OLG Schleswig 16. August 2024
2x W 46/24
GBO §§ 29, 35

Pflichtteilsstrafklausel im notariellen Testament; Nachweis der Erbfolge im Grundbuchverfahren; Unstatthaftigkeit einer eidesstattlichen Versicherung; Erklärung der Beteiligten in der Form des § 29 GBO ausreichend

letzte Aktualisierung: 4.11.2024
OLG Schleswig, Beschl. v. 16.8.2024 – 2x W 46/24

GBO §§ 29, 35
Pflichtteilsstrafklausel im notariellen Testament; Nachweis der Erbfolge im
Grundbuchverfahren; Unstatthaftigkeit einer eidesstattlichen Versicherung; Erklärung der
Beteiligten in der Form des § 29 GBO ausreichend

1. Enthält ein notarielles Testament eine (auflösend) bedingte Erbeinsetzung (etwa in Form einer
Pflichtteilsstrafklausel), so genügt das Testament allein als Nachweis der Erbfolge nicht. Vielmehr ist
das Grundbuchamt unter Reduktion seines Ermessens nach § 35 Abs. 1 Satz 2 HS 2 GBO gehalten,
einen Erbschein oder Erklärungen der Beteiligten in der Form des § 29 GBO, die zum Nachweis für
den (Nicht-)Eintritt der (auflösenden) Bedingung ausreichen, zu verlangen.
2. Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ist im Grundbuchverfahren in der vorliegenden
Konstellation kein taugliches Mittel, weil das Gesetz die Abgabe einer (strafbewehrten)
eidesstattlichen Versicherung gegenüber dem Grundbuch nur in besonders geregelten
Ausnahmefällen vorsieht, etwa § 35 Abs. 3 S. 2 GBO. Gleichwohl (etwa vor dem Notar) abgegebene
„eidesstattlichen Versicherungen“ sind allerdings als Erklärungen in der Form des § 29 GBO
anzusehen.
3. Zum Nachweis, dass eine auflösende Bedingung nicht eingetreten ist, können entsprechende
Erklärungen der Erben in der Form des § 29 GBO genügen, soweit das Grundbuchamt daraus
(bzw. im Zusammenspiel mit weiteren Umständen) im konkreten Fall die Überzeugung gewinnen
kann, dass die vorgetragenen Tatsachen zutreffen.
4. Die Vorlage von Erklärungen der Beteiligten in der Form § 29 GBO kann insbesondere dann
genügen, wenn diese auf Grund eines allgemeinen Erfahrungssatzes die Annahme rechtfertigen, dass
die auflösende Bedingung nicht eingetreten ist.
5. Für den Fall einer Pflichtteilsstrafklausel greift ein allgemeiner Erfahrungssatz, wenn Erklärungen
sämtlicher (potentieller) Erben mit dem Inhalt vorgelegt werden, dass (ihres Wissens) keiner der
(potentiellen) Erben seinen Pflichtteil nach dem Tod des Erstverstorbenen geltend gemacht hat.
Alternativ würde es auch ausreichen, wenn alle (potentiellen) Erben gemeinsam beim Notar
erscheinen und jeweils die Erklärung abgeben, dass sie nicht ihren Pflichtteil nach dem Tod des
Erstverstorbenen gegenüber dem überlebenden Elternteil geltend gemacht haben. In beiden
Fallgestaltungen kann von einem allgemeinen Erfahrungssatz ausgegangen werden dahingehend,
dass die potentiell konkurrierenden Erben derartige Erklärungen nur abgeben, wenn tatsächlich
keiner der Erben seinen Pflichtteil geltend gemacht hat.

Gründe

I.
Im Grundbuch ist Frau K (Erblasserin) als Eigentümerin eingetragen.

Die Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann errichteten am ...2001 ein gemeinschaftliches
notarielles Testament (UR-Nr. …/2001 des Notars G in Y), in dem sie sich gegenseitig zu
alleinigen Erben einsetzten und ihre vier Kinder, die Antragsteller und Beschwerdeführer, zu je
1/4 als Erben des Längstlebenden. Das Testament enthält eine Klausel, wonach ein Kind, das
seinen Pflichtteil gegenüber dem überlebenden Ehegatten nach Tod des Erstversterbenden
geltend macht, vom Erbe des Längstlebenden ausgeschlossen wird (sogenannte
Pflichtteilsstrafklausel).

