Unanfechtbare Verurteilung des GmbH-Geschäftsführers zum Schadensersatz für nicht abgeführte Arbeitnehmeranteile schließt Restschuldbefreiung insoweit nicht notwendig aus
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Dokumentnummer: 9zr239_07
letzte Aktualisierung: 3.2.2010
BGH, 5.11.2009 - IX ZR 239/07
Unanfechtbare Verurteilung des GmbH-Geschäftsführers zum Schadensersatz für nicht
abgeführte Arbeitnehmeranteile schließt Restschuldbefreiung insoweit nicht notwendig
aus
Mit der unanfechtbaren Verurteilung des Geschä ftsführers einer Gm bH zum Schadensersatz
für nicht abgeführte Arbeitnehm eranteile von Sozialversicherungsbeiträgen steht gegenüber
der Klägerin noch nicht rechtskräftig fest, da ss der zuerkannte Anspruch auf einer vorsätzlich
begangenen unerlaubten Handlung beruht und de shalb von einer etwaigen Restschuldbefreiung des Beklagten nicht ergriffen wird.
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 239/07
Verkündet am:
5. November 2009
Hauck
Justizsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
ZPO § 322 Abs. 1; InsO § 302 Nr. 1; BGB § 823 Abs. 2 Be; StGB § 266a
Mit der unanfechtbaren Verurteilung des Geschäftsführers einer GmbH zum Schadensersatz für nicht abgeführte Arbeitnehmeranteile von Sozialversicherungsbeiträgen steht gegenüber der Klägerin noch nicht rechtskräftig fest, dass der zuerkannte
Anspruch auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht und deshalb von einer etwaigen Restschuldbefreiung des Beklagten nicht ergriffen wird.
BGH, Urteil vom 5. November 2009 - IX ZR 239/07 - OLG Koblenz
LG Mainz
vom 5. November 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Raebel, Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Pape
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 15. November 2007 wird auf Kosten der
Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Beklagte war vom 15. November 1996 bis zum 15. März 1997 Geschäftsführer der H.
gend: H.
GmbH). Während dieser Zeit führte die H.
GmbH (nachfolGmbH für die
bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer keine Sozialversicherungsbeiträge an die
Klägerin ab. Unter Berufung auf eine Haftung für die ihr vorenthaltenen Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur Sozialversicherung erwirkte die Klägerin die
Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 16.308,54 € durch rechtskräftig
gewordenes Versäumnisurteil vom 22. Mai 2002. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten am 5. August 2004 meldete
die Klägerin die titulierte Forderung zur Tabelle an und bezeichnete diese als
eine solche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung. Der Beklagte widersprach
dieser rechtlichen Einordnung.
Das Landgericht hat antragsgemäß festgestellt, dass die im Vorprozess
zugesprochene Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruhe. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in
Das Versäumnisurteil vom 22. Mai 2002 entfalte keine Bindungswirkung hinsichtlich der Frage, ob der dort titulierte Anspruch auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruhe. Bei der Beurteilung als Forderung aus
vorsätzlicher unerlaubter Handlung handle es sich um eine rechtliche Vorfrage
des titulierten Zahlungsanspruchs, welche an der materiellen Rechtskraft des
Versäumnisurteils gemäß
Rechtskraft sei auch nicht deshalb angezeigt, weil eine andere Anspruchsgrundlage als ein Vorsatzdelikt nach Lage der Dinge nicht in Betracht gekommen sei. Der Klägerin obliege daher im gegenwärtigen Rechtsstreit der Nachweis, dass die Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung
begründet sei. Dabei setze die Haftung des Beklagten aus
Verbindung mit
GmbH in dem hier fragliKlägerin zu erfüllen. Diesen Nachweis habe die Klägerin nicht erbracht.
II.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält rechtlicher Überprüfung
stand.
