Anspruch auf bauliche Veränderungen; privilegierte bauliche Veränderungen; Grundlegende Umgestaltung einer Wohnanlage; unbillige Benachteiligung eines Wohnungseigentümers; Beschlussanfechtung
letzte Aktualisierung: 29.2.2024
BGH, Urt. v. 9.2.2024 – V ZR 33/23
WEG §§ 20, 44
Anspruch auf bauliche Veränderungen; privilegierte bauliche Veränderungen;
Grundlegende Umgestaltung einer Wohnanlage; unbillige Benachteiligung eines
Wohnungseigentümers; Beschlussanfechtung
a) Beschließen die Wohnungseigentümer die Durchführung oder Gestattung einer baulichen
Veränderung, die ein Wohnungseigentümer unter Berufung auf
(hier:
nur für ungültig zu erklären, wenn die beschlossene Maßnahme entgegen § 20 Abs. 4
Halbs. 1 WEG die Wohnanlage grundlegend umgestaltet bzw. einen Wohnungseigentümer ohne
sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligt oder der Beschluss an einem anderen
(allgemeinen) Beschlussmangel leidet.
b) Ob die Anspruchsvoraussetzungen des
bauliche Veränderung insbesondere angemessen ist, ist bei einer Anfechtungsklage gegen einen dem
Verlangen eines Eigentümers stattgebenden Beschluss ohne Bedeutung. Auf diese Voraussetzungen
kommt es nur an, wenn der Individualanspruch des Wohnungseigentümers abgelehnt worden ist
und sich dieser mit einer Anfechtungsklage gegen den Negativbeschluss wendet und/oder den
Anspruch mit der Beschlussersetzungsklage weiterverfolgt.
c) Eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage ist bei einer Maßnahme, die der Verwirklichung
eines Zweckes i. S. d.
anzunehmen; der von dem Gesetzgeber im gesamtgesellschaftlichen Interesse erstrebten
Privilegierung bestimmter Kategorien von Maßnahmen ist bei der Prüfung, ob eine grundlegende
Umgestaltung vorliegt, im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses Rechnung zu tragen.
Entscheidungsgründe:
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung unter anderem
in
die Mehrheit beschlossen, die bauliche Veränderung zu gestatten. Die Mehrheitsentscheidung
erweise sich aber als unzulässig, weil die Wohnanlage i.S.d.
die Anlage als Ganzes. Eine grundlegende Umgestaltung komme zwar nur ausnahmsweise
und nicht bereits bei jeder die Eigenart der Anlage im Sinne von
Maßnahmen des
Ausgehend von einem objektiven Vorher-Nachher-Vergleich werde vorliegend
aber der Charakter der Anlage erheblich verändert. Eine von der Wohnung
der Streithelferin aus begehbare Terrasse gebe der allenfalls mittleren
Wohnstandards entsprechenden Anlage insgesamt ein neues, erheblich moderneres
und luxuriöseres Gepräge. Dies passe nicht zu der übrigen Gestaltung im
vorderen und rückwärtigen Bereich des Objekts. Für die Eigentümer der im ersten
Obergeschoss gelegenen Wohnungen bestehe zudem keine vergleichbare
Möglichkeit, ihr Wohnungseigentum aufzuwerten. In der Gesamtschau verändere
sich nicht nur die Symmetrie des Hauses, sondern der Charakter der Wohnanlage
als Ganzes.
Eine andere Bewertung ergebe sich auch nicht aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
WEG, weil die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt seien. Die gestattete
Errichtung der Terrasse sei zur Herstellung eines barrierefreien Zugangs zu
der Wohnung weder erforderlich noch angemessen. Insbesondere bestünden
andere Möglichkeiten eines barrierefreien Zugangs, die mit geringeren Eingriffen
in das Gebäude verbunden seien.
II.
1. Die von der Streithelferin eingelegte Revision ist zulässig. Nach § 66
Abs. 2 ZPO kann die Nebenintervention in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur
rechtskräftigen Entscheidung und auch - wie hier - in Verbindung mit der Einlegung
eines Rechtsmittels erfolgen. Der Beitritt genügt den inhaltlichen Anforderungen
des § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 ZPO. Ob die Streithelferin an dem
Beitritt ein rechtliches Interesse gemäß
bezweifelt, ist für ihre Rechtsmittelbefugnis unerheblich (vgl. Senat,
Urteil vom 26. Juni 2020 - V ZR 106/19,
davon folgt das rechtliche Interesse der Streithelferin bereits aus der in § 44
Abs. 3 WEG angeordneten Rechtskrafterstreckung (vgl. Bärmann/Göbel, WEG,
15. Aufl., § 44 Rn. 169 mwN).
2. In der Sache hält das Berufungsurteil rechtlicher Nachprüfung nicht
stand.
