Antragsrücknahme bzgl. Testamentsvollstreckerzeugnis
letzte Aktualisierung: 18.10.2019
OLG München, Beschl. v. 3.9.2019 – 31 Wx 118/18
BGB §§ 2197, 2368; FamFG §§ 22, 62, 83, 84
Antragsrücknahme bzgl. Testamentsvollstreckerzeugnis
1. Die Rücknahme des Antrages auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses führt zur
Beendigung des Verfahrens kraft Gesetzes.
2. Dies gilt auch dann, wenn der Antrag in der Beschwerdeinstanz zurückgenommen wird. Ein
Ausspruch über die Erledigung des Verfahrens unterbleibt in diesen Fällen grundsätzlich.
3. Folge der Beendigung des Verfahrens ist, dass die nachlassgerichtliche Entscheidung wirkungslos
wird. Diese Wirkungslosigkeit erfasst auch die Nebenentscheidungen, insbesondere die
Kostenentscheidung.
Gründe
I.
Der Erblasser ist am 13.6.2017 verstorben, er hinterlässt seine Witwe und zwei Kinder.
Am 15.5.2016 errichtete der Erblasser ein handschriftliches Testament, in dem er unter anderem eine
Testamentsvollstreckung anordnete und den Beteiligten zu 1, den langjährigen Rechtsanwalt des Erblassers
für geschäftliche und private Angelegenheiten, als Testamentsvollstrecker ernannte.
Nach dem Tod des Erblassers kam es zum Streit über die Wirksamkeit der angeordneten
Testamentsvollstreckung; der Beteiligte zu 1 beantragte mit notarieller Urkunde vom 14.09.2017 die Erteilung
eines Testamentsvollstreckerzeugnisses.
Das Nachlassgericht kündigte mit Beschluss vom 19.1.2018 die Erteilung eines
Testamentsvollstreckerzeugnisses zugunsten des Beteiligten zu 1 an, dagegen richten sich die eingelegten
Beschwerden.
Nach schriftlichem Hinweis des Senats hat der Beteiligte zu 1 den Antrag auf Erteilung eines
Testamentsvollstreckerzeugnisses mit Schriftsatz vom 29.01.2019 zurückgenommen.
Mit Schriftsatz vom 26.2.2019 beantragen die Beschwerdeführer, dem Beteiligten zu 1 die Kosten beider
Rechtszüge aufzuerlegen.
II.
Die Zurücknahme des Antrages auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses im
Beschwerdeverfahren durch den Beteiligten zu 1 führt im Hinblick auf die angefochtene Entscheidung des
Nachlassgerichts zur Beendigung des Verfahrens (
Entscheidung des Nachlassgerichts ist wirkungslos.
1. Gemäß
Ernennung zu erteilen, bei diesem Antrag handelt es sich sowohl um einen Sachantrag als auch um einen
verfahrenseinleitenden Antrag (vgl. Keidel/Sternal FamFG 19. Auflage <2017> § 23 Rn. 13).
Bis zur (formell) rechtskräftigen Beendigung des entsprechenden Verfahrens ist der Antragsteller berechtigt,
diesen zurückzunehmen,
kann ein Antrag nur noch mit Zustimmung der übrigen Beteiligten im Sinne des § 7, die an dem Verfahren
beteiligt worden sind, wirksam zurückgenommen werden(§ 22 Abs. 1 S. 2; vgl. Keidel/Sternal, a.a.O. § 22
Rn. 13).
Mit dieser Antragsrücknahme endet das Verfahren; einer Entscheidung des Gerichts bedarf es nicht mehr;
dies gilt auch in der Rechtsmittelinstanz (Pabst in: MüKoFamFG, 3. Auflage <2018> § 22 Rn. 12).
Deklaratorisch kann jedoch die Wirkungslosigkeit durch Beschluss festgestellt werden, wenn ein Beteiligter
dies beantragt (Abs. 2 S. 2) (Pabst, a.a.O.).
Eine Kostenentscheidung ist in einem solchen Fall nicht zwingend erforderlich, kann jedoch gemäß §§ 81 ff
FamFG getroffen werden (Pabst, a.a.O. § 22 Rn. 18; Keidel/Sternal, a.a.O., § 22 Rn. 20).
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist durch die Rücknahme des Antrages auf Erteilung eines
Testamentsvollstreckerzeugnisses eine zwingende Voraussetzung für dessen Erteilung weggefallen, so dass
die Entscheidung des Nachlassgerichts in vorgenannter Weise wirkungslos geworden ist und das
Beschwerdeverfahren von Gesetzes wegen beendet ist.
a) In der Sache führt die Rücknahme des Antrages auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zu
einer Erledigung der Hauptsache (vgl.
nur unvollkommen und unvollständig geregelt ist: Während
nicht erfasst, regelt
angefochtenen Entscheidung, wobei die Voraussetzungen, unter denen eine Erledigung festgestellt wird,
grundsätzlich enger sind als im Zivilprozess.