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass es die Rechtsnatur der im Vorprozess zugesprochenen Forderung als solche aus vorsätzlich
begangener unerlaubter Handlung eigenständig zu prüfen habe, ohne hierin
wegen der Rechtskraft des Versäumnisurteils vom 22. Mai 2002 gebunden zu
sein.
a) Der erkennende Senat hat entschieden, dass die Rechtskraft eines
Vollstreckungsbescheids im Hinblick auf die Einordnung des titulierten Anspruchs als solchen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung auch
dann keine Bindungswirkung entfaltet, wenn eine andere Anspruchsgrundlage
als ein Vorsatzdelikt nicht in Betracht kam (BGH, Urt. v. 18. Mai 2006 - IX ZR
187/04,
verwiesen, dass der Schuldner im Mahnverfahren die Folgen einer möglichen
Bindungswirkung für die Frage der Restschuldbefreiung gemäß § 302 Nr. 1
InsO nicht überblicken könne. Der Ausschluss der Restschuldbefreiung aufgrund eines ohne richterliche Schlüssigkeitsprüfung und ohne Belehrung gemäß
daher nicht zu rechtfertigen (aaO).
Aufgrund der hier vor Erlass des Versäumnisurteils vom 22. Mai 2002
nach
folgt aus dieser Entscheidung des Senats zwar allein noch nicht, auch dem richterlichen Leistungsurteil die Bindung an den Anspruchsgrund in einem späteren
Feststellungsprozess zu versagen. Dies ergibt sich jedoch aus zusätzlichen Erwägungen.
b) Der Begriff des Anspruchs in
117, 1, 5 f; BGH, Urt. v. 30. Oktober 2002 - XII ZR 345/00,
586; Stein/Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 322 Rn. 89 f). Deshalb reicht die
Rechtskraft nicht weiter als der Streitgegenstand des Prozesses. In Rechtskraft
erwachsen gemäß
ausgesprochenen Rechtsfolgen, nicht jedoch die einzelnen Tatsachen, präjudiziellen Rechtsverhältnisse und sonstigen Vorfragen, aus welchen das Gericht
diese Rechtsfolge abgeleitet hat (
144, 145; 94, 29, 33; 123; 137, 140; 124, 86, 95; BGH, Urt. v. 26. Juni 2003
2008, 2922 Rn. 22; Stein/Jonas/Leipold, aaO § 322 Rn. 77 ff; MünchKommZPO/Gottwald, 3. Aufl. § 322 Rn. 101 ff; Zöller/Vollkommer, ZPO 27. Aufl. Vor
§ 322 Rn. 32 ff; Musielak, ZPO 7. Aufl. § 322 Rn. 17, 26 f; Hk-ZPO/Saenger,
3. Aufl. § 322 Rn. 23; Völzmann-Stickelbrock in Prütting/Gehrlein, ZPO § 322
Rn. 33). Mit der Beschränkung der Rechtskraft auf den erhobenen Anspruch in
in den Gründen enthaltenen Elemente des Urteils von der Rechtskraft umfasst
seien (vgl. Hahn, Materialien zur CPO 2. Aufl. 1881 S. 290 ff, 607 ff;
Stein/Jonas/Leipold aaO § 322 Rn. 69 f; MünchKomm-ZPO/Gottwald, aaO
Am Streitgegenstand, welcher sich durch die mit dem Klagantrag begehrte Rechtsfolge sowie den zugrunde liegenden Lebenssachverhalt bestimmt
(
im Zivilprozess 1956 S. 221 f), nehmen Vorfragen und präjudizielle Rechtsverhältnisse nur bei Erhebung einer gesonderten Zwischenfeststellungsklage gemäß
streitige Vorfragen einzubeziehen (Hahn, Materialien aaO S. 291 f; RGZ 126,
234, 237). Besonders hat ihm dabei die Gefahr vor Augen gestanden, dass mit
einer Erweiterung der Rechtskraft auf Urteilselemente Versäumnisurteile für
den Beklagten eine große Härte bedeuten könnten, dem dann womöglich "unversehens eine res iudicata ins Haus wachse" (Stellungnahme des Abgeordneten Dr. Bähr in der 1. Lesung der Kommission, Hahn, Materialien aaO S. 608;
vgl. auch Gaul, aaO S. 481).
c) Von der Beschränkung der Rechtskraft auf den Streitgegenstand ist
allerdings die Frage zu unterscheiden, ob die rechtliche Einordnung des streitgegenständlichen Anspruchs selbst in Rechtskraft erwächst. So könnte vorliegend die Rechtskraft des Versäumnisurteils vom 22. Mai 2002 neben der Feststellung, dass der streitgegenständliche Zahlungsanspruch bestehe, auch darauf erstreckt werden, dass dieser gerade als Anspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung bestehe.
