OLG Köln 22. Juli 2020
2 Wx 131/20
BGB § 2247

Anforderungen an Formwirksamkeit einer handschriftlichen Testamentsänderung

letzte Aktualisierung: 12.5.2021
OLG Köln, Beschl. v. 22.7.2020 – 2 Wx 131/20

BGB § 2247
Anforderungen an Formwirksamkeit einer handschriftlichen Testamentsänderung

1. Ein formwirksames Testament kann auch dadurch hergestellt werden, dass der Testierende
die Fotokopie eines von ihm eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testaments
eigenhändig ändert, wenn der im vorhandenen Original und auf dessen Kopie niedergelegte Text ein
einheitliches Ganzes bildet.
2. Die formwirksame Errichtung muss dabei weder in einem einheitlichen Akt noch in einer
einzigen Urkunde erfolgen.
3. Voraussetzung der Formwirksamkeit ist, dass auch die Änderungen mit einer Unterschrift des
Erblassers versehen sind.

(Leitsätze der DNotI-Redaktion)

Gründe:

1.
Die am xx.xx.2019 verstorbene Erblasserin war verheiratet mit dem am xx.xx.1979
vorverstorbenen A B. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die Söhne der Erblasserin.
Am 11.10.1978 schlossen die Erblasserin und ihr Ehemann einen Erbvertrag, mit dem sie
sich gegenseitig zu alleinigen und unbeschränkten Erben eingesetzt haben, gleichviel ob
Pflichtteilsberechtigte vorhanden sein sollten (Bl. 4 f. BA 9 IV 127/2019 AG Leverkusen).
Weiter hinterließ die Erblasserin ein handschriftliches Testament vom 15.01.2002 (Bl. 22 BA 9
IV 127/2019 AG Leverkusen) mit folgendem Inhalt:„Mein Testament
Mein Sohn C B, …, setze ich nach meinem Ableben als Alleinerbe für das Haus und
Grundstück, D, E Str. 24 ein.

Grundbuch von D, Blatt 1434, Flur 3 Flurstück 68

Die Grundschuld von 50.000 DM muss von C übernommen werden …Dafür soll die
Sicherungshypothek von DM 120.000 DM ….für meinen Sohn C B, eingetragen im
Grundbuch meines Sohnes F B …. E, G 15, gelöscht werden. Grundbuch E Blatt 2178, Flur
47, Flurstück 148 lt. Vertrag vom 28.8.1992 Notar H, I.
Mein 2. Haus Grundstück in E-J K 19, Grundbuch von J Blatt 1611 Flur 17…. sollen meine
beiden Söhne C und F B je zur Hälfte bekommen.
Die Schulden gehen auch zur Hälfte, sowie alle beweglichen Gegenstände.E, den 15.1.2002
L B
geb. M (Mutter) “

Dieses Testament wurde auf Veranlassung der Erblasserin hin in einem Schließfach bei der
Sparkasse E-J verwahrt. Die Erblasserin fertigte Kopien von dem Testament an, die sie in
ihrer Wohnung aufbewahrt hat.

Auf einer der Fotokopien nahm die Erblasserin zwei handschriftliche Ergänzungen bzw.
Streichungen vor. Mit der ersten Ergänzung vermerkte sie nach der Regelung über die
Löschung der Sicherungshypothek innerhalb des Textes „dies ist erledigt lt. Vertrag
17.1.2008 L B“

Die zweite Ergänzung bzw. Streichung betraf die Regelung über ihr zweites Hausgrundstück;
so ist das Wort „Söhne“ gestrichen und durch das Wort „Sohn“ ergänzt worden; weiter ist der
Name des Beteiligten zu 2) gestrichen worden und innerhalb des Textes oberhalb der
(fotokopierten) Unterschrift hinzugefügt worden „Mein Sohn F soll das Pflichtteil bekommen
01.01.2019“ (Bl. 41 BA 9 IV 127/2019 AG Leverkusen) .

Am 29.10.2019 hat der Beteiligte zu 1) die Erteilung eines Alleinerbscheins beantragt und
sich dabei auf das Testament vom 15.01.2008 sowie die Änderungen und Streichungen vom
01.01.2019 berufen (Bl. 5 ff. d. A.). Der Beteiligte zu 2) ist diesem Antrag entgegengetreten.
Er vertritt die Ansicht, dass die Streichung und Änderung vom 01.01.2019 mangels
neuerlicher Unterschrift nicht wirksam sei.

