BGH 19. Juli 2019
V ZR 255/17
BGB § 937 Abs. 2

Nachweis der Bösgläubigkeit des Ersitzers

letzte Aktualisierung: 30.01.2020
BGH, Urt. v. 19.7.2019 – V ZR 255/17

BGB § 937 Abs. 2
Nachweis der Bösgläubigkeit des Ersitzers

a) Beruft sich der auf Herausgabe verklagte Besitzer auf den Erwerb des Eigentums durch
Ersitzung, trägt der frühere Besitzer der Sache die Beweislast für die Voraussetzungen des § 937
Abs. 2 BGB auch dann, wenn ihm die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst
abhanden gekommen ist.
b) aa) Den auf Herausgabe einer Sache verklagten Besitzer trifft regelmäßig eine sekundäre
Darlegungslast für seinen guten Glauben bei dem Erwerb des Eigenbesitzes, wenn er sich gegenüber
dem früheren Besitzer, dem die Sache abhanden gekommen ist, auf den Eigentumserwerb durch
Ersitzung beruft.
b) bb) Hat der frühere Besitzer die von dem auf Herausgabe einer Sache verklagten Besitzer
behaupteten Umstände des Erwerbs der Sache widerlegt, sind die Voraussetzungen von § 937
Abs. 2 BGB als bewiesen anzusehen.
c) Eine generelle, auch Laien auf dem Gebiet der Kunst und des Kunsthandels treffende Pflicht zur
Nachforschung bei dem Erwerb eines Kunstwerks besteht als Voraussetzung für den guten Glauben
nach § 937 Abs. 2 BGB nicht; der Erwerber kann aber bösgläubig sein, wenn besondere Umstände
seinen Verdacht erregen mussten und er diese unbeachtet lässt.

Entscheidungsgründe:

A.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u.a. in KUR 2017, 160 veröffentlicht
ist, hält die Klage für unbegründet. Es fehle bereits an der Aktivlegitimation
des Klägers. Dabei könne offen bleiben, ob nur eine möglicherweise
zwischen dem Kläger und seiner Schwester bestehende Erbengemeinschaft die
Freigabe der hinterlegten Gemälde verlangen könne. Denn der Kläger habe die
Echtheit der hinterlegten Gemälde, also deren Identität mit den von dem Maler
Hans Purrmann gefertigten Originalen, nicht bewiesen. Zudem sei der Kläger
beweisfällig geblieben für seine Behauptung, Hans Purrmann habe die beiden
Gemälde seiner Tochter geschenkt.

Unabhängig davon habe der Beklagte an den Gemälden infolge Ersitzung
gemäß § 937 BGB Eigentum erlangt, da er diese jedenfalls von 1998 bis
1. Oktober 2009 im Eigenbesitz gehabt habe. Für den mangelnden guten Glauben
des Beklagten bei Besitzerwerb oder dessen spätere Bösgläubigkeit trage
der Kläger die Beweislast. Soweit vertreten werde, dass der spätere Besitzer
die Beweislast für seinen guten Glauben trage, wenn der Gegenstand dem
früheren Eigentümer abhandengekommen sei, sei dem nicht zu folgen. Letztlich
komme es hierauf auch nicht an, da der Kläger nicht bewiesen habe, dass die
beiden Gemälde seiner Mutter als früherer Eigentümerin im Jahre 1986 bei ei-
nem Einbruchsdiebstahl entwendet worden, dieser also abhanden gekommen
seien.

Den Nachweis der Bösgläubigkeit des Beklagten habe der Kläger nicht
geführt. Der Umstand, dass der Beklagte die Gemälde von seinem Stiefvater,
einem Fuhrunternehmer für Sand und Schotter, geschenkt erhalten habe, rechtfertige
noch nicht den Vorwurf der Fahrlässigkeit. Es stehe schon nicht fest,
dass der Stiefvater des Beklagten die Gemälde von einem Kunsthändler und
nicht etwa von einem Antiquitätensammler erworben habe, so dass auch nicht
feststehe, dass der Wert der Gemälde dem Veräußerer bekannt gewesen sei.
Es könne auch nicht gesagt werden, dass der Beklagte selbst den Wert der ihm
geschenkten Bilder hätte erkennen müssen und insoweit grob fahrlässig gehandelt
habe. Allein die erkennbare Signierung mit dem Namenszug
„H. Purrmann“ habe keine Nachforschung geboten, zumal der Bekanntheitsgrad
des Künstlers nicht derart groß sei, dass der Namenszug und der Wert eines
Gemäldes des benannten Malers jedermann bekannt sein müssten. Der fehlende
Kunstverstand des Beklagten spreche vielmehr gegen eine solche Annahme;
das gelte auch für den Umstand, dass der Beklagte die Bilder zunächst
im Privathaus, sodann aber in den der Öffentlichkeit zugänglichen Geschäftsräumen
aufgehängt habe. Auch der Versuch im Jahre 2009, eines der Bilder
aus finanziellen Gründen zu veräußern, belege nicht die Kenntnis seines potenziell
hohen Wertes; dieser könnte auch erst bei einer Recherche im Rahmen
der Veräußerung bekannt geworden sein.

B.
Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

I.
Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon
aus, dass sich ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Bewilligung
der Herausgabe der hinterlegten Gemälde nur aus § 812 Abs. 1 Satz 1
Alt. 2 BGB ergeben kann. Damit die Hinterlegungsstelle an einen der Beteiligten
herausgeben darf, bedarf es der Bewilligung durch die übrigen Beteiligten (vgl.
die vorliegend noch anwendbaren §§ 12, 13 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
BayHintO sowie nunmehr Art. 18 Abs. 2 Nr. 1, Art. 19 Abs. 2 Nr. 3, Art. 20
Abs. 1 Nr. 2 BayHintG). Der (wahre) Berechtigte kann die Abgabe dieser Erklärung
gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB von den übrigen Prätendenten verlangen,
die ihre Rechtsposition auf seine Kosten erlangt haben; insoweit ist es
ohne Bedeutung, ob die Voraussetzungen für die Hinterlegung vorlagen. Ob der
Anspruch besteht, richtet sich - weil die Hinterlegung zur Erfüllung einer gegen
den Hinterlegenden gerichteten Forderung erfolgt (§ 372 Satz 2 BGB) - nicht
nach dem Innenverhältnis zwischen den Prätendenten, sondern ausschließlich
nach dem materiellen Rechtsverhältnis zwischen dem hinterlegenden Schuldner
- hier der Staatsanwaltschaft - und dem Kläger. Ein zivilrechtlicher Herausgabeanspruch
eines Beteiligten gegen die Staatsanwaltschaft kann sich nach
Beendigung einer strafprozessualen Beschlagnahme insbesondere aus § 985
BGB ergeben (vgl. zum Ganzen Senat, Urteil vom 30. Januar 2015
- V ZR 63/13, NJW 2015, 1678 Rn. 8 ff. mwN). Die Parteien sind als Beteiligte
des Hinterlegungsverfahrens i.S.v. § 13 BayHintO (jetzt Art. 18, 20 BayHintG)
anzusehen, weil sie von der Staatsanwaltschaft als solche benannt wurden und
für keinen von ihnen unzweifelhaft feststeht, dass er materiell nicht berechtigt ist
(vgl. Senat, Urteil vom 30. Januar 2015 - V ZR 63/13, aaO Rn. 9). Daher kann
der Kläger von dem Beklagten die Bewilligung der Herausgabe der Gemälde
verlangen, wenn er gemeinsam mit seiner Schwester in Erbengemeinschaft
Eigentümer der Gemälde und zur Geltendmachung des Herausgabeanspruchs
ermächtigt ist.