Rechtskraft umfasst sei auch "der typische Rechtsgrund des Anspruchs" wie
Kauf oder Gesellschaft (
bejaht, dass die Einordnung als Anspruch aus unerlaubter Handlung einschließlich des Vorliegens des Verschuldens an der Rechtskraft teilnehme, nicht jedoch die angenommene Verschuldensform des Vorsatzes statt Fahrlässigkeit
(BGH, Urt. v. 26. April 1951 - III ZR 188/50, LM
entschiedenen Fall der Haftung für Körperverletzung kam es für die Rechtsfolge
der Schadenshaftung aus
Auch im Schrifttum wird die Rechtskraft wohl überwiegend auf die allgemeine rechtliche Einordnung eines zuerkannten Anspruchs - etwa als Anspruch
aus unerlaubter Handlung - erstreckt (Rosenberg, Zivilprozessrecht 9. Aufl.
1961 § 88 II 3 c; Habscheid, aaO S. 123 f; Lent
S. 296 f; MünchKomm-ZPO/Gottwald, 3. Aufl. § 322 Rn. 95; ähnlich Zeuner, Die
objektiven Grenzen der Rechtskraft im Rahmen rechtlicher Sinnzusammenhänge
S. 32 ff,
175 f;
einschränkend
demgegenüber
Stein/Jonas/
Leipold aaO § 322 Rn. 114, 117; gegen die rechtliche Qualifikation als Bestandteil der Rechtskraft Nikisch, Der Streitgegenstand im Zivilprozess 1935
S. 148 ff; Jauernig, Das fehlerhafte Zivilurteil 1958 S. 115 ff, 132). Dabei betrachtet das Schrifttum im Anschluss an das Urteil des Bundesgerichtshofs vom
26. April 1951 (aaO) teils zwar die Rechtsnatur als Anspruch aus unerlaubter
Handlung als von der Rechtskraft umfasst, nicht jedoch die Eigenschaft als Anspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung. Soweit dies mit der
Rechtsfolge deliktischer Schadenshaftung begründet wird, bleibt dabei die Beurteilung solcher Fälle unklar, in welchen die Haftung Vorsatz voraussetzt, weil
lediglich ein Anspruch aus
voraussetzt (vgl. Stein/Jonas/Leipold aaO § 322 Rn. 117; MünchKomm-ZPO/
Gottwald, 3. Aufl. § 322 Rn. 95; Habscheid, aaO S. 126 ff). Andere Stimmen
sprechen sich auch in Fällen des
Verbindung mit einem Vorsatzdelikt gegen die Erstreckung der Rechtskraft auf
den Vorsatz aus, obwohl die Einordnung als Anspruch aus unerlaubter Handlung an der Rechtskraft teilhabe (Blomeyer, aaO S. 59). Nach entgegengesetzter Auffassung soll die rechtliche Qualifizierung hingegen überhaupt nur bei Ansprüchen wie etwa
StGB in Rechtskraft erwachsen, weil es nur hier auf die Art des Anspruchs ankomme; von der Rechtskraft sei damit in diesen Fällen auch die Qualifikation
als Anspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung umfasst (Bader, Zur
Tragweite der Entscheidung über die Art des Anspruchs im Zivilprozess 1966
S. 53, 57 ff).
d) Die Frage, ob und in welchem Umfang die rechtliche Einordnung des
Streitgegenstands an der Rechtskraft teilnimmt, braucht hier nicht für alle Fallgestaltungen entschieden zu werden. Entscheidungserheblich ist im vorliegenden Fall nur, ob die Rechtskraft eines Leistungsurteils auch die Feststellung
umfasst, dass der zuerkannte Anspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung stammt, wenn der Ausspruch nach materiellem Recht ein Vorsatzdelikt voraussetzt.
