Kammergericht 12. März 2025
21 U 138/24
BGB §§ 633 Abs. 1 u. 2, 634 Nr. 3, 638

Mittlere Art und Güte eines Tiefgaragenstellplatzes; kein Anspruch eines Erwerbers, mit einem Mittelklassefahrzeug in einem Zug ein- und ausparken zu können

letzte Aktualisierung: 10.4.2025
KG, Urt. v. 12.3.2025 – 21 U 138/24

BGB §§ 633 Abs. 1 u. 2, 634 Nr. 3, 638
Mittlere Art und Güte eines Tiefgaragenstellplatzes; kein Anspruch eines Erwerbers, mit
einem Mittelklassefahrzeug in einem Zug ein- und ausparken zu können

1. Für die übliche Nutzung eines Tiefgaragenstellplatzes muss jedenfalls eine Fahrtaktik zum Abstellen
des Fahrzeugs möglich sein, die ohne einen erhöhten Rangieraufwand oder ohne nennenswerte
Komforteinbuße auskommt.
2. Sofern nichts anderes vereinbart ist, hat der Erwerber eines Tiefgaragenstellplatzes keinen Anspruch
darauf, mit einem Mittelklassefahrzeug in einem Zug ohne Korrekturzüge ein- und
ausparken zu können, den Stellplatz vorwärts ansteuern und vorwärts ohne Korrekturzug einparken
zu können oder eine Wendemöglichkeit in unmittelbarer Nähe seines Stellplatzes nutzen zu können.
3. Der geschuldete Standard der mittleren Art und Güte ist erst dann unterschritten, wenn das Einund
Ausparken die Grenze des Zumutbaren mit einem durchschnittlichen Fahrzeug und
durchschnittlichen Fahrkünsten überschreitet. In diesem Rahmen hat der Erwerber gewisse
Toleranzen beim Komfort des Ein- und Ausparkens hinzunehmen.

Gründe

I.
Die Kläger begehren Schadensersatz wegen Mängeln an ihrer Eigentumswohnung, eine
Kaufpreisminderung wegen ihres Tiefgaragenstellplatzes und die Erstattung privater
Sachverständigenkosten.

Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im
angegriffenen Urteil des Landgerichts Bezug genommen. Ergänzend wird ausgeführt:
Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 17. Juli 2024 in der Hauptsache zu Zahlung
von insgesamt 22.504,90 EUR verurteilt. Hierbei hat das Landgericht 9.530,- EUR als
Schadensersatz für die mangelbedingte Wertminderung der Wohnung in Ansatz gebracht, wobei
2.000,- EUR auf die fehlende Funktion des Raumthermostats in der Küche entfielen. Als
Wertminderung für den Tiefgaragenstellplatz hat das Landgericht einen Betrag von 11.000,-
EUR zuerkannt und einen Schadensersatz wegen privater Sachverständigenkosten in Höhe von
1.974,90 EUR zugesprochen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Ziel einer vollständigen
Klageabweisung. Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 22. Juli 2024 zugestellte Urteil
hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 20. August 2024 am selben Tag Berufung eingelegt und
diese mit einem am Montag, den 23. September 2024 eingegangen Schriftsatz vom selben Tage
begründet.

Die Beklagte rügt:

Das Landgericht habe die Zuerkennung des Schadensersatzes in Höhe von 7.530,- EUR nicht
begründet. Hierdurch werde ihr Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG
verletzt. Ein Mangel hinsichtlich des Raumthermostats in der Küche liege nicht vor. Ein
separater Heizkreis für die Küche sei weder nach den vertraglichen Vereinbarungen geschuldet
noch nach der Energieeinsparverordnung 2016 (nachfolgend: EnEV 2016) erforderlich. Die
Schaltung der Küche auf den Heizkreis des Wohnzimmers sei fachgerecht. Hinsichtlich des
Tiefgaragenstellplatzes habe das Landgericht seine Entscheidung fehlerhaft auf die
Feststellungen des klägerischen Parteigutachtens gestützt und das Bestreiten der Beklagten
ignoriert. Ein Mangel liege insoweit nicht vor. Es sei weder vertraglich vereinbart noch
entspreche es der allgemeinen Verkehrserwartung, dass für jeden Stellplatz eine unmittelbare
Wendemöglichkeit zur Verfügung stehe. Es entspreche auch der üblichen und zumutbaren
Nutzbarkeit, wenn ein Stellplatz durch rückwärtiges Fahren erreicht werden müsse. Hierbei sei
auch zu berücksichtigen, dass Mittel- und Oberklassefahrzeuge über Einparkhilfen und
Rückfahrkameras verfügten. Ohnehin sei nicht vereinbart, dass der Stellplatz auf Fahrzeuge
eines bestimmten Typs oder einer bestimmten Größe hin ausgerichtet sein müsse. Die Kläger
seien zudem mit Mängelrechten ausgeschlossen, weil sie den vermeintlichen Mangel bei
Abnahme des Werkes kannten oder kennen mussten, aber keinen Vorbehalt bei Abnahme
erklärt hätten. Die Kosten für den privaten Sachverständigen seien schon dem Grunde nach
nicht als Mangelfolgeschaden gemäß § 280 BGB erstattungsfähig.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage unter teilweiser Änderung des am 17. Juli 2024 verkündeten Urteils des Landgerichts
Berlin II zum Geschäftszeichen 29 0 76/21 insgesamt abzuweisen.

Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in zweiter Instanz eingereichten Schriftsätze der
Parteien, insbesondere die Berufungsbegründung und -erwiderung, sowie auf das Protokoll der
mündlichen Verhandlung vom 29. Januar 2025 Bezug genommen.

II.
A.
Die nach § 511 Abs. 1 ZPO statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß §§ 517, 519, 520 ZPO
form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufungsbegründung genügt auch
den Anforderungen aus § 520 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZPO.

B.
Die Berufung hat in der Sache auch teilweise Erfolg.

1.
Die Kläger haben gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 634 Nr. 4,
280 Abs. 1 und 3, 281 BGB in Höhe von 7.820,- EUR wegen Mängel an der von ihnen
erworbenen Wohnung.

Die Ansprüche der Kläger wegen Mängeln richten sich nach Werkvertragsrecht. Denn
Mängelansprüche von Erwerbern an neu errichteten Eigentumswohnungen unterfallen bei nach
Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 geschlossenen
Bauträgerverträgen grundsätzlich dem Werkvertragsrecht (BGH, Urteil v. 12.05.2016 – VII ZR
171/15 – Rn. 23, 25; BGH, Urteil v. 09.11.2023 – VII ZR 241/22 – Rn. 33). So liegt der Fall
hier für den im Jahr 2016 geschlossenen Vertrag, für den auch nicht die ab dem 1. Januar 2018
durch das Bauvertragsrechtsreformgesetz eingeführten Regelungen gelten, Art. 229 § 5 Satz 1,
§ 39 BGBEG.

Zu den Mängeln im Einzelnen ist auszuführen:

a) Fehlende Funktion des Thermostats für die Küche
Die Kläger haben insoweit einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 290,- EUR.
Der zum Schadensersatz führende Mangel besteht darin, dass die Fußbodenheizung in der
Küche nicht mit der vorgeschriebenen separaten thermostatischen Raumtemperaturregelung
ausgestattet ist. Vielmehr ist das Thermostat in der Küche ohne Funktion und der dortige
Heizkreis ist mit der Regelung für das Wohnzimmer verknüpft. Dieser Zustand weicht vom
geschuldeten Bausoll ab.

Die Beklagte ist vertraglich verpflichtet, für die Küche in der Wohnung der Kläger einen
gesondert regelbaren Heizkreislauf vorzusehen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten findet die EnEV 2016 vorliegend Anwendung. Denn
die Baubeschreibung, die Gegenstand des notariellen Kaufvertrages ist, nimmt auf die EnEV
2016 in Ziff. 6.1 ausdrücklich Bezug. Nach § 14 Abs. 2 EnEV 2016 müssen Räume mit einer
Nutzfläche von 6 m2 oder mehr mit einer Einrichtung der raumweisen Regelung der
Raumtemperatur ausgestattet sein. Das Abweichen von den Vorschriften der EnEV verstößt
gegen die allgemeinen Regeln der Technik (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil v.
02.10.2008 – 12 U 92/08 – Rn. 19).

