Kein Schutz vor Haftungsgefahr aufgrund von Genehmigungserfordernis gem. § 1821 Abs. 1 Nr. 1 u. 4 BGB
letzte Aktualisierung: 13.10.2022
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 11.8.2022 – 3 W 51/22
Kein Schutz vor Haftungsgefahr aufgrund von Genehmigungserfordernis gem. § 1821 Abs. 1
Nr. 1 u. 4 BGB
1. Werden im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb eines Minderjährigen zugunsten des
Übergebers ein Nießbrauch bestellt und ein bedingter Rückübertragungsanspruch durch Eintragung
einer Auflassungsvormerkung dinglich gesichert, besteht kein Genehmigungsbedürfnis nach § 1821
Abs. 1 Nr. 1 u. 4 BGB, wenn sich die Belastung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Teil des
Erwerbsvorgangs darstellt.
2. Das Genehmigungserfordernis gemäß § 1821 Abs. 1 Nr. 1 u. 4 BGB zielt darauf ab, dass der
Minderjährige bereits vorhandenen Grundbesitz nicht verliert, nicht aber darauf, dass er vor
jedweder über das Eigentum an dem zu übertragenden bzw. übertragenen Grundstück
hinausgehender (abstrakter) Haftungsgefahr geschützt sein soll.
Gründe
I.
Die Antragstellerin zu 1) (Übergeberin) ist Alleineigentümerin von dem im Rubrum näher
bezeichneten Grundbesitz eingetragen im Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch von
…. Unter Datum vom 26. August 2021 wurde die unentgeltliche Übertragung des
Grundbesitzes auf die am 1. März 2017 geborene Antragstellerin zu 2), vertreten durch den
gerichtlich bestellten Ergänzungspfleger, als Übernehmerin notariell beurkundet. In § 4 der
notariellen Urkunde behielt sich die Übergeberin ein durch Eintragung im Grundbuch
dinglich zu sicherndes lebenslanges, der Ausübung nach nicht übertragbares
Nießbrauchsrecht an dem Vertragsgegenstand vor.
In § 5 der notariellen Urkunde heißt es ferner u.a.:
Die Übergeberin (...) behält sich das Recht vor, die Rückübertragung des übertragenen
Wohnungseigentums und des Teileigentums an sich zu verlangen, wenn eine der
nachgenannten Voraussetzungen vorliegt:
a) der übertragene Grundbesitz zu Lebzeiten des Übergebers ohne deren schriftliche
Zustimmung ganz oder teilweise veräußert oder belastet wird,
b) über das Vermögen des Übernehmers das Insolvenzverfahren eröffnet wird oder der
Übernehmer ein Vermögensverzeichnis abzugeben und die Richtigkeit an Eides statt zu
versichern hat,
c) die Zwangsvollstreckung in den übertragenen Grundbesitz ganz oder teilweise betrieben
und die Zwangsvollstreckungsmaßnahme nicht innerhalb von zwei Monaten wieder
aufgehoben wird, oder
d) der Übernehmer vor der Übergeberin verstirbt.
Der Rückübertragungsanspruch kann vom Übergeber nur höchstpersönlich durch
schriftliche Erklärung gegenüber dem Übernehmer geltend gemacht werden. Im Falle des
Todes des Übernehmers erfolgt die Erklärung gegenüber dem Erben, bei mehreren Erben
genügt die Erklärung gegenüber einem von ihnen. (...)
Der Rückforderungsanspruch ist nicht vererblich und nicht übertragbar. Der Anspruch auf
Rückübertragung ist selbst dann nicht vererblich, wenn die Berechtigte die Rückübertragung
bereits zu Lebzeiten geltend gemacht hat. (...)
Der bedingte Rückübertragungsanspruch soll zu Lebzeiten des Übergebers durch
Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch dinglich gesichert werden. Im
Falle der Rückübertragung hat der Übergeber nur solche Rechte zur dinglichen Duldung zu
übernehmen, denen er mit seiner Auflassungsvormerkung den Vorrang eingeräumt hat.
Sämtliche Rückgewähransprüche und Eigentümerrechte der vom Übergeber zu
übernehmenden Grundpfandrechte werden an diesen abgetreten.
Die Kosten für die Rückübertragung hat der Übergeber zu tragen. Nutzungen sind von
Übernehmer bis zur Geltendmachung des Rückforderungsrechts nicht zu erstatten.
