OLG Köln 25. November 2024
2 Wx 200/24
BGB §§ 2205, 2222

Testamentsvollstreckung und Nacherbfolge; Zuständigkeit des Testamentsvollstreckers für Verzicht auf Nacherbenrecht; keine Mitwirkung eines Pflegers für den Nacherben

letzte Aktualisierung: 15.5.2025
OLG Köln, Beschl. v. 25.11.2024 – 2 Wx 200/24

BGB §§ 2205, 2222
Testamentsvollstreckung und Nacherbfolge; Zuständigkeit des Testamentsvollstreckers für
Verzicht auf Nacherbenrecht; keine Mitwirkung eines Pflegers für den Nacherben

Der Verzicht auf ein Nacherbenrecht kann bei Bestellung eines Testamentsvollstreckers für den
Nacherben nur von dem Testamentsvollstrecker erklärt werden; der Zustimmung eines Pflegers zu
der Löschung bedarf es nicht.

Gründe:

1.
Der Beteiligte zu 1) ist im o.g. Grundbuchblatt als Eigentümer verzeichnet. In Abteilung II ist unter lfd. Nr. 5 ein Nacherbenvermerk folgenden Inhalts eingetragen: „K. C., geboren am 00.00.1961, ist befreiter Vorerbe. Nacherben sind die Abkömmlinge des Vorerben nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge, derzeit Y. C., geboren am 00.00.2003. Die Nacherbfolge tritt bei Tod des Vorerben ein. Zur Wahrung der Rechte der Nacherben ist Testamentsvollstreckung angeordnet.“

In notarieller Urkunde vom 08.08.2023 (UVZ-Nr. 1830 für 2023 des verfahrensbevollmächtigten Notars, Bl. 77 ff.) haben sich die Beteiligten unter der aufschiebenden Bedingung der Erbeinsetzung zugunsten der Beteiligten zu 2) in dem Erbvertrag vom selben Tage geeinigt, dass der im o.g. Grundbuchblatt verzeichnete Grundbesitz künftig nicht mehr der Nacherbschaft unterliegt, sondern in das freie Vermögen des Beteiligten zu 1) als des Vorerben überführt wird, und die Nacherbin den Grundbesitz freigibt.

Mit Schriftsatz vom 14.03.2024 hat der verfahrensbevollmächtigte Notar unter Beifügung einer beglaubigten Abschrift des Erbvertrages, in welchem der Beteiligte zu 1) die Beteiligte zu 2) zu seiner Alleinerbin berief (Bl. 85 ff.), die Löschung des Nacherbenvermerks beantragt (Bl. 84). Im Nachgang ist die am 15.05.2024 beglaubigte Löschungsbewilligung des Testamentsvollstreckers B. D. eingereicht worden (Bl. 113).

Mit Zwischenverfügung vom 07.08.2024 hat die Grundbuchrechtspflegerin den Antrag beanstandet und die Zustimmung eines Pflegers nebst rechtskräftiger Genehmigung des Betreuungsgerichts sowie einer Zustimmung der bereits bekannten Nacherben nebst Nachweisen der Abstammung in der Form des § 29 GBO für erforderlich erachtet. Zur Begründung hat sie im Kern ausgeführt, zwar stelle die Löschung des Nacherbenvermerks keine Verfügung im Rechtssinne und auch kein materiell-rechtliches Freiwerden des Grundbesitzes aus der Nacherbenbindung dar. Jedoch würde mit der Löschung die grundbuchmäßige Absicherung des Nacherbenrechts gegen gutgläubigen Erwerb aufgegeben.
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Hiergegen wendet sich die mit Schriftsatz des verfahrensbevollmächtigten Notars vom 06.11.2024 eingelegte Beschwerde (Bl. 119 f.), mit der im Wesentlichen der Standpunkt vertreten wird, für die Löschung genüge die Bewilligung des Nacherbentestamentsvollstreckers. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Oberlandesgericht Köln vorgelegt.

2.
Die nach § 71 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Zwischenverfügung, weil das gerügte Eintragungshindernis nicht besteht.

Für die Löschung des in Abteilung II unter lfd. Nr. 5 eingetragenen Nacherbenvermerks bedarf es weder der Zustimmung eines Pflegers für unbekannte Nacherben nebst betreuungsgerichtlicher Genehmigung noch einer Zustimmung bereits bekannter Nacherben. Vielmehr genügt die Löschungsbewilligung des zur Wahrnehmung der Rechte der Nacherben bestellten Testamentsvollstreckers.

Ein derartiger Testamentsvollstrecker nimmt, wie sich aus § 2222 BGB ergibt, alle Rechte und Pflichten des Nacherben wahr. Er tritt voll an seine Stelle; soweit er Erklärungen anstelle des Nacherben abgeben kann, scheidet die Bestellung eines Pflegers für den Nacherben aus. Zwar fehlt dem Nacherbentestamentsvollstrecker die rechtliche Befugnis, auf die Anwartschaft des Nacherben selbst zu verzichten, dem Vorerben also die Stellung eines Vollerben zu verschaffen. Indes wird durch den Verzicht auf den Nacherbenvermerk der Grundbesitz nicht frei von den Rechten des Nacherben. Verzichtet wird damit lediglich auf die Wirkung des Nacherbenvermerks, so dass ein gutgläubiger Dritter das Grundstück frei vom Nacherbenrecht erwerben könnte. Der Verzicht kann bei Bestellung eines Testamentsvollstreckers für die Nacherben nur von diesem erklärt werden. Er enthält keine Verfügung über das Nacherbenrecht oder über einen Nachlassgegenstand (§ 2205 S. 2, 3 BGB) und kann daher unbeschränkt vom Testamentsvollstrecker erklärt werden. An die Erklärung des Verzichts durch den Nacherbentestamentsvollstrecker ist das Grundbuchamt gebunden; eine Überprüfung der Erklärung darauf, ob sie zweckmäßig ist und ordnungsmäßiger Wahrnehmung der Interessen des Nacherben entspricht, steht dem Grundbuchamt nicht zu (einhellige Meinung, Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 01.06. 1989 – BReg 2 Z 119/88 – juris Rn. 12 – 14; zustimmend OLG Hamburg, Beschluss vom 15.04.2019 – 2 W 58/18 – juris Rn. 46; Staudinger/Dutta, BGB, Neubearbeitung 2021, § 2222, Rn. 21; MünchKommBGB/Zimmermann, 9. Aufl. 2022, § 2222 Rn. N03; EBurandt/Rojahn/Heckschen, Erbrecht, 4. Aufl. 2022, § 2222 BGB, Rn. 2). Die der Zwischenverfügung zugrundeliegende Wertung ist erwägenswert, würde aber die Befugnisse des Testamentsvollstreckers gerade im Falle der Nacherbenvollstreckung über die gesetzliche Regelung des § 2205 BGB hinaus einschränken.
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3.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht erfüllt.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Köln

Erscheinungsdatum:

25.11.2024

Aktenzeichen:

2 Wx 200/24

Rechtsgebiete:

Testamentsvollstreckung
Grundbuchrecht

Normen in Titel:

BGB §§ 2205, 2222