LG Mönchengladbach 30. November 2016
5 T 184/16

Zur Aufteilung des Kaufpreises unter Miterben beim Verkauf eines Grundstücks durch die Erbengemeinschaft

8. Kostenrecht – Zur Aufteilung des Kaufpreises unter Miterben beim Verkauf eines Grundstücks durch die Erbengemeinschaft

LG Mönchengladbach, Beschluss vom 30.11.2016 – 5 T 184/16

GNotKG §§ 86 Abs. 2, 109 Abs. 1

Die beim Verkauf eines Grundstücks durch eine Erbengemeinschaft im Grundstückskaufvertrag vereinbarte (Teil-) Erbauseinandersetzung hinsichtlich des Kaufpreises stellt einen selbstständigen Beurkundungsgegenstand dar.
(RNotZ-Leitsatz)

Zum Sachverhalt:

Eine aus vier Geschwistern bestehende Erbengemeinschaft, zu welcher der Beschwerdeführer gehört, beabsichtigte ein zum Nachlass gehörendes Grundstück an einen

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nicht zum Kreis der Miterben gehörenden Verkäufer zu verkaufen.

Hierzu einigten sie sich auf einen Kaufpreis von 179.000,00 EUR. In Ziffer II Nr. 4 b des notariellen Kaufvertrages vom 22.3.2016 vereinbarten sie, dass der Kaufpreis, soweit er nicht zur Ablösung nicht übernommener Verbindlichkeiten zu verwerten war, jeweils zu 1/4 direkt an die vier Miterben gezahlt werden sollte.

Unter dem 9.5.2016 erstellte der Beschwerdegegner hinsichtlich der angefallenen Gebühren eine Kostenrechnung. Hierbei ging er von einem Beurkundungsverfahren mit mehreren Beurkundungsgegenständen aus. Er berücksichtigte bei der Gebührenermittlung den Kaufvertrag mit einem Wert von 179.000,00 EUR sowie wegen der vereinbarten Auszahlung des Kaufpreises an die vier Miterben eine Teilerbauseinandersetzung mit einem Wert von 179.000,00 EUR.

Mit Schriftsatz vom 28.6.2016 legte der Beschwerdeführer eine Notarkostenbeschwerde gegen die Kostenrechnung ein. Hiermit wendet er sich allein gegen die Mitberücksichtigung des Wertes der Teilerbauseinandersetzung in der angegriffenen Kostenrechnung. Diesbezüglich ist er der Auffassung, dass sich der Geschäftswert ausschließlich nach dem Wert der verkauften Sache bemesse.

Die Kammer hat dem Notar und dem Bezirksrevisor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Abschließend hat die Kammer dem Kostenschuldner rechtliches Gehört gewährt.

Aus den Gründen:

Die zulässige Notarkostenbeschwerde ist nicht begründet.

Die angegriffene Kostenrechnung vom 9.5.2016 ist fehler­frei ergangen, da der Beschwerdegegner zutreffend von verschiedenen Beurkundungsgegenständen ausgegangen ist.

Der Wert des Grundstückkaufvertrages sowie der Wert der Teilerbauseinandersetzung in Höhe von jeweils 179.000,00 EUR waren vorliegend zusammenzurechnen. Gemäß § 86 Abs. 2 GNotKG war nämlich vorliegend von verschiedenen Beurkundungsgegenständen auszugehen. Nach dieser Vorschrift sind verschiedene Beurkundungsgegenstände mehrere Rechtsverhältnisse, Tatsachen oder Vorgänge soweit in § 109 GNotKG nichts anderes be­stimmt ist.

