahlung mehr aus der ursprünglichen schuldrechtlichen Beziehung
geschuldet wäre. Von einer solchen Gestaltung geht offenbar der BGH auch regelmäßig aus, weil sonst die
(noch näher zu behandelnde) Äußerung nicht nachvollziehbar wäre, die Ansprüche gegen den ersten
Erbbauberechtigten seien „wertlos“, nachdem es zu einer Zwangsversteigerung mit Erlöschen der
Erbbauzinsreallast gekommen ist.
b) Aus diesen Grundsätzen folgt, dass es entgegen der Ansicht der Berufungsbegründung keine unnatürliche
Aufspaltung darstellt, den Erbbauzins anders zu behandeln als das Erhöhungsrecht bzw. die
Erhöhungsbeträge gemäß der „Zusatzvereinbarung“. Der Umstand, dass möglicherweise der Grundbetrag
und die Erhöhungsbeträge ein unterschiedliches rechtliches Schicksal nehmen, ist darin begründet, dass
hinsichtlich des Grundbetrags die Pflicht des Erbbaurechtserwerbers mit der Verschaffung der Reallast erfüllt
ist, es hinsichtlich der überschießenden Beträge aber bei der fortwährenden schuldrechtlichen Pflicht aus
dem Rechtskauf in Gestalt des Bestellungsvertrags verbleibt.
Davon, dass die schuldrechtlichen Ansprüche gegen den ersten Erbbauberechtigten unabhängig davon
fortbestehen, was später mit der Erbbauzinsreallast geschieht, geht auch der BGH aus. Wenn dieser
ausführt, dass sich der Anspruch auf Erhöhung oder Reduzierung des Erbbauzinses nach Übergang des
Erbbaurechts im Wege der Einzelrechtsnachfolge oder infolge Zwangsversteigerung weiterhin gegen den
ursprünglichen Erbbauberechtigten richtet, wenn nicht der Erwerber in den schuldrechtlichen
Bestellungsvertrag mit schuldbefreiender Wirkung eintritt (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2017, V ZB 186/15,
Toussaint, 1.12.2023,
einer „Aufspaltung“ oder aus anderen Gründen ohnehin erloschen sind.
c) Wie der Senat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, spricht gegen dieses Verständnis auch
nicht, dass theoretisch aufgrund deflationärer Entwicklungen die Zahlungspflicht unter den Betrag, auf den
die Reallast lautet, sinken könnte. In diesem Falle wäre dem Grundstückseigentümer durch die Reallast ein
Anspruch gegen den (ersten oder späteren) Erbbaurechtsinhaber verschafft worden, für den es (insoweit)
keine schuldrechtliche Grundlage im Gestellungsvertrag gibt, so dass in diesem Umfang ein
Kondiktionsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB oder § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB entsteht; der
Vertragspartner des Bestellungsvertrags könnte dann, wenn er zugleich der Erbbauberechtigte ist, diesen
Anspruch dem Anspruch aus der Reallast entgegenhalten oder, wenn er nicht mehr Berechtigter ist, eine
entsprechende Rückzahlung verlangen.
d) Auch die Argumentation der Beklagten zur Selbstvereitelung des Anspruchs durch die Kläger kann aus
diesen Gründen nicht durchgreifen.
Aus einem Recht des Eigentümers, die Zustimmung zu einer Veräußerung oder einen Zuschlag zu
verweigern, lässt sich keine Verpflichtung oder Obliegenheit ableiten, dies zu tun, und noch weniger, sich zur
Ermöglichung einer solchen Weigerung ein Zustimmungsrecht auszubedingen. „Dürfen“ oder „können“
impliziert nicht „müssen“.
aa) Ein Zustimmungsvorbehalt, wie er nach
gesehen, den Eintritt des Erwerbers in die schuldrechtliche Verpflichtung zur Zahlung und Anpassung des
Erbbauzinses zu erzwingen (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2017, V ZB 186/15,
bb) Eine Verpflichtung, künftig den Erwerber als Vertragspartner des Bestellungsvertrags bzw. der
Erbbauzinsabrede zu akzeptieren, lässt sich damit aber nicht begründen.
