BGH 23. Juni 2023
V ZR 158/22
ZPO § 510b; BGB § 281 Abs. 4; WEG a. F. § 15 Abs. 3

Ansprüche eines Wohnungseigentümers auf Zutritt zum Gemeinschaftseigentum; Wirkung einer Verurteilung nach § 510b ZPO

letzte Aktualisierung: 9.10.2023
BGH, Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 158/22

ZPO § 510b; BGB § 281 Abs. 4; WEG a. F. § 15 Abs. 3
Ansprüche eines Wohnungseigentümers auf Zutritt zum Gemeinschaftseigentum; Wirkung
einer Verurteilung nach § 510b ZPO

1a. Die Verurteilung zu einer Entschädigung nach § 510b ZPO setzt voraus, dass materiell-rechtlich
nach Fristablauf Schadensersatz verlangt werden kann. Die Vorschrift selbst begründet einen
solchen Anspruch nicht.
1b. Ob der Anspruch auf Vornahme der Handlung bei einer Verurteilung nach § 510b ZPO nach
Fristablauf erlischt, richtet sich ebenfalls nach dem materiellen Recht. Eine solche
Erlöschensvorschrift stellt § 281 Abs. 4 BGB dar.
1c. Die Rechtskraft eines nach § 510b ZPO ergangenen Urteils, das zu Unrecht eine
Entschädigungsleistung zuspricht, hindert ein Gericht in einem Folgeprozess nicht daran, den
Anspruch auf Vornahme der Handlung als fortbestehend anzusehen.
2. Die Vorschrift des § 281 BGB findet auf die Ansprüche der Wohnungseigentümer auf
Störungsabwehr nach § 15 Abs. 3 WEG aF keine Anwendung (Fortführung von Senat, Urteil vom
23. März 2023 – V ZR 67/22, VersR 2023, 792 Rn. 14 ff.).
3. Wendet sich ein Wohnungseigentümer mit der Anfechtungsklage gegen die Ablehnung eines
Beschlussantrags (sog. Negativbeschluss), hat er hiermit nur dann Erfolg, wenn lediglich die
beantragte positive Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte, also insoweit
das Ermessen auf Null reduziert war (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 16. September 2022 – V ZR
69/21, NJW 2023, 63 Rn. 9).
4. Wird ein Negativbeschluss angefochten, mit dem lediglich ein Beschlussantrag abgelehnt wird, ist
bei der Bewertung des Gesamtinteresses und des Einzelinteresses die gegenüber der Entscheidung
über ein positives Beschlussergebnis zurückbleibende Rechtskraftwirkung durch einen Abschlag von
50 % zu berücksichtigen.

Entscheidungsgründe:

I.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, dass den Klageanträgen, die sämtlich
auf die Gewährung des Zugangs zu dem Gemeinschaftsgarten und dem
Pkw-Stellplatz gerichtet seien, das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts vom
16. Juni 2014 in dem Vorprozess entgegenstehe. Wenn - wie hier - nach § 510b
ZPO die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung zusammen mit einer Verpflichtung
zur Zahlung einer Entschädigung für den Fall deren nicht fristgemäßer
Vornahme tituliert sei, schließe dies eine Zwangsvollstreckung der Verpflichtung
zur Vornahme der Handlung nach § 888a ZPO aus. Wähle ein Kläger diesen
Weg, begebe er sich der Möglichkeit, die Vornahme der Handlung selbst zu erzwingen.
Einer neuerlichen Klage stünde die Rechtskraft des ersten Urteils entgegen.
durch die Eheleute L. und des dadurch eingetretenen Ausschlusses der
Zwangsvollstreckung sowie der Rechtskraft des Urteils in dem Vorprozess die
Vornahme derselben Handlung über das Beschlussanfechtungs- bzw.
Beschlussersetzungsverfahren erzwingen, liefe dies dem Sinn und Zweck des
§ 510b ZPO zuwider.

II.
Die Revision hat teilweise Erfolg. Das Berufungsgericht hätte dem Beschlussersetzungsantrag
stattgeben müssen, während sich die Abweisung des
Anfechtungsantrags als im Ergebnis zutreffend erweist und die Revision insoweit
zurückzuweisen ist.