II.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann mit der von dem Berufungsgericht
gegebenen Begründung jedoch nicht verneint werden.
1. Rechtsfehlerhaft ist zunächst die Annahme des Berufungsgerichts, der
Kläger habe sein Eigentum an den Gemälden nicht bewiesen, weil er keinen
Beweis für die Echtheit der Gemälde angetreten habe.

a) Richtig ist zwar, dass der Kläger die Herausgabe der hinterlegten Gemälde
nur verlangen kann, wenn diese echt sind, es sich also um die Originale
handelt, die seiner Mutter abhanden gekommen sein sollen. Ebenso ist nicht zu
beanstanden, dass das Berufungsgericht die Echtheit der hinterlegten Gemälde
als streitig ansieht. Der Beklagte durfte die Echtheit der Gemälde nach § 138
Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen bestreiten, auch wenn sich diese bis zu der Beschlagnahme
durch die Staatsanwaltschaft in seinem Besitz befunden haben,
denn die Echtheit von Kunstwerken stellt keinen Umstand dar, der sich für einen
auf künstlerischem Gebiet nicht vorgebildeten Laien durch eigene Wahrnehmung
beurteilen lässt.

b) Verfahrensfehlerhaft ist aber die Ansicht, der Kläger habe keinen Beweis
für die Echtheit der hinterlegten Gemälde angetreten. Wie die Revision mit
Recht geltend macht, hat das Berufungsgericht gegen § 286 ZPO verstoßen,
indem es weder die Aussage des Zeugen Dr. B. im staatsanwaltschaftlichen
Ermittlungsverfahren berücksichtigt noch ein Sachverständigengutachten
zu der Echtheit der Gemälde eingeholt hat. Nach ständiger Rechtsprechung
verletzt die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots, die im
Prozessrecht keine Stütze findet, die Vorschrift des § 286 ZPO und den Anspruch
auf Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. Senat, Beschluss vom
16. März 2017 - V ZR 170/16, DWW 2017, 230 Rn. 5 f.; Urteil vom
21. September 2018 - V ZR 68/17, juris Rn. 20 mwN, insoweit nicht abgedruckt
in MDR 2019, 344). So liegt es hier.

aa) Der Kläger hat tauglichen Beweis für die Echtheit der bei dem Beklagten
beschlagnahmten Gemälde angetreten.

(1) Er hat hierzu vorgetragen, der Kunsthistoriker Dr. B. , der seit
dem Jahr 2001 das Purrmann-Archiv in München leite und für den Maler Purrmann
zwei Werkverzeichnisse erstellt habe, habe die Echtheit der beschlagnahmten
Gemälde bei seiner polizeilichen Vernehmung im staatsanwaltschaftlichen
Ermittlungsverfahren bestätigt. Das Purrmann-Archiv bzw. das Werkverzeichnis
sei die „heute allgemein anerkannte Institution zu Fragen der Echtheit
der Bilder“. Zum Nachweis der letztgenannten Behauptung hat er die Vernehmung
des Zeugen Dr. B. angeboten.

(2) Die Bezugnahme auf die Aussage des Zeugen Dr. B. im Ermittlungsverfahren
stellt einen tauglichen Beweisantritt dar, auch wenn sie für sich
genommen nicht auf eine unmittelbare Vernehmung des Dr. B. als Zeuge
im Zivilprozess gerichtet war. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
hatte der als Zeuge vernommene Dr. B. in seiner polizeilichen Vernehmung
im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren ausgeführt, es handele
sich „mit Sicherheit um Originale“. Protokolle über die Aussagen von Zeugen in
einem anderen Verfahren dürfen im Wege des Urkundenbeweises in den Zivil-
prozess eingeführt und dort gewürdigt werden, wenn dies - wie hier seitens des
Klägers - von der beweispflichtigen Partei beantragt wird. Unzulässig wäre die
Verwertung der früheren Aussage im Wege des Urkundenbeweises anstelle der
Vernehmung des Zeugen im anhängigen Verfahren nur, wenn eine Partei zum
Zwecke des unmittelbaren Beweises die Vernehmung des Zeugen beantragt
oder die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen dessen unmittelbare Vernehmung
erfordert (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1999 - VI ZR 207/98,
NJW 2000, 1420, 1421; Urteil vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01,
Rn. 14). Auf eine solche Ausnahme hat das Berufungsgericht die Nichtberücksichtigung
des Beweisangebots nicht gestützt.

(3) Das Berufungsgericht durfte diesen Beweisantritt nicht mit der Begründung
zurückweisen, es fehle an Sachvortrag dazu, dass und warum der
benannte Zeuge über für die Echtheitsbeurteilung erforderlichen Spezialkenntnisse
und hinreichend sicheres Fachwissen verfügt und welche eigenen Wahrnehmungen
er hinsichtlich der Echtheit der beschlagnahmten und hinterlegten
Gemälde gemacht hat. Bei Zweifeln an der fachlichen Kompetenz des Zeugen
wäre das Berufungsgericht vielmehr gehalten gewesen, den hierfür ausdrücklich
benannten Zeugen zu befragen. Bei dieser Vernehmung hätte auch geklärt
werden können, ob dessen Kompetenz für die Echtheitsbeurteilung durch bloßen
Augenschein ausreichte. Die Annahme des Berufungsgerichts, das Beweisangebot
des Klägers zur fachlichen Kompetenz des Zeugen stelle sich bezogen
auf die Echtheit der Bilder als Ausforschungsbeweis dar, ist angesichts
des Umstandes, dass der Zeuge Kunsthistoriker ist und das Purrmann-Archiv in
München leitet, unzutreffend.

(4) Ebenso wenig durfte das Berufungsgericht das Beweisangebot mit
der Begründung unberücksichtigt lassen, die Frage der Echtheit eines Gemäl-
des erfordere spezielle Fachkenntnisse und sei damit Sachverständigenfrage,
ein bloßer Zeugenbeweis werde „zum Nachweis der Originalität regelmäßig
nicht ausreichen“, auch wenn es sich um einen sachverständigen Zeugen handele.
Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Ungeeignetheit des Beweismittels
kommt nur dann in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint,
dass das Beweismittel zu dem Beweisthema sachdienliche Erkenntnisse erbringen
kann (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 - III ZR 82/13, NJW-RR
2013, 9 Rn. 17 mwN; vgl. auch Senat, Beschluss vom 28. April 2011
- V ZR 182/10, juris Rn. 13; Beschluss vom 12. November 2015 - V ZR 66/15,
juris Rn. 6). Dies war hier nicht der Fall, denn aus der Begründung des Berufungsgerichts
ergibt sich - schon angesichts der Einschränkung „regelmäßig“ -
nicht, dass seiner Ansicht nach von vornherein ausgeschlossen ist, dass ein
ausgewiesener Experte für die Werke eines bestimmten Künstlers die Echtheit
eines Gemäldes durch bloße Inaugenscheinnahme mit einer für die Überzeugungsbildung
des Gerichts nach § 286 ZPO hinreichenden Sicherheit beurteilen
kann.

bb) Unabhängig davon hätte das Berufungsgericht - wie die Revision zu
Recht rügt -, die Klage nicht ohne weiteres abweisen dürfen, sondern wäre gehalten
gewesen, ein Sachverständigengutachten zur Echtheit der Bilder einzuholen.
Der Beweis durch Sachverständige wird gemäß § 403 ZPO durch die
Bezeichnung der zu begutachtenden Punkte angetreten. Der Antritt eines Beweises
durch Sachverständigengutachten ist folglich nur eine Anregung an das
Gericht; dieses muss den Sachverständigenbeweis nach pflichtgemäßem Ermessen
von Amts wegen erheben, wenn seine eigene Sachkunde nicht ausreicht,
um schlüssig vorgetragene und wirksam bestrittene Tatsachen festzustellen
(vgl. MüKoZPO/Zimmermann, 5. Aufl., § 403 Rn. 2; Zöller/Greger, ZPO,
32. Aufl., § 403 Rn. 1). Das Berufungsgericht wäre daher gehalten gewesen,
ein solches Gutachten nach § 144 Abs. 1 Satz 1 ZPO von Amts wegen einzuholen
(vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 1993 - X ZR 65/92, NJW 1994, 663,
665; Urteil vom 7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93, NJW 1995, 667; zur Einnahme
des Augenscheins von Amts wegen: Senat, Urteil vom 8. Mai 1992
- V ZR 89/91, NJW 1992, 2019 f.).