Ein Fall des § 109 GNotKG liegt jedoch nicht vor. Nach § 109 Abs. 1 S. 1 GNotKG liegt derselbe Beurkundungsgegenstand vor, wenn Rechtsverhältnisse zueinander in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen und dass eine Rechts­verhältnis unmittelbar dem Zweck des anderen Rechtsverhältnisses dient. Nach § 109 Abs. 1 S. 2 GNotKG liegt ein solches Abhängigkeitsverhältnis allerdings nur dann vor, wenn das andere Rechtsverhältnis der Erfüllung, Sicherung oder sontigen Durchführung des einen Rechtsverhältnisses dient. Nach diesen Maßstäben ist das erforderliche Abhängigkeitsverhältnis jedoch nicht gegeben. In Betracht käme hier nämlich allein, dass der Kaufvertrag der sonstigen Durchführung der Erbauseinandersetzung dient. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Teilerbauseinanderset­zung steht mit dem Kaufvertrag nicht in einem hinreichend engen Zusammenhang. Wenn nämlich die Durchfüh­rungserklärungen nicht ausschließlich der Erfüllung des Hauptgeschäftes dienen, sondern auch der Erreichung anderer Ziele und Zwecke, scheidt die Annahme desselben Gegenstandes aus (Korintenberg/Diehn, GNotKG, § 109, Rn. 26). So liegt der Fall auch hier. Die Teilerbauseinandersetzung dient nicht ausschließlich der Erfüllung des Kaufvertrages. Vielmehr hat die vereinbarte Verteilung des Erlöses auf die vier Mitglieder der Erbengemeinschaft einen hiervon losgelösten Zweck. Die unmittelbare Verteilung des Erlöses beschleunigt nämlich die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft. Dieser Zweck steht nicht mit der Erfüllung des Kaufvertrages in einem hinreichenden Zusammenhang, da der Käufer des Grundstücks an der Erbengemeinschaft nicht beteiligt ist. Es steht ihr diesbe­züglich vielmehr als ein Dritter gegenüber. Bezogen auf den Verkäufer besteht hinsichtlich der Durchführung des Kaufvertrages eine andere Interessenlage. Er will lediglich seine Verbindlichkeit aus dem Kaufvertrag erfüllen. An einer schnelleren Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft hat er, mangels einer persönlichen Beteiligung, kein selbständiges Interesse.

Anmerkung:

In der notariellen Beurkundungspraxis wünschen die Miterben häufig beim Verkauf eines im Eigentum der Erbengemeinschaft stehenden Grundstückes an einen Dritten die Zahlung des nach der Ablösung etwaiger grundpfandrechtlich gesicherter Verbindlichkeiten verbleibenden Kaufpreises auf den einzelnen Miterben zustehende Konten – regelmäßig den jeweiligen Erbquoten entsprechend. Als Beweggrund für dieses Ansinnen kommt in Betracht, dass möglicherweise gar kein erbengemeinschaftliches Konto mehr existiert, weil es sich bei dem zu verkaufenden Grundbesitz um den letzten Nachlassgegenstand handelt, Misstrauen unter den Miterben besteht oder sich die Mit­erben nur den Zwischenschritt der Aufteilung ersparen möchten. Jedoch hat eine im Kaufvertrag vereinbarte An­weisung, den Kaufpreis entsprechend den Erbquoten an die einzelnen Miterben auf deren eigene Konten auszuzahlen, erhebliche kostenrechtliche Auswirkung, die den Beteiligen und auch dem beurkundenden Notar bei der Ver­tragsgestaltung zuweilen vielleicht nicht bewusst sind.

1. Mitbeurkundung eines (Teil-) Erbauseinandersetzungsvertrages

Das Landgericht Mönchengladbach hat nunmehr in dem der Kostenbeschwerde zugrundeliegenden Sachverhalt den Wert des Grundstückskaufvertrages und den Wert der Teilerbauseinandersetzung über den Kaufpreis durch die Miterben gem. § 86 Abs. 2 GNotKG zusammengerechnet, so dass der Gegenstandswert des Beurkundungsverfahrens im Ergebnis den zweifachen Kaufpreis ergab. Dies ist auch zutreffend, da die Kaufpreisforderung bzw. der Kaufpreis bei der Veräußerung eines erbengemeinschaftlichen Grundstückes den Miterben als Surrogat aufgrund rechtsgeschäftlichen Erwerbes gem. § 2041 BGB in gesamthänderischer Verbundenheit zusteht. Indem nun die ein Nachlassgrundstück veräußernden Miterben erklären, den Kaufpreis auf ihnen jeweils allein gehörende Konten zu verteilen, wird diese gesamthänderische Bindung aufschie­bend bedingt durch die Erfüllung der Kaufpreisforderung aufgelöst und der Käufer des Grundstückes ist weder verpflichtet noch berechtigt, gem. § 2039 BGB an alle Erben gemeinschaftlich zu leisten. Der von den Miterben insoweit geschlossene (Teil-)Erbauseinandersetzungsvertrag ist zwar grundsätzlich nicht formbedürftig, aber in jedem Fall mitbeurkundet, so dass er auch kostenrechtlich Berücksichtigung finden muss.