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die von den Klägern
gegen die GdWE gerichteten Klageanträge, mit denen sie sämtlich das Ziel
verfolgen, das Hofeingangstor öffnen zu können und damit Zugang zu dem Gemeinschaftsgarten
und ihrem Pkw-Stellplatz zu erlangen, nicht bereits wegen des
Urteils des Amtsgerichts vom 16. Juni 2014 abzuweisen. Hierfür kann offenbleiben,
ob das Urteil in subjektiver Hinsicht Rechtskraftwirkungen auch im Verhältnis
der Kläger und der jetzt beklagten GdWE entfaltet und ob die Kläger nach
Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes am 1. Dezember
2020 mögliche Ansprüche aus diesem Urteil noch selbst geltend machen
könnten. Dem Urteil in dem Vorprozess kommt nämlich bereits in objektiver Hinsicht
nicht die ihm von dem Berufungsgericht zugeschriebene Rechtskraftwirkung
zu (§ 322 Abs. 1 ZPO). Da die Streitgegenstände in beiden Prozessen nicht
identisch sind, ist insoweit nur eine Bindung unter dem Gesichtspunkt der so genannten
Präjudizialität denkbar, an der es aber fehlt (vgl. allgemein zu den Voraussetzungen
einer Präjudizialität BGH, Urteil vom 6. Dezember 2022
- II ZR 187/22, NJW 2023, 1220 Rn. 19 mwN). Ebensowenig sind die Kläger aus
materiell-rechtlichen Gründen an der (erneuten) Geltendmachung der Ansprüche
auf Zugangsgewährung gehindert.

a) Richtig ist zunächst allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts.
In dem Vorprozess hat das Amtsgericht eine Entscheidung gemäß
§ 510b ZPO getroffen. Erfolgt die Verurteilung zur Vornahme einer Handlung, so
kann der Beklagte nach dieser Vorschrift auf Antrag des Klägers für den Fall,
dass die Handlung nicht binnen einer zu bestimmenden Frist vorgenommen ist,
zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt werden. Dies ist nach der ausdrücklichen
Feststellung in dem Urteil vom 16. Juni 2014 der Fall. Entgegen der Auffassung
der Revision waren die Anträge auf die Vornahme einer Handlung gerichtet,
nämlich darauf, zwei Schlüssel für das Hofeingangstor für die Zuwegung zu dem
Gemeinschaftsgarten und dem Pkw-Stellplatz zur Verfügung zu stellen. In welcher
Weise die in diesem Verfahren beklagten Eheleute L. die Pflicht erfüllten,
ob sie also bereits vorhandene Schlüssel zur Verfügung stellten oder
Schlüssel nachmachen ließen, blieb ihnen überlassen. Ein nach § 883 ZPO zu
vollstreckender und von § 510b ZPO nicht erfasster Herausgabeanspruch (vgl.
§ 888a ZPO sowie Senat, Beschluss vom 28. September 2017 - V ZB 63/16,
NJW-RR 2018, 331 Rn. 10) wurde nicht geltend gemacht. Von der ebenfalls bestehenden
Möglichkeit, unter den Voraussetzungen der §§ 255, 259 ZPO eine
Leistungsklage mit einer Fristsetzung und einer Schadensersatzklage zu verbinden,
haben die Kläger keinen Gebrauch gemacht (vgl. zu der grundsätzlichen
Wahlmöglichkeit Wieczorek/Schütze/Reuschle, ZPO, 4. Aufl., § 510b Rn. 50;
MüKoZPO/Deppenkemper, 6. Aufl., § 510b Rn. 9; vgl. auch Senat, Beschluss
vom 28. September 2017 - V ZB 63/16, aaO Rn. 10).

b) Rechtsfehlerhaft ist aber die weitere Annahme des Berufungsgerichts,
das nach § 510b ZPO zu Gunsten der Kläger ergangene Urteil und die Zahlung
der hierin titulierten Entschädigungssumme hätten zur Folge, dass die Kläger den
Zugang zu dem Gemeinschaftsgarten und ihrem Pkw-Stellplatz weder von den
Beklagten des Vorprozesses noch von der GdWE als der jetzigen Beklagten verlangen
könnten. Ein auf dieses Ziel gerichteter Anspruch der Kläger ist weder
aus prozessualen noch aus materiell-rechtlichen Gründen ausgeschlossen.

