OLG Celle 19. Oktober 2021
14 U 100/21
BGB §§ 133, 157, 631

Pauschalpreis umfasst Hausanschlusskosten

letzte Aktualisierung: 11.3.2022
OLG Celle, Beschl. v. 19.10.2021 – 14 U 100/21

BGB §§ 133, 157, 631
Pauschalpreis umfasst Hausanschlusskosten

Hausanschlusskosten, die dem Bauträger während der Bauphase dafür entstanden sind, dass er
gegenüber dem Versorgungsträger seinerseits die Errichtung der Hausanschlüsse veranlasst hat,
kann der Bauträger im Rahmen eines Pauschalpreisvertrags grundsätzlich nicht nachträglich auf
den Erwerber abwälzen, wenn dem zugrundeliegenden Vertrag eine solche nachträgliche Übernahmeverpflichtung
nicht zu entnehmen ist. Der Erwerber darf nach dem allgemeinen Verständnis
davon ausgehen, dass der Bauträger derartige Kosten im Vorfeld kalkuliert und bei der Bildung
des Pauschalpreises berücksichtigt hat, sodass etwaige Hausanschlusskosten mit der Zahlung des Pauschalpreises
mitabgegolten sind.

Gründe

I. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur
Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich. Eine
mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Die Berufung hat nach vorläufiger Beurteilung offensichtlich
keine Aussicht auf Erfolg.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene
Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu
legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dabei ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr.
1 ZPO an die vom Landgericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte
Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen
und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Im vorliegenden Fall ist unter keinem der vorgenannten
Gesichtspunkt eine Änderung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts veranlasst. Im
Einzelnen:

1. Zu Recht hat das Landgericht der Klägerin den gegen die Beklagten geltend gemachten Anspruch auf
Erstattung der ihr entstandenen Hausanschlusskosten für Strom, Wasser und Fernwärme versagt, weil sie
unabhängig von dem zwischen den Parteien umstrittenen Verständnis des Begriffs der
„Erschließungskosten“ (a) die Herstellung dieser Hausanschlüsse selbst veranlasst (b) und diese darüber
hinaus gegenüber den Beklagten auch vertraglich geschuldet hat (c), sodass diese ihr obliegende
vertragliche Leistungspflicht mit dem vereinbarten Pauschalpreis gemäß § 7 des zwischen den Parteien
geschlossenen notariellen Vertrages (Bl. 12 ff. d. A. – im Folgenden: Notarvertrag) abgegolten ist.