Die Erblasserin verstarb am …2022. Das Testament wurde vor dem Amtsgericht X am ...2023
eröffnet.

Am 30.04.2024 haben die Antragsteller unter Beifügung eines Grundstückkaufvertrages vom
...2024 (UVZ-Nr. …/2024 des Notars R in Y), durch den das Grundstück veräußert werden
soll, zunächst die Berichtigung des Grundbuchs und die Eintragung als Eigentümer (in
Erbengemeinschaft) und sodann die Eintragung einer Auflassungsvormerkung beantragt.
Mit Schreiben vom 17.05.2024 hat das Grundbuchamt unter Verweis auf die
Pflichtteilsstrafklausel um Vorlage eines Erbscheins gebeten.

Im Zuge des weiteren Schriftwechsels hat der Notar unter anderem die Vorlage eidesstattlicher
Versicherungen der Erben angeboten, dahingehend, dass ihres Wissens keines der Kinder den
Pflichtteil beansprucht habe. Das Grundbuchamt teilte hierauf mit, dass die Abgabe einer
eidesstattlichen Versicherung im Grundbuchverfahren nicht vorgesehen sei.

Am 19.06.2024 hat das Grundbuchamt des Amtsgerichts X die angegriffene Zwischenverfügung
erlassen und die Antragsteller zur Vorlage eines Erbscheins aufgefordert. Zur Begründung hat
das Amtsgericht ausgeführt, das notarielle Testament vom 13.02.2001 enthalte eine sogenannte
Pflichtteilsstrafklausel. Der Nachweis, dass keines der Kinder nach dem Tod des
Zuerstversterbenden einen Pflichtteil geltend gemacht hat, könne nur im Erbscheinsverfahren
durch eine (strafbewehrte) eidesstattliche Versicherung gegenüber dem Nachlassgericht erbracht
werden, da dem Grundbuchamt gegenüber keine wirksame (strafbewehrte) eidesstattliche
Versicherung abgegeben werden könne. Dies folge aus dem Beschluss des BGH vom 10.
Februar 2022 – V ZB 87/20. Die Abgabe vor einem Notar ändere daran nichts, da das
Grundbuchverfahren die Möglichkeit einer eidesstattlichen Versicherung nicht vorsehe.
Hiergegen haben die Antragsteller mit Schreiben vom 10.07.2024 Beschwerde eingelegt unter
Bezugnahme auf das Schreiben vom 09.07.2024. Der BGH habe in der vom Grundbuchamt
zitierten Entscheidung ausgeführt, dass Erklärungen in der Form des § 29 GBO ausreichen
würden und die Frage, ob eidesstattliche Versicherungen zum Nachweis der Erbfolge geeignet
seien, ausdrücklich offengelassen.

Mit Beschluss vom 18.07.2024 hat das Grundbuchamt des Amtsgerichts X der Beschwerde
nicht abgeholfen und das Verfahren dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht vorgelegt.
Die Abgabe einer strafbewehrten eidesstattlichen Versicherung sei nach der zitierten
Entscheidung des BGH im Grundbuchverfahren nicht vorgesehen.

Im Beschwerdeverfahren haben die Antragsteller und Beschwerdeführer notarielle
eidesstattliche Versicherungen vorgelegt, in denen sie jeweils für sich versichern, keine
Pflichtteilsansprüche nach dem Tod des Vaters geltend gemacht zu haben. Dabei haben drei der
Beschwerdeführer die Erklärung gemeinsam bei einem Notar abgegeben, der vierte
Beschwerdeführer getrennt davon bei einem anderen Notar.

II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet, weil das Grundbuchamt des Amtsgerichts X im
derzeitigen Stadium die Berichtigung (noch) nicht von der Vorlage eines Erbscheins abhängig
machen durfte, § 35 Abs. 1 GBO. Die Beschwerdeführer haben neben der Vorlage eines
Erbscheins auch die Möglichkeit, den Nachweis durch Vorlage von Urkunden, etwa
Erklärungen der Beteiligten, in der Form des § 29 GBO zu führen.