Ob das Berufungsgericht von der Einholung eines Gutachtens hätte absehen
dürfen, wenn es den Kläger ausdrücklich auf seine Auffassung hingewiesen
hätte, dass die Echtheit der Bilder nicht durch eine Zeugenaussage, sondern
nur durch ein Sachverständigengutachten bewiesen werden kann, und der
Kläger sodann gleichwohl die Einholung eines solchen Gutachtens nicht angeregt
hätte, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn ein solcher Hinweis ist - anders
als die Revisionserwiderung meint - nicht erfolgt. Das Berufungsgericht hat
den Kläger vielmehr lediglich darauf hingewiesen, dass er zur Echtheit der Gemälde
keinen Beweis angetreten habe. Dieser Hinweis war nach dem zuvor
Gesagten unzutreffend, weil die Bezugnahme auf das Protokoll der Vernehmung
des Zeugen Dr. B. in den beigezogenen Ermittlungsakten einen zulässigen
Beweisantritt darstellt.

2. Das Eigentum des Klägers und seiner Schwester an den streitgegenständlichen
Gemälden lässt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts
ferner nicht mit der Begründung verneinen, der Kläger habe nicht bewiesen,
dass der Maler die Gemälde seiner Tochter, der Mutter des Klägers, geschenkt
habe.

a) Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Kläger
und seine Schwester in Erbengemeinschaft Eigentümer der Gemälde wären,
wenn diese zum Zeitpunkt des Erbfalls im Eigentum ihrer Mutter gestanden
haben sollten, denn es stellt fest, dass der Kläger, sein Vater und seine
Schwester zunächst zu je 1/3 Miterben der im Jahre 1993 verstorbenen Mutter
des Klägers geworden sind und dass der Kläger und seine Schwester nachfolgend
ihren Vater zu je 1/2 beerbt haben.

b) Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, der
Kläger habe zum Nachweis des Eigentums seiner Mutter an den Gemälden den
Beweis zu führen, dass diese ihr von ihrem Vater Hans Purrmann geschenkt
worden seien.

aa) Da die Mutter des Klägers, was im Berufungsurteil ausdrücklich offen
gelassen worden und daher für das Revisionsverfahren zugunsten des Klägers
zu unterstellen ist, zu Lebzeiten - bis zu dem klägerseitig behaupteten Einbruchsdiebstahl
im Jahre 1986 - Besitzerin der Gemälde war, ist nämlich nach
§ 1006 Abs. 2 BGB zu vermuten, dass die Gemälde in ihrem Eigentum standen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich auf
die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB nicht nur der durch die Vermutung
begünstigte Besitzer selbst, sondern - im Verhältnis zu Dritten - jeder berufen,
der sein Recht von dem (früheren) Besitzer ableitet (vgl. BGH, Urteil vom
16. Oktober 2003 - IX ZR 55/02, BGHZ 156, 310, 315; Urteil vom 10. November
2004 - VIII ZR 186/03, BGHZ 161, 90, 109; Senat, Urteil vom 3. März 2017
- V ZR 268/15, ZfIR 2017, 537 Rn. 11), somit auch der Kläger, der das Eigentum
durch Erbfolge von seiner Mutter erworben hat. Die Vermutung des § 1006
Abs. 2 BGB dauert entgegen dem missverständlichen Wortlaut der Vorschrift
(„während der Dauer seines Besitzes“) über die Beendigung des Besitzes hinaus
so lange fort, bis sie widerlegt ist (BGH, Urteil vom 10. November 2004
- VIII ZR 186/03, BGHZ 161, 90, 108; Senat, Urteil vom 30. Januar 2015
- V ZR 63/13, NJW 2015, 1678 Rn. 34; Urteil vom 3. März 2017 - V ZR 268/15,
ZfIR 2017, 537 Rn. 23). Unerheblich ist, dass die Gemälde der Mutter des Klägers
von ihrem Vater geschenkt worden sein sollen, weil die Vorschrift auch bei
behauptetem Erwerb im Wege der Schenkung eingreift (vgl. Senat, Urteil vom
30. Januar 2015 - V ZR 63/13, NJW 2015, 1678 Rn. 12). Folglich oblag es nicht
dem Kläger, das Eigentum seiner Mutter an den Gemälden zu beweisen, sondern
dem Beklagten, die Vermutung des § 1006 Abs. 2 BGB durch den Beweis
des Gegenteils (§ 292 Satz 1 ZPO, vgl. Senat, Urteil vom 3. März 2017
- V ZR 268/15, aaO Rn. 20) zu widerlegen.

bb) An der für den Kläger streitenden Eigentumsvermutung ändert es
nichts, dass der Beklagte bis zu der Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft
im Besitz der streitgegenständlichen Bilder war. Zwar tritt die Eigentumsvermutung
nach § 1006 Abs. 2 BGB zurück, wenn sich ein späterer Besitzer auf
die Vermutung nach § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB berufen kann und beruft (Senat,
Urteil vom 30. Januar 2015 - V ZR 63/13, WM 2015, 1434 Rn. 34; Urteil vom
3. März 2017 - V ZR 268/15, ZfIR 2017, 537 Rn. 23). Der Beklagte kann sich
aber auf die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB hinsichtlich der Originalgemälde,
für die die Vermutung des § 1006 Abs. 2 BGB zugunsten der Mutter
des Klägers greift, nicht berufen, weil zugunsten des Klägers für das Revisionsverfahren
davon auszugehen ist, dass sie ihr durch einen Einbruchsdiebstahl
abhanden gekommen sind (§ 1006 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Annahme des
Berufungsgerichts, der Kläger habe dieses Abhandenkommen nicht bewiesen,
verstößt - wie die Revision zu Recht rügt - gegen § 286 ZPO.

(1) Grundsätzlich ist die Würdigung, ob eine tatsächliche Behauptung für
wahr oder für nicht wahr zu erachten ist, Sache des Tatrichters, der unter Berücksichtigung
des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses
einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden hat. Der
Tatrichter ist bei einem auf Indizien gestützten Beweis grundsätzlich frei, welche
Beweiskraft er den Indizien im Einzelnen und in einer Gesamtschau für seine
Überzeugungsbildung beimisst (BGH, Urteil vom 18. Januar 2018 - I ZR 150/15,
NJW 2018, 2412 Rn. 44 mwN). Das Revisionsgericht ist an seine Feststellungen
nach § 559 ZPO gebunden und überprüft die Beweiswürdigung lediglich
dahin, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 Abs. 1 ZPO
mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei
auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und
rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt
(BGH, Urteil vom 18. Januar 2018 - I ZR 150/15, aaO mwN).

Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt auch das Beweismaß
(vgl. Senat, Urteil vom 5. Oktober 2001 - V ZR 275/00, NJW 2002, 208, 211;
Urteil vom 1. Oktober 2010 - V ZR 173/09, NJW 2010, 3774 Rn. 13). Zwar hat
der Tatrichter nach § 286 ZPO ohne Bindung an Beweisregeln und nur seinem
Gewissen unterworfen die Entscheidung zu treffen, ob er an sich mögliche
Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen
kann. Jedoch setzt das Gesetz eine von allen Zweifeln freie Überzeugung
nicht voraus. Das Gericht darf keine unerfüllbaren Beweisanforderungen
stellen und keine unumstößliche Gewissheit bei der Prüfung verlangen, ob eine
Behauptung wahr und erwiesen ist. Vielmehr darf und muss sich der Richter in
tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren
Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne
sie völlig auszuschließen (vgl. Senat, Urteil vom 5. Oktober 2001
- V ZR 275/00, NJW 2002, 208, 211 mwN).

(2) Daran gemessen überspannt das Berufungsgericht die Anforderungen
an den Beweis des Abhandenkommens der Gemälde.

