OLG Düsseldorf 27. August 2024
3 Wx 111/24
BGB §§ 185 Abs. 1, 883 Abs. 2, 885 Abs. 1 S. 1, 888 Abs. 1, 928; GBO §§ 19, 29

Eintragung einer Vormerkung in das Grundbuch; Bewilligungsberechtigung des Bewilligenden im Zeitpunkt der Eintragung; Verlust der Bewilligungsberechtigung bei Eintragung eines Eigentumsverzichts; herrenloses Grundstück; Bewilligungsberechtigung des Fiskus

letzte Aktualisierung: 6.2.2025
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.8.2024 – 3 Wx 111/24

BGB §§ 185 Abs. 1, 883 Abs. 2, 885 Abs. 1 S. 1, 888 Abs. 1, 928; GBO §§ 19, 29
Eintragung einer Vormerkung in das Grundbuch; Bewilligungsberechtigung des
Bewilligenden im Zeitpunkt der Eintragung; Verlust der Bewilligungsberechtigung bei
Eintragung eines Eigentumsverzichts; herrenloses Grundstück; Bewilligungsberechtigung
des Fiskus

1. Die zur Eintragung einer Eigentumserwerbsvormerkung erklärte Bewilligung ist rechtlich unbeachtlich,
wenn der Erklärende im Zeitpunkt der Eintragung nicht mehr bewilligungsberechtigt
gewesen ist.
2. An einer Bewilligungsberechtigung des Eigentümers fehlt es, wenn er sein Eigentum vorher durch
Eintragung seines Eigentumsverzichts im Grundbuch wirksam aufgegeben hat und das Grundstück
dadurch herrenlos geworden ist.
3. Ist ein Grundstück herrenlos, ist eine Bewilligung der Auflassungsvormerkung des Betroffenen
(Ergänzung des Worts durch DNotI-Redaktion) nicht entbehrlich. Bewilligungsberechtigt ist der Fis-
kus, dem das Recht zur Aneignung des aufgegebenen Grundstücks zusteht.

Gründe

I.
Der Beteiligte zu 1 ist der Geschäftsführer der Beteiligten zu 2, einer niederländischen
Kapitalgesellschaft.

Als Eigentümer des im Rubrum bezeichneten Grundbesitzes, bei dem es sich um ein
Waldgrundstück handelt, war zuletzt M…… im Grundbuch eingetragen.

Mit notariellem Vertrag vom 20.12.2013 (UR Nr. 314/2013 des Notars ……… in ……)
verkaufte M….. den Grundbesitz zum Preis von 5.944,50 € an den Beteiligten zu 1. Zu Gunsten
des Beteiligten zu 1 wurde am 11.02.2014 aufgrund der Bewilligung vom 20.12.2023 eine
Eigentumsübertragungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. Durch notariellen Vertrag
vom 03.07.2018 wurde der Vertrag dahingehend geändert, dass der Käufer sämtliche Rechte in
Abteilung II und III nebst den schuldrechtlichen Verpflichtungen übernimmt. Ferner findet sich
eine Bestätigung, dass der vereinbarte Kaufpreis gezahlt sei und eine Anweisung an den Notar,
den Kaufvertrag vom 20.12.2013 nunmehr abschließend zu vollziehen.

Die Eigentumsumschreibung auf den Beteiligten zu 1 erfolgte in der Folgezeit nicht, weil die
entstandene Grunderwerbssteuer nicht gezahlt wurde.

M….. gab das Eigentum an dem Grundstück durch beim Grundbuchamt am 10.12.2018
eingereichter Verzichtserklärung auf (§ 928 Abs. 1 BGB), was am 14.12.2018 in das Grundbuch
eingetragen wurde (Bl. 367 ff. der Grundakte).

Die Stadt G… pfändete mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 16.01.2024 die
Ansprüche des Beteiligten zu 1 aus dem Kaufvertrag vom 20.12.2013 auf Übertragung des
Eigentums sowie ein etwaiges Anwartschaftsrecht. Die Zustellung der Pfändungs- und
Einziehungsverfügung an den Beteiligten zu 1 erfolgte am 07.03.2024.