a) Zwar weist die Berufung mit Blick auf § 5 Abs. 2 des Notarvertrages im Ausgangspunkt zu Recht darauf
hin, dass es sich bei den geltend gemachten Hausanschlusskosten (nach öffentlich-rechtlichem
Verständnis) weder um Erschließungs- noch um Anliegerbeiträge handelt. Anlieger- und
Erschließungsbeiträge sind Kosten öffentlicher Einrichtungen, die durch Akte des öffentlichen Rechts auf
die Eigentümer von Grundstücken im Einzugsbereich dieser Einrichtung umgelegt werden (vgl. jurisPKBGB-
Pammler, 9. Aufl. 2020, § 436 Rn 9). Die Erschließungsbeiträge im engeren Sinne sind solche, die
öffentlich-rechtlich nach § 127 BauGB erhoben werden können, d. h. für die dort aufgeführten
Erschließungsanlagen. Von diesen Erschließungsanlagen sind nach § 127 Abs. 4 S. 2 BauGB als dort
aufgeführte Beispiele u. a. ausdrücklich Elektrizität, Wärme und Wasser ausgenommen, sodass diese
schon nicht unter die Erschließungsbeiträge im engeren Sinne fallen (vgl. BeckOK BauGB-Eiding, 52.
Edition – Stand: 01.02.2021, § 127 Rn 23). Die Anliegerbeiträge können für andere Erschließungsanlagen
außerhalb von § 127 BauGB oder öffentliche Einrichtungen aufgrund von öffentlich-rechtlichen
Vorschriften, insbes. kommunalen Abgabengesetzen erhoben werden, worunter auch Anlagen zur
Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser fallen können. Entscheidend ist also die Grundlage
der Leistungspflicht des Eigentümers im öffentlichen Recht. Maßgeblich ist dabei somit, dass es sich um
solche Kosten handelt, die durch Bescheid der öffentlichen Hand festgesetzt werden können;
privatrechtlich begründete Abgabepflichten werden nicht erfasst (vgl. dazu z. B. MüKo-BGB-Westermann,
8. Aufl. 2019, § 436 Rn 2) Hinsichtlich der hier in Rede stehenden Versorgungsanschlüsse werden nach
öffentlichem Recht hierunter nur die erforderlichen Verbindungen der städtischen Netzwerke bis an das
betreffende Grundstück betrachtet, nicht aber der eigentliche Anschluss des Hauses an die bis zu den
Grundstücksgrenzen auf öffentlichem Boden bewirkten Anschlussmöglichkeiten. Von diesen
Erschließungskosten im öffentlich-rechtlichen Sinne zu unterscheiden sind die hier im Streit stehenden
sog. Hausanschlusskosten, d. h. die Kosten des Anschlusses des Gebäudes an das
Stromversorgungsnetz und an das Netz der öffentlichen Wasser- und Wärmeversorgung, soweit es sich
um Anlagen auf dem Grundstück selbst handelt. Darunter fallen auch die Kosten für die (Erst- oder Zweit-)
Herstellung von Zuleitungsanlagen eines Gebäudes zum öffentlichen Netz. Erstmals anfallende
Hausanschlusskosten sind im Gegensatz zu den vorgenannten Erschließungskosten in der Regel den
Herstellungskosten des Gebäudes zuzurechnen (vgl. Buhr: Erschließungskosten/Anliegerbeiträge:
Grundsätze und Einzelfälle, veröffentlicht über www.haufe.de). Zusammenfassend handelt es sich also bei
den Hausanschlusskosten für Elektrizität, Gas, Wärme und Wasserversorgung nicht um öffentliche Lasten,
sondern um privatrechtliche Entgelte (vgl. BGH, Urt. v. 29.03.1990 – IX ZR 91/89 – juris Rn 7).
Dies vorangestellt kann dahinstehen, ob – wie die Beklagten für sich in Anspruch nehmen – vorliegend
dem in § 5 Abs. 2 S. 2 des Notarvertrages verwendeten Begriff der „Erschließungskosten“ abweichend von
der zuvor in Satz 1 verwendeten Terminologie der „Erschließungsbeiträge und Anliegerbeiträge“
privatrechtlich eine von dem öffentlich-rechtlichen Verständnis der „Erschließungskosten“ abweichende
Deutung mit der Folge beizumessen ist, dass die Klägerin die geltend gemachten Kosten der
Hausanschlüsse selbst zu tragen hat. Der Begriff der Erschließungskosten ist im privatrechtlichen Vertrag
nämlich grundsätzlich nach den Maßstäben der §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Ihm kann
damit ggf. ein anderes als das öffentlich-rechtliche Verständnis zukommen, zumal die erstmalige
Herstellung eines Hausanschlusses nach allgemeinem Sprachverständnis nicht selten unter den Begriff
der Erschließungskosten fällt (so etwa OLG Koblenz, Urt. v. 04.11.2002 – 5 U 1189/02 – juris Rn 14 ff.).
Der Beantwortung dieser Frage bedarf es im vorliegenden Fall indes bereits deshalb nicht, weil sich aus
anderen Umständen ergibt, dass die Klägerin die für die streitbefangenen Hausanschlüsse angefallenen
Kosten selbst zu tragen hat.