(a) Der Kläger hat vorgetragen, bei einem Einbruch unbekannter Täter in
das Anwesen seiner Eltern am 18. November 1986 seien neben weiteren
Kunstgegenständen vier Ölgemälde des Malers Hans Purrmann, darunter die
Gemälde „Frau im Sessel“ und „Blumenstrauß“ entwendet worden. Zum Beweis
dieser Tatsache hat er Bezug genommen auf die polizeilichen Ermittlungsakten
zu dem damaligen Einbruchsdiebstahl und insbesondere den von ihm vorgelegten
Bericht der Landespolizeidirektion Stuttgart an das Landeskriminalamt Baden-
Württemberg vom 15. Dezember 1986, in welchem der Tathergang beschrieben
und u.a. die beiden Gemälde unter näherer Beschreibung als entwendet
aufgeführt werden. Weiter hat der Kläger auf eine in der von dem Berufungsgericht
beigezogenen Akte des gegen den Beklagten geführten Ermittlungsverfahrens
befindliche Liste der Kunsthandlung Otto Greiner vom 7. März
1969 Bezug genommen, in der die beiden Gemälde zusammen mit anderen, im
Hause der Eltern des Klägers befindlichen Kunstgegenständen aufgeführt werden
sowie auf die Ausschreibung der beiden Gemälde mit Abbildung derselben
im Bundeskriminalblatt, in der diese ebenfalls als bei dem Einbruch entwendet
aufgeführt werden. Zudem hat der Kläger eine auch in der Ermittlungsakte befindliche,
von seiner Mutter selbst gefertigte Liste vom 8. Februar 1985 vorgelegt,
in der die Gemälde als (noch) vorhanden aufgeführt werden. Weiter enthält
die Ermittlungsakte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts das Protokoll
der polizeilichen Vernehmung der Zeugin H. , einer Nichte der
Mutter des Klägers, in der die Zeugin angibt, die beiden Bilder hätten sich im
Privatbesitz ihrer Tante befunden und seien bei einem Einbruch im Jahr 1986
entwendet worden. Schließlich hatte der als Zeuge vernommene Dr. B. bei
seiner Vernehmung angegeben, die beiden Gemälde seien im Werkverzeichnis
als gestohlen angegeben.

(b) Das Berufungsgericht sieht den Beweis des Abhandenkommens
gleichwohl als nicht geführt an, weil der Umstand, dass die Gemälde in den Ermittlungsakten
als gestohlen geführt würden, „wohl (nur) auf Angaben der Geschädigten
gegenüber der Polizei“ beruhe und die Ermittlung oder Verurteilung
eines Straftäters nicht ersichtlich sei. Auch eine Schadensmeldung an die Versicherung
sei nicht dargelegt. Die Zeugin H. sei im Zivilprozess nicht
benannt worden. Ihre Aussage bei den Ermittlungsbehörden lasse nicht erkennen,
woraus sie ihre Erkenntnisse herleite. Entsprechendes gelte für den Zeugen
Dr. B. . Auch die Inventarlisten aus den Jahren 1969 und 1985 belegten
einen Diebstahl der streitgegenständlichen Gemälde nicht.

(c) Hiermit überspannt das Berufungsgericht die Anforderungen daran,
was ein Geschädigter zum Nachweis des Diebstahls eines vormals in seinem
Besitz bzw. im Besitz seiner Familie befindlichen Gegenstands vorbringen und
beweisen muss. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich bei dem
Kläger und seiner Mutter um die Familie des Malers handelt, der die Originalgemälde
angefertigt hat, können die aus der Ermittlungsakte ersichtlichen Anhaltspunkte
für einen Diebstahl nicht allein mit der Begründung als unzureichend
angesehen werden, sie beruhten im Wesentlichen auf Angaben der
Geschädigten. Dies gilt umso mehr, als vorliegend weitere Indizien hinzu kommen,
die von Dritten stammen, namentlich die Inventarliste einer Kunsthandlung,
derzufolge sich die Bilder im Jahre 1969 in der Villa der Eltern des Klägers
befunden haben. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der
Diebstahl fingiert sein könnte oder dass die Geschädigten gegenüber der Polizei
im Jahre 1986 falsche Angaben zu den entwendeten Gegenständen ge-
macht haben könnten. Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, dass ein
Straftäter nicht ermittelt werden konnte, spricht dies angesichts der allgemein
bekannten Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen nicht gegen die Annahme,
dass ein Einbruch stattgefunden hat. Und dass der Diebstahl der Versicherung
nicht gemeldet wurde, könnte überhaupt nur relevant sein, wenn eine solche
für die entwendeten Bilder bestanden haben sollte, was nicht festgestellt
ist.

cc) Für die Revisionsinstanz ist somit davon auszugehen, dass die Originale
der Gemälde „Blumenstrauß“ und „Frau im Sessel“ im Eigentum der Mutter
des Klägers standen und durch Erbfolge in das Eigentum des Klägers und seiner
Schwester in Erbengemeinschaft übergegangen sind.

c) Der Kläger ist befugt, den Herausgabeanspruch gegenüber der
Staatsanwaltschaft und damit auch den gegen den Beklagten gerichteten Anspruch
auf Bewilligung der Herausgabe gerichtlich geltend zu machen. Dabei
kommt es nicht darauf an, ob - was das Berufungsgericht offen gelassen hat -
die Erbengemeinschaft zwischen dem Kläger und seiner Schwester noch besteht
oder bereits auseinandergesetzt ist. Sollte die Erbengemeinschaft noch
bestehen, wäre der Kläger nach § 2039 Satz 1 BGB berechtigt, den Herausgabeanspruch
geltend zu machen. Zwar könnte er auf der Grundlage dieser Vorschrift
nicht unmittelbar Leistung an sich, sondern nur die Herausgabe der Gemälde
an die Erbengemeinschaft verlangen. Diese Einschränkung betrifft indes
nicht das Recht, den Anspruch der Erbengemeinschaft im eigenen Namen im
Prozess durchzusetzen, sondern lediglich die Frage der materiell-rechtlichen
Einziehungsbefugnis des Klägers (vgl. BGH, Beschluss vom 19. April 2005
- VI ZB 47/03, NJW 2005, 955). Diese steht dem Kläger zu, weil seine Schwester
ihm mit Vereinbarung vom 14./16. August 2010 alle ihr „bezüglich dieser
beiden Gemälde zustehenden zivilrechtlichen Ansprüche“ abgetreten hat. Ungeachtet
der Frage, ob diese Abtretung eine gemeinschaftliche Verfügung über
die Nachlassgegenstände nach § 2040 Abs. 1 BGB darstellt oder lediglich eine
Einziehungsermächtigung, folgt aus ihr jedenfalls die materiell-rechtliche Befugnis
des Klägers, die Herausgabe der Gemälde an sich zu verlangen. Die
Vereinbarung wird von dem Berufungsgericht zwar lediglich als klägerischer
Vortrag in Bezug genommen, ihre Wirksamkeit ist aber zugunsten des Klägers
für das Revisionsverfahren zu unterstellen.

3. Nicht frei von Rechtsfehlern ist schließlich die Annahme des Berufungsgerichts,
dass der Kläger und seine Schwester ihr Eigentum an den Bildern
infolge Ersitzung des Beklagten gemäß § 937 BGB verloren haben.

a) Nach Abs. 1 dieser Vorschrift erwirbt derjenige, der eine bewegliche
Sache zehn Jahre im Eigenbesitz hat, das Eigentum. Rechtsfehlerfrei und von
der Revision nicht beanstandet geht das Berufungsgericht davon aus, dass der
Beklagte die hinterlegten Gemälde zehn Jahre, nämlich jedenfalls im Zeitraum
seit 1998 bis zu der Sicherstellung am 1. Oktober 2009, im Eigenbesitz (§ 872
BGB) gehabt hat.