a) Zutreffend ist allerdings, dass das Berufungsgericht den Prüfungsmaßstab
der Anfechtungsklage jedenfalls im Ausgangspunkt auf die Einhaltung der
Grenzen des § 20 Abs. 4 Halbs. 1 WEG beschränkt.
aa) Der Prüfungsmaßstab einer Anfechtungsklage, die sich gegen einen
dem Verlangen nach
unterschiedlich beurteilt. Zum Teil wird angenommen, ein von den Wohnungseigentümern
gefasster Beschluss über die Durchführung oder Gestattung einer
verlangten baulichen Veränderung sei fehlerhaft, wenn zu Unrecht die Anspruchsvoraussetzungen
des
Dies habe zwar nicht die Nichtigkeit, aber die Anfechtbarkeit des Beschlusses
zur Folge (vgl. Abramenko in Skauradszun/Elzer/Hinz/Riecke, Die WEG-Reform
2020, § 5 Rn. 30; iE auch Schmidt,
Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes ordnungsmäßiger Verwaltung). Nach
anderer Auffassung ist im Rahmen einer Anfechtungsklage das Vorliegen der
Anspruchsvoraussetzungen gemäß
(vgl. Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 205; MüKoBGB/Rüscher,
WEG, 9. Aufl., § 20 Rn. 10 und 49; Staudinger/Jacoby, BGB [2023],
Rn. 190; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 994 und 1197; Horst,
MietRB 2021, 181, 183 f.; vgl. auch Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 4
Rn. 55).
bb) Die zuletzt genannte Auffassung ist richtig. Beschließen die Wohnungseigentümer
die Durchführung oder Gestattung einer baulichen Veränderung,
die ein Wohnungseigentümer unter Berufung auf
verlangt (hier:
eines anderen Wohnungseigentümers nur für ungültig zu erklären, wenn die beschlossene
Maßnahme entgegen § 20 Abs. 4 Halbs. 1 WEG die Wohnanlage
grundlegend umgestaltet bzw. einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis
gegenüber anderen unbillig benachteiligt oder der Beschluss an einem
anderen (allgemeinen) Beschlussmangel leidet. Ob die Anspruchsvoraussetzungen
des
insbesondere angemessen ist, ist bei einer Anfechtungsklage gegen einen
dem Verlangen eines Eigentümers stattgebenden Beschluss ohne Bedeutung.
Auf diese Voraussetzungen kommt es nur an, wenn der Individualanspruch des
Wohnungseigentümers abgelehnt worden ist und sich dieser mit einer Anfech-
tungsklage gegen den Negativbeschluss wendet und/oder den Anspruch mit der
Beschlussersetzungsklage weiterverfolgt (vgl. zu einer solchen Fallkonstellation
Senat, Urteil vom 9. Februar 2024 - V ZR 244/22, zur Veröffentlichung bestimmt).
(1) Der Gesetzgeber hat durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz
vom 16. Oktober 2020 (BGBl. I 2020 S. 2187) die Vorschriften über bauliche
Veränderungen in
Die Neuregelung dient unter anderem dem Zweck, den baulichen Zustand von
Wohnungseigentumsanlagen leichter verbessern und an sich ändernde Gebrauchsbedürfnisse
der Wohnungseigentümer anpassen zu können (vgl. BTDrucks.
19/18791 S. 26). Nunmehr können die Wohnungseigentümer nach § 20
Abs. 1 WEG im Gegensatz zu der Regelung in
über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen
(bauliche Veränderungen), jeweils mit einfacher Stimmenmehrheit beschließen.
Sie müssen dabei jedoch die Grenzen des § 20 Abs. 4 Halbs. 1 WEG
beachten. Danach dürfen bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend
umgestalten (§ 20 Abs. 4 Halbs. 1 Alt. 1 WEG) oder einen Wohnungseigentümer
ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen
(§ 20 Abs. 4 Halbs. 1 Alt. 2 WEG), weder beschlossen noch gestattet werden.
Die Vorschrift beschränkt ausweislich des Wortlauts nicht die durch § 20 Abs. 1
WEG eingeräumte Beschlusskompetenz, sondern konkretisiert den auch im Rahmen
von
(vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 66).