Mit notariellem Vertrag vom 10.02.2024 (Nr. 73 UV 2024 des Notars ………. in ……)
verkaufte der Beteiligte zu 1 den Grundbesitz an die Beteiligte zu 2 zum Preis von 5.944,50 €.
Die Beteiligten erklärten darin die Auflassung und der Beteiligte zu 1 bewilligte die Eintragung
einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsverschaffung zugunsten der
Beteiligten zu 2, deren Eintragung diese zugleich beantragte.

Am 13.02.2024 beantragte der beurkundende Notar nach § 15 GBO beim Grundbuchamt die
Eintragung der Vormerkung an nächstoffener Rangstelle.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Grundbuchamt - Rechtspfleger - den Antrag
zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Beteiligten zu 1 fehle die erforderliche
Bewilligungsbefugnis. Er sei nicht Betroffener i.S. des § 19 GBO, weil er nicht als Eigentümer
des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen sei. Daher fehle ihm die erforderliche
Verfügungsbefugnis über das Grundstück im Zeitpunkt der Eintragung.
Am 06.05.2024 wurde in das Grundbuch eingetragen, dass der durch die Vormerkung gesicherte
Anspruch zugunsten der Stadt G….. gepfändet sei aufgrund Pfändungsverfügung der Stadt
G….. vom 16.01.2024.

Gegen den ihren Eintragungsantrag zurückweisenden Beschluss richten sich die am 21.05.2024
eingegangenen Beschwerden der Beteiligten zu 1 und zu 2. Sie meinen, das Grundbuchamt habe
übersehen, dass ein Fall der Kettenauflassung vorliege. In der Einigung einer in einem
Grundstückskaufvertrag erklärten Auflassung liege regelmäßig die Einwilligung des Veräußerers
i.S. des § 185 Abs. 1 BGB dazu, dass der Erwerber vor seiner Eintragung durch
Weiterveräußerung über das Grundstück verfügt.

Sie beantragen,
den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts Kleve vom 16.04.2024 aufzuheben und
die Vormerkung nach dem Antrag vom 13.02.2024 einzutragen.

Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 25.06.2024 der Beschwerde nicht abgeholfen und
die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt. Zur weiteren
Begründung hat es ausgeführt, dass eine Einwilligung des Veräußerers gem. § 185 Abs. 1 BGB
für die Auflassungsvormerkung zu verneinen sei (BayObLG vom 26.10.1970 BReg. 2 Z 71/70
und 18.01.1979 BReg 2 Z 55/78; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.03.2005 – 20 W 312/04).
Ferner liege eine Kettenauflassung nicht vor, da der Erstveräußerer durch Verzicht auf das
Eigentum zum Antragszeitpunkt nicht (mehr) als Eigentümer im Grundbuch eingetragen und
dadurch nicht mehr verfügungsbefugt gewesen sei. Die Kette sei durchbrochen.
Die Beteiligten haben unter Wiederholung und Vertiefung ihres Standpunkts weiter ausgeführt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Grundakten Bezug
genommen.

II.
Die Beschwerde der Beteiligten ist nach § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. § 71 Abs. 1 GBO statthaft
und auch im Übrigen nach den §§ 71 ff. GBO zulässig.

Sie hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Grundbuchamt hat den Antrag der Beteiligten im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte (§ 13 GBO) Eintragung der
Eigentumserwerbsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 2 lagen nicht vor.

Gemäß § 19 GBO erfolgt eine Eintragung, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr
betroffen wird.

Die zur Eintragung der Eigentumserwerbsvormerkung gem. §§ 883, 885 Abs. 1 Satz 1 2. Fall
BGB erforderliche Bewilligung hat der Beteiligte zu 1 in § 6 des notariellen Vertrages vom
10.02.2024 erklärt.

Dieser war, wie das Grundbuchamt zutreffend angenommen hat, im Zeitpunkt der Eintragung
aber nicht bewilligungsberechtigt.