1. Nach § 35 Abs. 1 S. 1 GBO kann der Nachweis der Erbfolge nur durch einen Erbschein oder
ein Europäisches Nachlasszeugnis geführt werden. Gemäß § 35 Abs. 1 S. 2 GBO genügt die
Vorlage einer Verfügung von Todes wegen sowie der Niederschrift über die Eröffnung dieser
Verfügung, wenn die Verfügung von Todes wegen in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist
und die Erbfolge auf dieser Verfügung von Todes wegen beruht. Erachtet das Grundbuchamt
die Erbfolge durch diese Urkunden hingegen nicht für nachgewiesen, so kann es die Vorlegung
eines Erbscheins verlangen, § 35 Abs. 1 S. 2 HS 2 GBO.
Hier liegt ein notarielles Testament vor, das die Antragsteller und Beschwerdeführer als Erben
der Erblasserin einsetzt, dieses Testament wurde auch eröffnet und eine entsprechende
Niederschrift vorgelegt.

2. Die Erbfolge ergibt sich jedoch nicht aus dem notariellen Testament alleine. Enthält das
Testament eine (auflösend) bedingte Erbeinsetzung, so genügt es allein als Nachweis der
Erbfolge nicht. Vielmehr ist das Grundbuchamt unter Reduktion seines Ermessens nach § 35
Abs. 1 Satz 2 HS 2 GBO gehalten, einen Erbschein oder Erklärungen der Beteiligten in der
Form des § 29 GBO, die zum Nachweis für den (nicht-)Eintritt der (auflösenden) Bedingung
ausreichen, zu verlangen.

Anerkannt ist das für den Fall eines notariell beurkundeten Testaments, das eine sogenannte
Pflichtteilsstrafklausel enthält (BGH, Beschluss vom 2. Juni 2016 – V ZB 3/14 –, Rn. 8, juris).
Darunter sind Klauseln zu verstehen, nach denen der eingesetzte Erbe sein Erbrecht verlieren
soll, wenn er nach dem ersten Erbfall den Pflichtteil verlangt.

Bei derartigen Klauseln muss das Grundbuchamt nach herrschender Meinung entweder die
Vorlage eines Erbscheins verlangen (so: LG Kassel, Rpfleger 1993, 397; Demharter, GBO, 30.
Aufl., § 35 Rn. 39; für Möglichkeit: OLG Frankfurt/Main, FamRZ 2012, 1591) oder wenigstens
Erklärungen der Erben in der Form des § 29 GBO, dass der Pflichtteil nicht geltend gemacht
wurde (BGH, Beschluss vom 2. Juni 2016 – V ZB 3/14 –, Rn. 8, juris; BGH, Beschluss vom 17.
Februar 2022 – V ZB 14/21 –, Rn. 6, juris). Dabei kann eine einfache notariell beglaubigte
Erklärung genügen, soweit das Grundbuchamt daraus (bzw. im Zusammenspiel mit weiteren
Umständen) im konkreten Fall die Überzeugung gewinnen kann, dass die vorgetragenen
Tatsachen zutreffen.

Demnach kann der Nachweis - anders als das Grundbuchamt meint - auch durch Erklärungen
der Beteiligten in Form des § 29 GBO geführt werden, soweit danach das Grundbuchamt im
konkreten Fall die Überzeugung gewinnen kann, dass die vorgetragenen Tatsachen zutreffen.

3. An einem solchen - grundsätzlich möglichen - Nachweis fehlt es hier bislang.

a) Der Nachweis könnte hier durch Vorlage von Erklärungen der Beteiligten in der Form § 29
GBO geführt werden, die auf Grund eines allgemeinen Erfahrungssatzes die Annahme
rechtfertigen, dass die (auflösende) Bedingung nicht eingetreten ist.
Ein solcher Erfahrungssatz würde greifen, wenn entsprechende Erklärungen sämtlicher
Beteiligter (hier der vier als Erben eingesetzten Beschwerdeführer) vorgelegt würden, dass (ihres
Wissens) keines der Kinder seinen Pflichtteil nach dem Tod des Erstverstorbenen geltend
gemacht hat.

Alternativ würde es auch ausreichen, wenn alle (potentiellen) Erben gemeinsam beim Notar
erscheinen und jeweils die Erklärung abgeben, dass sie nicht ihren Pflichtteil nach dem Tod des
Erstverstorbenen gegenüber dem überlebenden Elternteil geltend gemacht haben.