(2) Durch
Voraussetzungen geregelt, nach denen ein Wohnungseigentümer die Durchführung
bzw. Gestattung einer baulichen Veränderung verlangen kann. Auch dabei
sind nach § 20 Abs. 4 Halbs. 2 WEG die Vorgaben des § 20 Abs. 4
Halbs. 1 WEG zu beachten.
jeder baulichen Veränderung einzuhalten sind. Sind die Voraussetzungen eines
Anspruchs erfüllt und werden die Grenzen des
bauliche Veränderung durch die Wohnungseigentümer zu beschließen. Die Beschlussfassung
erfolgt aber auch in diesem Fall auf der Grundlage von § 20
Abs. 1 WEG. Denn durch
lediglich ein Anspruch auf Beschlussfassung gewährt, ohne
dass eine eigenständige Beschlusskompetenz begründet wird (vgl. zum Ganzen
Senat, Urteil vom 9. Februar 2024 - V ZR 244/22, Rn. 10, zur Veröffentlichung
bestimmt).
(3) Mit der Systematik des
Überprüfung eines Beschlusses über bauliche Veränderungen einen einheitlichen
Prüfungsmaßstab vor (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 62). Die in § 20
Abs. 1 WEG für alle Fälle baulicher Veränderungen geregelte Beschlusskompetenz
hat zur Folge, dass es jedenfalls im Grundsatz nicht darauf ankommt, ob die
Wohnungseigentümer die Maßnahme aus eigenem Antrieb beschlossen haben
oder in Erfüllung eines Anspruchs gemäß § 20 Abs. 2 oder 3 WEG (vgl. BTDrucks.
19/18791 S. 62; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 994,
1197; vgl. auch Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 4 Rn. 55; Blankenstein,
gefassten Beschluss gerichteten Anfechtungsklage das Vorliegen der Voraussetzungen
des
des Gesetzgebers Rechnung, den Gestaltungsspielraum der Wohnungseigentümer
durch
der Interessenlage der Wohnungseigentümer. Eine Beschlussfassung über die
Durchführung oder Gestattung einer mehrheitlich als sinnvoll eingestuften baulichen
Veränderung ist auch dann möglich, wenn ein entsprechendes Verlangen
eines Wohnungseigentümers - jedenfalls nach der Vorstellung der Mehrheit der
Wohnungseigentümer - nicht die Anspruchsvoraussetzungen des § 20 Abs. 2
Satz 1 WEG erfüllt (vgl. Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 205). Bestehen
lediglich Zweifel an dem Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen, kann ein
Beschluss ebenfalls gefasst werden (vgl. etwa Staudinger/Jacoby, BGB [2023],
§ 22 Rn. 190; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1198), so dass
die Zulässigkeit der baulichen Veränderung auch in diesem Fall bereits in der
Eigentümerversammlung durch einen Gestattungsbeschluss geklärt werden
kann.
b) Von Rechtsfehlern beeinflusst ist aber die Annahme des Berufungsgerichts,
dass die gestattete bauliche Veränderung zu einer grundlegenden Umgestaltung
der Wohnanlage im Sinne von § 20 Abs. 4 Halbs. 1 Alt. 1 WEG führt.
aa) Ob eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage anzunehmen
ist, kann nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände entschieden
werden (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 66). Die Beurteilung ist damit in erster Linie
Sache des Tatrichters, der alle in Betracht kommenden Umstände einzubeziehen
und eine Gesamtwürdigung vorzunehmen hat. Die revisionsrechtliche Nachprüfung
beschränkt sich darauf, ob das Berufungsgericht den unbestimmten Rechtsalle
für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und die Denkgesetze
und Erfahrungssätze beachtet hat (vgl. Senat, Urteil vom 23. März 2018
- V ZR 307/16,
bb) In diesem Rahmen ist die Beurteilung des Berufungsgerichts zu beanstanden.
Es sieht zwar richtig, dass nicht jede bauliche Veränderung, die nach
grundlegenden Umgestaltung im Sinne des neuen § 20 Abs. 4 Halbs. 1
Alt. 1 WEG führt. Der Begriff der grundlegenden Umgestaltung ist vielmehr enger
zu verstehen als der Begriff der Änderung der Eigenart im bisherigen Recht (vgl.
BT-Drucks. 19/18791 S. 66). Das Berufungsgericht nimmt aber die mit der Privilegierung
bestimmter Maßnahmen verfolgten Ziele des Gesetzgebers nicht hinreichend
in den Blick. Eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage ist bei
einer Maßnahme, die der Verwirklichung eines Zweckes i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1
WEG dient, zumindest typischerweise nicht anzunehmen (so ausdrücklich BTDrucks.