aa) Wird ein Schuldner nach § 510b ZPO zur Vornahme einer Handlung
und zugleich für den Fall, dass die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist
vorgenommen wird, zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt, erlischt nicht bereits
durch die Verurteilung als solche der Anspruch auf Vornahme der Handlung.
Entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung steht nach Ablauf der
Frist auch nicht rechtskräftig fest, dass der Leistungsanspruch nicht besteht. Vielmehr
ergeben sich die prozessualen Folgen aus § 888a ZPO, wonach bei einer
entsprechenden Verurteilung nach § 510b ZPO - lediglich - die Zwangsvollstreckung
aufgrund der Vorschriften der §§ 887, 888 ZPO ausgeschlossen ist. Weitere
Rechtsfolgen lassen sich den §§ 510b, 888a ZPO insoweit nicht entnehmen.
Insbesondere ergibt sich hieraus nicht, dass bereits aus prozessrechtlichen
Gründen mit dem Fristablauf eine automatische Umwandlung des Leistungsanspruchs
in einen Entschädigungsanspruch eintritt (vgl. BAG, NZA 1993, 520, 521
zu der Parallelvorschrift des § 61 Abs. 2 ArbGG). Auch soweit § 510b ZPO dem
Gericht die Möglichkeit einräumt, dem Kläger für den Fall einer nicht fristgemäß
vorgenommenen Handlung einen Entschädigungsanspruch zuzuerkennen, handelt
es sich um eine reine Verfahrensvorschrift. Die Verurteilung zu einer Entschädigung
nach § 510b ZPO setzt voraus, dass materiell-rechtlich nach Fristablauf
Schadensersatz verlangt werden kann. Die Vorschrift selbst begründet einen
solchen Anspruch nicht (vgl. Wieczorek/Schütze/Reuschle, ZPO, 4. Aufl., § 510b
Rn. 18, 56; BeckOK ZPO/Toussaint [1.12.2022], § 510b Rn. 20; Stein/Jonas/Berger,
ZPO, 23. Aufl., § 510b Rn. 12; MüKoZPO/Deppenkemper, 6. Aufl., § 510b
Rn. 4). Es handelt sich also nicht, wie offenbar das Amtsgericht in dem Vorprozess
gemeint hat, um eine Entschädigung für den in § 888a ZPO angeordneten
Verlust der Vollstreckbarkeit. Das Gericht muss prüfen, ob der Gläubiger nach
dem materiellen Recht nach Fristablauf Schadensersatz verlangen kann.
bb) Deshalb richtet es sich ebenfalls nach dem materiellen Recht, ob der
Anspruch auf Vornahme der Handlung bei einer Verurteilung nach § 510b ZPO
nach Fristablauf erlischt. Eine solche Erlöschensvorschrift stellt § 281 Abs. 4 BGB
dar.

(1) Gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB hat der Gläubiger gegen
den Schuldner einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung, wenn der
Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt und ihm
erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung gesetzt worden
ist. Nach § 281 Abs. 4 BGB ist der Anspruch auf die Leistung ausgeschlossen,
sobald der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt hat. Diese
Rechtsfolge ist auch dann zu beachten, wenn der Kläger im Fall der Klagehäufung
neben der Leistung und Fristsetzung zusätzlich Schadensersatz statt der
Leistung begehrt. Das hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 9. November 2017
- IX ZR 305/16, NJW 2018, 786) für einen Fall entschieden, in dem der Kläger im
Wege der objektiven Klagehäufung nach § 260 ZPO einen Herausgabeanspruch
nach § 985 BGB geltend gemacht und zusätzlich für den Fall des fruchtlosen
Ablaufs der von dem Gericht zur Erfüllung des Herausgabeanspruchs gesetzten
Frist (§ 255 ZPO) und unter den Voraussetzungen des § 259 ZPO Schadensersatz
statt der Leistung nach § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB verlangt hat.
Nach Rechtskraft des Urteils, Ablauf der Frist und Zahlung des titulierten
Schadensersatzes durch den Schuldner wollte der Gläubiger wegen des Heraus-
gabeanspruchs die Zwangsvollstreckung betreiben. Die von dem Schuldner hiergegen
gerichtete Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) hat der Bundesgerichtshof
als begründet angesehen, weil der Herausgabeanspruch materiellrechtlich
nach § 281 Abs. 4 BGB erloschen war. Der Gläubiger hatte nämlich
bereits durch seine Antragstellung, die Schuldnerin zur Herausgabe und zu
Schadensersatz statt der Leistung nach fruchtlosem Ablauf einer ihr gesetzten
Frist zu verurteilen, sein Schadensersatzverlangen - bedingt durch den fruchtlosen
Ablauf der Frist - erklärt, so dass mit dem Eintritt der Bedingung des Fristablaufs
die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs nach § 281 Abs. 4 BGB
ausgeschlossen war. Diese Rechtsfolge hätte der Gläubiger nur vermeiden können,
wenn er den Schadensersatzantrag unter die weitere Bedingung eines nach
Fristablauf erklärten Schadensersatzverlangens gestellt hätte, was aber nicht der
Fall war (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 9. November 2017 - IX ZR 305/16,
NJW 2018, 786 Rn. 10 ff.).