Dementsprechend ist in Ziff. 6.2 der Baubeschreibung vorgesehen, dass alle Räume getrennte
Heizkreisläufe erhalten außer Flur, Diele, Abstellräume. Die Küche der Kläger ist – nach einer
Planungsänderung – ausweislich des Grundrisses (Anlage K 16) als eigenständiger, mit Türen
abgetrennter Raum gebaut worden. Er hat eine Größe von 8,33 m2 (Anlage 5 zum Kaufvertrag -
Wohnflächenberechnung). Er ist deshalb mit einer getrennten Heizungsregulierung zu versehen,
was die Beklagte verabsäumt hat. Die von der Beklagten gewählte Konstruktion entspricht
weder der EnEV 2016 noch ihrer vertraglichen Verpflichtung gemäß Ziff. 6.2 der
Baubeschreibung.

Die Kläger haben diesen Mangel unstreitig am 29. November 2020 gerügt. Hierin liegt
zumindest konkludent die Aufforderung, den Mangel zu beseitigen. Eine Fristsetzung ist dann
entbehrlich, wenn sie reine Förmelei wäre (BGH, Urteil v. 18.09.2014 – VII ZR 58/13 – Rn.
29). In Anbetracht dessen, dass die Beklagte den Mangel auch noch in zweiter Instanz bestreitet,
ist eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung hier als entbehrlich anzusehen. Die Beklagte hat
nicht zuletzt mit ihrem Berufungsvorbringen untermauert, dass sie den Mangel in Abrede stellt
und ersichtlich zu keiner Zeit eine Abhilfe beabsichtigt hat.

Der Senat schätzt den Schaden in Form des mangelbedingten Minderwerts auf 290,- EUR.
Der mangelbedingte Minderwert des Werks ist ausgehend von der Vergütung als Maximalwert
nach § 287 ZPO unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu schätzen. Im Rahmen
dieser – sich an § 634 Nr. 3, § 638 BGB anlehnenden – Schadensbemessung können die fiktiven
Mängelbeseitigungskosten nicht als Maßstab herangezogen werden. Dagegen kommt
beispielsweise eine Schadensbemessung anhand der Vergütungsanteile in Betracht, die auf die
mangelhafte Leistung entfallen. Ergeben sich die Vergütungsanteile nicht aus dem Vertrag, sind
sie zu schätzen (BGH, Urteil v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, Rn. 41 f m.w.N.).

Zu Recht geht das Landgericht deshalb im Rahmen der Schadensschätzung zunächst von dem
Vergütungsanteil in Höhe von 13,3 % des Kaufpreises aus, der auf die Rohinstallation der
Heizungs-, Sanitär- und Elektroanlagen sowie die Fenster einschließlich der Verglasung entfällt
und einen Anteil von 57.988,- EUR ausmacht (13, 3 % von 436.000,- EUR). Von dieser
Teilleistung stellt die Installation der Thermostate und Schaltung der Heizkreise nur einen –
nicht weiter im Vertrag vergütungsmäßig ausgewiesenen – Bruchteil dar. Nach Auffassung des
Senats kann dieser Bruchteil nach der rechtlichen Maßgabe des Bundesgerichtshofs aber
allenfalls mit 0,5 % der in den Vergütungsanteil von 13,3 % fallenden Leistungen bewertet
werden, was 289,94 EUR entspricht. Dem Senat dient als Kontrollüberlegung, dass die
marginale Teilleistung in Form des gesondert regelbaren Heizkreislaufes für einen Raum keinen
Vergütungsanteil von 0,1 % des Gesamtkaufpreises ausmachen wird. Der geschätzte Betrag von
290,- EUR korrespondiert mit 0,067 % des gesamten Kaufpreises. Dies erachtet der Senat mit
Blick auf die Fehlfunktion eines Thermostats für die Küche als angemessen.

b) Weitere Mängel
Den Klägern steht ein weiterer Anspruch in Höhe von 7.530,- EUR wegen der im gerichtlichen
Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. L vom 23. November 2023 festgestellten Mängel zu.
Wegen der einzelnen Mängel und der dort jeweils ausgewiesenen Schadenshöhe wird auf das
vorgenannte Gutachten verwiesen.