Soweit noch grundpfandrechtlich gesicherte Verbindlichkeiten abzulösen sind, dürfen die tatsächlich gezahlten Ab­

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lösebeträge bei der Zusammenrechnung gem. § 35 Abs. 1 GNotKG jedoch nicht mitberechnet werden, da es sich regelmäßig um Nachlassverbindlichkeiten handelt, deren bloße Erfüllung den Miterben bereits gem. § 2046 Abs. 1 S. 1 BGB obliegt, so dass dies keine vertragliche Auseinandersetzung darstellt. Etwas anderes gilt nur in dem seltenen Ausnahmefall, dass es sich bei der abzulösenden Verbindlichkeit nicht um eine Nachlassverbindlichkeit handelt, sondern um eine persönliche eines Miterben und dies bei der Auseinandersetzung Berücksichtigung findet.

Keine (Teil-)Erbauseinandersetzung liegt hingegen vor, wenn die verkaufenden Miterben den Käufer einvernehmlich anweisen, den Kaufpreis lediglich an einen Miterben zu bezahlen, weil zB kein erbengemeinschaftliches Konto mehr existiert, und dieser Miterbe anschließend den Kaufpreis intern zwischen den Miterben aufteilt. In diesen Fällen ist der vereinnahmende Miterbe lediglich Zahlstelle und es fehlt an dem Willen zumindest der übrigen Miterben, diesem den Kaufpreis zur alleinigen Berechtigung zuzuweisen, so dass ungeachtet des Willens des Zahlungsempfängers Mittelsurrogation gem. § 2041 BGB eintritt (Palandt/Weidlich, BGB, 76. Aufl. 2017, § 2041 Rn. 2). Zumindest konkludent kann man in der Benennung eines Miterben als Zahlstelle eine Geldemp­fangsvollmacht hinsichtlich des Kaufpreises erachten, die aber unmittelbar der Erfüllung des Grundstückskaufver­trages dient und daher gem. § 109 Abs. 1 GNotKG gebührenmäßig neutral bleibt (Leipziger-GNotKG/Otto, 2013, § 109 Rn. 40).

Mehrere gebührenrechtlich relevante Rechtsverhältnisse dürften demnach auch beurkundet werden, wenn Ehegatten in beendeter Gütergemeinschaft oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes in der Liquidationsphase ein Grundstück verkaufen und der Kaufpreis den Ehegatten bzw. Gesellschaftern unmittelbar zur alleinigen Berechtigung zufließt. Es wirkt hingegen nicht gebührenerhöhend, wenn mehrere Personen in Bruchteilsgemeinschaft auf der Verkäuferseite handeln, da gesamthänderisch gebundenes Vermögen, über welches sich auseinandergesetzt werden könnte, bei der Bruchteilsgemeinschaft zu keinem Zeitpunkt besteht. Zwar erstreckt sich die gemeinschaftliche Bruchteilsberechtigung im Zweifel auch auf die Surrogate des gemeinschaftlichen Gegenstandes, so dass beim Verkauf eines Grundstückes durch eine Miteigentümergemeinschaft eine Forderungsgemeinschaft entsteht, für die die §§ 741 ff. BGB gelten (Palandt/Sprau, 6. Aufl. 2017, § 741 Rn. 3). Jedoch hat bei einer Forderung auf Zahlung von Geld jeder Teilhaber einen Anspruch auf Teilung in Natur gem. § 752 S. 1 BGB (Palandt/Sprau, 6. Aufl. 2017, § 752 Rn. 3), so dass es keiner weiteren Auseinandersetzungsvereinbarung mehr bedarf.