Gerade dann, wenn Verpflichtungen nur schuldrechtlicher Art sind und daher Zahlungsansprüche nur
persönlich gegen den Verpflichteten bestehen, hängt der Wert der Forderung entscheidend von der Person
des Schuldners und seiner Solvenz ab. Der Gläubiger muss daher stets entscheiden können, ob er eine
Schuld-/Vertragsübernahme wünscht (die er dann mittelbar über das Zustimmungserfordernis erzwingen
kann) oder nicht; er kann hierbei abwägen, ob er die Bonität des ersten Erbbauberechtigten oder des
Erwerbes für besser hält. Die Entscheidung muss ihm generell überlassen bleiben, erst recht aber in einem
Fall wie dem vorliegenden, in dem eine nur mit minimalem Mindestkapital auszustattende juristische Person
Ersteherin ist. Mithin bleibt es den Klägern unbenommen, es bei der Schuldnerstellung der Beklagten zu
belassen, auch wenn das Erbbaurecht nun einer anderen Person zusteht. Selbst bei Bestehen eines
Zustimmungsvorbehalts wären die Kläger daher nicht verpflichtet, diesen einzusetzen, um die Erwerberin zu
einem Eintritt zu veranlassen, wenn sie es bei den Beklagten als Schuldnern belassen wollen. Alles andere
würde bedeuten, dass ihnen infolge der Zwangsversteigerung, die sie weder selbst initiiert haben noch von
ihnen verhindert hätte werden können, indirekt ein neuer Schuldner aufgedrängt wird.
cc) Dementsprechend besteht erst recht keinerlei Obliegenheit, bereits bei der Bestellung des Erbbaurechts
durch Vereinbarung eines Zustimmungsvorbehalts sicherzustellen, dass ein Eintritt eines späteren Erwerbers
oder Erstehers in den Bestellungsvertrag erzwungen werden könnte.
dd) Im Übrigen merkt der Senat an, dass es den Beklagten freisteht, die Erwerberin des Erbbaurechts (die
(haftungsbeschränkt)) zu einer Erklärung zu bewegen, in den Bestellungsvertrag einzutreten und die
Verpflichtungen zur Zahlung des Erbbauzinses auch, was die Erhöhungsbeträge angeht, zu übernehmen.
Daraus, dass sich die Kläger ein entsprechendes Druckmittel nicht vorbehalten haben, folgt nicht, dass eine
solche Übernahme nicht möglich wäre. Sofern, wie die Beklagten vorbringen, die Erwerberin zur Übernahme
bereit ist, könnte der Eintritt in die Verpflichtungen jederzeit nachgeholt werden. Ebenso könnten die
Beklagten die Erwerberin, wenn diese – wie behauptet – entsprechende Bereitschaft besitzt, zu einer
Freistellung veranlassen.
e) Die Verteidigung der Beklagten bleibt auch erfolglos, soweit sie sich auf die in einigen gerichtlichen
Entscheidungen anzutreffende Bemerkung stützen, die schuldrechtlichen Ansprüche gegen den ersten
Erbbauberechtigten und Partner des Bestellungsvertrags seien „wertlos“.
aa) Es ist schon nicht ersichtlich, wie die tatsächliche Bewertung eines Anspruchs als „wertlos“ zu dessen
rechtlichen Untergang führen sollte. Die Wertlosigkeit eines Anspruchs setzt grundsätzlich dessen rechtliches
Bestehen voraus.
bb) Vor allem aber betrifft diese in Literatur und Rechtsprechung anzutreffende Passage jeweils eine ganz
andere Konstellation als die vorliegende und ist in diesem Kontext zu verstehen: Wenn der Eigentümer des
mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks aus der Erbbauzinsreallast oder ein anderer Gläubiger aus
einem der Erbbauzinsreallast im Rang vorgehenden Recht die Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht
betreibt, erlischt nach allgemeinen Regeln grundsätzlich die Erbbauzinsreallast mit dem Zuschlag (§ 91 Abs.