b) Die Klägerin war verpflichtet, ihrerseits die Hausanschlusskosten gegenüber der Versorgungsträgerin …
Energieversorgung H. GmbH & Co KG (im Folgenden: E.), welche diese Anschlüsse erstellt hat, zu tragen,
da sie Anschlussnehmerin im Sinne von § 10 Abs. 4 AVBWasserV bzw. § 9 Abs. 1
Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) bzw. § 10 Abs. 5 AVBFernwärmeV war. Anschlussnehmerin
in diesem Sinne ist derjenige, auf dessen Veranlassung ein mit der Verteilungsanlage des
Versorgungsunternehmens verbundener Hausanschluss erstellt oder verändert wird (vgl. BGH, a. a. O., Rn
8 m. w. N. - zum Teil noch zu den gleichlautenden Vorgängervorschriften). Aus diesem Grunde konnte die
Energieversorgungsunternehmerin E. ihre Ansprüche auch nur gegenüber der Klägerin geltend machen -
was sie getan hat - und nicht (auch) gegenüber den Beklagten, denn diese waren gerade nicht
Anschlussnehmer; schließlich hatte die Klägerin und ursprüngliche Grundstückseigentümerin das
Reihenhaus zu bauen und in diesem Zuge die Anschlüsse bei der E. bestellt und damit veranlasst. Dies
gilt auch dann, wenn der Auftragnehmer für die Herstellung des Hausanschlusses selbst Energie nicht
bezogen, sondern das angeschlossene (neu errichtete) Gebäude an einen Erwerber (Auftraggeber)
verkauft hat und dieser erstmals die Versorgungsleistungen in Anspruch nimmt. Denn durch den Kauf oder
den Eigentumswechsel gehen mangels besonderer Vereinbarung bürgerlich-rechtliche Schuldverhältnisse
des Verkäufers nicht auf den Erwerber über; ebenso wenig ist ein gesetzlicher Übergang vorgesehen (vgl.
BGH, a. a. O., Rn 8 a. E.). Die Klägerin hat damit ein eigenes Geschäft besorgt, denn sie war – wie
ausgeführt – Anschlussnehmerin und Vertragspartnerin der Energieversorgerin und hat damit ihre eigene
und keine fremde Verbindlichkeit gegenüber dieser erfüllt. Die Zahlungspflicht der Verkäuferin, also der
Klägerin, aus dem Anschlussvertrag ist weder durch vertragliche Vereinbarung – eine solche wird nicht
behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich – noch kraft Gesetzes auf die Beklagten übergegangen,
sodass auch keine Verpflichtung der Beklagten bestehen kann, diese Kosten nunmehr der Klägerin zu
erstatten. Schon weil es an einer solchen (ausdrücklichen) Vereinbarung der nachträglichen Übernahme
der Hausanschlusskosten durch die Beklagten zwischen den Parteien fehlt, waren diese Kosten von den
Herstellungskosten des Gebäudes umfasst und damit von dem vereinbarten Pauschalpreis gedeckt.

c) Selbst, wenn man nicht allein auf eine fehlende vertragliche Übernahmeregelung für die
Hausanschlusskosten abstellen würde, wird sich im Ergebnis nichts Anderes ergeben können. Die
Klägerin hat den Anschlussantrag als Verkäuferin und ursprüngliche Grundstückseigentümerin bei der
Energieversorgerin selbst gestellt, weil sie sich gegenüber den Beklagten verpflichtet sah, das auf dem
verkauften Grundstück zu errichtende Haus vertragsgerecht zu übergeben. Warum sonst sollte sie die
Anschlüsse ohne jede weitere Abrede und ausdrückliche Übereinkunft veranlassen? Zudem ist dem
Notarvertrag letztlich auch positiv zu entnehmen, dass die Klägerin die Erstellung der Hausanschlüsse
gegenüber den Beklagten geschuldet hat und daher die diesbezüglichen Kosten nicht nachträglich von den
Beklagten erstattet verlangen kann. Die Klägerin kann sich dabei für ihren Standpunkt keineswegs
erfolgreich darauf berufen, eine solche Pflicht ergebe sich nicht aus dem Notarvertrag und insbes. nicht
aus der diesem Vertrag zugrundeliegenden Funktionalbaubeschreibung.

Der Umfang der Leistungspflichten ergibt sich zunächst aus dem Bauvertrag und seinen Anlagen, hier dem
Notarvertrag über den Kauf und die Errichtung eines Reihenhauses. Der Leistungsinhalt wird entscheidend
durch das Leistungsziel bestimmt und ist im Einzelfall durch Auslegung aller Umstände zu ermitteln. Das
gilt sowohl im Hinblick auf auslegungsbedürftige Regelungen selbst als auch im Hinblick auf ergänzende
Vertragsauslegung. Maßgebender Orientierungspunkt ist dabei, dass der Bauträger verpflichtet ist, das
vertraglich vorgesehene Objekt herzustellen. In diesem Zusammenhang hat er alle notwendigen
Bauleistungen, Planungsleistungen und wirtschaftlichen Leistungen zu erbringen, die zur
ordnungsgemäßen Erstellung des Objekts erforderlich sind. Sind dazu Leistungen erforderlich, die im
Vertrag oder in sonstigen Vertragsunterlagen nicht beschrieben werden, dann müssen solche Leistungen
ohne Aufpreis erbracht werden (vgl. Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher - Koeble, Kompendium des
Baurechts, 5. Aufl. 2020, Teil 10 - Rn 369 m. w. N.). Eine solche Auslegung ergibt, dass die Beklagten
fraglos ein erstelltes Reihenhaus erwarten durften, das an die entsprechenden Versorgungsnetze
angeschlossen ist und zwar ohne (nachträglichen) Aufpreis für die Hausanschlusskosten.