b) Richtig ist auch, dass einem Eigentumserwerb des Beklagten durch
Ersitzung die Regelungen des Gesetzes zum Schutz von Kulturgut (Kulturgutschutzgesetz
- KGSG) vom 31. Juli 2016 (BGBl I 1914) nicht entgegenstehen.
Dabei kommt es allerdings, selbst wenn die streitgegenständlichen Gemälde
- was nicht festgestellt ist - als nationale Kulturgüter im Sinne dieses Gesetzes
anzusehen sein und damit dessen Veräußerungsbeschränkungen unterfallen
sollten, nicht darauf an, ob das in § 40 KGSG geregelte Verbot des Inverkehrbringens
abhandengekommenen Kulturguts einem Eigentumserwerb durch Er-
sitzung gemäß § 937 BGB entgegensteht oder ob dies - wie das Berufungsgericht
meint - nicht der Fall ist (so ebenfalls Elmenhorst/Strobl, KUR 2017, 158,
159). Das Kulturgüterschutzgesetz kann nämlich auf den hier in Rede stehenden,
gegebenenfalls im Jahre 2010 abgeschlossenen Eigentumserwerb durch
Ersitzung schon deswegen keine Anwendung finden, weil es nach seinem
Art. 10 Satz 1 erst am 6. August 2016 in Kraft getreten und eine Rückwirkung
nicht angeordnet ist.

c) Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, wäre die Ersitzung aber
nach § 937 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Beklagte bei dem Erwerb
des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben gewesen sein oder später erfahren
haben sollte, dass ihm das Eigentum nicht zusteht. Das Vorliegen dieser
Voraussetzungen kann mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung
nicht verneint werden.

aa) Richtig ist allerdings, dass der Kläger die Beweislast für die Bösgläubigkeit
des Beklagten trägt. Beruft sich der auf Herausgabe verklagte Besitzer
auf den Erwerb des Eigentums durch Ersitzung, trägt der frühere Besitzer der
Sache die Beweislast für die Voraussetzungen des § 937 Abs. 2 BGB auch
dann, wenn ihm die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst
abhanden gekommen ist.

(1) Angesichts der Formulierung „(d)ie Ersitzung ist ausgeschlossen,
wenn (…)“ in § 937 Abs. 2 BGB trägt nach allgemeinen Regeln derjenige die
Darlegungs- und Beweislast für den fehlenden guten Glauben des Ersitzenden
bei Begründung des Eigenbesitzes bzw. für die spätere Kenntniserlangung vom
Nichtbestehen des Eigentums, der die Ersitzung in Abrede stellt
(MüKoBGB/Baldus, 7. Aufl., § 937 Rn. 87; BeckOGK/Buchwitz, BGB [1.2.2019],
§ 937 Rn. 49; Erman/Ebbing, BGB, 15. Aufl., § 937 Rn. 7a; BeckOK BGB/Kindl
[1.2.2019], § 937 Rn. 10; PWW/Prütting, BGB, 13. Aufl., § 937 Rn. 6, 9; Staudinger/
Wiegand, BGB [2017], § 937 Rn. 1, 11).

(2) Allerdings soll nach neuerer, auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts
Celle zurückgehender Ansicht, in Abweichung von den allgemeinen
Grundsätzen den Ersitzenden die volle Beweislast hinsichtlich sämtlicher Voraussetzungen
des § 937 BGB einschließlich seines guten Glaubens bei Besitzerwerb
treffen, wenn die Sache einem früheren Besitzer gestohlen wurde
oder sonst abhanden gekommen ist (OLG Celle, GRUR-RR 2011, 24, 27; Erman/
Ebbing, BGB, 15. Aufl., § 937 Rn. 7a; wohl auch MüKoBGB/Baldus,
7. Aufl. § 937 Rn. 89; jurisPK-BGB/Lenders, 8. Aufl., § 937 Rn. 17). Dieser Ansicht
ist das Berufungsgericht zu Recht nicht gefolgt.

(a) Das Oberlandesgericht Celle beruft sich für seine Ansicht auf das Urteil
des Bundesgerichtshofs vom 19. Dezember 1994 (II ZR 4/94, BB 1995,
276); es entnimmt ihm, dass den Ersitzenden die volle Beweislast hinsichtlich
sämtlicher Voraussetzungen des § 937 BGB treffe, wenn dem früheren Besitzer
die Sache abhanden gekommen sei, weil für den früheren Besitzer, dem die
Sache abhanden gekommen sei, die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 2
BGB gelte, die er der für den gegenwärtigen Besitzers streitenden Eigentumsvermutung
aus § 1006 Abs. 1 BGB entgegenhalten könne (OLG Celle, GRURRR
2011, 24, 27). Dies trifft so nicht zu. Der Bundesgerichtshof hat in der zitierten
Entscheidung lediglich ausgeführt, dass der Besitzer einer Sache sich gegenüber
dem früheren Besitzer, dem die Sache abhanden gekommen ist, nach
§ 1006 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht auf die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1
Satz 1 BGB berufen kann, so dass zu Gunsten des früheren Besitzers die Vermutung
des § 1006 Abs. 2 BGB gilt und der auf Herausgabe verklagte derzeiti-
ge Besitzer aufgrund der allgemeinen Rechtsfortdauervermutung des Besitzes
seinerseits beweisen muss, dass der frühere Besitzer sein Eigentum an der
Sache trotz des dieser in Folge des Abhandenkommens anhaftenden Makels
verloren hat, etwa nach § 937 oder § 950 BGB oder durch gutgläubigen Erwerb
wegen eines möglichen Wegfalls der Wirkungen des § 935 BGB infolge eines
der Tatbestände der §§ 947, 948 BGB (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1994
- II ZR 4/94, aaO). Hiermit ist lediglich gesagt, dass dem früheren Besitzer, dem
die Sache abhanden gekommen ist, ausnahmsweise auch gegenüber dem derzeitigen
Besitzer die Eigentumsvermutung nach § 1006 Abs. 2 BGB zukommt,
so dass dieser die Voraussetzungen eines Erwerbstatbestands darlegen und
beweisen muss, wovon er ohne das Abhandenkommen nach § 1006 Abs. 1
Satz 1 BGB enthoben wäre. Damit ist keine Aussage zur Beweislastverteilung
bei den einzelnen Erwerbstatbeständen, etwa bei § 950 BGB oder - wie hier -
§ 937 BGB verbunden. Namentlich lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen,
dass dem früheren Besitzer insoweit als weitere Erleichterung im Rahmen
von § 937 Abs. 2 BGB eine Beweislastumkehr zu Gute kommt mit der Folge,
dass der derzeitige Besitzer nicht nur die Voraussetzungen des § 937 Abs. 1
BGB, sondern auch seinen guten Glauben bei Erwerb des Eigenbesitzes und
die nicht erfolgte spätere Kenntniserlangung vom mangelnden Eigentum beweisen
müsste (vgl. BeckOGK/Buchwitz, BGB [1.5.2019], § 937 Rn. 50.1).

(b) Für eine abweichende Beweislastverteilung bei abhanden gekommenen
Gegenständen, die angesichts des klaren Wortlauts von § 937 Abs. 2 BGB
nur mit einer teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs der Vorschrift
zu begründen wäre (vgl. hierzu etwa Senat, Urteil vom 2. Juni 2017
- V ZR 230/16, MDR 2017, 994 Rn. 17 ff.), ist kein Raum. Der Gesetzgeber hat
nicht etwa übersehen, dass die Vorschriften über die Ersitzung auch bei abhanden
gekommenen Gegenständen zur Anwendung kommen können. Vielmehr
hat er sie gerade in Ansehung gestohlener oder verloren gegangener Sachen
für erforderlich gehalten, weil auch insoweit ein Bedürfnis für den Schutz des
guten Glaubens bestehe und der gutgläubige Erwerb des Eigentums nach den
allgemeinen Regelungen (heute § 935 BGB) ausgeschlossen sei (Motive III
S. 351). Vor diesem Hintergrund hat er sich bewusst für eine Regelung entschieden,
bei der der gute Glaube des Ersitzenden nicht zur Voraussetzung der
Norm gemacht, sondern für den Fall des bösen Glaubens eine Ausnahme bestimmt
wird, „weil von einer konkreten Erwerbungsart als positiver Grundlage
der Annahme des Ersitzenden, er sei Eigenthümer, abgesehen wird“ (Motive III
S. 352). Das mit den Vorschriften über die Ersitzung verfolgte Ziel des Gesetzgebers
war folglich der Schutz des guten Glaubens des Erwerbers auch und
gerade in Bezug auf abhanden gekommene Sachen unabhängig von der Art
des Erwerbs. Diesem Ziel entspricht die in § 937 Abs. 2 BGB getroffene Beweislastregelung.
Für eine Einschränkung der Norm besteht somit kein Anlass.

