LG Düsseldorf 25. Mai 2016
19 T 12/16
GNotKG §§ 105 Abs. 4 Nr. 1, 113 Abs. 1, 127; GNotKG KV Nr. 22200 Ziff. 5

Notarkosten; Anmeldung der Auflösung und des Erlöschens einer Prokura bei einer GmbH

DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 20.9.2016
LG Düsseldorf, Beschl. v. 25.5.2016 - 19 T 12/16

GNotKG §§ 105 Abs. 4 Nr. 1, 113 Abs. 1, 127; GNotKG KV Nr. 22200 Ziff. 5
Notarkosten; Anmeldung der Auflösung und des Erlöschens einer Prokura bei einer
GmbH

1. Die Anmeldung der Auflösung einer GmbH und des Erlöschens einer Prokura betrifft zwei
verschiedene Tatsachen und führt bei Zugrundelegung des Mindestwerts gem. § 105 Abs. 4 Nr. 1
GNotKG in Höhe von 30.000,00 € zu einem zusammengerechneten Geschäftswert in Höhe von
60.000,00 €.
2. Auch die erste Anmeldung einer GmbH zum Handelsregister und der Bestellung eines Prokuristen
betrifft zwei gesondert zu bewertende Tatsachen.
3. Ob die Anmeldung der Auflösung der GmbH, des bisherigen Geschäftsführers der GmbH als
Liquidator der GmbH und seine Vertretungsbefugnis sowie des Erlöschens der Vertretungsbefugnis des
Geschäftsführers der GmbH jeweils verschiedene Tatsachen betrifft, kann hier dahinstehen, weil der
Notar in der angefochtenen Kostenberechnung insoweit von einer anzumeldenden Tatsache ausgegangen
ist und die Anfechtung der Kostenberechnung durch den Kostenschuldner im Verfahren gem. § 127
GNotKG auf den vom Notar erhobenen Betrag beschränkt ist.
4. Die auftragsgemäße Erledigung des in § 65 Abs. 2 GmbHG geregelten Gläubigeraufrufs durch den
Notar (Bekanntmachung der Auflösung der GmbH von den Liquidatoren in den Gesellschaftsblättern)
löst die Betreuungsgebühr nach Nr. 22200 Ziff. 5 KV GNotKG aus.
5. Als Geschäftswert ist dieser Betreuungsgebühr gem. § 113 Abs. 1 GNotKG der volle Wert der
Anmeldung zum Handelsregister (hier 60.000,00 €) und nicht nur der auf die Anmeldung der Auflösung
der GmbH entfallende Geschäftswert zugrunde zu legen.