19/18791 S. 66). Dies ändert zwar nichts daran, dass - wie ausgeführt -
bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Beschlusses, nach dem eine bauliche
Veränderung durchgeführt oder gestattet wird, die ein Wohnungseigentümer unter
Berufung auf
der Vorschrift im Einzelnen nicht zu prüfen sind (vgl. oben Rn. 9 ff. ). Der von
dem Gesetzgeber im gesamtgesellschaftlichen Interesse erstrebten Privilegierung
bestimmter Kategorien von Maßnahmen - unter anderem zur Förderung der
Barrierefreiheit - ist aber bei der Prüfung, ob eine grundlegende Umgestaltung
vorliegt, im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses Rechnung zu tragen.
cc) Hiernach legt das Berufungsgericht seiner Prüfung des § 20 Abs. 4
Halbs. 1 Alt. 1 WEG einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde. Da die
von den Wohnungseigentümern beschlossene bauliche Veränderung ihrer Kategorie
nach dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderung dient (§ 20 Abs. 2
Satz 1 Nr. 1 WEG), hätte es einer Begründung bedurft, warum gleichwohl - ausnahmsweise
- die beschlossenen Maßnahmen zu einer grundlegenden Umgestaltung
der Wohnanlage führen. Hieran fehlt es. Darauf, ob die Streithelferin einen
Anspruch auf die Gestattung der baulichen Veränderung hatte, die bauliche
Veränderung insbesondere angemessen ist, kommt es entgegen der Auffassung
des Berufungsgerichts insoweit nicht an.
dd) Unter welchen Voraussetzungen bauliche Veränderungen, die nicht zu
den in
Umgestaltung der Wohnanlage führen, bedarf keiner Entscheidung
(vgl. näher zur Konkretisierung etwa Staudinger/Jacoby, BGB [2023], § 22
Rn. 76 ff.; Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl. § 20 Rn. 356 ff.; BeckOGK/Kempfle,
WEG [1.12.2023], § 20 Rn. 213 ff.; BeckOK WEG/Elzer [2.10.2023], § 20
Rn. 146 ff.).
III.
Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben und ist aufzuheben
(
weil es keiner weiteren Feststellungen bedarf und die Sache zur Entscheidung
reif ist (
die von den Klägern geltend gemachten Anfechtungsgründe auf noch ist er nichtig.
1. Eine grundlegende Umgestaltung i.S.d. § 20 Abs. 4 Halbs. 1 Alt. 1 WEG
ist mit der beschlossenen baulichen Veränderung nicht verbunden. Da die Maßnahme
der Verwirklichung des in
Zwecks der Barrierefreiheit dient, müssten außergewöhnliche Umstände vorliegen,
die die Annahme einer grundlegenden Umgestaltung rechtfertigten. Hieran
fehlt es. Gestattet wird der Streithelferin lediglich die Errichtung eines untergeordneten
Anbaus an ein bestehendes Gebäude einer Mehrhausanlage, wobei
die Errichtung einer Terrasse schon nach der Teilungserklärung erlaubt ist. Sollte
die Anlage durch die bauliche Veränderung ein neues, erheblich moderneres und
luxuriöseres Gepräge bekommen, wovon das Berufungsgericht ausgeht, wäre
dies nur die Folge der mit der Maßnahme bezweckten Barrierereduzierung und
müsste deshalb von den Klägern hingenommen werden. Unabhängig davon lässt
sich den Lichtbildern, die das Berufungsgericht in Bezug nimmt und die deshalb
auch von dem Senat berücksichtigt werden können, die Veränderung zu einem
luxuriöseren Gepräge der Anlage nicht entnehmen. Vielmehr geht nach der Verkehrsanschauung
der Charakter der gesamten Anlage bei Durchführung der baulichen
Veränderung nicht verloren.