Die Klägerin kann für ihren Rechtsstandpunkt die dem Notarvertrag zugrundeliegende
Funktionalbaubeschreibung nicht mit Erfolg heranziehen. Einer sog. funktionalen Baubeschreibung wohnt
regelmäßig inne, dass sie keinen ausführlichen Leistungskatalog im engeren Sinne enthält, sondern die zu
erbringende Leistung nach dem zu erreichenden Ziel allgemein definiert und dabei lediglich
Rahmenbedingungen in einem bestimmten Umfang vorgibt. So liegt es auch bei der vorliegenden
Funktionalbaubeschreibung, die nach § 3 des Notarvertrages Vertragsgegenstand geworden ist. Diese
vertragliche Vereinbarung bedarf, da sie lediglich Rahmenbedingungen vorgibt und damit zum Teil unklar
ist, in dem o. g. Sinne einer Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB; nicht aber unter AGB-rechtlichen
Gesichtspunkten (insbes. § 305c Abs. 2 BGB), da weder von den Parteien vorgebracht, noch sonst
ersichtlich ist, dass es sich bei der zum Gegenstand des Notarvertrages gemachten
Funktionalbaubeschreibung um allgemeine von der Klägerin verwendete Geschäftsbedingungen handelt.
Verträge sind danach so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es
erfordern. Dies erfordert insbesondere eine nach beiden Seiten hin interessengerechte Auslegung unter
Berücksichtigung der bei Vertragsschluss erkennbaren Umstände und Vorstellungen, wobei in erster Linie
auf den Wortgehalt abzustellen, aber auch das gesamte Vertragswerk heranzuziehen ist.

aa) Bei Vornahme einer solchen einfachen bzw. erläuternden Vertragsauslegung (vgl. dazu allg. jurisPKBGB-
Otto, 9. Aufl. 2020 – Stand: 01.05.2020, § 157 Rn 5 ff. m. w. N.) ergibt sich hinsichtlich der Frage der
geltend gemachten Anschlusskosten für Wasser und Fernwärme bereits ohne Weiteres aus der
funktionalen Baubeschreibung, dass die Klägerin im Rahmen der Erstellung des Reihenhauses einen
funktionstüchtigen Wasser- und Fernwärmeanschluss geschuldet hat. So ist in der funktionalen
Baubeschreibung unter der Überschrift „Heizungs- und Warmwasserversorgung“ (Bl. 102 d. A.) ausgeführt:

„Die Versorgung mit Heizung und Warmwasser erfolgt über einen Fernwärmeanschluss einschließlich
Übergabestation und Hauszentrale.“

Aus einer solchen Formulierung kann jedermann erwarten, dass eben Wasser- und
Fernwärmeanschluss bei Objektübergabe funktionstüchtig vorhanden sind, ohne dass dafür noch weitere
Kosten auf den Auftraggeber zukommen. Schließlich ist in der vertraglichen Regelung nicht etwa
ausgeführt „Fernwärmeanschluss - ohne Funktion“ oder auch nur Ähnliches. Ebenso sind nicht etwaige
Kosten für den Hausanschluss, der für die Funktionstüchtigkeit des Warmwasser- und
Fernwärmeanschlusses notwendig ist, in irgendeiner Form ausgenommen bzw. es ist nicht geregelt, dass
diese Kosten insoweit nachfolgen sollen. Wenn in einer bauvertraglichen Regelung zur
Leistungsbeschreibung des Unternehmers ohne Einschränkung von „Fernwärmeanschluss“ die Rede ist,
spricht von dem allgemeinen Verständnis unter Berücksichtigung der Verkehrssitte schlechterdings rein
gar nichts dafür, dass unter diesem Begriff eine funktionslose Wärmeanlage – nämlich eine solchen (noch)
ohne Hausanschluss – zu verstehen sein soll. Im Umkehrschluss dazu ist unter „Fernwärmeanschluss“
bereits begriffslogisch eine (geschuldete) funktionstüchtige Wärmeanlage zu verstehen, d. h. einschließlich
des für die Funktionstüchtigkeit notwendigen Hausanschlusses ohne nachträglichen Kostenaufschlag.