Auf den Vollzugsantrag des Notars vom 4. September 2021 hielt die Rechtspflegerin des
Grundbuchamts gemäß Schreiben vom 29. Oktober 2021 mit Hinweis u.a. auf die
Entscheidungen OLG München, Beschluss vom 30. April 2020, Az.: 34 Wx 341/18, hier
zit. n. Juris, sowie Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 10. September 2020, Az.: 9 WF
198/20, hier zit. n. Juris, eine Genehmigung des Familiengerichts nach § 1821 Abs. 1 Nr. 4
i.V.m. Nr. 1 BGB für erforderlich. Der Notar teilte daraufhin mit Schreiben vom
2. Dezember 2021 mit, er habe die familiengerichtliche Genehmigung beim Amtsgericht …
beantragt. Unter Datum vom 29. März 2022 verwies er auf die Entscheidung des
Bundesgerichtshofs vom 11. März 2021, Az.: V ZB 127/19, hier zit. n. Juris, wonach die
Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung keiner familiengerichtlichen Genehmigung
bedürfe, weshalb auch das Amtsgericht … mit Schreiben vom 23. März 2022 mitgeteilt
habe, keine Genehmigungsbedürftigkeit zu sehen.
Mit Zwischenverfügung vom 20. April 2022 hat das Grundbuchamt unter erneutem
Hinweis auf die fehlende Genehmigung nach § 1821 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Nr. 1 BGB dem
Vollzugsantrag nicht entsprochen. In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs werde auf
die Eintragungsfähigkeit der Vormerkung nicht eingegangen. Es ergebe sich auch nicht, ob
die Rückübertragungsverpflichtung nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften beschränkt
gewesen sei. Hiergegen wenden sich die Antragstellerinnen mit ihrer Beschwerde.
Maßgebliches Kriterium für die Anwendbarkeit des § 1821 Nr. 4 BGB sei nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (bei wirtschaftlicher Betrachtung) alleine die
Schmälerung des bereits vorhandenen Grundbesitzes. Da die
Rückübertragungsverpflichtung Teil des Erwerbsvorgangs sei, werde durch die
Wohnungsübertragung kein vorhandener Grundbesitz des Kindes geschmälert. Im Übrigen
würde sich die Verpflichtung gemäß § 5 des Wohnungsübertragungsvertrages alleine auf die
Rückübereignung der Eigentumswohnung beschränken.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die nicht fristgebundene Beschwerde ist gemäß
statthaft, formgerecht durch den Notar im Namen der Antragstellerinnen eingelegt worden
und auch im Übrigen zulässig. Der Senat ist gemäß
GVG, § 4 Abs. 3 Nr. 2 lit. a) GerOrgG Rheinland-Pfalz zur Entscheidung hierüber berufen.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Das Grundbuchamt hat sich an der
Eintragung gehindert gesehen und wegen fehlender Beschränkung der
Rückübertragungsverpflichtung auf bereicherungsrechtliche Verpflichtungen eine
Genehmigung des Familiengerichts nach § 1821 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Nr. 1 BGB für
erforderlich gehalten. Dieses angenommene Eintragungshindernis besteht im Ergebnis
nicht. Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Die Auffassung des Grundbuchamtes findet im ersten Zugriff eine Stütze in der
obergerichtlichen Rechtsprechung sowie in der Literatur.
a) Das Grundbuchamt nimmt im Wesentlichen Bezug auf die Entscheidungen OLG
München, Beschluss vom 30. April 2020, Az.: 34 Wx 341/18, hier zit. n. Juris, sowie
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 10. September 2020, Az.: 9 WF 198/20, hier zit.
n. Juris. In der vom Oberlandesgericht München zu beurteilenden Fallgestaltung war in dem
Vertrag die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des durch Rückforderung
bedingten Rückübereignungsanspruchs für die dortigen Übergeber vorgesehen. Zwar
begründe der Vertrag damit eine aufschiebend bedingte Verpflichtung zur Verfügung über
das Wohnungs- und Teileigentum, jedoch handele es sich diesbezüglich lediglich um eine
Beschränkung der unentgeltlichen Zuwendung der Übergeber. Denn der Übernehmer sei
nach der vertraglichen Vereinbarung zur Rückübertragung nur verpflichtet, soweit er noch
bereichert sei; die Haftung des Übernehmers sei also zuverlässig auf das ihm unentgeltlich
Zugewandte beschränkt (vgl. OLG München aaO., Rdnr. 21). In der vom
Brandenburgischen Oberlandesgericht entschiedenen Konstellation hatte sich die Frage, ob
eine familiengerichtliche Genehmigung angesichts des Notarvertrags zu Recht versagt
wurde, überhaupt nicht gestellt. Rein vorsorglich, quasi im Rahmen eines obiter dictum,
wurde aber unter Bezugnahme auf die Entscheidung OLG München aaO. darauf
hingewiesen, dass eine familiengerichtliche Genehmigung wegen § 1821 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m.
