Umgehung des mietrechtlichen Vorkaufsrechts
DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 2.9.2016
LG Düsseldorf, Urt. v. 2.12.2015 - 5 O 124/15
BGB §§ 463, 577, 812
Umgehung des mietrechtlichen Vorkaufsrechts
Vereinbaren die Parteien eines Kaufvertrags in kollusiver Weise die Erhöhung des ursprünglich
vereinbarten Kaufpreises und eine zusätzliche Maklerprovision, nachdem der Mieter seine Absicht zur
Ausübung seines Vorkaufsrechts geäußert hat, ist der Vertrag insoweit unwirksam. (Leitsatz der DNotIRedaktion)
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.
I.
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 15.000,00 € aus §
812 BGB. Die Zahlung erfolgte Rechtsgrund, weil die Vereinbarung des Kaufpreises,
soweit ein den Betrag von 225.000,00 € übersteigender Kaufpreis vereinbart wurde, einen
Fremdkörper des Grundstückskaufvertrages darstellt, der durch die Ausübung des
Vorkaufsrechts seine Verbindlichkeit verloren hat.
Durch die Ausübung des Vorkaufsrechts wird zwischen den Berechtigten und den
Verpflichteten ein selbständiger Kaufvertrag neu gegründet zu den gleichen Bedingungen,
wie er zwischen den Verpflichteten und dem Dritten abgeschlossen war. Die beiden
Kaufverträge unterscheiden sich in der Regel nur darin, dass als Käufer anstelle des
Dritten der Berechtigte steht. Im Grundsatz hat deshalb der Vorkaufsberechtigte
schlechthin diejenigen Leistungen zu erbringen, die dem Erstkäufer nach dem Kaufvertrag
oblegen hätten. Aus dem Wesen des Vorkaufsrechts ergibt sich eine Grenze, die den
Vorkaufsberechtigten verpflichtenden Bestimmungen des Kaufvertrages vom anderen
Inhalt des Erstvertrages scheidet, weil nach
Berechtigten und den Verpflichtenden zustande kommt. Im Verhältnis zum
Vorkaufsberechtigten sind deshalb die Vertragsbestimmungen unverbindlich, die nicht
„wesensgemäß“ zum Kaufvertrag gehören, sondern vielmehr darin „einen Fremdkörper“
darstellen. Um festzustellen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss geprüft werden,
warum und zu wessen Vorteil eine bestimmte Vertragsklausel des Erstvertrages getroffen
wurde. Wird eine Vertragsgestaltung nur wegen der drohenden Ausübung des
Vorkaufsrechtes gewählt, ohne dass sie im Rahmen des Erstvertrages irgendwie geartete
Vorteile für Erstkäufer oder Vorkaufsverpflichtete mit sich bringt, kann dies regelmäßig
dafür sprechen, dass sie mit dem eigentlichen Kauf und dem dadurch beabsichtigten
Erwerbsvorgang nichts mehr zu tun hat (BGH, Urteil vom 13.06.1980, V ZR 11/79,
eingestellt in Juris, dort Rdnr. 13 ff.).
Dies gilt auch dann, wenn der Mieter das ihm gesetzlich eingeräumte Vorkaufsrecht
gemäß
eingestellt in Juris).
Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht darin, dass der Beklagte mit den
ursprünglichen Käufern, den Eheleuten F., zunächst einen Kaufpreis in Höhe von
225.000,00 € vereinbarte. Der Vertrag enthielt darüber hinaus keine Maklerklausel. Soweit
dann in einer Nachtragsurkunde ein höherer Kaufpreis in Höhe von 20.000,00 € vereinbart
wurde und zudem eine Maklerklausel in den Vertrag aufgenommen wurde, sind dies
vertragliche Bedingungen die allein zum Nachteil der Käufer sind. Wie das Landgericht
Berlin im Urteil vom 01.08.2013 ausgeführt hat, ist eine plausible Erklärung dafür, dass die
Käufer der Wohnung ohne weiteres dazu bereit waren, einen höheren Kaufpreis zu
akzeptieren, nicht denkbar, denn der Beklagte war an den – für die vormaligen Erwerber –
deutlich günstigeren Kaufvertrag gebunden.. Soweit der Beklagte im hiesigen Verfahren
vorträgt, im Gegenzug für die Vereinbarung eines höheren Kaufpreises habe er sich dazu
bereit erklären sollen, bei einer Nachbeurkundung noch die – ursprünglich bereits
beabsichtigte – Maklerklausel in den Kaufvertrag mit aufnehmen zu lassen, ist dies nicht
nachvollziehbar. Denn auch die Vereinbarung der Maklerklausel war nachteilig für die
Eheleute F. als Käufer und spricht dafür, dass die vertraglichen Regelungen nur
aufgenommen wurden, um der Klägerin die Ausübung des Vorkaufsrechts zu verleiden.
Vor diesem Hintergrund gewinnt auch der Umstand an Bedeutung, dass in der
Nachtragsvereinbarung formuliert wird, die Maklerprovision sei von der „Käuferin“ zu
zahlen. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Parteien beabsichtigten, zum Nachteil der
Klägerin zu handeln.
Die Zinsforderung ist aus den
der Zahlungsaufforderung durch die Klägerin in Verzug befand.
II.
Nach alledem ist die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde vom 17.09.2012 für unzulässig
zu erklären. Der Beklagte hat keinen Anspruch auf Zahlung von weiteren 5.000,00 €, weil
die Klägerin lediglich einen Kaufpreis in Höhe von 225.000,00 € schuldet.
III.
Entsprechend ist der Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die vollstreckbare Ausfertigung
herauszugeben.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus
Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in
Entscheidung, Urteil
Gericht:LG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:02.12.2015
Aktenzeichen:5 O 124/15
Rechtsgebiete:
Vorkaufsrecht schuldrechtlich, Wiederkauf
Miete
BGB §§ 463, 577, 812