1 ZVG). Der Eigentümer wird dann mit einem Geldbetrag abgefunden, kann aber künftig nicht mehr wegen
seiner Ansprüche aus der Reallast gegen den Eigentümer persönlich vorgehen oder in das Erbbaurecht
vollstrecken (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 1987, V ZB 10/86,
Diese Rechtslage wurde verbreitet als höchst unangemessen empfunden und deshalb kritisiert (Winkler
a.a.O.; Tradt,
ErbbauRG/ErbbauRVO,
vereinbart werden kann. Von der Kritik wurde dabei ins Feld geführt, dass das Ergebnis (Verlust der
Möglichkeit, aus der Reallast gegen den jeweiligen Erbbauberechtigten vorzugehen, und damit jeder
dinglichen Sicherheit) für den Eigentümer schwerwiegende Folgen hat, zumal seine Ansprüche gegen den
(ersten) Erbbauberechtigten wertlos seien (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 1987, V ZB 10/86, NJW
1987, 1942 (1944, letzter Absatz unter 2.); Tradt,
Immobilienrecht, 2. Auflage 2016, § 9
„Wertlosigkeit“ der schuldrechtlichen Ansprüche auf Zahlung des (ursprünglich dinglich gesicherten)
Erbbauzinses gegen den ersten Erbbauberechtigten wurde also als Argument dafür angeführt, dass der
Grundstückseigentümer nicht auf sie verwiesen werden könne, und die Reallast daher fortbestehen müsse.
Die Annahme, die schuldrechtlichen Ansprüche gegen den ersten Erbbauberechtigten seien wertlos, mag
typischerweise zutreffen, weil sonst kein Anlass für den Eigentümer oder den anderen Gläubiger bestanden
hätte, die Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht zu betreiben. Aus der Wertlosigkeit eines Anspruchs
mangels Solvenz des Schuldners folgt aber gerade nicht, dass dieser erlösche bzw. erloschen sei.
cc) Selbst wenn man – abweichend hiervon – mit dem HansOLG Hamburg (Urteil vom 5. Dezember 1990,
4 U 92/90,
des Erbbaurechts infolge der Zwangsversteigerung nicht mehr schuldrechtlich zur Zahlung verpflichtet (was
sich aber kaum begründen ließe), würde dies nur für den dinglichen Erbbauzins gelten, aber nicht für den
daneben bestehenden schuldrechtlichen Erbbauzins u.a. wegen der Anpassungsbeträge (vgl. MüKoBGB/
Weiß, 9. Aufl. 2023,
dd) Unabhängig von alledem kam es vorliegend überdies nicht zu einem Erlöschen der Erbbauzinsreallast,
weil das Grundpfandrecht, aus dem die Bank die Zwangsversteigerung betrieben hat, dieser Reallast im
Rang nachging. Wegen
zugunsten der Eigentümer des belasteten Grundstücks Vorrang vor der 2012 zugunsten der eingetragenen
(und sodann mehrfach abgetretenen) Grundschuld. Abweichende Rangvermerke finden sich für diese
Grundschuld nicht. Auch die Beklagten haben im Rahmen der Erörterung in der mündlichen Verhandlung
nichts anderes geltend gemacht.
f) Für die Richtigkeit des hier dargestellten Standpunkts sprechen schließlich die folgenden wirtschaftlichen
Überlegungen:
Die Ersteherin des Erbbaurechts konnte davon ausgehen, nicht kraft Gesetzes in die schuldrechtlichen
Vereinbarungen einzutreten. Sie musste daher lediglich damit rechnen, aufgrund der fortbestehenden
Reallast den dinglichen Erbbauzins leisten zu müssen. Die sich daraus ergebenden fortlaufenden
Verpflichtungen sind bei der Frage, wie viel ein Interessent bietet, relevant, weil sie sich für ihn als
zusätzliche Anschaffungskosten darstellen. Da die Ersteherin nur die dinglichen Erbbauzinsen
berücksichtigen musste, dürfte sie zu einem wesentlich höheren Gebot bereit gewesen sein als dann, wenn
sie höhere dingliche Zinsen und/oder zusätzlich schuldrechtliche Verpflichtungen bedienen hätte müssen.