Nr. 1 BGB wohl zutreffend versagt worden sei, weil die Übernehmerin nach der
vertraglichen Vereinbarung zur Rückübertragung eben nicht uneingeschränkt nur
verpflichtet sei, soweit sie noch bereichert sei; die Haftung der Übernehmerin sei also nicht
zuverlässig auf das ihr unentgeltlich Zugewandte beschränkt (vgl. Brandenburgisches OLG
aaO., Rdnr. 22 f.).
b) Weiter stützt das Grundbuchamt seine Überzeugung auf die Kommentierungen Veit, in:
Staudinger (2020),
Rückübertragungsanspruchs durch Vormerkung eine Genehmigungsbedürftigkeit nach
Bettin, in: BeckOK BGB, 62. Ed. Std. 1. Mai 2022,
jurisPK-BGB, 9. Aufl. Std. 25. Apr. 2022,
81. Aufl. 2022,
Literatur im Wesentlichen damit, dass der Minderjährige nur mit dem geschenkten
Gegenstand haften dürfe, nicht aber der (abstrakten) Gefahr etwa einer Wert- oder
Schadenersatzpflicht ausgesetzt sein dürfe (vgl. Veit, in: Staudinger aaO.; Lafontaine, in:
jurisPK-BGB aaO.; Bettin, in: BeckOK BGB aaO. unter Hinweis auf OLG Köln, Beschluss
vom 10. November 1997, Az.: 14 Wx 10/97, zit. n. Juris). Demgegenüber vertritt Kroll-
Ludwigs, in: MüKoBGB, 8. Aufl. 2020,
abweichende Auffassung des Oberlandesgerichts München im Beschluss vom 17. Juli 2007,
Az.: 31 Wx 18/07, hier zit. n. Juris, zu
Vormerkung eines Rückauflassungsanspruchs hinsichtlich der Rückübereignung unter
bestimmten Voraussetzungen an den Schenker sei genehmigungsfrei. Dies schränkt die
Verfasserin indessen zwei Sätze weiter ebenfalls dahingehend ein, dass dies jedenfalls dann
gelte, wenn die Haftung des Mündels (Minderjährigen) zuverlässig auf das unentgeltlich
Zugewandte beschränkt bleibe.
2. Entgegen den unter Ziff. 1. genannten Rechtsauffassungen vermag der Senat bei der
Beurteilung des vorliegenden Erwerbsgeschäfts einen Genehmigungstatbestand i.S.v. § 1821
Abs. 1 Nr. 4 BGB i.V.m.
berücksichtigen nicht hinreichend die nachvollziehbare Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs, wonach keine Genehmigungsbedürftigkeit besteht, wenn die
Eintragung der Vormerkung zur Sicherung des Rückübereignungsanspruchs lediglich als
Teil des Erwerbsvorgangs anzusehen ist. Daneben findet sich nach dem Wortlaut von
hinreichende Stütze für die unter Ziff. 1. genannten Auffassungen.
a) Zu Recht verweisen die Antragstellerinnen zur Begründung ihrer Beschwerde auf die
Entscheidung BGH, Beschluss vom 11. März 2021, Az.: V ZB 127/19, hier zit. n. Juris. Ob
die Bewilligung einer Auflassungsvormerkung in den Anwendungsbereich des § 1821 Abs. 1
Nr. 1 BGB falle, hat der Bundesgerichtshof hierin dahinstehen lassen. Bejahte man dies,
würden demnach die auf den Nießbrauch bezogenen Erwägungen entsprechend gelten.
Eine wegen der Akzessorietät der Vormerkung grundsätzlich beachtliche
Genehmigungsbedürftigkeit der zugrundeliegenden bedingten Verpflichtung zur
Rückübertragung nach
gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung ebenfalls nicht als Schmälerung eines bereits
vorhandenen Grundbesitzes des Minderjährigen, sondern als Teil des Erwerbsvorgangs
darstellte (vgl. BGH ebda., Rdnr. 18). Der Bundesgerichtshof hält eine entsprechende
Vormerkung also ohne familiengerichtliches Genehmigungsbedürfnis für eintragungsfähig.
Dass die in § 5 des vorliegenden Vertrages genannten Tatbestände für eine
Rückübertragungsverpflichtung bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung auch im
vorliegenden Fall nicht als Schmälerung eines bereits vorhandenen Grundbesitzes der
Übernehmerin anzusehen sind, sondern als Teil des Erwerbsvorgangs, liegt auf der Hand.