Gründe

I.
Der beteiligte Notar fertigte für die Antragstellerin einen Entwurf einer
Handelsregisteranmeldung. Die Handelsregisteranmeldung betraf die Auflösung der
GmbH zum 31.12.2015, die Bestellung des bisherigen Geschäftsführers als Liquidator der
GmbH, den Widerruf der Vertretungsbefugnis als Geschäftsführer zum 31.12.2015 und
und das Erlöschen der Prokura des Herrn S. zum 31.12.2015 sowie einen
Gesellschafterbeschluss.
Der beteiligte Notar hat der Antragstellerin zunächst eine Kostenrechnung über 689,07 €
übersandt, in welcher er einen Geschäftswert von 120.000,00 € zu Grunde gelegt hat. Auf
die Einwendungen der Antragstellerin hin hat der beteiligte Notar eine berichtigte
Rechnung über 560,55 € unter Zugrundelegung eines Geschäftswertes von 60.000,00 €
erstellt, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist.
Hiergegen wendet die Antragstellerin ein, es sei von einem Geschäftswert von nur
30.000,00 € auszugehen, da die Auflösung der GmbH und die Löschung der Prokura nur
einen Beurkundungsgegenstand darstellen würden. Die erhobene Betreuungsgebühr sei
nicht entstanden.
Der Präsident des Landgerichts hat am 29.02.2016 zu der beanstandeten Rechnung
Stellung genommen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 22 d.A. verwiesen. Aufgrund
seiner Beanstandung, die Kostenrechnung entspreche nicht dem Zitiergebot, hat der
beteiligte Notar eine um die angewandten Nummern des Kostenverzeichnisses ergänzte
Kostenrechnung erhoben. Diesbezüglich hat der Präsidenten des Landgerichts am
11.04.2016 ergänzend Stellung genommen, vgl. Bl. 35 d.A.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.
Die Kostenrechnung des beteiligten Notars in seiner korrigierten Form ist nicht zu
beanstanden.
1.
Die Änderung der Kostenberechnung ist auch noch im gerichtlichen Verfahren gem. §§
127 ff. GNotKG zulässig. Der Notar kann die beanstandete Kostenberechnung noch
während des gerichtlichen Verfahrens ändern (vgl. NK-GK/Heinemann, § 127 GNotKG Rn.
75; Neie in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, § 127 Rn. 67; Leipziger-
GNotKG/Wudy, § 128 Rn. 29; vgl. auch BGH RNotZ 2009, 107, noch zum
Beschwerdeverfahren gem. § 156 KostO).
2.
Die Kostenberechnung ist rechnerisch nicht zu beanstanden.
3
Die korrigierte Kostenrechnung entspricht nunmehr ohne Zweifel dem Zitiergebot des § 19
Abs. 2 und Abs. 3 GNotKG.
4.
a.
Die Festsetzung des Geschäftswerts auf 60.000 € begegnet keinen Bedenken.
Sofern der beteiligte Notar für die Anmeldung des Erlöschens der Prokura des Herrn S.
einen eigenen Gegenstandswert in Höhe von 30.000,00 € angesetzt hat, ist dies nicht zu
beanstanden.
Sie betrifft eine eigenständige Tatsache und ist nicht notwendiger Erklärungsgehalt der
Anmeldung der Auflösung der GmbH und deshalb vorliegend getrennt mit 30.000,00 € zu bewerten.
Entsprechend betrifft auch die Erstanmeldung der GmbH und eines Prokuristen zwei
gesondert zu bewertende Tatsachen (vgl. Korintenberg/Tiedtke, GNotKG, 19. Aufl., § 105
Rn. 99; Streifzug durch das GNotKG, 11. Aufl., Rn. 998).
Darüber hinaus kann dahinstehen, ob die im Entwurf des Notars vom 04.01.2016
enthaltenden Anmeldungen zum Handelsregister (Auflösung der GmbH zum 31.12.2015,
Anmeldung des bisherigen Geschäftsführers der GmbH als Liquidator der GmbH und
seine Vertretungsbefugnis, Erlöschen der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers der
GmbH zum 31.12.2015) jeweils einen eigenen Beurkundungsgegenstand bilden oder
nicht. Wie sowohl durch die Ausführungen des beteiligten Notars als auch durch die
Stellungnahme des Präsidenten des Landgerichts deutlich wurde, ist diese Frage in
Rechtsprechung und Literatur stark umstritten.
Vorliegend handelt es sich um eine Überprüfung der Kostenrechnung auf Antrag des
Kostenschuldners. Ficht der Kostenschuldner die Gebühren an, kann das Gericht den
Gebührensatz und den Geschäftswert ändern, allerdings nur bis zur Grenze des
ursprünglich vom Notar berechneten Betrages (Korintenberg, Kommentar zum GNotKG,
19. Auflage, § 127 Rn. 48). Da eine Erhöhung der Geschäftsgebühr den vom Notar
berechneten Betrag übersteigen würde, kommt eine solche daher nicht in Betracht.
Der vom beteiligten Notar zugrunde gelegte Geschäftswert in Höhe von 60.000,00 € ist
daher nicht zu ändern.
b.
Den Entwurf des Gesellschafterbeschlusses über die Auflösung der GmbH, die Bestellung
des Liquidators und der Abberufung des Geschäftsführers hat der Notar mit einer nach
einem Wert in Höhe von 30.000,00 € berechneten 2,0 Gebühr nach Nr. 24100 KV GNotKG abgerechnet.
Nach Nr. 24100 KV GNotKG beträgt die Entwurfsgebühr 0,5 bis 2,0, wenn die Gebühr für
das Beurkundungsverfahren 2,0 betragen würde. Bei Beurkundung eines
Gesellschafterbeschlusses fällt eine 2,0 Gebühr nach Nr. 2100 KV GNotKG an, vgl. die
Überschrift zu Teil 2 Hauptabschnitt 1 Abschnitt 1 KV GNotKG (Abschnitt 1Verträge,
bestimmte Erklärungen sowie Beschlüsse von Organen einer Vereinigung oder Stiftung).