bb) Hinsichtlich des Stromanschlusses ist die Formulierung nicht derart klar, wie es hinsichtlich der
Heizungs- und Warmwasserversorgung der Fall ist. Gleichwohl ist dem Gesamtvertrag auch insoweit nach
Vertragsauslegung zu entnehmen, dass die Klägerin diesen Anschluss geschuldet hat. In der funktionalen
Baubeschreibung unter „Elektroinstallation“ ist u. a. aufgeführt:

„Im Hausanschlussraum wird der Zählerschrank und die Hauptsicherung installiert sowie die
Weiterverteilung innerhalb der Wohnung.“

Bei dieser Formulierung bleibt bei isolierter Betrachtung unklar, ob auch der Hausanschluss für den Strom
erfasst oder nicht erfasst sein soll. Beide Verständnismöglichkeiten erscheinen möglich. Notwendig für den
Stromhausanschluss ist – wie der Senat als Fachsenat u. a. für Bausachen aus eigener Sachkunde
beurteilen kann – grundsätzlich ein sog. Hausanschlusskasten, bei dem es sich um eine Einrichtung
handelt, mit dem ein Haus an das öffentliche Stromnetz angeschlossen wird. Er ist die Übergabestelle vom
Verteilungsnetz zur Verbrauchsanlage. Von einem solchen Anschlusskasten ist in der o. g. vertraglichen
Regelung zur Elektroinstallation nicht die Rede, sodass ein Verständnis dahingehend, dass der
Hausanschluss für den Strom nicht von der Leistungspflicht der Klägerin erfasst sein soll, möglich ist.
Anders kann – jedenfalls, wie hier, im Rahmen eines Vertrages mit Verbraucherbeteiligung – aus der Sicht
eines Auftraggebers als Laie ohne baufachkundiges Verständnis aus der Regelung auch der Schluss
gezogen werden, dass ebenfalls die Anschlusskosten für den Strom nicht gesondert auf ihn zukommen,
vielmehr aufgrund des verwendeten Begriffs „Hausanschlussraum“ die Bauausführungen zum
Hausanschluss an sich im Vertragsumfang enthalten sind. Da der nun im Nachhinein von den Parteien
diesbezüglich geäußerte Wille nicht übereinstimmt, ist – wie ausgeführt – eine Auslegung unter
Zuhilfenahme des weitergehenden gesamten Vertrages vorzunehmen.

