OLG Bamberg 23. Mai 2024
10 Wx 13/24
KV-GNotKG Nr. 14110; GNotKG § 1 Abs. 1

Grundbuchberichtigung nach Erbfall; Gebührenprivilegierung; Maßgeblichkeit des Antragseingangs beim Grundbuchamt

letzte Aktualisierung: 2.9.2024
OLG Bamberg, Beschl. v. 23.5.2024 – 10 Wx 13/24

KV-GNotKG Nr. 14110; GNotKG § 1 Abs. 1
Grundbuchberichtigung nach Erbfall; Gebührenprivilegierung; Maßgeblichkeit des
Antragseingangs beim Grundbuchamt

Die Gebührenprivilegierung nach Nr. 14110 KV GNotKG setzt den rechtzeitigen Eingang eines
Umschreibungsantrags innerhalb der Zwei-Jahres-Frist beim zuständigen Grundbuchamt voraus,
ohne dass es auf dessen Vollzugsreife ankommt.

Gründe

I.
Die Beschwerde und die ihr vorangegangene Erinnerung wenden sich gegen den Kostenansatz für die
Eintragung einer Eigentumsumschreibung an einem Grundstück im Grundbuch.

Am 12.05.2021 war ein Erbfall eingetreten, der unter anderem die Umschreibung des Eigentums des
Erblassers an einem Grundstück erforderlich machte. Die Erbauseinandersetzung erfolgte durch notariell
beurkundete Verträge vom 20.10.2021 sowie vom 02.01.2023, worauf sodann unter dem 12.01.2023 der
Antrag auf Vollzug der vorgesehenen Umschreibung des Grundstücks beim Grundbuchamt eingegangen
war.

Für den Vollzug unverzichtbare Unterlagen, eine baurechtlich erforderliche Genehmigung der
Sanierungsbehörde (§ 144 BauGB) sowie eine Unbedenklichkeitsbescheinigung konnten erst nachfolgend
unter dem 17.05.2023 vorgelegt werden.

Mit den verfahrensgegenständlichen Kostenrechnungen wurde bei den Antragsstellerinnen, den Erben des
verstorbenen Grundstückseigentümers, jeweils unter anderem ein Kostenansatz nach Nr. 14110 KV-GNotKG
ausgebracht.

Die hiergegen erhobene Erinnerung wies das Erstgericht unter Berufung auf die insoweit maßgeblich
erscheinenden Richtlinien der Bayerischen Bezirksrevisoren in der Fassung von 2022, konkret der Nr. 227
Buchst. e, zurück und half der nachfolgend eingelegten Beschwerde auch nicht ab.

Der Antrag auf Umschreibung selbst sei zwar noch innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall
entsprechend der Anm. 1 Satz 1 zu Nr. 14110 KV-GNotKG gestellt worden. Allerdings führe dies wegen des
anfänglichen Fehlens der für dessen Vollzug unverzichtbaren weiteren Nachweisen nicht mehr zu einer
Gebührenprivilegierung, da diese erst wenige Tage nach Ablauf der Zwei-Jahres-Frist nach dem Erbfall
nachgereicht und die erforderliche Vollzugsreife somit ebenfalls erst später als nach zwei Jahren nach dem
Eintritt des Erbfalls erreicht worden sei.

II.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 81 Abs. 2 Satz 1 GNotkG) und begründet.

Die für die Eintragung eines (Mit-)Eigentümers im Grundbuch nach Nr. 14110 KV-GNotKG anfallende Gebühr
ist nach Abs. 1 Satz 1 der Anmerkungen nicht zu erheben für die den Inhalt des Grundbuchs berichtigende
Eintragung der Erben, sofern der Eintragungsantrag in der festgesetzten Zwei-Jahresfrist gestellt wird.
Hiervon ist vorgehend auszugehen.

Das Beschwerdegericht teilt die auch von anderen Obergerichten vertretene Auffassung, wonach es für die
Gebührenprivilegierung nach Anm. 1 zu Nr. 14110 Abs. 1 KV-GNotKG jedenfalls im Grundsatz allein auf die
Rechtzeitigkeit des Eingangs des Umschreibungsantrags beim zuständigen Grundbuchamt innerhalb der
nicht verlängerbaren sondern sich allenfalls kraft Gesetzes (§ 16 Abs. 2 FamFG i. V. m. § 222 Abs. 2 ZPO;
vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 20.12.2021 – 2 Wx 314/21 –, juris, Rn. 18) verlängernden, Zwei-Jahres-
Frist, die eine Ausschlussfrist darstellt (vgl. OLG München, Bes. v. 12.12.2014 – 34 Wx 374/14 –, RPfleger
2015, 368; BayObLG, Bes. v. 01.12.1999 – 3Z BR 342/99 –, juris, Rn. 9 ff.; BayObLG, Bes. v. 06.07.1999 –
3Z BR 155/99 –, RPfleger 1999, 509; Wilsch, ZEV 2013, 428), ankommt.