In beiden Fallgestaltungen kann von einem allgemeinen Erfahrungssatz ausgegangen werden
dahingehend, dass die potentiell konkurrierenden Erben derartige Erklärungen nur abgeben,
wenn tatsächlich keiner der Erben seinen Pflichtteil geltend gemacht hat.

b) An einer solchen Erklärung, auf die sich ein allgemeiner Erfahrungssatz stützen ließe, bzw. an
einem anderen dahingehenden Nachweis in der Form des § 29 GBO fehlt es bislang.
aa) Die im notariell beglaubigten Kaufvertrag vom 24.04.2024 enthaltene Erklärung in der
Vorbemerkung - „Die eingetragene Eigentümerin des nachstehenden Grundbesitzes ist
verstorben. Nach dem gemeinschaftlichen Testament vom 13. Februar 2001 wurde sie von den
Erschienenen zu 1) bis 4) zu je ¼ beerbt.“ - reicht hierzu nicht aus. Zwar haben sämtliche nach
dem Testament als Erben eingesetzte Erben diese Erklärung abgegeben, als sie den notariellen
Kaufvertrag unterschrieben haben. Die Erklärung beinhaltet jedoch keine Bekundung über den
hier zu prüfenden tatsächlichen Umstand, ob eines oder mehrere der als Erben eingesetzten
Kinder ihren Pflichtteil nach dem Tod des Erstverstorbenen geltend gemacht haben. Die bloße
Mitteilung der Erbenstellung (= Rechtsfolge) reicht nicht aus. Es besteht auch kein allgemeiner
Erfahrungssatz, wonach im Falle der gemeinschaftlichen Beantragung der
Grundbuchberichtigung durch die in der letztwilligen Verfügung eingesetzten Erben von der
fehlenden Geltendmachung des Pflichtteils auszugehen ist. Ebenso wie die Mitteilung der
Beteiligten, dass sie sich in rechtlicher Hinsicht für Erben halten, nicht zwangsläufig die
Erklärung beinhaltet, es sei der Pflichtteil nicht geltend gemacht worden (OLG Köln, Beschluss
vom 14. Dezember 2009 – I-2 Wx 59/09 –, Rn. 10, juris).

bb) Die Beschwerdeführer haben bislang auch im weiteren Verfahren den möglichen Nachweis,
dass keiner der Beteiligten seinen Pflichtteil nach dem Tod des erstverstorbenen Elternteils
geltend gemacht hat, durch Vorlage von Urkunden (insbesondere durch Erklärungen aller
Beteiligten) in der Form des § 29 GBO (gegebenenfalls in Verbindung mit einem allgemeinen
Erfahrungssatz) nicht geführt.

Die im Beschwerdeverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen reichen im
vorliegenden Fall ebenfalls nicht aus. Eidesstattliche Versicherungen sind im
Grundbuchverfahren nur in besonderen Konstellationen vorgesehen und daher als
eidesstattliche Versicherungen in der vorliegenden Konstellation nicht als solche anzusehen
(dazu (1)). Sie sind jedoch als Erklärung gemäß § 29 GBO einzuordnen und als solche durchaus
tauglich (dazu (2)). Im vorliegenden Fall reichen die Erklärungen jedoch ihrem Inhalt nach nicht
zum Nachweis aus (dazu (3)).

(1) Zunächst ist zu konstatieren, dass bislang überwiegend vertreten wurde, dass die Beteiligten
ihre Erklärungen in Form eidesstattlicher Versicherungen abgeben können bzw. müssen (vgl.
etwa Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 13. Dezember 2021 – 5 W
70/21 –, Rn. 13, juris; Volmer in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht, § 35 Rn. 123; OLG
Frankfurt, Beschluss vom 17. Januar 2013 – 20 W 413/12 –, Rn. 14, juris: eidesstattliche
Versicherungen sämtlicher (bedingt eingesetzter) Schlusserben, ebenso: Böhringer ZEV 2017,
68 (71)).

Nach Auffassung des Senates ist die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung im
Grundbuchverfahren in der vorliegenden Konstellation nicht möglich.

Dagegen spricht, dass das Gesetz die Abgabe einer (strafbewehrten) eidesstattlichen
Versicherung gegenüber dem Grundbuch nur in besonders geregelten Ausnahmefällen vorsieht,
etwa § 35 Abs. 3 S. 2 GBO. Daraus folgt, dass eidesstattliche Versicherungen im Übrigen kein
taugliches Mittel sind. Dies gilt auch für die hier vorliegende Konstellation, in der sie dazu
dienen soll, die Erbfolge im Hinblick auf den Ausschluss negativer Tatsachen nachzuweisen
(tendenziell ablehnend, im Ergebnis allerdings offenlassend: BGH, Beschluss vom 10. Februar
2022 – V ZB 87/20 –, Rn. 32).