Von dem allgemeinen Verständnis her, welches sich aus der allgemeinen Erwartungshaltung unter
Berücksichtigung der Verkehrssitte eines jeden Haus-Bestellers ergibt, ist im Rahmen einer Bestellung
eines Hauses ein „fertiges Haus“ zu erwarten, d. h. ein solches, dass über jegliche zum Bewohnen
notwendige Funktionen verfügt, solange – wie hier – im Vertrag nichts Genaueres bzw. Einschränkendes
dazu zu entnehmen ist. Demnach ist auch der Stromhausanschluss von der Leistungspflicht der Klägerin
erfasst. Jedenfalls ergibt sich ein solches Verständnis in der Zusammenschau mit der Regelung des § 5
Abs. 2 S. 2 des Notarvertrages, denn dort ist die „schlüsselfertige Herstellung“ genannt. Zwar ist es
zutreffend, wie die Klägerin anmerkt, dass in § 2 und § 3 des Notarvertrages, die Gegenstand des
Vertrages und im Kern die Leistungspflicht der Klägerin regeln, keine Rede von einem „schlüsselfertigen
Haus“ ist; vielmehr fehlt dort eine Bezeichnung oder genauere Beschreibung. Es erfolgen lediglich
allgemeine Ausführungen unter Bezug auf grobe Planungsunterlagen sowie auf die
Funktionalbaubeschreibung, die – wie ausgeführt – in wesentlichen Punkten lediglich oberflächlicher Natur
ist. Wenn aber in § 5 Abs. 2 S. 2 des Notarvertrages eben doch die Rede von bestimmten
Kostentragungspflichten der Klägerin bis zur „schlüsselfertige Herstellung“ ist, kann der Besteller eben
auch ein schlüsselfertiges Haus erwarten. Denn wer sonst, wenn nicht die Klägerin, soll die
schlüsselfertige Herstellung i. S. v. § 5 Abs. 2 S. 2 des Notarvertrages vornehmen? Bei dem klägerischen
Verständnis, wonach sie die Schlüsselfertigkeit nicht schulde, hätte sie nach § 5 Abs. 2 S. 2 des
Notarvertrages alle entstehenden Erschließungskosten und Anliegerbeiträge solange zu tragen, bis
irgendjemand irgendwann das Reihenhaus zur Schlüsselfertigkeit bringt. Ein solches Verständnis würde
jedweder Praktikabilität zuwiderlaufen, denn nach diesem könnte theoretisch, wenn der Besteller die
Schlüsselfertigkeit nicht selber oder durch einen Dritten herstellen lässt, die Schlüsselfertigkeit ggf. Jahre
mit der sich für die Klägerin ergebenen Kostentragungspflicht aus § 5 Abs. 2 S. 2 des Notarvertrages auf
sich warten lassen. Dies kann keinesfalls im Interesse der Klägerin liegen. Bei einem schlüsselfertigen
Haus ist nach allgemeinem Verständnis ein funktionierender Stromanschluss zu erwarten. Denn nach
allgemeinem Sprachgebrauch sollte die Immobilie dann so fertiggestellt sein, dass der Besteller direkt nach
der Übergabe des Schlüssels – von daher „Schlüsselfertigkeit“ – das neue Haus in Benutzung nehmen
kann, ohne noch wesentliche Gewerke selbst nachholen oder vervollständigen zu müssen, sondern
allenfalls noch gewisse Innenarbeiten selber machen (lassen) muss (z. B. Malerarbeiten). Insoweit wird
ergänzend auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil Bezug
genommen, welche von dem Senat geteilt werden. Demgegenüber kann nicht angenommen werden, dass
die Klägerin bei einem solchen Verständnis, nach dem sie die Stromhausanschlusskosten selbst zu tragen
hat, den Vertrag gar nicht geschlossen hätte. Schließlich macht dieser Teil mit 1.658,86 € nicht einmal 1 %
des Pauschalpreises in Höhe von insgesamt 269.500,00 € aus.

cc) Da die Klägerin – wie aufgezeigt – vertraglich zur Erstellung des Reihenhauses einschließlich der
Hausanschlusskosten verpflichtet war, hat sie mit der Veranlassung der Hausanschlusskosten und der
damit verbundenen Eingehung einer eigenen Verbindlichkeit gegenüber der E. ein eigenes Geschäft
besorgt und kein Geschäft der Beklagten.

2. Die Klägerin hat nach den vorstehenden Ausführungen weder ein fremdes Geschäft besorgt, noch die
Leistung der Hausanschlusskosten ohne Rechtsgrund erbracht. Daher besteht der geltend gemachte
Anspruch – wie das Landgericht zur Recht angenommen hat – weder unter dem Gesichtspunkt der
Geschäftsführung ohne Auftrag noch der ungerechtfertigten Bereicherung. Die Klägerin hat mit den
Hausanschlusskosten eine ihr obliegende vertragliche Leistungspflicht erfüllt, die mit dem von den
Beklagten bezahlten Pauschalpreis über 269.500,00 € gem. § 7 des Notarvertrages bezahlt ist.

II. Nach alledem mag die Klägerin erwägen, ihre Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen. Insoweit
weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass sich im Falle der Rücknahme die Gerichtskosten erheblich
reduzieren würden.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Celle

Erscheinungsdatum:

19.10.2021

Aktenzeichen:

14 U 100/21

Rechtsgebiete:

AGB, Verbraucherschutz
Öffentliches Baurecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Bauträgervertrag und Werkvertrag

Normen in Titel:

BGB §§ 133, 157, 631