(2) Diese Überlegungen gelten im Ausgangspunkt entsprechend, wenn ein
Kläger nicht den Weg einer Klagehäufung nach den §§ 255, 259 ZPO wählt, sondern
eine hiermit vergleichbare Verurteilung des Beklagten nach § 510b ZPO vor
dem Amtsgericht zur Vornahme einer Handlung, Fristsetzung und Leistung von
Schadensersatz anstatt der Leistung nach § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 BGB
nach fruchtlosem Fristablauf erstrebt, wie dies beispielsweise bei der Geltendmachung
einer Mängelbeseitigung im Kauf- oder Werkvertragsrecht der Fall ist.
Durch eine solche Antragstellung erklärt der Gläubiger bereits sein Schadensersatzverlangen,
bedingt durch den fruchtlosen Ablauf der Frist. Nach Ablauf der
Frist erlischt der Anspruch auf die Vornahme der Handlung nach § 281 Abs. 4
BGB.

(3) Anders ist es aber, wenn die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs
statt der Leistung nach § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB nicht vorliegen.
Dann kann der Primäranspruch nicht gemäß § 281 Abs. 4 BGB nach Fristablauf
erloschen sein.

(a) Begehrt beispielsweise der Kläger neben der Beseitigung einer Eigentumsstörung
gemäß § 1004 Abs. 1 BGB eine Fristsetzung nach § 255 ZPO und
verlangt er zudem unter den Voraussetzungen des § 259 ZPO für den Fall des
fruchtlosen Ablaufs der Frist Schadensersatz statt der Leistung, darf das Gericht
den Beklagten nicht zur Leistung von Schadensersatz verurteilen. Im Unterschied
zu dem Herausgabeanspruch nach § 985 Abs. 1 BGB (vgl. dazu Senat,
Urteil vom 18. März 2016 - V ZR 89/15, BGHZ 209, 270 Rn. 16) findet auf den
Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch des Eigentümers aus § 1004 Abs. 1
BGB die Vorschrift des § 281 BGB nämlich nach der jüngsten Rechtsprechung
des Senats keine Anwendung (vgl. Senat, Urteil vom 23. März 2023 - V ZR 67/22,
VersR 2023, 792 Rn. 14 ff., vorgesehen zum Abdruck in BGHZ). Infolgedessen
kann der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB nicht gemäß § 281 Abs. 4 BGB erlöschen.
Hat ein Gericht in dem Beispielsfall gleichwohl - zu Unrecht - sämtlichen
Klageanträgen rechtskräftig stattgegeben, könnte sich der Schuldner gegen die
Vollstreckung des (auch) titulierten Beseitigungsanspruchs nicht mit der Vollstreckungsgegenklage
wenden (vgl. aber zu den möglichen Folgen für den titulierten
Schadensersatzanspruch bei einer nachträglichen Erfüllung des Primäranspruchs
unten Rn. 19).