2. Durch die Gestattung der baulichen Veränderung wird auch kein Wohnungseigentümer
gegenüber anderen unbillig benachteiligt i.S.d. § 20 Abs. 4
Halbs. 1 Alt. 2 WEG.
a) Eine unbillige Benachteiligung eines Wohnungseigentümers im Sinne
dieser Vorschrift setzt voraus, dass die beabsichtigte Maßnahme bei wertender
Betrachtung und in Abwägung mit den mit der baulichen Veränderung verfolgten
Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer in zumutbarer Weise nicht
abverlangt werden dürfte (vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar 2024 - V ZR 244/22,
Rn. 44, zur Veröffentlichung bestimmt).
b) Diese Voraussetzungen liegen auf der Grundlage der Feststellungen
des Berufungsgerichts nicht vor. Der Umstand, dass die Eigentümer der im Obergeschoss
gelegenen Wohnungen nicht die Möglichkeit haben, ihre Wohnungen
in vergleichbarer Weise aufzuwerten, vermag eine unbillige Benachteiligung nicht
zu begründen. Unabhängig davon, dass sich eine unbillige Benachteiligung
grundsätzlich nicht daraus herleiten lässt, dass andere Wohnungseigentümer
Vorteile erhalten, ist die Ungleichbehandlung nämlich - wie das Berufungsgericht
in der Sache selbst erkennt - durch die Begründung von Sondernutzungsrechten
allein zugunsten der Einheiten im Erdgeschoss bereits in der Teilungserklärung
angelegt.
3. Ausweislich des von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Urteils
des Amtsgerichts machen die Kläger neben ihrem vorrangigen Einwand,
dass die Voraussetzungen für einen Gestattungsbeschluss nach § 20 Abs. 2 und
4 WEG nicht vorlägen, geltend, der Beschluss sei jedenfalls in Teilbereichen zu
unbestimmt. Dies trifft jedoch nicht zu.
a) Dem Senat ist auch insoweit eine eigene Sachentscheidung möglich.
Das Berufungsgericht nimmt in seinem Urteil das Protokoll der Eigentümerversammlung
konkret in Bezug (vgl. dazu etwa Senat, Urteil vom 21. Juli 2023
- V ZR 215/21,
Abs. 1 Satz 1 ZPO der revisionsgerichtlichen Beurteilung. Der Beschlussinhalt ist
durch Auslegung zu ermitteln, die das Revisionsgericht selbst vornehmen kann
(vgl. Senat, Beschluss vom 10. September 1998 - V ZB 11/98,
291).
b) Geboten ist eine objektive Auslegung, bei der es maßgebend darauf
ankommt, wie ein Beschluss nach seinem Wortlaut und Sinn für einen unbefangenen
Betrachter nächstliegend zu verstehen ist (vgl. Senat, Urteil vom
21. Juli 2023 - V ZR 215/21,
2014 - V ZR 315/13,
durchführbare Regelungen und weist keine inneren Widersprüche auf.
Soweit der Streithelferin die Errichtung einer Terrasse nebst Zufahrtsrampe und
der Austausch des Doppelfensters im Wohnzimmer durch eine verschließbare
Tür gestattet werden, sind konkrete Vorgaben für die Durchführung der baulichen
Veränderung geregelt. Lage und Größe der Terrasse nebst Rampe sind bezeichnet
und zudem konkrete Angaben für die bauliche Gestaltung und die zu verwendenden
Materialien enthalten. Der Beschluss ist auch nicht unbestimmt, soweit
er die Zuwegung zu der Terrasse regelt. Insbesondere enthält der Beschluss,
was das Amtsgericht in Zweifel gezogen hatte, konkrete Angaben zu dem Verlauf
des Weges.
4. Dass sich die Kläger auf weitere Beschlussmängel berufen haben,
ergibt sich weder aus dem Urteil des Amtsgerichts noch aus dem Berufungsurteil.
Die Kläger haben insoweit auch keine Gegenrüge erhoben.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf
haben dem Grunde nach auch die Kosten der Streithelferin zu tragen. Dies folgt
allerdings nicht aus
hier - streitgenössischen Nebenintervention (
nicht gilt (vgl.
- II ZB 23/06,
der unterstützten Partei die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, erfasst dies auch
ohne besonderen Ausspruch, den der Senat hier nur zur Klarstellung trifft, die
Kosten der streitgenössischen Nebenintervention, weil diese Kosten als Kosten
des Hauptprozesses behandelt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 18. November
2014 - II ZR 1/14,
§ 101 Rn. 35). Ob die Nebenintervention i.S.d.
- dies ist für jede Instanz gesondert zu bewerten (vgl. nur MüKoBGB/Hogenschurz,
9. Aufl.,
Kosten als notwendig i.S.d.
erst in dem Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen, dürfte hier aber ohne weiteres
zu bejahen sein, weil nur die Streithelferin Revision eingelegt hat und durch
einen bei dem Bundesgerichtshof postulationsfähigen Rechtsanwalt vertreten
worden ist.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:09.02.2024
Aktenzeichen:V ZR 33/23
Rechtsgebiete:
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
WEG §§ 20, 44