Gem. § 92 Abs. 2 GNotKG ist die Entwurfsgebühr zwingend mit dem Höchstsatz von 2,0
zu erheben, wenn der Entwurf vom Notar vollständig erstellt worden ist. Eine vollständige
Entwurfsfertigung liegt vor. Der Entwurf ist vom Antragsteller unterschrieben worden, Bl.
20 f. d. A.
Gem. § 119 Abs. 1 GNotKG bestimmt sich der Geschäftswert bei der Fertigung eines
Entwurfs nach den für die Beurkundung geltenden Vorschriften.
Für den Geschäftswert bei der Beurkundung von Beschlüssen, deren Gegenstand keinen
bestimmten Geldwert hat, gilt § 105 Abs. 4 Nr. 1 GNotKG entsprechend. Der vom Notar
entworfene Beschluss hat keinen bestimmten Geldwert (Volpert in: Diehn/Volpert, Praxis
des Notarkostenrechts, Rn. 780 ff.).
Bei einem Stammkapital in Höhe von 25.000,00 € beträgt der Geschäftswert deshalb
30.000,00 € (Mindestwert).
5.
Der beteiligte Notar hat auch die Betreuungsgebühr nach Nr. 22200 KV GNotKG für die
Anzeige an den Bundesanzeiger nach einem Wert in Höhe von 60.000,00 € mit 96,00 €,
zu Recht erhoben.
Nach Nr. 22200 Ziff. 5 KV GNotKG entsteht eine 0,5 Betreuungsgebühr für die Anzeige
oder Anmeldung einer Tatsache an einen nicht an dem Beurkundungsverfahren Beteiligten
zur Erzielung einer Rechtsfolge, wenn sich die Tätigkeit des Notars nicht darauf
beschränkt, dem nicht am Beurkundungsverfahren Beteiligten die Urkunde oder eine
Kopie oder eine Ausfertigung der Urkunde zu übermitteln. Die Betreuungsgebühr nach Nr.
22200 Ziff. 5 KV entsteht, wenn der Notar eine Tatsache namens eines Beteiligten einem
Dritten anzeigt und dadurch eine bestimmte Rechtsfolge eintreten soll (BT-Drucks.
17/11471 (neu), S. 225).
Gem. § 65 Abs. 2 GmbHG ist die Auflösung der GmbH von den Liquidatoren in den
Gesellschaftsblättern (z. B. Bundesanzeiger) bekanntzumachen. Durch die
Bekanntmachung sind zugleich die Gläubiger der Gesellschaft aufzufordern, sich bei
derselben zu melden. Durch den Aufruf an die Gläubiger in den Gesellschaftsblättern wird
gem. § 73 Abs. 1 GmbHG das Sperrjahr in Gang gesetzt. Die auftragsmäße Erledigung
des in § 65 Abs. 2 GmbHG geregelten Gläubigeraufrufs durch den Notar löst die
Betreuungsgebühr aus (Diehn, Notarkostenberechnungen, 3. Aufl., Rn. 941; Volpert in:
Diehn/Volpert, Praxis des Notarkostenrechts Rn. 790 f).
Voraussetzung für die Erhebung dieser Betreuungsgebühr ist nach Vorbemerkung 2.2
Abs. 1 KV GNotKG, dass dem Notar für seine Tätigkeit ein besonderer Auftrag erteilt
worden ist. Die Antragstellerin erteilte im Schreiben vom 12.01.2016 nachträglich die
Zustimmung zu dieser Betreuungstätigkeit und berief sich des weiteren dann darauf, dass
die Gebühr von Gesetzes wegen nicht zu erheben sei. Eine Beauftragung des Notars mit
der Anzeige der Auflösung der Gesellschaft beim Bundesanzeiger liegt damit im Ergebnis vor.
Die durch die Anzeige entstandene Betreuungsgebühr entfällt auch nicht wegen § 93 Abs. 1 S. 1 GNotKG.
Dort ist zwar bestimmt, dass die Gebühr für ein Verfahren sowie die
Vollzugs- und die Betreuungsgebühr in demselben notariellen Verfahren jeweils nur einmal
erhoben wird. Das bedeutet aber, dass jede der genannten Gebühren in einem notariellen
Verfahren (vgl. § 85 GNotKG) im Falle ihrer Entstehung zu erheben ist, aber jeweils nur einmal.
Die angefochtene Kostenberechnung des Notars enthält außer der Betreuungsgebühr für
die Anzeige der Auflösung der GmbH beim Bundesanzeiger keine weitere
Betreuungsgebühr für eine andere in der Anm. zu Nr. 22200 KV GNotKG genannte
Betreuungstätigkeiten.
Deshalb hindert § 93 Abs. 1 S. 1 GNotKG den Ansatz der Betreuungsgebühr nicht.
Der Geschäftswert der Betreuungsgebühr ist gem. § 113 Abs. 1 GNotKG wie bei der
Beurkundung zu bestimmen.
Die Anzeige beim Bundesanzeiger gehört zur Handelsregisteranmeldung, so dass der
Notar zutreffend den der Anmeldung zugrunde gelegten Geschäftswert in Höhe von
60.000,00 € auch bei der Betreuungsgebühr angesetzt hat.

III.
Gerichtsgebühren waren in Ermangelung eines Gebührentatbestandes in Teil 1 des
Kostenverzeichnisses zum GNotKG nicht zu erheben.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig, die bei dem
Landgericht Düsseldorf durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zu Protokoll der
Geschäftsstelle eingelegt werden kann. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des
angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen
diesen Beschluss eingelegt werde. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem
Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Einlegung der Beschwerde muss binnen einer
Frist von einem Monat nach schriftlicher Bekanntmachung des Beschlusses erfolgen,
wobei der Eingang beim Landgericht entscheidend ist.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

LG Düsseldorf

Erscheinungsdatum:

25.05.2016

Aktenzeichen:

19 T 12/16

Rechtsgebiete:

Kostenrecht

Erschienen in:

MittBayNot 2016, 548-549

Normen in Titel:

GNotKG §§ 105 Abs. 4 Nr. 1, 113 Abs. 1, 127; GNotKG KV Nr. 22200 Ziff. 5