Mit der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs setzen sich die unter Ziff. 1.
aufgeführten Rechtsauffassungen nicht (hinreichend) auseinander bzw. war ihnen dies
aufgrund des zeitlichen Kontextes verwehrt.
Zwar ergibt sich aus der vorgenannten Entscheidung nicht, ob die
Rückübertragungsverpflichtung im dortigen Fall nach bereicherungsrechtlichen
Vorschriften beschränkt war. Dies kann aber dahinstehen, weil sich aus den klaren
Formulierungen des Bundesgerichtshofs in der genannten Entscheidung sowie auch aus
vorhergehenden Entscheidungen ableiten lässt, dass dieses Erfordernis für eine
Genehmigungsfreiheit nicht aufgestellt werden sollte, sondern vielmehr von einem
allgemeinen Grundsatz auszugehen ist. So verweist der Bundesgerichtshof ebda. unter
Rdnr. 18 beispielsweise zur weiteren Begründung auf die Entscheidung BGH, Beschluss
vom 30. September 2010, Az.: V ZB 206/10, hier zit. n. Juris. Darin führt der
Bundesgerichtshof unter Rdnr. 17 mit Hinweis auf weitere Fundstellen u.a. wörtlich aus:
Die Genehmigungspflichtigkeit des Erwerbsgeschäfts ergibt sich schließlich auch nicht
daraus, dass sich die Beteiligte zu 1 in dem Vertrag einen Nießbrauch vorbehalten hat und
die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung ihres durch einen Rücktritt bedingten
Rückübereignungsanspruchs vorgesehen ist. Solche Einschränkungen einer Zuwendung
führen schon nicht dazu, dass die Auflassung nach
durch den gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen unterliegt. Sie wären als Teil des
Erwerbsvorgangs auch unabhängig hiervon nicht nach
genehmigungspflichtig.
Dies steht weiter im Einklang mit der Entscheidung BGH, Beschluss vom 25. November
2004, Az.: V ZB 13/04, zit. n. Juris. (Auch) in der dortigen Konstellation wurde zur
Sicherung des durch die Ausübung des Rücktrittsrechts bedingten Übereignungsanspruchs
eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Übergeberin bewilligt. Hierin hat der
Bundesgerichtshof schon keinen rechtlichen Nachteil i.S.v.
keinen Genehmigungstatbestand i.S.v. § 1821 Abs. 1 Nr. 1 u. 4 BGB gesehen (vgl. BGH
ebda., Rdnr. 2, 5, 15 u. 17).
b) Daneben lässt sich nach Auffassung des Senats weder aus dem Wortlaut des § 1821
Abs. 1 Nr. 4 BGB noch aus dessen Sinn und Zweck in der vorliegenden Konstellation ein
Genehmigungsbedürfnis ableiten. Durch das Genehmigungsbedürfnis nach § 1821 Abs. 1
Nr. 1 u. 4 BGB soll erreicht werden, dass Grundeigentum als besonders wertbeständige
Vermögensform möglichst erhalten bleiben soll (vgl. BGH, Beschluss vom 11. März 2021
aaO., Rdnr. 8; Budzikiewicz, in: Jauernig, 18. Aufl. 2020, Vor § 1821-1831 BGB, Rdnr. 1;
Lafontaine, in: jurisPK-BGB, 9. Aufl. Std. 25. Apr. 2022,
es also ganz offenkundig um bereits vorhandenen Grundbesitz (vgl. BGH ebda.; BGH,
Beschluss vom 7. Oktober 1997, Az.: XI ZR 129/96, zit. n. Juris). In letztgenannter
Entscheidung hat der Bundesgerichtshof hierzu unter Rdnr. 12 ausgeführt:
Es ist seit der grundlegenden Entscheidung des Reichsgerichts in
allgemein anerkannt, daß die Nummern 1 bis 4 des
Mündel bzw. Minderjährigen bereits gehörende Grundvermögen schützen und auf
Belastungen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Grundstücks erfolgen, keine
Anwendung finden. Das gilt nicht nur für die Bestellung eines Grundpfandrechts zur
Finanzierung des Grundstückskaufpreises, sondern auch für alle anderen im
Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb vorgenommenen Belastungen wie zum
Beispiel Nießbrauchsbestellungen.
Beim vorliegenden Erwerbsgeschäft ist die minderjährige Übernehmerin gerade noch nicht
Eigentümerin von Grundbesitz, sondern soll das Eigentum im Zuge des Erwerbsvorgangs
gerade erst erlangen. In diesem Fall gibt es (noch) kein Grundstück, über das die
Minderjährige verfügen könnte. Der Senat schließt sich daher ausdrücklich der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an, wonach bei der gebotenen wirtschaftlichen
Betrachtung die Vormerkung zur Sicherung der in § 5 des Vertrages genannten Tatbestände
hinsichtlich der Rückübertragung eben keine Schmälerung eines bereits vorhandenen
Grundbesitzes darstellt, sondern als Teil des Erwerbsvorgangs anzusehen ist. Ein
Genehmigungsbedürfnis nach § 1821 Abs. 1 Nr. 1 u. 4 BGB besteht demnach nicht.