Damit kam es im Ergebnis den Beklagten zugute, dass die Ersteherin lediglich im Umfang des dinglichen
Erbbauzinses haftet, weil dadurch ein entsprechend höheres Gebot und damit ein entsprechend hoher
Nettoerlös für sie erzielt wurde. Die Beklagten haben damit von der Ersteherin indirekt den Geldbetrag
erhalten, den sich diese erspart hat, weil sie selbst nicht den Klägern das inflationsgesicherte Entgelt
schuldete.
g) Inhaber der Ansprüche aus dem Erbbaurechtsbestellungsvertrag, soweit diese rein schuldrechtlicher
Natur sind, sind die Kläger.
Die Parteien haben sich zwar nicht dazu verhalten, wie sich die Rechtsnachfolge nach Herrn vollzog, welcher
der notariellen Urkunde aus dem Jahr 1965 nach neben den beiden Eltern der Kläger
Grundstückseigentümer und Besteller des Erbbaurechts war. In der mündlichen Verhandlung wurde auch
lediglich die Eigentumslage am belasteten Grundstück unstreitig gestellt. Jedoch ist im unstreitigen
Tatbestand des angegriffenen Urteils ausgeführt, dass die Kläger Rechtsnachfolger der drei damals auf
Bestellerseite handelnden Personen sind; die Beklagten haben deswegen keine Tatbestandsberichtigung
begehrt, sodass diese Feststellungen für den Senat gem.
Berufungsbegründung entsprechend aus, so dass das Vorbringen zugestanden wäre.
h) Daraus, dass der Einzelrichter des Landgerichts zunächst einen anderen Standpunkt eingenommen habe,
können die Beklagten für sich genommen nichts herleiten; maßgeblich ist, ob die letztlich getroffene
Entscheidung sachlich richtig ist. Eine Änderung der Rechtsauffassung könnte allenfalls relevant sein, wenn
diese nicht rechtzeitig erkennbar ist und eine Partei deshalb davon abgehalten wird, relevanten Sachvortrag
zu halten. Abgesehen davon, dass auch nach Schilderung der Berufung die geänderte Auffassung rechtzeitig
vor dem zweiten Verhandlungstermin offengelegt wurde, was eine „Überraschungsentscheidung“
ausschließt, macht die Berufung auch nicht geltend, was sie zusätzlich an Tatsachen vorgetragen oder an
Einwendungen vorgebracht hätte und deshalb die getroffene Entscheidung auf diesem Vorgang beruht.
5. Auch die Berechnung der sich ergebenden Beträge durch das Landgericht begegnet keinen wesentlichen
Bedenken. Bei der gebotenen Handhabung der notwendigen ergänzenden Vertragsauslegung errechnen
sich lediglich geringfügig niedrigere Beträge.
a) Das Landgericht war nicht gehindert, die erforderliche Berechnung bzw. Überprüfung des klageweise
geforderte Betrags selbst vorzunehmen. Die Indizes, auf die das Landgericht abgestellt hat, und die
entsprechenden Publikationen des Statistischen Bundesamtes stellen allgemein zugängliche und
zuverlässige Quellen dar, so dass offenkundige Tatsachen i.S.v.
Auffassung, die auch der Senat regelmäßig teilt, bedarf es hinsichtlich offenkundiger Tatsachen auch nicht
einmal eines entsprechenden Sachvortrags. Der mögliche Fehler, dass das Gericht nicht zuvor rechtliches
Gehör zur Herangehensweise gewährt hat, ist jedenfalls zwischenzeitlich geheilt.
b) Grundsätzlich fehlerfrei hat das Landgericht auch wegen der Erhöhungen für die letzten Jahre auf den
Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes abgestellt.