aa) Die Erwägungen, welche zur engen Rechtskraftkonzeption des § 322
Abs. 1 ZPO geführt haben, sprechen auch im vorliegenden Zusammenhang für
einen restriktiven Bindungsumfang rechtskräftiger Entscheidungen. Wie bereits
die Begründung des Entwurfs zu § 283 CPO ausführt, soll das Urteil keine Folgen erzeugen, die über die Absicht der Parteien hinausgingen und deren sich
die Parteien während des Prozesses nicht bewusst gewesen seien. Dem Bedürfnis, im Rechtsstreit zugleich rechtliche Vorfragen verbindlich zu entscheiden, werde durch die Zulässigkeit von Inzidentfeststellungsklagen Rechnung
getragen (Hahn, Materialien aaO S. 291). Während ein zugleich mit dem Leistungsantrag anhängig gemachter Feststellungsantrag gemäß
dem Beklagten verdeutlicht, dass die Folgen seines Unterliegens über die Titulierung einer Verbindlichkeit hinausgehen können, ist dies bei einem bloßen
Leistungsantrag nicht klar ersichtlich. Gerade die Gefahr, gemäß § 302 Nr. 1
InsO keine Restschuldbefreiung erlangen zu können, spricht daher dagegen,
dem Schuldner allein aufgrund einer Verurteilung zur Zahlung das künftige
Bestreiten des Rechtsgrundes einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zu versagen. Fehlen - wie hier - gemäß
nicht einmal mittelbar auf die nach
Schon der Schutzzweck des
Mahnbescheid (vgl. BGH, Urt. v. 18. Mai 2006, aaO) nach der Entstehungsgeschichte von
die materielle Rechtskraft der Verurteilung. Jedoch würde bei einem streitigen
Urteil nichts anderes gelten.
bb) Gegen die Erstreckung der Rechtskraft auf die materiell-rechtliche
Einordnung eines Zahlungstitels als Anspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung spricht auch das praktische Bedürfnis, keine Unsicherheit
Grund des eingeklagten Anspruchs als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung ohne entsprechenden Feststellungsausspruch als rechtskraftfähig, so wären Zweifel nicht zu vermeiden, ob im Einzelfall mit dem richterlichen Leistungsbefehl ein Vorsatzdelikt verbindlich festgestellt ist oder nicht. Auch wenn
der Zahlungsanspruch zwingend aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zu stammen scheint, weil eine andere Anspruchsgrundlage vom Kläger
nicht behauptet und auch vom Gericht mangels Entscheidungserheblichkeit
nicht geprüft worden ist, können konkurrierende Ansprüche außerhalb eines
Vorsatzdelikts in Frage kommen. Wird beispielsweise ein Geschäftsführer, der
in dieser Eigenschaft für eine in Zahlungsschwierigkeiten befindliche GmbH
Verbindlichkeiten eingegangen ist, welche sodann nicht bedient werden können, mit dem Vorwurf des Eingehungsbetrugs aus
(vgl.
Rechtsnatur des Anspruchsgrundes verbindlich festgestellt ist oder nicht. Selbst
den Entscheidungsgründen eines streitigen Urteils ist im Regelfall nicht zu entnehmen, ob andere Anspruchsgrundlagen ausscheiden. In einem späteren
Feststellungsverfahren könnte der Zahlungspflichtige somit behaupten, der
rechtskräftig titulierte Anspruch sei nur wegen fahrlässiger Insolvenzverschleppung, nicht aber wegen eines Vorsatzdelikts begründet, ohne daran durch
Solche Unklarheiten über die Reichweite der Rechtskraft ließen sich nur
vermeiden, wenn die Rechtsnatur als Anspruch aus vorsätzlich begangener
verbindlich festgestellt betrachtet würde unabhängig davon, ob das Bestehen
der Forderung ein Vorsatzdelikt voraussetzt oder nicht. Dann müsste jedoch
diese rechtliche Einordnung zugleich als eigenständige Beschwer im Sinne des
Rechtsmittelrechts anerkannt werden (vgl. Stein/Jonas/Leipold aaO § 322
Rn. 113). Ein unterlegener Beklagter wäre befugt, ein auf Zahlung lautendes
Urteil allein deshalb anzufechten, um dessen rechtliche Einordnung als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung anzugreifen, selbst wenn er sich gegen
seine Zahlungspflicht als solche gar nicht mehr verteidigen möchte. Damit würde die Erstreckung der Rechtskraft zu unnötigen Rechtsmitteln führen, welche
nach der engen Rechtskraftkonzeption der ZPO gerade vermieden werden sollten (vgl. Hahn Materialien aaO S. 609).
cc) Die Interessen der Gläubiger, gleichzeitig mit dem Zahlungstitel die
verbindliche Feststellung erlangen zu können, dass der Anspruch gerade aus
vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung begründet sei, stehen dem nicht
im Wege. Ihnen bleibt vielmehr die Erhebung einer entsprechenden Feststellungsklage überlassen, welche nach einer Titulierung im Mahnverfahren als titelergänzende Feststellungsklage, im Übrigen durch Verbindung des auf Zahlung gerichteten Klagantrags mit einem Feststellungsantrag im Wege objektiver
Klagehäufung anhängig gemacht werden kann (vgl.