Die Kläger haben die Beklagte mit Schreiben vom 21. Oktober 2019 vergeblich aufgefordert, die
Mängel bis zum 10. November 2019 beseitigen zu lassen (Anlage K 3).

Aus der Gesamtwürdigung der angefochtenen Entscheidung wird hinreichend deutlich, dass der
zuerkannte Minderungsbetrag in Höhe von 7.530,- EUR auf dem gerichtlichen
Sachverständigengutachten beruht. Die dort aufgeführte Wertminderung in Höhe von 8.000,-
EUR reduziert sich – wie vom Landgericht erkannt – um die Teilerledigung in Höhe von 470,-
EUR wegen der beseitigten Tapetenabhebung (vgl. Urteil des Landgerichts, S. 7 und 12).
Nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dipl.-Ing. L verbleibt eine
Wertminderung für die aufgeführten Mängel – ohne die Tapetenabhebung – in Höhe von
7.530,- EUR (Gutachten vom 23. November 2023, S. 29). Der Senat schließt sich den
Ausführungen der Sachverständigen nach eigener kritischer Prüfung an. Die Beklagte hat deren
Feststellungen auch nicht in Frage gestellt.

2. Tiefgaragenstellplatz
Die Kläger haben insoweit einen Anspruch auf Minderung in Höhe von 6.600,- EUR aus § 633
Abs. 1 und 2, 634 Nr. 3, 638 BGB.

Die räumlichen Gegebenheiten in der Tiefgarage und die Belegenheit des Stellplatzes der Kläger
sind unstreitig. Das als qualifizierte Parteivortrag zu wertende private Gutachten der Klägerseite
hat die Beklagte mit Blick auf die räumlichen Gegebenheiten nicht ausreichend bestritten.
Danach ist der Stellplatz der Kläger von der Ein- und Ausfahrtrampe über eine Distanz von ca.
30 m mit zwei Richtungswechseln der Fahrgasse erreichbar. Er liegt rechtwinklig am Ende der
5,99 m breiten Fahrgasse. Die seitliche Begrenzungswand des streitgegenständlichen Stellplatzes
Nr. 17 läuft als Begrenzungswand für das Fahrbahnende und den gegenüberliegenden Stellplatz
durch. Der Stellplatz Nr. 17 hat eine Breite von 2,39 m und eine Länge von 5,06 m. Die
entsprechenden Feststellungen des Landgerichts hat der Senat gemäß § 529 ZPO zugrunde zu
legen. Auf die zur Baubeschreibung gehörende Skizze der Tiefgarage wird daneben Bezug
genommen.

Der Senat geht auf der Grundlage der Baubeschreibung im Ausgangspunkt davon aus, dass die
Beklagte einen Stellplatz schuldete, der zu dem vorgesehenen Zweck des Ein- und Ausparkens
den Standard der mittleren Art und Güte erreicht. Ein „nutzungsfreundliches Befahren“ führt
die Baubeschreibung nur mit Blick auf die Oberflächenbeschichtung der Tiefgarage an. Für die
übliche Nutzung eines Tiefgaragenstellplatzes durch Abstellen eines Kraftfahrzeugs muss
danach jedenfalls eine Fahrtaktik möglich sein, die ohne einen erhöhten Rangieraufwand
auskommt. Der Erwerber hat jedoch grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass eine
bestimmte Einparkvariante möglich ist oder sogar sämtlich in Betracht kommende.

Insbesondere besteht kein Anspruch darauf, mit einem Mittelklassefahrzeug in einem Zug
einparken zu können, den Stellplatz vorwärts ansteuern und vorwärts ohne Korrekturzüge
einparken zu können oder eine Wendemöglichkeit in unmittelbarer Nähe seines Stellplatzes
nutzen zu können. Dies ergibt sich hier weder aus dem Vertrag noch aus der allgemein üblichen
und zumutbaren Zugänglichkeit von Tiefgaragenstellplätzen. Der begrenzte Parkraum in Berlin
findet sich auch in der Konzeption der Tiefgaragen wieder, was dem Senat als Bausenat aus
einer Vielzahl von baurechtlichen Streitigkeiten bekannt ist. Dieser Umstand ist im Grundsatz
zudem allgemeinkundig. Der geschuldete Standard der mittleren Art und Güte ist deshalb erst
dann unterschritten, wenn das Ein- und Ausparken die Grenze des Zumutbaren mit einem
durchschnittlichen Fahrzeug überschreitet. In diesem Rahmen hat der Erwerber gewisse
Toleranzen beim Komfort des Ein- und Ausparkens hinzunehmen, soweit der Stellplatz sich im
Rahmen der geschuldeten mittleren Art und Güte bewegt. Dies ist stets eine Frage des
Einzelfalls.