Der im Bestellungsvertrag als Maßstab vorgesehene „Gesamt-Lebenshaltungskostenindex“, der offenbar den
„Preisindex für die Lebensführung aller privaten Haushalte“ meinte, wird zwischenzeitlich nicht mehr ermittelt,
weshalb es einer Ausfüllung der so entstandenen Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung
bedarf. Die vereinbarte Bemessungsgrundlage ist daher nach stetiger Rechtsprechung durch die zu
ersetzen, die dem weggefallenen Index am nächsten kommt und deshalb am besten geeignet ist, den Willen
der Parteien umzusetzen (so jeweils BGH, Urteil vom 31. 10. 2008 – V ZR 71/08,
BGH, Urteil vom 2. März 2012, V ZR 159/11,
„Lebenshaltungskostenindex eines 4-Personen-Haushalts mit mittlerem Einkommen“ kommt, wie der BGH
wiederholt ausgesprochen hat, der Verbraucherpreisindex am nächsten (so jeweils BGH, Urteil vom 31. 10.
2008 – V ZR 71/08,
Rn. 10). Dafür, dass für den „Preisindex für die Lebensführung aller privaten Haushalte“ anderes gilt,
insbesondere ein amtlicher Index erhoben wird, der diesem näherkommt, ist nichts aufgezeigt oder sonst
ersichtlich.
Die in der Tabelle auf Seiten 5/6 des angegriffenen Endurteils angegebenen Prozentsätze entsprechen,
wovon sich der Senat überzeugt hat, auch dem, was z.B. in der amtlichen Publikation „Preise –
Verbraucherpreisindizes für Deutschland – Lange Reihen ab 1948, Stand: Dezember 2022“, Artikelnummer:
5611103221124, für den genannten Preisindex für die Lebensführung aller privaten Haushalte (alte
Bundesländer) – betreffend die Jahre bis 1999 – und den Verbraucherpreisindex – ab 2000 – angegeben ist.
c) Die Berechnung des Landgerichts ist lediglich insoweit fehlerhaft (was das Gericht von Amts wegen zu
berücksichtigen hatte), als darin der Verbraucherpreisindex bereits ab dem Jahr 1991, in dem dieser
erstmals erhoben wurde, angesetzt wurde, und nicht der Gesamt-Lebenshaltungskostenindex bis
einschließlich zum Jahr 1999, für welches er zuletzt offiziell angegeben ist, zugrunde gelegt wurde. Der im
Vertrag von den Parteien vereinbarte Index ist, weil dies den Konsens besser umsetzt, so lange zugrunde zu
legen, wie dieser amtlich festgestellt wird; auf den Ersatzindex ist erst ab dem Zeitpunkt überzugehen, ab
dem der vereinbarte nicht mehr erhoben wird.
Es errechnen sich dann, wie der Senat in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, geringfügig geringere
Werte. Die Gesamtkumulation seit Januar 1966, den die Rechtsvorgänger der Parteien als maßgeblichen
Beginn vereinbart haben, beläuft sich deshalb unter Berücksichtigung aller bezifferten Veränderungen (im
Laufe des Jahres 1966, d.h. seit dem vereinbarten Ausgangszeitpunkt am 1. Januar 1966, im
Jahresdurchschnitt um 3,3%, zuletzt im Jahr 2022 um 7,9%; für 2023 liegen noch keine Daten vor) nicht auf
443%, sondern auf 434%. Es errechnet sich dann ein Gesamtbetrag für den Erbbauzins von jährlich
130.266,845 DM, so dass sich die „Erhöhungsbeträge“, die die Kläger allein fordern, auf jährlich 100.266,845
DM oder 51.265,62 € belaufen. Der je Quartal von den Beklagten geschuldete Betrag beträgt damit
12.816,41 €, was geringfügig weniger ist, als mit den Klageanträgen begehrt wird und zugesprochen wurde.