Denn die Vormerkung „betraf“ das Eigentum am Grundstück. Ein Recht wird von der
Eintragung betroffen, wenn es durch sie im Rechtssinn, nicht nur wirtschaftlich, beeinträchtigt
wird oder werden kann (BGH, Beschluss vom 14.06.1984 – V ZB 32/82, NJW 1984, 2409,
2410, beck-online; Demharter/Demharter, 33. Aufl. 2023, GBO, § 19 Rn. 49, beck-online). Der
Beteiligte zu 1 war indes nicht Eigentümer des Grundstücks, wie das Grundbuchamt zutreffend
ausgeführt hat.

Daher erfolgte die Bewilligung durch den Beteiligten zu 1 als Nichtberechtigter. Dies war nur
dann unschädlich, wenn sie mit Einwilligung des Berechtigten gemäß § 185 Abs. 1 BGB
erfolgte.

Entscheidend für die Beurteilung der Verfügungsbefugnis als Grundlage der Bewilligungsbefugnis
ist der Zeitpunkt der Eintragung, weil sich erst in diesem die verfahrensrechtliche
Verfügung über das betroffene Recht verwirklicht. Der Bewilligungsberechtigte muss daher im
Zeitpunkt der Eintragung verfügungs- und damit bewilligungsbefugt sein (Demharter/
Demharter, a.a.O., § 19 Rn. 60, beck-online).

Im Zeitpunkt der (möglichen) Eintragung bzw. der Entscheidung des Grundbuchamts am
16.04.2024 war das Grundstück herrenlos. M…. hatte das Eigentum mit Eintragung des
Verzichts am 14.12.2018 wirksam aufgegeben (§ 928 Abs. 1 BGB). Darauf, ob in der von ihm
im notariellen Grundstückskaufvertrag vom 20.12.2013 erklärten Auflassung zugleich eine
Ermächtigung i.S. des § 185 Abs. 1 BGB an den Beteiligten zu 1 enthalten war, dassdieser vor
seiner Eintragung durch Weiterveräußerung oder Bewilligung einer Eigentumsübertragungsvormerkung
über das Grundstück verfügt (vgl. Demharter/Demharter, a.a.O., § 20 Rn. 42,
beck-online), kommt es schon deshalb nicht an. Im Übrigen spricht hiergegen schon, dass
ausweislich § 7 Nr. 2 dieses Vertrages der Anspruch des Käufers auf Eigentumsübertragung
nicht abtretbar war. Hinzu kommt, dass dem Grundbuchamt die Auflassungserklärung des
M…… von den Beteiligten nicht in der nach § 29 GBO erforderlichen öffentlichen oder
öffentlich beglaubigten Form vorgelegt wurde. Die mit dem Antrag auf Eintragung der
Eigentumsumschreibungsvormerkung zugunsten des Beteiligten zu 1 dem Grundbuchamt
vorgelegte beglaubigte Vertragsabschrift vom 13.01.2014 des Notars ….. enthält die Auflassung
gemäß § 7 Nr. 1 des Vertrages ausdrücklich nicht (Bl. 315, 324 der Grundakte).
Dass das Grundstück herrenlos ist, führt umgekehrt nicht dazu, dass eine Bewilligung des
Betroffenen i.S. des § 19 GBO bzw. dessen Einwilligung zur Bewilligung nach § 185 Abs. 1
BGB entbehrlich ist.

Nach der Aufgabe des Eigentums durch M…. steht dem Fiskus des Landes, in dem das
Grundstück liegt, also dem Fiskus des Landes Nordrhein-Westfalen, das Recht zur Aneignung
des aufgegebenen Grundstücks zu (§ 928 Abs. 2 BGB). Bis zu seiner - nicht fristgebundenen -
Ausübung bleibt das Grundstück herrenlos. Die Abhängigmachung des Eigentumserwerbs von
einer zeitlich nicht begrenzten Ausübung des Aneignungsrechts (der Fiskus kann also sein
Aneignungsrecht über längere Zeiträume hinweg ruhen lassen) rechtfertigt die Annahme, dass
der Fiskus sein Aneignungsrecht auf andere übertragen oder auf das Aneignungsrecht verzichten
kann (BGH, Urteil vom 7.07.1989 – V ZR 76/88, Rn. 21). Das Aneignungsrecht vermittelt eine
zu einer Anwartschaft verfestigte Erwerbsposition (BeckOGK/J. Weber, 1.6.2024, BGB § 928
Rn. 33, beck-online).