166, 169; BGH, Urt. v. 18. Mai 2006 aaO S. 1348 Rn. 10; Gaul NJW 2005,
2894, 2896 f; ders., Festschrift Gerhardt 2004 S. 259, 294 ff; MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 3. Aufl. § 253 Rn. 74, § 256 Rn. 18; Stein/Jonas/
Brehm, aaO § 850f Rn. 13; Braun/Lang, InsO 3. Aufl. § 302 Rn. 6).
2. Den vorstehenden Erwägungen stehen weder das Urteil des
III. Zivilsenats vom 26. April 1951 (LM ZPO § 322 Nr. 2) noch das Urteil des
Ia-Zivilsenats vom 17. März 1964 (
a) Der III. Zivilsenat hat gemeint, mit der Verurteilung des dortigen Beklagten sei in Rechtskraft erwachsen, dass eine Schadenshaftung sich aus einer unerlaubten Handlung nach dem festgestellten Sachverhältnis ergebe, wozu auch das Vorliegen eines Verschuldens gehöre. Keine rechtskraftfähige und
keine selbständig anfechtbare Beschwer sei dagegen die Feststellung des Berufungsgerichts, dass das Verschulden des Beklagten, anders als vom ersten
Tatrichter angenommen, als Vorsatz zu werten sei. Die Rechtskrafterweiterung
auf die rechtliche Einordnung des Anspruchsgrundes war demnach nicht tragend, weil das Urteil in gleicher Weise hätte ergehen müssen, wenn jede
Feststellungwirkung für den materiellen Anspruch und seine Rechtsnatur verneint worden wäre.
b) Der Ia-Zivilsenat hat in
Rechtsgrund - dort ein vertragliches Wettbewerbsverbot - seiner rechtlichen
Einordnung (Qualifizierung) nach feststelle. In Wahrheit geht jene Entscheidung
sogar noch weiter, weil sie die Vertragsverletzung als Vorfrage des ausgesprochenen Unterlassungsbefehls mit dessen Beginn auch für die nachfolgende
Auskunfts- und Schadensersatzklage verbindlich festgestellt erachtet (aaO
S. 344, 355 a.E., 357 f). Diese erhebliche Rechtskrafterweiterung hat der jetzt
zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes jedoch wieder aufgegeben
und eine Präjudizialität von Schadensersatz- und Unterlassungsklage bei teilidentischen Anspruchsvoraussetzungen in beiden Richtungen abgelehnt (BGHZ
3059; ebenso
3. Das Berufungsgericht hat danach ohne Verstoß gegen § 322 Abs. 1
ZPO die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen eines Vorsatzdelikts
geprüft und auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts verneint. In den
Tatsacheninstanzen konnte nicht festgestellt werden, dass die H.
GmbH
in dem hier maßgebenden Zeitraum noch über liquide Mittel verfügt hätte, aus
welchen die jeweiligen Beitragsforderungen der Klägerin hätten bedient werden
können. Dass der Beklagte eine Pflicht verletzt hat, vor der Fälligkeit der hier
gegenständlichen Beiträge deren Zahlung durch Bildung von Rücklagen sicherzustellen, wurde von der Klägerin nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich,
zumal der Beklagte vor Fälligkeit der hier nicht abgeführten Arbeitnehmeranteile
noch nicht Geschäftsführer der H.
GmbH war. Damit haftet der Beklagte
schon mangels Tatbestandes nicht aus
Feststellung des Anspruchsgrundes muss mithin unterbleiben.
Ganter
Raebel
Lohmann
Kayser
Pape
Vorinstanzen:
LG
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:04.11.2009
Aktenzeichen:IX ZR 239/07
Rechtsgebiete:
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Insolvenzrecht
BGHZ 183, 77-86
NJW 2010, 2210-2213
ZPO § 322 Abs. 1; InsO § 302 Nr. 1; BGB § 823 Abs. 2; StGB § 266a