bb) Verfahrensfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts,
der Kläger habe die Voraussetzungen von § 937 Abs. 2 BGB nicht bewiesen.
(1) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus,
dass für den guten Glauben bei Besitzerwerb im Sinne von § 937 Abs. 2 BGB
der Maßstab des § 932 Abs. 2 BGB gilt, allerdings mit der Maßgabe, dass sich
der gute Glaube nicht auf das Eigentum des Veräußerers, sondern auf das Eigentum
bzw. den Eigentumserwerb des sich auf Ersitzung berufenden Eigenbesitzers
beziehen muss. Nicht in gutem Glauben ist daher der Eigenbesitzer,
der bei Besitzerwerb das Fehlen der eigenen Rechtsstellung als Eigentümer
oder Eigentumserwerber kennt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kennt
(vgl. MüKoBGB/Baldus, 7. Aufl., § 937 Rn. 36; BeckOGK/Buchwitz, BGB
[1.5.2019], § 937 Rn. 34, 37; Erman/Ebbing, BGB, 15. Aufl., § 937 Rn. 7;
BeckOK BGB/Kindl [1.2.2019], § 937 Rn. 10; PWW/Prütting, BGB, 13. Aufl.,
§ 937 Rn. 6, 9; Staudinger/Wiegand, BGB [2017], § 937 Rn. 1, 11). Nach dem
Besitzerwerb schadet dem Ersitzenden lediglich die positive Kenntnis des nicht
bestehenden Eigentums, nicht aber schon eine grob fahrlässige Unkenntnis
(vgl. MüKoBGB/Baldus, 7. Aufl., § 937 Rn. 53; Palandt/Herrler, BGB, 78. Aufl.,
§ 937 Rn. 1). Der Kenntniserlangung kann es aber gleichstehen, wenn die eigene
Nichtberechtigung sich geradezu aufdrängt oder der Besitzer sich bewusst
der Kenntnisnahme verschließt (vgl. Senat, Urteil vom 22. Januar 1958
- V ZR 27/57, BGHZ 26, 256, 259 f.; BeckOK BGB/Kindl [1.2.2019], § 937
Rn. 6; jurisPK-BGB/Lenders, 8. Aufl., § 937 Rn. 8).

(2) Richtig ist ebenfalls, dass unter grober Fahrlässigkeit im allgemeinen
ein Handeln verstanden wird, bei dem die erforderliche Sorgfalt den gesamten
Umständen nach in ungewöhnlich großem Maße verletzt worden ist und bei
dem dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte
einleuchten müssen (stRspr., vgl. Senat, Urteil vom 1. März 2013 - V ZR 92/12,
NJW 2013, 1946 Rn. 11 mwN). Wann nach diesem Maßstab davon auszugehen
ist, dass der Erwerbsprätendent bei Besitzerwerb das Fehlen der eigenen
Rechtsstellung als Eigentumserwerber infolge grober Fahrlässigkeit nicht kennt,
kann nicht allgemein, sondern nur anhand der Umstände des Einzelfalls beantwortet
werden. Die sich aus § 937 Abs. 2 BGB ergebenden Sorgfaltsanforderungen
unterscheiden sich im Grundsatz nicht von den Sorgfaltsanforderungen,
die sich beim gutgläubigen Erwerb aus § 932 Abs. 2 BGB, etwa für den Erwerb
von gebrauchten Kraftfahrzeugen ergeben.

(a) Allerdings wird für den gutgläubigen Erwerb und die Ersitzung von
abhanden gekommenen Kunstgegenständen teilweise vertreten, dass ein
strengerer Sorgfaltsmaßstab anzulegen sei, weil die Veräußerung wertvoller
Kunstgegenstände ein Vorgang sei, der öffentliche Aufmerksamkeit wecke, und
weil allgemein bekannt sei, dass die Eigentumslage an solchen Gegenständen
oftmals zweifelhaft sei und bei Bekanntwerden einer beabsichtigten Veräußerung
häufig in der Fachöffentlichkeit kritisch diskutiert werde. Der Erwerber eines
wertvollen Kunstwerkes oder einer Antiquität sei daher verpflichtet, sich
mithilfe brancheninterner Informationsdienste oder allgemein zugänglicher Datenbanken
hinsichtlich der Herkunft des Werkes kundig zu machen (Nachfragebzw.
Nachforschungsobliegenheit), wobei der professionell auf dem Kunstmarkt
Tätige darüber hinaus gehalten sein könne, eine eingehende Recherche im
Sinne einer Provenienzforschung durchzuführen (Provenienzforschungsobliegenheit;
siehe zur Diskussion etwa BeckOGK/Klinck, BGB [1.4.2019], § 932
Rn. 52; MüKoBGB/Oechsler, 7. Aufl., § 932 Rn. 64; Staudinger/Wiegand, BGB
[2017], § 932 Rn. 132; Müller-Katzenburg, NJW 1999, 2551, 2556; Armbrüster,
NJW 2001, 3581, 3585 f.; sowie eingehend Anton, Rechtshandbuch Kulturgüterschutz
und Kunstrestitutionsrecht Bd. 2: Zivilrecht - Guter Glaube im internationalen
Kunsthandel, 2010, S. 407 ff.; Schack, Kunst und Recht, 3. Aufl.,
Rn. 534 ff.; Schellerer, Gutgläubiger Erwerb und Ersitzung von Kunstgegenständen,
2016, S. 74 ff.).

(b) Ob diese Ansicht zutrifft, bedarf hier keiner Entscheidung, da der Beklagte
Laie auf dem Gebiet der Kunst ist. Eine generelle, auch Laien auf dem
Gebiet der Kunst und des Kunsthandels treffende Pflicht zur Nachforschung bei
dem Erwerb eines Kunstwerks besteht als Voraussetzung für den guten Glauben
nach § 937 Abs. 2 BGB jedenfalls nicht. Der Erwerber kann aber bösgläubig
sein, wenn besondere Umstände seinen Verdacht erregen mussten und er
diese unbeachtet lässt (vgl. zum Erwerb eines Gebrauchtwagens: Senat, Urteil
vom 1. März 2013 - V ZR 92/12, NJW 2013, 1946 Rn. 13; BGH, Urteil vom
5. Februar 1975 - VIII ZR 151/73, NJW 1975, 735, 736; Urteil vom 23. Mai 1966
- VIII ZR 60/64, WM 1966, 678 f. mwN; zu Kunstwerken: Schack, Kunst und
Recht, 3. Aufl., Rn. 537; Schellerer, Gutgläubiger Erwerb und Ersitzung von
Kunstgegenständen, 2016, S. 91, 105 ff.). Zu solchen Umständen zählen etwa
eine ungewöhnliche Art und Gestaltung des Erwerbsgeschäfts, wie z.B. ein auffällig
niedriger Preis (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 1975 - VIII ZR 151/73,
NJW 1975, 735, 736; Urteil vom 1. Juli 1987 - VIII ZR 331/86, MDR 1988, 45),
oder eine von dem Branchen- und Verkehrsüblichen abweichende Veräußerungssituation
(vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 1975 - VIII ZR 151/73, NJW
1975, 735, 737). Eine Nachfrageobliegenheit kann sich zudem aus konkreten
Verdachtsmomenten für ein Abhandenkommen des Erwerbsgegenstandes ergeben,
etwa wenn jemand in großem Umfang historische Bücher erwirbt, die
mit Bibliotheksstempeln und Signaturen versehen sind, die - auch für Laien erkennbare
- Ausschabungs- und Radierungsspuren bzw. Übermalungsspuren
aufweisen (vgl. OLGR Celle 2004, 70, 73).