2.1
Der Senat sieht den Stellplatz im Grundsatz als ordnungsgemäß erstellt an, auch wenn die
vertraglich geschuldete Mindestbreite geringfügig um einen Zentimeter unterschritten sein mag.

2.2
Der Stellplatz ist jedoch mangelhaft, weil er nicht in der geschuldeten mittleren Art und Güte
erreichbar ist.
Der Fahr- und Rangieraufwand, um den Stellplatz von der Einfahrtrampe aus zu erreichen,
hängt hier einerseits von den Maßen und technischen Optionen des Fahrzeugs (z.B. Größe,
Wendekreis, Einparkhilfen, Rückfahrkamera) und andererseits von den Fähigkeiten des Fahrers
ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Stellplatz ausweislich der Baubeschreibung in der
geschuldeten Größe hinter den Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs (EAR) 2005
zurückbleibt.

Mit Blick auf die beiden Optionen, entweder vorwärts oder rückwärts einparken zu können, ist
es im vorliegenden Fall wegen der die Fahrgasse begrenzenden Wand jedenfalls ausgeschlossen,
an dem Stellplatz vorwärts vorbeizufahren und unmittelbar rückwärts einzuparken (Variante 1).
Bei einer Anfahrt des Stellplatzes vorwärts kann die Absicht vorwärts einzuparken unter der
Maßgabe, dass der benachbarte Stellplatz sowie die gegenüberliegenden Stellplätze belegt sind,
gegebenenfalls – je nach Fahrzeug und Fahrkönnen – mit Schwierigkeiten bei dem Parkmanöver
und erforderlichen Korrekturzügen verbunden sein (Variante 2). Bei einer Einfahrt vorwärts in
die Tiefgarage und einer Wendung vor Einfahrt in die zum Stellplatz führende Gasse oder in
dieser Gasse muss dann gegebenenfalls eine Strecke an mehreren Parkplätzen vorbei auf nicht
gerader Strecke rückwärts zurückgelegt werden, um den Stellplatz zu erreichen (Variante 3). Die
Varianten (2) und (3) können an einen durchschnittlichen Fahrer erhöhte Anforderungen
stellen, mutmaßlich abhängig vom Fahrzeug, oder auch Abstriche bei dem Komfort der
Erreichbarkeit des Stellplatzes bedingen. In der Gesamtschau der Szenarien (1) – (3) geht der
Senat von einer relevanten Komforteinbuße bei der Tauglichkeit des Stellplatzes aus. Eine
Gebrauchsmöglichkeit mittlerer Art und Güte setzt nach Auffassung des Senats zumindest eine
gesicherte und potentiell nutzerfreundliche Variante für einen durchschnittlichen Fahrer mit
durchschnittlichem Fahrzeug voraus. Diese kommt bei der Variante (2) allein dann in Betracht,
wenn der Stellplatz mit einem sehr kleinen und wendigen Fahrzeug angefahren wird (a) oder die
benachbarten Stellplätze unbelegt sind und dadurch die Rangierfläche erweitert ist (b). Auf den
Lichtbildern 27 und 28 des Privatgutachtens des Dipl. Ing. O ist ersichtlich, dass ein
Mittelklassefahrzeug wie das der Kläger nicht in die Fallgruppe (2a) fällt. Auch für den Fall des
Weiterverkaufs des Stellplatzes muss in den Blick genommen werden, dass der Standard
„mittlere Art und Güte“ nicht auf die Geeignetheit des Stellplatzes vornehmlich für
Kleinstfahrzeuge ausgerichtet sein kann. Bei der Fallgruppe (2b) würde es letztlich vom Zufall
abhängen, ob die Erreichbarkeit des Stellplatzes erschwert ist oder nicht. In der Fallgruppe (3)
erachtet es der Senat als außerhalb der Toleranz, dass nicht nur ein Rückwärtsfahren über die
Distanz mehrerer Stellplätze erforderlich ist, sondern dies auch noch auf einer gebogenen Linie
zu geschehen hat. Ein Wendemanöver innerhalb der zum Stellplatz führenden Fahrgasse nach
der „T-Kreuzung“ dürfte ohnehin mit einem erhöhten Rangieraufwand verbunden sein und
deshalb im Vergleich zu einer Wendung vor Einfahrt in die zum Stellplatz führende Fahrgasse
an der „T-Kreuzung“ ausscheiden.