(b) Dass das Gericht in dem Vorprozess die Voraussetzungen eines Anspruchs
aus § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB zu Unrecht bejaht hat, erwächst
nicht in Rechtskraft. Urteile sind nach § 322 Abs. 1 ZPO der Rechtskraft
nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen
Anspruch entschieden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
erwächst in Rechtskraft die in dem Urteil ausgesprochene Rechtsfolge,
d.h. nur der vom Gericht aus dem vorgetragenen Sachverhalt gezogene
Schluss auf das Bestehen oder Nichtbestehen der beanspruchten Rechtsfolge,
nicht aber die Feststellung der zugrundeliegenden präjudiziellen Rechtsverhältnisse
oder sonstigen Vorfragen, aus denen der Richter seinen Schluss gezogen
hat (Senat, Urteil vom 17. Februar 2023 - V ZR 212/21, juris Rn. 12 mwN). Fest
steht deshalb in dem Beispielsfall nur, dass der Gläubiger im Fall des Fristablaufs
Zahlung des titulierten Schadensersatzbetrages verlangen kann, selbst wenn es
hierfür materiell-rechtlich keine Anspruchsgrundlage gibt. Maßgebender Zeitpunkt
ist der Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. Dass das
Gericht in seiner Entscheidung die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch
nach § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB als gegeben ansieht, wird
demgegenüber als bloße Vorfrage von der Rechtskraftwirkung nicht erfasst.
(c) So liegt es auch, wenn der Kläger zu Unrecht ein Urteil nach § 510b
ZPO erstritten hat und er trotz Fristablaufs den titulierten Beseitigungsanspruch
nach § 1004 Abs. 1 BGB geltend machen möchte. Da wegen des Vollstreckungsverbots
nach § 888a ZPO eine Zwangsvollstreckung ausgeschlossen ist, bedarf
es für die beabsichtigte Rechtsverfolgung einer neuen Klage. Diese kann nicht
mit der Begründung abgewiesen werden, der Beseitigungsanspruch sei gemäß
§ 281 Abs. 4 BGB erloschen, da die Vorschrift keine Anwendung findet. Auch die
Rechtskraft eines nach § 510b ZPO ergangenen Urteils, das zu Unrecht eine
Entschädigungsleistung zuspricht, hindert ein Gericht in einem Folgeprozess
nicht daran, den Anspruch auf Vornahme der Handlung als fortbestehend anzusehen.

cc) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt es hier darauf an,
ob der von den Klägern geltend gemachte Anspruch, ihnen durch das Überlassen
von Schlüsseln des Hofeingangstors Zugang zu dem Gemeinschaftsgarten und
dem Pkw-Stellplatz zu gewähren, nach § 281 Abs. 4 BGB erloschen ist. Dies ist
nicht der Fall. Die Vorschrift des § 281 BGB findet auf die Ansprüche der Wohnungseigentümer
auf Störungsabwehr nach § 15 Abs. 3 WEG aF, auf die das
Amtsgericht in dem Vorprozess die Verurteilung der Eheleute L. u.a. gestützt
hat, keine Anwendung.

(1) Dies folgt zunächst bereits daraus, dass es sich bei Ansprüchen aus
§ 15 Abs. 3 WEG aF und § 1004 Abs. 1 BGB - soweit eine Eigentumsbeeinträchtigung
vorliegt - um einen einheitlichen Streitgegenstand handelt. Der Anspruch
auf Störungsabwehr kann regelmäßig auch aus § 1004 Abs. 1 BGB hergeleitet
werden (vgl. Senat, Urteil vom 18. November 2016 - V ZR 221/15, NJW-RR 2017,
260 Rn. 26). Wie oben (Rn. 13) ausgeführt, findet § 281 BGB auf den Beseitigungs-
und Unterlassungsanspruch des Eigentümers aus § 1004 Abs. 1 BGB
keine Anwendung. Würde man § 281 BGB gleichwohl auf den Anspruch aus § 15
Abs. 3, § 14 Nr. 1 WEG aF anwenden, bestünden Abwehr- und Schadensersatzanspruch
nebeneinander. Die durch eine solche unzulässige Anspruchsdoppelung
entstehenden Wertungswidersprüche können nur durch einen Gleichlauf bei
der Anwendbarkeit des § 281 BGB vermieden werden (vgl. zu der Problematik
BeckOGK/Riehm, BGB [1.7.2022], § 280 Rn. 63).