2. Keine Gegenstandsgleichheit gem. § 109 GNotKG

Erachtet man mit dem Landgericht Mönchengladbach den Grundstückskaufvertrag und die (Teil-)Erbauseinandersetzung als zwei in einer Urkunde beurkundete Rechtsverhältnisse, so ist auch § 109 GNotKG nicht einschlägig. Als Ausnahmevorschrift zu § 86 Abs. 2 GNotKG ist er eng formuliert und verlangt, dass das abhängige Geschäft unmittelbar der Erfüllung des Hauptgeschäftes dient. Der Be­schwerdeführer hatte im gerichtlichen Verfahren vorgetragen, dass Kaufvertrag und Auflassung dem Vollzug der Erbauseinandersetzung dienten, so dass ein Abhängigkeitsverhältnis iSd § 109 GNotKG bestehe. Das Gericht geht in seinen Entscheidungsgründen auch davon aus, dass allenfalls ein derartiges Abhängigkeitsverhältnis denkbar sei. Es ist zwar zutreffend, dass der Verkauf des erbengemeinschaftlichen Grundstückes die Erbauseinandersetzung erleichtert, da Geld im Gegensatz zu bebauten Grundstücken in Natur teilbar ist. Jedoch stellte man die Verhältnisse völlig auf den Kopf, wollte man dem Kaufver­trag nur eine der Erbauseinandersetzung dienende Funktion beimessen. Dem am Kaufvertrag beteiligten Käufer, der außerhalb der Erbengemeinschaft steht, ist ausschließ­lich an der lastenfreien Übertragung des Grundstückes und der Erfüllung seiner Kaufpreisverbindlichkeit gelegen. Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ist ihm re­gelmäßig gleichgültig. So musste das Gericht die Anwen­dung des § 109 Abs. 1 GNotKG ablehnen, da aufgrund dessen Ausnahmecharakters bereits Zweifel des behaupteten Abhängigkeitsverhältnisses die Zusammenrechnung der Beurkundungsgegenstände gebieten (Leipziger-GNotKG/Otto, 2013, § 109 Rn. 2). Teilidentitäten („auch durchführende Rechtsgeschäfte“) sind seit Inkrafttreten des GNotKG ausgeschlossen (Leipziger-GNotKG/ Otto, 2013, § 109 Rn. 16).

Etwas anderes gilt hingegen, wenn ein Miterbe ein erbengemeinschaftliches Grundstück gegen Herauszahlung von Geldbeträgen zu Alleineigentum übernimmt. Alle Beteiligten erstreben in diesem Fall die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zumindest gegenständlich hinsichtlich des Grundstückes, so dass ihr dessen Zuweisung an einen Miterben iSd § 109 Abs. 1 GNotKG dient.

3. Empfehlungen zur Vertragsgestaltung

Erhält der Notar den Auftrag, einen Kaufvertragsentwurf über die Veräußerung eines Nachlassgrundstückes an einen an der Erbengemeinschaft unbeteiligten Käufer zu fertigen, fehlen zuweilen noch Angaben über die Modalitäten der Kaufpreiszahlung. Um das Thema (Teil-) Erbauseinandersetzung in jedem Fall anzusprechen, empfiehlt sich folgende Formulierung im Vertragsmuster:

„Die Verkäufer wünschen auch nach Belehrung durch den Notar keine Teilerbauseinandersetzung über den Nachlass der am *** mit letzten gewöhnlichen Aufenthalt in ver­storbenen *** in dieser Urkunde.“

Sollte sich herausstellen, dass die Verkäufer eine Zuweisung des Kaufpreises auf einzelne ihnen gehörende Konten zum Zwecke der (Teil-) Erbauseinandersetzung wünschen, sollten diese die dadurch entstehenden Mehrkosten der Beurkundung tragen. In diesen Fällen kann die Feststellung in den Vertragsentwurf eingefügt werden, dass sich die Verkäufer mit Vollzug der Urkunde ganz oder teilweise über den Nachlass des Erblassers auseinandergesetzt haben. Es mag zum Zwecke der Klientenpflege trotz Fehlens einer Rechtspflicht außerdem dienlich sein, die Verkäufer auf die nicht unerheblichen Mehrkosten einer mitbeurkundeten (Teil-) Erbauseinandersetzung hinzuweisen, wenn der Notar den Eindruck gewinnt, dass die auf Verkäuferseite beteiligte Erbengemeinschaft lediglich zum Zwecke der Abkürzung des Zahlungsweges die Einzelkonten der Miterben benennt und keine inneren Spannungen bestehen. Verlangt nur ein Miterbe einer mindestens dreigliedrigen Erbengemeinschaft die Teilerbauseinandersetzung des auf ihn entsprechend der Erbquote entfallenden Kaufpreises, so können die übrigen Miterben zur Kosten­reduzierung auch die Zahlung des restlichen Kaufpreises auf ein erbengemeinschaftliches Konto oder ein Einzelkonto eines Miterben als Zahlstelle vereinbaren und die Mehrkosten ausschließlich dem die Teilerbauseinandersetzung begehrenden Miterben überbürden.

Notar Dr. Oliver Gehse, Viersen

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

LG Mönchengladbach

Erscheinungsdatum:

30.11.2016

Aktenzeichen:

5 T 184/16

Rechtsgebiete:

Kostenrecht
Erbengemeinschaft, Erbauseinandersetzung

Erschienen in:

RNotZ 2017, 331-333