Einer Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten bedurfte es zur Feststellung eines
Mangels nicht. Die örtlichen Gegebenheiten und Maße sind unstreitig und aus dem Lageplan
der Tiefgarage sowie den vorgelegten Lichtbildern ersichtlich. Die grundsätzlichen Optionen für
ein Ein- und Ausparken auf und von dem streitgegenständlichen Stellplatz kann die erkennende
Einzelrichterin aufgrund ihrer eigenen Erfahrung als Autofahrerin seit über 30 Jahren mit
höchst unterschiedlichen Fahrzeugen und aus ihrer mehrjährigen Tätigkeit als Richterin in zivilund
strafrechtlichen Verkehrskammern des Landgerichts Berlin aus eigener Sachkunde selbst
beurteilen.

2.3
Ansprüche wegen dieses Mangels des Tiefgaragenstellplatzes sind nicht gemäß § 640 Abs. 3
BGB ausgeschlossen. Für eine vorbehaltlose Abnahme trotz Mangelkenntnis gemäß § 640
Abs. 3 BGB reicht ein Kennenmüssen nicht aus. Vielmehr ist eine Kenntnis des konkreten
Mangels, seiner Auswirkung und dessen Bedeutung für die Verwendbarkeit des Werks
erforderlich (BGH, Urteil v. 09.11.2000 – VII ZR 409/99 – Rn. 17; vgl. Grüneberg/Retzlaff,
BGB, 84. Aufl., § 640, Rn. 20 ff m.w.N.). Die Darlegungs- und Beweislast obliegt der Beklagten
nach dem allgemeinen Grundsatz, dass derjenige, der sich auf eine Einrede gegen einen
Anspruch beruft, hierfür die Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. Grüneberg/Retzlaff, a.a.O.,
Rn. 22). Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen. Zwar waren die Kläger durch die Skizze zur
Baubeschreibung und gegebenenfalls durch eine Besichtigung über die Lage des Stellplatzes
grundsätzlich informiert. Das gilt insbesondere mit Blick auf die seitliche Begrenzungswand des
Stellplatzes, die zugleich die Fahrgasse abschließt. Einen Fahrversuch oder gleichwertiges
Unterfangen haben sie jedoch unstreitig vor dem Erwerb des Stellplatzes nicht durchgeführt.
Auch wenn sie sich unter mehreren noch zum Erwerb stehenden Stellplätzen für den
streitgegenständlichen entschieden haben, folgt hieraus nicht zwangsläufig, dass sie die
Komplexität der Frage der Erreichbarkeit des Stellplatzes vollends durchdrungen und überdacht
haben. Ein offensichtlicher Mangel liegt deshalb nicht vor. Ein solcher ist nur mit äußerster
Vorsicht und Zurückhaltung anzunehmen, und zwar dann, wenn ein Mangel so klar und
gravierend in Erscheinung tritt, dass ein Sachkundiger ihn nicht übersehen haben kann (vgl.
OLG Dresden, Urteil v. 28.02.2002 – 4 U 2123/01 – Rn. 29). Solche Umstände sind nicht
gegeben.

2.4
Eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung nach §§ 638 Abs. 1 Satz 1, 636, 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB
ist entbehrlich. Die Beklagte leugnet einen Mangel auch noch in zweiter Instanz und hat keine
anderen Ausgleichsmöglichkeiten in Aussicht gestellt. Eine Nacherfüllung in Bezug auf den
streitgegenständlichen Stellplatz ist ersichtlich unmöglich.
Eine Minderungserklärung im Sinne von § 636 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt vor.