(3) Keinen Bestand hat aber die Annahme, der Kläger habe nach diesen
Maßstäben den bösen Glauben des Beklagten nicht bewiesen, weil die von ihm
aufgezeigten Umstände nicht den Verdacht des Beklagten hätten erregen müssen,
dass die Gemälde einem früheren Eigentümer gestohlen wurden oder
sonst abhanden gekommen sind.

(a) Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass den
Beklagten eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich seines guten Glaubens
bei dem Besitzerwerb trifft. Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten
Partei trifft in der Regel eine sekundäre Darlegungslast, wenn die primär
darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände
und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während
dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumut-
bar sind (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76
Rn. 17 mwN; für negative Tatsachen: Senat, Urteil vom 12. November 2010
- V ZR 181/09, BGHZ 188, 43 Rn. 12). Diese Voraussetzung ist im Verhältnis
zwischen dem primär darlegungsbelasteten früheren Besitzer, dem die Sache
abhanden gekommen ist, und dem von ihm auf Herausgabe verklagten Besitzer,
der sich auf die Ersitzung der Sache beruft, regelmäßig erfüllt, weil der
frühere Besitzer zumeist keine Kenntnis davon haben wird, wie der Besitzer den
Besitz an der Sache erlangt hat. Den auf Herausgabe einer Sache verklagten
Besitzer trifft daher regelmäßig - und auch hier - eine sekundäre Darlegungslast
für seinen guten Glauben bei dem Erwerb des Eigenbesitzes, wenn er sich gegenüber
dem früheren Besitzer, dem die Sache abhanden gekommen ist, auf
den Eigentumserwerb durch Ersitzung beruft (BeckOGK/Buchwitz, BGB
[1.5.2019], § 937 Rn. 51).

(b) Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, der
Beklagte habe der ihn treffenden sekundären Darlegungslast mit dem Vortrag
genügt, er habe die beiden Gemälde mutmaßlich 1986 oder 1987 von seinem
1993 verstorbenen Stiefvater geschenkt bekommen, der dabei geäußert habe,
die Bilder von einem Antiquitätenhändler oder -sammler in Dinkelsbühl erworben
zu haben, und der Kläger habe die Bösgläubigkeit des Beklagten nicht bewiesen.
In diesem Zusammenhang verkennt das Berufungsgericht die Anforderungen,
die nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast an den von
dem Beklagten zu haltenden Vortrag zu dem Erwerbsvorgang und die Widerlegung
dieser Behauptung durch den Kläger zu stellen sind.

Obliegt es dem Besitzer, der sich gegenüber dem früheren Besitzer auf
den Eigentumserwerb durch Ersitzung beruft, nach den Grundsätzen der sekundären
Darlegungslast, zu den Umständen seines Besitzerwerbs vorzutra-
gen, so ist der von dem früheren Besitzer, dem die Sache abhanden gekommen
ist, zu führende (volle) Beweis des bösen Glaubens des Besitzers bei Besitzerwerb
bereits dann als geführt anzusehen, wenn er die von dem Besitzer
behaupteten Erwerbstatsachen widerlegt; es ist nicht erforderlich, dass alle
denkbaren anderen Erwerbsvorgänge bzw. -tatbestände widerlegt werden (vgl.
Senat, Urteil vom 30. Januar 2015 - V ZR 63/13, NJW 2015, 1678 Rn. 36). Hat
der frühere Besitzer die von dem Ersitzungsprätendenten im Rahmen von dessen
sekundärer Darlegungslast behaupteten Umstände des Erwerbs der Sache
widerlegt, also zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass das konkrete
Vorbringen unwahr ist (vgl. dazu MüKoZPO/Prütting, 5. Aufl., § 286 Rn. 103),
ist dessen böser Glaube als bewiesen anzusehen.

(c) Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei der Überprüfung
der Beweiswürdigung des Landgerichts zu einem anderen Ergebnis
gelangt wäre, wenn es den zutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt
hätte.

(aa) Es können bereits Zweifel daran bestehen, dass der Beklagte der
ihn treffenden sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Umstände des Erwerbs
der Gemälde genügt hat. Er hat - worauf die Revision zutreffend hinweist
- wechselnde Angaben dazu gemacht, wie er in den Besitz der bei ihm
beschlagnahmten Gemälde gekommen ist. In dem im Jahre 2009 gegen ihn
geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren hat er zunächst behauptet, er
habe diese vor 30 oder 35 Jahren von seinem Stiefvater geschenkt bekommen,
es könne sich also nicht um die Gemälde handeln, die 1986 gestohlen worden
seien. Später hat er angegeben, er habe die Bilder von seinem - 1993 verstorbenen
- Stiefvater geerbt. Im Zivilverfahren hat er hingegen behauptet, die Bilder
seien ihm zur Neueröffnung seines Geschäfts in den Jahren 1986/87 von
seinem Stiefvater geschenkt worden. Hinsichtlich des Werts der Gemälde erscheinen
die Angaben des Beklagten widersprüchlich. Einerseits hat er behauptet,
bei Besitzerwerb keine Kenntnis vom Wert der Bilder gehabt zu haben. Er
sei sogar davon ausgegangen, die Bilder seien nicht echt. Andererseits wollte
er nach eigener Darstellung eines der Bilder im Jahre 2009 verkaufen, um - so
seine Angaben im Ermittlungsverfahren - Verluste seiner Filiale in Aalen auszugleichen
bzw. um - so sein Vortrag im Zivilprozess - Finanzierungslücken zu
schließen, die sich bei seiner Tochter nach dem Bau ihres Wohnhauses ergeben
hätten.

(bb) Jedenfalls fehlt es an einer auf den konkreten Vortrag des Beklagten
bezogenen tatrichterlichen Würdigung, ob der behauptete Erwerbsvorgang als
widerlegt anzusehen ist oder nicht. Der Kläger hat Umstände vorgetragen, die
zumindest als Indizien dafür sprechen, dass dem Beklagten der Wert der Gemälde
und der Umstand bekannt war, dass diese einem früheren Besitzer entwendet
worden waren. Hierzu zählen der Versuch, die Gemälde nicht in
Deutschland, sondern über ein Auktionshaus in der Schweiz zu verkaufen, die
Weigerung, die Gemälde - wie von dem Auktionshaus vorgeschlagen - durch
das Purrmann-Archiv in München begutachten zu lassen und die Aussage der
Tochter des Beklagten, dass die Bilder in der Familie nie hinsichtlich ihrer Herkunft
Gesprächsthema gewesen seien, man sich aber Gedanken darüber gemacht
habe, ob jemand einbrechen könnte, um sie zu stehlen. Schließlich hat
der Kläger auch darauf hingewiesen, dass die Bilder, die sonst stets offen in
verschiedenen Räumen gehangen haben sollen, bei dem Erscheinen der Polizei
nach Aussagen der eingesetzten Polizeibeamten so versteckt waren, dass
sie bei einer Durchsuchung nicht ohne weiteres gefunden worden wären und
dies, obwohl der Sohn des Beklagten nach seiner Zeugenaussage „keine Idee
hatte, warum die Polizei da ist“. Den Widerspruch zwischen diesen für eine
Kenntnis vom Wert der Bilder sprechenden Indizien und seiner behaupteten
Unkenntnis hat der Beklagte nicht erläutert. Namentlich hat er nicht dazu vorgetragen,
dass und wie ihm der Wert der Gemälde nach dem Besitzerwerb bekannt
geworden sei.

(cc) Das Berufungsgericht hat die von dem Kläger aufgezeigten Indizien
zwar zu einem großen Teil angesprochen und jeweils für sich genommen dahin
gewürdigt, dass keines von ihnen den bösen Glauben des Beklagten belegt.
Dem liegt aber offenbar die unzutreffende Annahme zugrunde, dass es sich bei
der Darlegung der Erwerbsumstände durch den Beklagten und ihrer Widerlegung
durch den Kläger um zwei getrennt zu betrachtende Vorgänge handelt.