Durch am 20.05.2020 erlassenen Beschluss hat das Amtsgericht - Nachlassgericht –
Leverkusen die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags des Beteiligten zu 1) erforderlich
sind, für festgestellt erachtet und die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft des
Beschlusses zurückgestellt (Bl. 73 ff. d. A.).Gegen diesen Beschluss richtet sich die
Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 17.06.2020.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 23.06.2020 nicht abgeholfen
und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 85 d. A.).

2.
Die Beschwerde ist gemäß 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig,
insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.
In der Sache hat die Beschwerde Erfolg, weil die Voraussetzungen für die Erteilung des von
dem Beteiligten zu 1) beantragten Teilerbscheins nach testamentarischer Erbfolge nicht
vorliegen.

Für die Bestimmung der Erben der Erblasserin ist lediglich das Originaltestament vom
15.01.2002, nicht jedoch die mit handschriftlichen Zusätzen vom 01.01.2019 versehene
Fotokopie als maßgebend anzusehen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat die
Erblasserin durch ihre eigenhändigen Zusätze vom 01.01.2019 auf der Fotokopie des
Originaltestaments kein formwirksames eigenhändiges Testament in Gestalt eines
einheitlichen Ganzen errichtet.

Ein formwirksames Testament kann zwar auch dadurch hergestellt werden, dass der
Testierenden die Fotokopie eines von ihm eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen
Testaments eigenhändig ändert, wenn der im vorhandenen Original und auf dessen Kopie
niedergelegte Text ein einheitliches Ganzes bildet. Unter dieser Voraussetzung können auch
Änderungen in Form von eigenhändigen Durchstreichungen des fotokopierten Textes Teil
eines formwirksamen Testaments sein.

Die formwirksame Errichtung eines eigenhändig geschriebenen ordentlichen Testaments
muss dabei weder in einem einheitlichen Akt noch in einer einzigen Urkunde erfolgen.
Vielmehr kann der Erblasser auch das zur Errichtung eines formgerechten Testaments
benutzen, was er als früheres Testament niedergeschrieben hat, um es durch eigenhändige
Ergänzung so zu vollenden, dass es sein nunmehr gewolltes Testament darstellt. Es ist
unschädlich, wenn die Niederschrift auf mehreren, nicht miteinander verbundenen Blättern
erfolgt, sofern diese inhaltlich ein Ganzes sind und eine einheitliche Willenserklärung
enthalten. Maßgeblich ist daher, dass die letztwillige Verfügung am Ende der erforderlichen
Form entspricht und der Erblasser sie als seine rechtsverbindliche letztwillige Verfügung
ansah und als solche behandelt wissen wollte (vgl. OLG München, Beschluss v. 25.10.2005,
31 Wx 72/05 m.w.N.).

Voraussetzung ist dabei allerdings, um den Formerfordernissen des § 2247 BGB zu
entsprechen, dass auch die Änderungen mit einer Unterschrift des Erblassers versehen sind.
Nichts anderes folgt auch aus der vorgenannten Entscheidung des OLG München, der
abweichend von der vorliegenden Fallkonstellation eine Änderung zugrunde lag, die nicht nur
mit Datumsangabe sondern auch mit (erneuter) eigenhändiger Unterschrift abgefasst war
(vgl. hierzu auch OLG München, Beschlüsse vom 31.08.2011, 31 Wx 179/10 und vom
13.09.2011, 31 Wx 298/11; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.02.2019, 25 Wx 65/18).Dies
gilt umso mehr, als die Erblasserin ihre erste Änderung vom 17.01.2008 unterzeichnet hat
und lediglich die zweite Änderung vom 01.01.2019 nicht erneut unterschrieben hat. Auch
insofern ist nicht auszuschließen, dass es sich lediglich um einen Entwurf handeln sollte.

3.
Die Entscheidung über die gerichtlichen Kosten beruht auf § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG.
Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten hat der Senat von einer Kostenerstattung
abgesehen.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss nach
§ 70 Abs. 2 FamFG sind nicht erfüllt.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 290.257,00 €
(auf der Grundlage des Nachlassverzeichnisses vom 29.10.2019, wonach Bargeld i.H.v. 40 €,
Guthaben i.H.v. 38.503 € und i.H.v. 3.514 € vorhanden waren, außerdem ein Pkw im Wert
von 10.800 € und ein Elektromobil im Wert von 1.400 € sowie Grundbesitz im Verkehrswert
von 236.000 €, Bl. 8 d. A.)

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Köln

Erscheinungsdatum:

22.07.2020

Aktenzeichen:

2 Wx 131/20

Rechtsgebiete:

Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Testamentsform

Normen in Titel:

BGB § 2247