Die Abgabe einer notariell beglaubigten eidesstattlichen Versicherung lässt sich auch nicht aus
der Zuständigkeit des Notars nach § 38 BeurkG herleiten. § 38 BeurkG hat als reine
Verfahrensvorschrift keine zuständigkeitsbegründende Funktion, die Zuständigkeit des Notars
für die Abnahme von Eiden oder für die Aufnahme von eidesstattlichen Versicherungen muss
sich vielmehr aus anderen Vorschriften ergeben (BeckOGK/Meier, 1.5.2024, BeurkG § 38 Rn.
3). Nach § 22 Abs. 1 BNotO besteht eine generelle Zuständigkeit des Notars für die Abnahme
von Eiden nur in Auslandsfällen, für Inlandsfälle besteht demgegenüber keine allgemeine
Zuständigkeit des Notars für die Abnahme von Eiden (BeckOK BNotO/Sander, 9. Ed.
1.2.2024, BNotO § 22 Rn. 12-13). Nach § 22 Abs. 2 BNotO ist der Notar nur zur „Aufnahme“
der eidesstattlichen Versicherung, also zu deren Beurkundung, zuständig, während die
strafbarkeitsbegründende „Abnahme“ im Sinne von § 156 StGB sodann durch die zuständige
Behörde oder sonstige Dienststelle erfolgt (BeckOGK/Meier, 1.5.2024, BeurkG § 38 Rn. 6;
Frenz/Miermeister/Limmer, 5. Aufl. 2020, BNotO § 22 Rn. 4-6).

(2) Die eidesstattlichen Versicherungen sind allerdings als Erklärungen in der Form des § 29
GBO anzusehen. Erklärungen in der Form des § 29 GBO sind von der Form her grundsätzlich
geeignet, den erforderlichen Nachweis zu führen (vgl. die obigen Ausführungen unter Ziffer 2
und 3 sowie BGH, Beschluss vom 2. Juni 2016 – V ZB 3/14 –, Rn. 8, juris: Erklärungen der
Erben in der Form des § 29 GBO, dass sie den Pflichtteil nicht geltend gemacht haben; bestätigt
durch BGH, Beschluss vom 17. Februar 2022 – V ZB 14/21 –, Rn. 6, juris).

(3) Vorliegend reichen die vorgelegten Erklärungen sämtlicher Erben jedoch ihrem Inhalt bzw.
ihrer Gestaltung nach nicht aus, auf Grundlage eines allgemeinen Erfahrungssatzes die
Annahme zu begründen, dass tatsächlich keiner der Erben seinen Pflichtteil geltend gemacht hat
(zu den Voraussetzungen siehe oben sub lit. a).

In diesen Erklärungen haben die Beteiligten jeweils nur für sich erklärt, dass sie ihren Pflichtteil
nicht geltend gemacht haben. Dass (ihres Wissens) auch die jeweils anderen Erben ihren
Pflichtteil nach dem Tod des Erstverstorbenen nicht geltend gemacht haben, haben sie (bislang)
nicht erklärt.

Sie haben die auf sich bezogene Erklärung auch nicht alle gemeinsam vor einem Notar
abgegeben. Vielmehr haben drei der vier Beteiligten die Erklärung gemeinsam bei einem Notar
abgegeben, ein weiterer getrennt davon bei einem anderen Notar.

Vor diesem Hintergrund sind die bislang vorliegenden Erklärungen nicht ausreichend.

Die Beschwerdeführer können jedoch noch umfassendere Erklärungen in der Form des § 29
GBO abgeben, die geeignet sein können, den Nachweis zu führen.

Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 61 Abs. 1, 36
Abs. 3 GNotKG.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Schleswig

Erscheinungsdatum:

16.08.2024

Aktenzeichen:

2x W 46/24

Rechtsgebiete:

Notarielles Berufsrecht
Beurkundungsverfahren
Grundbuchrecht
Kostenrecht

Normen in Titel:

GBO §§ 29, 35