2.5
Der Senat erachtet im vorliegenden Einzelfall eine Minderungsquote von 20 % des Kaufpreises
von 33.000,- EUR, mithin einen Minderungsbetrag in Höhe von 6.600,- EUR für angemessen.
Hierdurch sind sämtliche mit dem streitgegenständlichen Stellplatz verbundenen Abstriche des
als Bausoll geschuldeten Standards der mittleren Art und Güte ausreichend berücksichtigt.
Die Minderung errechnet sich gemäß § 638 Abs. 3 BGB durch Herabsetzen des Kaufpreises in
dem Verhältnis, in dem der Wert des Werks in mangelfreiem Zustand zur Zeit des
Vertragsschlusses zu dem wirklichen Wert gestanden hat. Sie ist gegebenenfalls gemäß § 287
ZPO zu schätzen (Grüneberg/Retzlaff, a.a.O., § 638, Rn. 4 m.w.N.).

Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem der Entscheidung des OLG Braunschweig
zugrundeliegenden Sachverhalt, in dem eine Minderung des Kaufpreises für einen
Tiefgaragenplatz von 2/3 angenommen wurde (Urteil v. 20.06.2019 – 8 U 62/18), in mehrfacher
Hinsicht. Zum einen beträgt die hier rückwärts zurückzulegende Strecke nur maximal 27 m,
mithin etwa die Hälfte des dort zur Entscheidung stehenden Sachverhalts. Zum anderen liegt
hier die Erschwernis durch die Gefahr einer sich öffnenden Tür während des Einparkens nicht
vor. Dass hier ein Rückwärtsfahren mit Lenkbewegung im Raum steht, fällt nicht in gleicher
Weise ins Gewicht, weil es sich um ein übliches Fahrmanöver handelt. Solche Fertigkeiten
verfestigen sich im Allgemeinen mit zunehmender Übung und sind plötzlich erforderlich
werdenden Fahrmanövern bei Gefahr nicht vergleichbar.

Der Senat geht allerdings auch hier davon aus, dass die eingeschränkte Nutzbarkeit des
Stellplatzes nicht bereits durch eine Reduktion des Kaufpreises abgegolten ist. Hierzu hat die
Beklagte nichts konkret vorgetragen. Der Senat kann deshalb nicht zugrunde legen, die
eingeschränkte Nutzbarkeit des Stellplatzes wäre bereits über den reduzierten Kaufpreis
abgebildet.

Bei der Bestimmung der Minderungsquote hat sich der Senat von der Überlegung leiten lassen,
dass die in der Variante (2) aufgeführten Schwierigkeiten grundsätzlich auch für andere,
vergleichbare Stellplätze in der Garage und insbesondere der Fahrgasse gelten. Denn die
Rangierfläche ist insoweit für alle Einparker durch die Breite der Fahrgasse, die räumlichen
Gegebenheiten und benachbarte Stellplätze beschränkt. Die die Kläger benachteiligende
Komforteinbuße liegt hier allenfalls in der den Stellplatz begrenzenden Garagenwand. Dies
bewertet der Senat als niederschwellig.

Wenn in der Tiefgarage sowieso nur vorwärts eingeparkt werden soll und dies bei der
Gestaltung der Tiefgarage ohnehin Rangierbedarf zeitigen kann, fällt der Wegfall der Variante
(1) für den streitgegenständlichen Stellplatz nicht maßgeblich ins Gewicht.
Zu berücksichtigen ist, dass die Beklagte gerade nicht Einparken mittels eines bestimmten
Fahrmanövers oder einen Stellplatz schuldete, der über alle denkbaren Ein- und
Ausparkvarianten problemlos zu erreichen und wieder zu verlassen ist.