(2) Unabhängig davon stehen Zweck und Inhalt des Abwehranspruchs aus
§ 15 Abs. 3, § 14 Nr. 1 WEG aF einer Anwendung des § 281 BGB entgegen. Die
Erwägungen des Senats zur Unanwendbarkeit des § 281 BGB auf den Anspruch
aus § 1004 Abs. 1 BGB (Senat, Urteil vom 23. März 2023 - V ZR 67/22, VersR
2023, 792 Rn. 14 ff.) sind auf den Anspruch aus § 15 Abs. 3, § 14 Nr. 1 WEG aF
übertragbar. Beide Ansprüche unterscheiden sich zwar in ihrer rechtlichen Qualität
voneinander. Während es sich bei § 1004 Abs. 1 BGB um einen dinglichen
Anspruch handelt, ist der Anspruch aus § 15 Abs. 3, § 14 Nr. 1 WEG aF schuldrechtlicher
Natur (zu Letzterem vgl. Senat, Urteil vom 18. November 2016
- V ZR 221/15, NJW-RR 2017, 260 Rn. 24; Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl.
2018, § 15 Rn. 80 f.; BeckOK WEG/M. Müller [42. Ed. 1.8.2020], § 15 Rn. 94,
114). Dies ändert jedoch nichts daran, dass auch der Anspruch aus § 15 Abs. 3,
§ 14 Nr. 1 WEG aF lediglich der Wiederherstellung des dem Eigentumsrecht entsprechenden
Zustands dient (sog. Rechtsverwirklichungsfunktion). Hiermit wäre
eine Schadensersatzzahlung, die unabhängig von der Beseitigung der Eigentumsstörung
geleistet wird und über deren Verwendung der Eigentümer frei entscheiden
kann, nicht vereinbar.

2. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung stellt sich das Vorgehen
der Kläger auch nicht deshalb als treuwidrig (§ 242 BGB) dar, weil sie trotz
Erhalts der Entschädigungssumme i.H.v. 7.500 mit den Klageanträgen der
Sache nach ihren Anspruch auf Gewährung von Zutritt zu den streitgegenständlichen
Flächen zu erreichen versuchen. Ist der Anspruch auf Vornahme der
Handlung - wie hier - nicht gemäß § 281 Abs. 4 BGB ausgeschlossen, ist seine
Geltendmachung auch dann nicht rechtsmissbräuchlich, wenn der Schuldner die
nach § 510b ZPO (in der Sache zu Unrecht) ausgeurteilte Entschädigungsleistung
erbracht hat. In diesem Fall können Bereicherungsansprüche des Schuldners
- hier der Eheleute L. - wegen Zweckverfehlung (§ 812 Abs. 1 Satz 2
Alt. 2 BGB) in Betracht kommen. Die Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts
vom 16. Juni 2014 steht dem nicht entgegen, weil es sich bei der Erfüllung des
Leistungsanspruchs um einen nach dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung
vor dem Amtsgericht eintretenden Umstand handelt. Auf der anderen
Seite müssen unter Umständen Gegenansprüche der Kläger wegen entgangener
Nutzungen berücksichtigt werden, worauf der Prozessbevollmächtigte der Kläger
in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen hat. Auch dies steht
der Annahme eines treuwidrigen Verhaltens der Kläger entgegen.

3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich jedoch aus anderen
Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO), soweit es um die Anfechtung des Negativbeschlusses
(Klageantrag zu 1) geht. Insoweit ist die Klage abzuweisen.

a) Wendet sich ein Wohnungseigentümer mit der Anfechtungsklage gegen
die Ablehnung eines Beschlussantrags (sog. Negativbeschluss), hat er hiermit
nur dann Erfolg, wenn lediglich die beantragte positive Beschlussfassung ordnungsmäßiger
Verwaltung entsprochen hätte, also insoweit das Ermessen auf
Null reduziert war (vgl. nur LG Hamburg, ZWE 2016, 226, 227 mwN; LG München,
ZMR 2020, 51 Rn. 34; Bärmann/Göbel, WEG, 15. Aufl., § 44 Rn. 95 mwN).
Dies ist nicht der Fall, wenn es zulässige Alternativen zu dem beantragten Vorgehen
gibt (vgl. Senat, Urteil vom 23. Juni 2017 - V ZR 102/16, NJW-RR 2017,
1042 Rn. 17). Es verhält sich insofern anders als bei der Beschlussersetzungsklage,
die trotz eines auf eine bestimmte Maßnahme gerichteten Klageantrags
schon dann begründet ist, wenn die Voraussetzungen für die Ersetzung eines so
genannten Grundlagenbeschlusses vorliegen (vgl. Senat, Urteil vom 16. September
2022 - V ZR 69/21, NJW 2023, 63 Rn. 9).