Letztgenannten Regelungen lassen sich entgegen der unter Ziff. 1. genannten
Rechtsauffassungen zudem keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die minderjährige
Übernehmerin darüber hinaus vor der (abstrakten) Gefahr geschützt werden sollte, auf
Grundlage der in § 5 des Vertrages genannten Rückübertragungstatbestände mit ihrem
sonstigen Vermögen auf Wert- oder Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden.
Nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift ist das Grundeigentum als besonders
wertbeständige Vermögensform geschützt. Zum übrigen Vermögen ist kein Bezug
hergestellt.
Ein möglicher Rückübertragungsanspruch nach § 5 des Vertrages, verbunden mit einer in
Einzelfällen etwaigen abstrakten Gefahr der Haftung auf Wert- oder Schadenersatz, wäre im
Übrigen keine Folge der Eigentumsübertragung als solcher, sondern Folge
a) eines vertragswidrigen Verhaltens der Übernehmerin (Belastung oder Veräußerung des
übertragenen Grundbesitzes ohne schriftliche Zustimmung der Übergeberin),
b) eines über das Vermögen der Übernehmerin eröffneten Insolvenzverfahrens bzw. der
Abgabe des Vermögensverzeichnisses und Versicherung der Richtigkeit an Eides statt,
c) der Betreibung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den übertragenen Grundbesitz
oder
d) des Erstversterbens der Übernehmerin.
Im letztgenannten Fall lit. d) besteht eine Haftungsgefahr von vorneherein nicht.
Hinsichtlich eines vertragswidrigen Verhaltens im Fall lit. a) (oben) besteht kein
Schutzbedürfnis. Ein solches kann auch nicht angenommen werden für die Fälle des
Vermögensverfalls (lit. b) (oben)) oder der Betreibung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen
in den übertragenen Grundbesitz (lit. c) oben).
c) Zusammenfassend zielt das Genehmigungserfordernis nach § 1821 Abs. 1 Nr. 1 u. 4
BGB darauf ab, dass die Minderjährige bereits vorhandenen Grundbesitz nicht verliert,
nicht aber darauf, dass sie vor jedweder über das Eigentum an dem zu übertragenden bzw.
übertragenen Grundstück hinausgehender (abstrakter) Haftungsgefahr geschützt sein soll.
Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass eine solche Genehmigung nicht geeignet wäre, die
Minderjährige vor eigenem hinzutretendem Verhalten oder sonstigen allgemein
bestehenden Gefahren, wie zum Beispiel vertragswidrigem Verhalten, Vermögensverfall,
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, zu schützen (vgl. hinsichtlich eigenen schuldhaften bzw.
deliktischen Verhaltens des Minderjährigen BGH, Beschluss vom 25. November 2004 aaO.,
Rdnr. 16).
d) Im Übrigen mag man die Frage, ob die Verpflichtung gemäß § 5 des
Wohnungsübertragungsvertrages alleine auf die Rückübereignung der Eigentumswohnung
beschränkt ist, wie es die Antragstellerinnen mit ihrer Beschwerde weiter geltend machen,
insbesondere eingedenk des nicht ausdrücklich ausgeschlossenen Leistungsstörungsrechts
durchaus in Zweifel ziehen. Hierauf kommt es angesichts der vom Senat vertretenen
Ansicht indessen nicht mehr an.
2. Nach alledem bedarf es entgegen der Auffassung des Grundbuchamtes keiner
familiengerichtlichen Genehmigung gemäß § 1821 Abs. 1 Nr. 1 u. 4 BGB für die
Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des durch Rückforderung bedingten
Rückübereignungsanspruchs, weshalb das Grundbuchamt anzuweisen war, den Antrag
nicht aus den Gründen der angefochtenen Zwischenverfügung abzulehnen.
3. Aufgrund des erfolgreich eingelegten Rechtsmittels erübrigen sich eine
Kostenentscheidung und eine Wertfestsetzung.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Zweibrücken
Erscheinungsdatum:11.08.2022
Aktenzeichen:3 W 51/22
Rechtsgebiete:
Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Grundbuchrecht
NJW 2022, 674-676
Normen in Titel:BGB § 1821 Abs. 1 Nr. 1 u. 4