d) Unerheblich ist, dass das Landgericht auf die Regelung dazu, dass eine Erhöhung erst ab einer
Veränderung von 10% benötigt werden soll, nicht näher eingegangen ist. Nach der Regelung im
Bestellungsvertrag sind zurückliegende Veränderungen in jedem Fall zu berücksichtigen („…umfassen dann
aber die volle Änderung“). Da vorliegend die Änderung ein Vielfaches von 10% beträgt, wirkt sich der
Schwellenwert nicht aus. Dazu, dass es in der jüngeren Vergangenheit Anpassungen gegeben hätte und
damit die Schwellenwertregelung relevant würde, hat keine Partei vorgetragen.
e) Ob vorliegend gewollt war, dass die Beklagten auch Zahlung persönlich schulden sollten, soweit dafür die
Erbbauzinsreallast bestellt wurde, kann dahinstehen, weil die Kläger ihre Ansprüche ausschließlich auf die
Erhöhungsbeträge stützen.
f) Damit hat die Berufung lediglich im Umfang von 8,32 € pro Quartal Erfolg; die angegriffene Entscheidung
war dahingehend abzuändern, dass die Beklagten nur zur Zahlung in dieser Höhe verpflichtet sind und die
Klage im Übrigen abgewiesen wird.
Bei der sich aus dem landgerichtlichen Tenor ergebenden Folge, dass eine vollstreckbare Verpflichtung zur
Zahlung nur für die Zukunft, betrachtet vom Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem
Landgericht aus, ausgesprochen wurde, verbleibt es. Wie mündlich erörtert, teilt der Senat zwar nicht den
offenbar vom Landgericht eingenommenen Standpunkt, dass bei entsprechender Antragstellung eine
Verurteilung immer nur für künftige Perioden möglich sei, ein Ausspruch für die während des Rechtsstreits
fällig gewordenen Perioden also nicht getroffen werden könne. Das Landgericht hätte hier zumindest
eruieren müssen, was die Klagepartei begehrt, und Gelegenheit zu einer entsprechenden
Antragspräzisierung wegen der im Laufe des Verfahrens verstrichenen Zeiträume geben müssen. Da die
hierdurch beschwerten Kläger kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt haben, ist dem Senat
eine Abänderung insoweit aber nicht möglich. Somit verbleibt es dabei, dass die getroffene und durch das
vorliegende Berufungsurteil modifizierte Entscheidung nur die nach dem 10. August 2023 fällig werdenden
Quartalsraten betrifft.
6. Den Streitwert für das Berufungsverfahren setzt der Senat entsprechend dem landgerichtlichen Streitwert
in Anwendung von
sich auf 179.546,22 €.
Wegen der Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hält der Senat die Anwendung von § 92 Abs. 2 Nr. 1
ZPO für geboten, da die Zuvielforderung der Kläger nur minimal im Verhältnis zum Forderungsbetrag ist und
nicht zu einer Erhöhung der Kosten geführt hat.
Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da der Senat, soweit nicht Umstände des Einzelfalls
maßgeblich sind, auf gefestigte Grundsätze in Rechtsprechung und Literatur zurückgreifen konnte und von
diesen nicht abweicht, soweit seine Überlegungen die Entscheidung tragen. Damit ist weder eine Divergenz
noch eine grundsätzliche Bedeutung in dem Sinne, dass eine höchstrichterliche Entscheidung zur
Beantwortung noch ungeklärter Rechtsfragen herbeizuführen wäre, gegeben.
Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich dann aus § 708 Nr. 10 i.V.m.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Nürnberg
Erscheinungsdatum:12.03.2024
Aktenzeichen:3 U 1856/23
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Kaufvertrag
Reallast
Erbbaurecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
ErbbauRG §§ 5, 9