b) Dies führt hier zur Abweisung der Anfechtungsklage. Aus den Feststellungen
des Berufungsgerichts und der eigenen Antragstellung der Kläger ergibt
sich, dass der von ihnen erstrebte Zugang zu dem Gemeinschaftsgarten und dem
Pkw-Stellplatz durch verschiedene Mittel erreicht werden kann.

aa) Einerseits könnten das vorhandene Schloss des Hofeingangstors ausgetauscht
und den Klägern entsprechende Schlüssel zur Verfügung gestellt werden,
wie sie es in der Eigentümerversammlung am 8. Dezember 2020 erfolglos
beantragt haben. Andererseits würde dem Anliegen der Kläger auch dann Rechnung
getragen, wenn sie - ggf. nachzufertigende - Schlüssel zu dem vorhandenen
Schloss erhalten würden. Dies würde eine Inanspruchnahme der Eheleute
L. erfordern, die über entsprechende Schlüssel verfügen. Wie sich aus
den von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Ausführungen der Kläger
im Rahmen ihrer Berufungsbegründung ergibt, sind sie der Auffassung, dass
Hoftür zu gewähren ist. Dass das Schloss des Tores defekt und insoweit ein Austausch
erforderlich ist, machen sie hiernach nicht geltend.

bb) Unabhängig davon sprechen auch die Anträge zu 2 und 3 dafür, dass
den Wohnungseigentümern bei der Auswahl der zu treffenden Maßnahmen ein
Gestaltungsspielraum bleibt. Nach dem Wortlaut handelt es sich zwar um zwei in
Haupt- und Hilfsantrag untergliederte Anträge. Bei der gebotenen interessengerechten
Auslegung, die die Kläger in der Revisionsbegründung selbst für angezeigt
halten, stellen die Anträge zu 2 und 3 lediglich verschiedene Konkretisierungen
ein und desselben Rechtsschutzziels dar, nämlich der Zugangsgewährung
zu dem Gemeinschaftsgarten und dem Pkw-Stellplatz, das mit einem einheitlichen
Beschlussersetzungsantrag erreicht werden soll (vgl. allgemein zu der
Auslegung eines dem Wortlaut nach auf eine Leistung der GdWE gerichteten
Klageantrags als Beschlussersetzungsantrag Senat, Urteil vom 26. Februar 2016
- V ZR 250/14, NJW 2016, 2181 Rn. 18). Damit räumen die Kläger aber selbst
ein, dass der Zugang nicht nur durch den in der Eigentümerversammlung beantragten
Austausch des Schlosses herbeigeführt werden kann.

III.
1. Erfolg hat die Revision hiernach, soweit die Anträge zu 2 und 3 auf Beschlussersetzung
abgewiesen worden sind. In diesem Umfang ist das Berufungsurteil
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).

2. Der Senat kann in der Sache selbst zu Gunsten der Kläger entscheiden,
weil es keiner weiteren Feststellungen mehr bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO).

a) Den Klägern fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis für die nach § 44
Abs. 1 Satz 2 WEG statthafte Beschlussersetzungsklage. Sie haben sich in der
Eigentümerversammlung am 8. Dezember 2020 erfolglos um einen Beschluss,
gerichtet auf den Austausch des Torschlosses und die Aufteilung der Schlüssel
unter allen Miteigentümern, bemüht. Dass auch - wie ausgeführt - ein Beschluss,
durch den die Kläger auf andere Weise Zugang zu dem Stellplatz und zu dem
Gemeinschaftsgarten erhalten, in Betracht kommt, erfordert keine weitere Vorbefassung.

b) Auch in der Sache ist die Klage begründet.

aa) Die Wohnungseigentümer haben die Beschlusskompetenz für eine auf
Gewährung des Zugangs zu Stellplatz und Gemeinschaftsgarten gerichtete Beschlussfassung.
Dies folgt aus § 19 Abs. 1 Fall 2 WEG. Danach beschließen die
Wohnungseigentümer eine ordnungsmäßige Benutzung des gemeinschaftlichen
Eigentums. Die Beschlusskompetenz umfasst damit auch Maßnahmen, die den
Klägern den Mitgebrauch des im Gemeinschaftseigentum stehenden Hofeingangstors
ermöglichen und ihnen auf diese Weise Zugang zu Stellplatz und Garten
gewähren.