Der Stellplatz ist jedenfalls in der Variante (3) für alle Fahrzeuge, die in die Tiefgarage und auf
den Stellplatz passen, zuverlässig erreichbar. Deshalb ist der Stellplatz im Grundsatz für den
vorgesehenen vertraglichen Gebrauch funktionstauglich. Die in der Variante (3) aus Sicht des
Senats zu sehende Mangelhaftigkeit, die in der rückwärts zu fahrenden Distanz auf gebogener
Linie an ca. 7 Parkplätzen vorbei (maximal 27 m) zu sehen ist, wird durch einen Abschlag von
20 % ausreichend abgebildet. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Senat aufgrund der
Lageskizze davon ausgeht, dass auch andere Einsteller in der betreffenden Fahrgasse und in der
übrigen Fahrgasse gegebenenfalls über eine gewisse Strecke zurücksetzen müssen, wenn sie
ihren Stellplatz im Wege des Rückwärtseinparkens ansteuern wollen. Der für die Kläger
bestehende Nachteil im Vergleich zu diesen Einstellern besteht darin, dass sie beim
Zurücksetzen eine etwas längere Strecke passieren müssen.

3. Sachverständigenkosten
Die Kläger haben Anspruch auf Erstattung der ihnen entstandenen Sachverständigenkosten in
Höhe von 1.974,90 EUR aus § 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Kosten für ein Gutachten über
Ursache und Ausmaß der eingetretenen und vielleicht noch zu erwartenden Mängel als
Mangelfolgeschäden grundsätzlich erstattungsfähig. Dieser Schaden entsteht von vornherein
neben dem Nachbesserungsanspruch, so dass eine Fristsetzung keine Anspruchsvoraussetzung
ist (BGH, Urteil v. 13.09.2001 – VII ZR 392/00 – Rn. 14 zur VOB/B m.w.N.; OLG Stuttgart,
Urteil v. 18.09.2023 - 5 U 15/23 - Rn. 63; OLG Düsseldorf, Urteil v. 28.05.2009 – 5 U 92/07 –
Rn. 97).

Eine Fristsetzung insoweit war deshalb entbehrlich. Die Beklagte befand sich hier im Zeitpunkt
der Beauftragung der privaten Sachverständigen mit der Mängelbeseitigung ohnehin bereits in
Verzug. Ausweislich des Tatbestandes der angefochtenen Entscheidung beauftragten die Kläger
den Sachverständigen Dipl. Ing. O erst, nachdem sie die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben
vom 21. Oktober 2019 zur Mängelbeseitigung aufgefordert hatten und die bis zum 10.
November 2019 gesetzte Frist abgelaufen war. Ausweislich der Rechnung des Sachverständigen
O vom 13.10.2020 (K 17) beauftragten ihn die Kläger am 2. Juni 2020. Diese Überlegungen
gelten für die Beauftragung des privaten Sachverständigen W entsprechend.

Ein Verstoß gegen die den Klägern obliegende Schadensminderungspflicht ist nicht ersichtlich.
In der Gesamtschau zeigt sich vielmehr, dass die Beklagte den von den Klägern gerügten
Mängeln nicht die nötige Aufmerksamkeit und Beachtung geschenkt hat. Vor diesem
Hintergrund durften sich die Kläger auch im Vorfeld eines Rechtsstreits sachverständiger Hilfe
bedienen, um ihren berechtigten Ansprüchen Nachdruck zu verleihen und diese durchzusetzen.

4.
Der Zahlungsanspruch der Kläger setzt sich deshalb wie folgt zusammen:
Thermostat 290,00 EUR
Weitere Mängel laut Gutachten 7.530,00 EUR
Tiefgaragenstellplatz 6.600,00 EUR
Private Sachverständigenkosten 1.974,90 EUR
gesamt 16.394,90 EUR

5. Zinsen
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Die Klage ist der Beklagten am 27. April
2021 zugestellt worden.

III.
Über die Kosten ist gemäß §§ 91, 91a, 92, 96, 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO entschieden worden.
Wegen der zu §§ 91 a, 96 ZPO beruhenden Erwägungen wird auf die Gründe der
angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 Satz 1 und 2, 711 Satz 1
und 2 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht
vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung
des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichts. Die Entscheidung beruht – in Anwendung der ausreichend ergangenen, auch
höchstrichterlichen Rechtsprechung auf den vorliegenden Einzelfall – auf den besonderen
Umständen des vorliegend zu beurteilenden Sachverhalts.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

12.03.2025

Aktenzeichen:

21 U 138/24

Rechtsgebiete:

Allgemeines Schuldrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Bauträgervertrag und Werkvertrag
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

BGB §§ 633 Abs. 1 u. 2, 634 Nr. 3, 638