Nimmt der Fiskus sein Recht nicht wahr, sondern verzichtet er darauf, kann sich jeder Dritte
das herrenlose Grundstück durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt und Eintragung im
Grundbuch aneignen. Mit der Grundbucheintragung wird das Eigentum erworben. Es handelt
sich um einen ursprünglichen, also nicht um einen von dem Verzichtenden abgeleiteten Erwerb
(BGH, Beschluss vom 10.05.2007 – V ZB 6/07, Rn. 13, NJW 2007, 2254, beckonline).
Für den Eintragungsantrag der Beteiligten bedeutet dies:

Dass der Fiskus auf sein Aneignungsrecht wirksam verzichtet hat, haben die Beteiligten weder
vorgetragen noch in der nach § 29 GBO erforderlichen Form nachgewiesen.

Liegt ein Verzicht nicht vor, setzt die beantragte Eintragung der Eigentumserwerbsvormerkung
zugunsten der Beteiligten zu 2 die Bewilligung des Fiskus gemäß § 19 GBO oder dessen
Einwilligung zur Eintragung gemäß § 185 Abs. 1 BGB voraus.

Denn bewilligen muss auch nur ein möglicherweise Betroffener, d.h. ein Rechtsinhaber, für
dessen Rechtsstellung eine ungünstige Wirkung der Eintragung zwar nicht feststellbar ist, sie
eine solche aber vielleicht haben kann. Das ist jeder Berechtigte, dessen rechtliche
Benachteiligung nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann (BGH, Beschluss vom
14.06.1984 – V ZB 32/82, NJW 1984, 2409, beck-online; Schöner/Stöber GrundbuchR,
16. Aufl. 2020, Rn. 100f, beck-online).

Die Eintragung der Vormerkung würde das Aneignungsrecht des Fiskus´ betreffen. Würde sich
der Fiskus nach Eintragung der Vormerkung zur Aneignung entschließen, wäre sein Eigentum
mit der Vormerkung belastet. Denn Gläubiger eines vorgemerkten Anspruchs auf Übertragung
des Eigentums oder Bestellung eines dinglichen Rechts (§§ 883 Abs. 2, 888 Abs. 1 BGB) können
ihren Anspruch auch gegen den als Eigentümer eingetragenen Fiskus durchsetzen, obwohl er
nicht Rechtsnachfolger des Verpflichteten ist. Dies gilt auch, wenn der persönliche Anspruch
gegen den früheren Eigentümer durch ein Veräußerungsverbot gesichert ist (§ 888 Abs. 2 BGB;
Staudinger/Diehn (2020) BGB § 928, Rn. 30). Im Übrigen würde schon allein die Eintragung
der Vormerkung als Buchposition eine Belastung darstellen. Denn deren Beseitigung würde
entweder die Beibringung einer Löschungsbewilligung des Berechtigten, hier der Beteiligten zu
2, oder den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs nach § 22 Abs. 1 GBO erfordern.

III.
Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, weil sich die Kostentragungspflicht der
Beteiligten zu 1 und zu 2 bereits aus §§ 25 Abs. 1, 22 Abs. 1,32 Abs. 1 GNotKG ergibt.

Die Geschäftswertfestsetzung erfolgt, sobald die Beteiligten Angaben zum Grundstückswert
gemacht haben (§ 45 Abs. 3 GNotKG).

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 Satz 1
Nr. 1 oder Nr. 2 GBO nicht vorliegen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Düsseldorf

Erscheinungsdatum:

27.08.2024

Aktenzeichen:

3 Wx 111/24

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Vormerkung

Normen in Titel:

BGB §§ 185 Abs. 1, 883 Abs. 2, 885 Abs. 1 S. 1, 888 Abs. 1, 928; GBO §§ 19, 29