Richtigerweise besteht zwischen beiden indes ein Zusammenhang. Ist der Beklagte
seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen, führt das nicht dazu,
dass der Kläger den bösen Glauben des Beklagten losgelöst von dessen Vorbringen
beweisen müsste; es genügt, wie dargelegt, dass er das konkrete Vorbringen
widerlegt. An die Widerlegung des behaupteten Erwerbsvorgangs und
seiner Begleitumstände dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden,
weil anderenfalls der frühere Besitzer, dem die Sache abhanden gekommen ist,
im Ergebnis keine realistische Möglichkeit hätte, der von dem Besitzer behaupteten
Ersitzung erfolgreich entgegen zu treten (vgl. Senat, Urteil vom
30. Januar 2015 - V ZR 63/13, aaO Rn. 37).

Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht bei Anwendung
dieses rechtlichen Maßstabs zu dem Schluss gelangt wäre, dass entweder
schon die Angaben des Beklagten zu dem von ihm behaupteten Erwerb der
Gemälde nicht ausreichen, um seiner sekundären Darlegungslast zu genügen
- mit der Folge der Geständniswirkung des § 138 Abs. 3 ZPO (vgl. BGH, Urteil
vom 10. März 1986 - II ZR 107/85, NJW 1986, 3193, 3194) -, oder dass dem
Kläger der Nachweis gelungen ist, dass diese Angaben unwahr sind.

C.
Da die Ersitzung der Gemälde durch den Beklagten nicht feststeht, kann
die Zurückweisung der Berufung des Klägers auch hinsichtlich der auf das Eigentum
des Beklagten an den Gemälden gestützten Widerklage keinen Bestand
haben.

D.
Das Berufungsurteil ist daher insgesamt aufzuheben. Der Rechtsstreit ist
an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da er nicht zur Endentscheidung
reif ist (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO); dabei hat der Senat von
der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht. Für das weitere
Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

I.
Hinsichtlich der Echtheit der hinterlegten Gemälde, d.h. der Behauptung
des Klägers, dass es sich um die Originale der von dem Maler Hans Purrmann
in den Jahren 1924 bzw. 1937 gefertigten Bilder „Frau im Sessel“ und „Blumenstrauß“
handelt, wird das Berufungsgericht, wenn ihm die von dem Kläger zum
Beweis dieser Tatsachenbehauptung angeführten Urkunden aus der beigezogenen
Akte des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nicht ausreichen sollten,
von Amts wegen ein Sachverständigengutachten einzuholen haben, da der von
der Polizei als Zeuge vernommene Dr. B. im Zivilprozess für die Echtheit
bislang nicht als Zeuge benannt worden ist.

II.
Hinsichtlich der Behauptung des Klägers, die echten Gemälde hätten
sich jedenfalls bis zum Jahre 1986 im Besitz seiner Mutter befunden, trifft den
Kläger die Darlegungs- und Beweislast, da er sich als Rechtsnachfolger seiner
Mutter auf die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 2 BGB beruft. Die Anforderungen
an diesen Beweis werden nicht abgemildert, wenn es sich - wie hier -
um einen Prätendentenstreit handelt (vgl. Senat, Urteil vom 30. Januar 2015
- V ZR 63/13, NJW 2015, 1678 Rn. 14). Das Berufungsgericht wird, weil ein
umittelbarer Beweis - etwa durch Zeugen - nicht angeboten wurde, hierfür die
Urkunden aus der beigezogenen Ermittlungsakte zu würdigen haben, auf die
der Kläger zum Beweis für den vormaligen Besitz seiner Mutter an den Gemälden
Bezug genommen hat. Auf die Frage, wie die Gemälde in den Besitz der
Mutter des Klägers gelangt sind, kommt es dabei nach den obigen Ausführungen
nicht an. Sollte dem Kläger der Nachweis des vormaligen Besitzes seiner
Mutter gelingen, obläge es dem Beklagten, die Vermutung des § 1006 Abs. 2
BGB durch den Beweis des Gegenteils (§ 292 Satz 1 ZPO, vgl. Senat, Urteil
vom 3. März 2017 - V ZR 268/15, ZfIR 2017, 537 Rn. 23 Rn. 20) zu widerlegen.

III.
Da sich der Beklagte zur Widerlegung der für das Eigentum des Klägers
streitenden Vermutung aus § 1006 Abs. 2 BGB zunächst auf die Vermutung
aus § 1006 Abs. 1 BGB beruft, die im Verhältnis zu dem Kläger nur gälte, wenn
die Gemälde der Mutter des Klägers nicht abhanden gekommen sein sollten,
wäre zudem der Behauptung des Klägers nachzugehen, dies sei der Fall gewesen.
1. Aufgrund der zahlreichen von dem Kläger angeführten Indizien und
Belege aus der von dem Berufungsgericht beigezogenen Akte des gegen den
Beklagten geführten Ermittlungsverfahrens spricht viel dafür, dass der Kläger
den Diebstahl der Originalgemälde aus dem Wohnhaus seiner Eltern im Jahre
1986 bewiesen hat.

2. Sollte das Berufungsgericht nicht zu dieser Überzeugung gelangen,
wäre es aber auch ausreichend, wenn der Kläger beweist, dass keinerlei Anhaltspunkte
dafür bestehen bzw. eine Reihe von Anhaltspunkten dagegen
spricht, dass seine Mutter ihr Eigentum an den Gemälden freiwillig aufgegeben
hat (vgl. OLGR Celle 2004, 71; Staudinger/Gursky, BGB [2012], § 1006 Rn. 17).
Zu solchen Anhaltspunkten hat der Kläger - wie die Revision aufzeigt - vorgetragen
und Beweis angetreten, etwa zu der Bedeutung, die die Gemälde für die
Familie des Klägers und insbesondere für seine Mutter aus emotionalen Gründen
hatten, zumal es sich bei dem Gemälde „Frau im Sessel“ wohl um das einzige
von dem Maler gefertigte Portrait der Großmutter des Klägers handelt, sowie
dazu, dass die Eltern des Klägers vermögend waren und somit keinen Anlass
hatten, diese Gemälde zu veräußern und schließlich dazu, dass dies auch
nicht erfolgt sei, sondern die Eheleute im Gegenteil Gemälde des Malers Purrmann
sowie andere Bilder und Antiquitäten gesammelt hätten.

IV.
Hinsichtlich der Ersitzung der Gemälde durch den Beklagten wird das
Berufungsgericht unter Berücksichtigung der dargestellten Maßstäbe erneut
darüber zu befinden haben, ob die Angaben des Beklagten zu dem von ihm
behaupteten Erwerb der Gemälde ausreichen, um seiner sekundären Darlegungslast
zu genügen und ob der Kläger die Richtigkeit dieser Angaben widerlegt
hat.

V.
Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht entgegen
den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil zu dem Eigenbesitz des
Beklagten nicht schon dann nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Beweiswürdigung
des Landgerichts gebunden ist, wenn diese vollständig und rechtlich möglich
ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Auch verfahrensfehlerfrei
getroffene Tatsachenfeststellungen sind - im Gegensatz zur
revisionsrechtlichen Regelung (§ 559 Abs. 2 ZPO) - für das Berufungsgericht
nicht bindend, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Feststellungen
unvollständig oder unrichtig sind (vgl. Senat, Urteil vom 12. März 2004
- V ZR 257/03, BGHZ 158, 269, 275; BGH, Urteil vom 9. März 2005
- VIII ZR 266/03, BGHZ 162, 313, 316 f.). Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit
der erstinstanzlichen Feststellungen können sich insbesondere auch
daraus ergeben, dass das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzli-
chen Beweisaufnahme anders würdigt als das Gericht der Vorinstanz. Wenn
sich das Berufungsgericht von der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung
nicht zu überzeugen vermag, so ist es an die erstinstanzliche Beweiswürdigung,
die es aufgrund konkreter Anhaltspunkte nicht für richtig hält, nicht
gebunden, sondern zu einer erneuten Tatsachenfeststellung nicht nur berechtigt,
sondern verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 266/03,
BGHZ 162, 313, 317).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

19.07.2019

Aktenzeichen:

V ZR 255/17

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
Erbengemeinschaft, Erbauseinandersetzung
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Erschienen in:

NJW 2019, 3147-3155

Normen in Titel:

BGB § 937 Abs. 2