bb) Die Kläger können gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG eine Benutzung des
gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, die dem Interesse der Gesamtheit der
Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen (ordnungsmäßige Verwaltung
und Benutzung) entspricht. Hierzu gehört auch der Zugang zu dem Gemeinschaftsgarten
und dem Stellplatz, an dem die Kläger ein Sondernutzungsrecht
haben. In welcher Weise den Klägern die Möglichkeit eingeräumt wird, das Hofeingangstor
zu öffnen (und zu schließen), bleibt den Wohnungseigentümern
überlassen. Dies kann durch Austausch des vorhandenen Schlosses oder auch
durch das Aushändigen von - ggf. noch anzufertigenden - Schlüsseln zu dem
vorhandenen Schloss geschehen. Da die Beschlussersetzung nach § 44 Abs. 1
Satz 2 WEG in die Privatautonomie der Wohnungseigentümer eingreift, dürfen
Maßnahmen nur insoweit angeordnet werden, als dies zur Gewährleistung eines
effektiven Rechtsschutzes unbedingt notwendig ist. Es ist daher stets zu prüfen,
ob und ggf. auf welche Weise es den Wohnungseigentümern ermöglicht werden
kann, noch selbst in eigener Regie eine Entscheidung zu treffen (vgl. Senat, Urteil
vom 20. November 2015 - V ZR 284/14, BGHZ 208, 29 Rn. 32 zu § 21 Abs. 8
WEG aF). Anhaltspunkte dafür, dass sich die Eheleute L. auch nach
rechtskräftiger Klärung des Anspruchs der Kläger auf Gewährung des Zugangs
weigern, an der Umsetzung dieses Anspruchs mitzuwirken, bestehen nicht.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 ZPO.
a) Die Kläger unterliegen im Hinblick auf die Anfechtungsklage, während
sie mit der Beschlussersetzungsklage insgesamt Erfolg haben. Bezogen auf den
als Hilfsantrag formulierten Berufungsantrag zu 3 liegt kein weiteres Unterliegen
der Kläger vor, weil es sich bei den Anträgen zu 2 und 3 - wie ausgeführt (vgl.
Rn. 24) - um einen einheitlichen Beschlussersetzungsantrag handelt. Dass die
Parteien hiernach beide teilweise obsiegen und verlieren, rechtfertigt es nicht,
ihnen die Kosten der Rechtmittelverfahren jeweils zur Hälfte aufzuerlegen. Der
Streitwert für die Anfechtungsklage ist nämlich niedriger als derjenige für die Beschlussersetzungsklage.
Wird - wie hier - ein Negativbeschluss angefochten, mit
dem lediglich ein Beschlussantrag abgelehnt wird, ist bei der Bewertung des Gesamtinteresses
und des Einzelinteresses die gegenüber der Entscheidung über
ein positives Beschlussergebnis zurückbleibende Rechtskraftwirkung durch ei-
, ZWE 2010, 275, 276;
Bärmann/Göbel, WEG, 15. Aufl., § 49 GKG Rn. 23; Jennißen/Suilmann, WEG,
7. Aufl., § 49 GKG Rn. 34; BeckOK KostR/Toussaint [1.4.2023], § 49 GKG
Rn. 25; aA Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 44 Rn. 138 Stichwort Negativbeschluss:
Da bei der auch hier vorliegenden Verbindung
einer Anfechtungsklage gegen einen Negativbeschluss mit einer Beschlussersetzungsklage
eine Zusammenrechnung beider Werte wegen wirtschaftlicher
Identität ausscheidet (vgl. nur Bärmann/Göbel, WEG, 15. Aufl., § 49 GKG Rn. 23
mwN), muss dem Unterliegen der Kläger durch Bildung eines fiktiven Streitwerts
Rechnung getragen werden. Dies hat eine Kostenquote von 2/3 zu Lasten der
Beklagten zur Folge.

b) Die abweichende Kostenquote betreffend die erste Instanz hat ihren
Grund darin, dass das Amtsgericht über weitere Anträge rechtskräftig entschieden
hat, die nicht in die Rechtmittelinstanzen gelangt sind.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

23.06.2023

Aktenzeichen:

V ZR 158/22

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

ZPO § 510b; BGB § 281 Abs. 4; WEG a. F. § 15 Abs. 3