b) Der Senat ist der Ansicht, dass der durch die Rücknahme des Antrages auf Erteilung eines
Testamentsvollstreckerzeugnisses eingetretenden Wirkungslosigkeit der nachlassgerichtlichen Entscheidung
(vgl. § 22 Abs. 2 S. 1 FamFG) im Beschwerdeverfahren dadurch Rechnung getragen wird, dass eine
Entscheidung in der Hauptsache über die eingelegte Beschwerde unterbleibt, ohne dass auszusprechen
wäre, dass die bereits ergangene Entscheidung wirkungslos geworden ist bzw. sich die Hauptsache oder
das Rechtsmittel erledigt haben.
aa) Ein Ausspruch, dass die noch nicht rechtskräftige Entscheidung des Nachlassgerichts wirkungslos
(geworden) ist, kommt nicht in Betracht, weil keiner der Verfahrensbeteiligten einen entsprechenden Antrag
gestellt hat (vgl. § 22 Abs. 2 S. 2 FamFG).
bb) Der Senat kann aber auch nicht auszusprechen, dass sich das Beschwerdeverfahren erledigt hat. Ein
solcher Ausspruch würde nämlich nach Auffassung des Senats den Eindruck erwecken, dass das
Beschwerdegericht geprüft hat, ob die Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten
Testamentsvollstreckerzeugnisses ursprünglich vorlagen oder nicht. Eine derartige Prüfung ist im Verfahren
der freiwilligen Gerichtsbarkeit - im Gegensatz zur streitigen Gerichtsbarkeit bei einseitiger Erledigterklärung
- aber vom Gesetz gerade nicht vorgesehen. Dies ergibt sich insbesondere im Umkehrschluss aus § 62 Abs.
1 FamFG, der bei tatsächlich eingetretener Erledigung der Hauptsache einen derartigen Ausspruch gerade
nicht vorsieht, vielmehr kann lediglich der Ausspruch erfolgen, dass der Beschwerdeführer in seinen
Rechten verletzt wurde.
Die insoweit maßgeblichen Gesichtspunkte können im Übrigen hinreichend im Rahmen einer nach § 84
FamFG möglichen Kostenentscheidung berücksichtigt werden.
c) Die gemäß
Antragsrücknahme wurde konkludent am 26.2.2019 durch den Kostenantrag seitens der Beschwerdeführer
erklärt. Dieser Kostenantrag zeigt, dass die Beschwerdeführer kein Interesse mehr an einer
Sachentscheidung des Gerichts haben.
III.
Soweit die Beschwerdeführer ihre Beschwerde umfassend - mithin auch gegen die nachlassgerichtliche
Kostenentscheidung - eingelegt hatten, bedeutet die aus der Antragsrücknahme im Hinblick auf die Erteilung
eines Testamentsvollstreckerzeugnisses resultierende Wirkungslosigkeit der Entscheidung des
Nachlassgerichts dazu, dass auch dessen Kostenentscheidung wirkungslos geworden ist. Somit hat das
Nachlassgericht in eigener Zuständigkeit über die Kosten des dortigen Verfahrens zu entscheiden, denn die
Wirkungslosigkeit der Entscheidung in der Hauptsache erfasst eo ipso auch etwaige Nebenentscheidungen.
Eine Entscheidungskompetenz des Senats im Hinblick auf die Kosten erster Instanz besteht nach den
vorgenannten Grundsätzen nicht; dies würde auch den Instanzenzug für die Beteiligten unzulässig
verkürzen.
IV.
Im Hinblick auf die Kostenentscheidung des Beschwerdeverfahren gilt folgendes:
Gemäß § 83 Abs. 2 FamFG ist bei der Rücknahme des Antrags
1. Soweit das Beschwerdeverfahren im vorliegenden Fall ohne Entscheidung in der Sache endet, weil der
Antrag zurückgenommen wurde, ist der Senat der Ansicht, dass insoweit die gerichtlichen Kosten des
Beschwerdeverfahrens, wie ansonsten bei einer erfolgreichen Beschwerde, mit der Folge zu behandeln sind,
dass solche Kosten nicht anfallen, denn die Beschwerdeführer erreichen durch die von Gesetzes wegen
eingetretene Wirkungslosigkeit der nachlassgerichtlichen Entscheidung im Ergebnis das mit ihrer
Beschwerde verfolgte Ziel.
2. Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten im Beschwerdeverfahren sieht der Senat
keinen Anlass. Der Antrag auf Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses wurde zurückgenommen,
ohne dass eine abschließende Sachprüfung durch den Senat erfolgt war, so dass im Ergebnis offen
geblieben ist, wie eine solche Sachentscheidung ausgefallen wäre. Bei dieser Sachlage erscheint es
gerechtfertigt, von der Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Beschwerdeverfahren abzusehen.
Darüber hinaus hat der Beteiligte zu 1 seinen Antrag unmittelbar nach einem entsprechenden Hinweis des
Senats zurückgenommen.
V.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
Erlass des Beschlusses (
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG München
Erscheinungsdatum:03.09.2019
Aktenzeichen:31 Wx 118/18
Rechtsgebiete:
Testamentsvollstreckung
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Nachlaßabwicklung (insbes. Erbschein, Nachlaßinventar)
ZEV 2019, 610
Normen in Titel:BGB §§ 2197, 2368; FamFG §§ 22, 62, 83, 84