Für diese Auslegung spricht schon der Wortlaut der Anm. 1 Satz 1 zu Nr. 14110 KV-GNotKG. Danach kommt
es lediglich auf die rechtzeitige Einreichung des Eintragungsantrags bei dem Grundbuchamt an (vgl.
Drempetic, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl. 2021, Nr. 14110 KV-GNotKG Rn.
23; Gutfried, in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Aufl. 2021, Nr. 14110 KV-GNotKG Rn. 18;
Hartmann, in: Hartmann, Kostengesetze online, 4. Lfg. Nov. 2022, Nr. 14110 KV-GNotKG Rn. 15; Kawell, in:
Toussaint, Kostenrecht, 54. Aufl. 2024, Nr. 14110 KV-GNotKG Rn. 20; Uhl, in: Dörndorfer/Wendtland/
Gerlach/Diehn, BeckOK-KostenR, Nr. 14110 KV-GNotKG Rn. 25; Wilsch, in: Korintenberg, GNotKG, 22. Aufl.
2022, Nr. 14110 KV-GNotKG, Rn. 45; jew. m. w. N.).

Die, soweit erkennbar, zur früheren Bestimmung des § 60 Abs. 4 KostO a. F. eher nur vereinzelt vertretene
Auffassung, wonach neben dem rein formal zu beurteilenden rechtzeitig eingegangenen Antrag
weitergehend auch auf dessen uneingeschränkte Vollzugsreife, namentlich durch die rechtzeitige Vorlage
aller erforderlichen Berichtigungsnachweise, ankommen soll (OLG Karlsruhe, Bes. v. 12.02.1987 – 4 W
87/86 –, RPfleger 1988, 19 <20>; LG Koblenz, Bes. v. 29.08.1994 – 2 T 586/94 –, FamRZ 1996, 1563;
ausdrücklich offengelassen von OLG Karlsruhe, Bes. v. 22.12.2023 – 19 W 95/22 –, juris, Rn. 17), vermag
demgegenüber nicht zu überzeugen.

Der Gesetzgeber beabsichtigte durch die Fortschreibung der Gebührenprivilegierung des § 60 Abs. 4 KostO
a. F. in Anm. 1 Nr. 14110 KV-GNotkG (vgl. hierzu OLG München, Beschluss vom 15.12.2015 – 34 Wx 334/51
Kost –, RPfleger 2016, 376 <377>, m. w. N.) gerade, Erben zu einer möglichst zügigen Veranlassung der
Berichtigung des Grundbuchs, dessen Richtigkeit im öffentlichen Interesse liegt, anzuhalten (vgl. BT-Drs.
17/11471, S. 166, 206; vgl. auch OLG Köln, Bes. v. 08.08.1988 – 2 Wx 31/88 –, RPfleger 1988, 549; OLG
Zweibrücken, Bes. v. 13.01.1997 – 3 W 176/96 –, RPfleger 1997, 277).

Für den oder die Erben eines Grundstückseigentümers steht zuvorderst aber allein die Antragstellung beim
Grundbuchamt selbst in der eigenen Entscheidungsfreiheit. Alle damit naturgemäß in Zusammenhang
stehenden Fragen der (rechtzeitigen) Erlangung von erforderlichen Nachweisen, sei es für die Erbenstellung
oder, wie der vorliegende Sachverhalt exemplarisch belegt, notwendige Zustimmungen von Behörden oder
Dritten, namentlich im Zuge einer etwaigen Aufteilung des Grundstücks im Zuge einer ebenfalls
gebührenprivilegierten Erbauseinandersetzung (Anm. 1 Satz 2 Nr. 14110 KV-GNotKG) entziehen sich
demgegenüber einer hinreichenden „Beherrschbarkeit“ durch den Antragsteller.

Die angesichts des Ausnahmetatbestands gebotene enge Auslegung (vgl. hierzu OLG Karlsruhe, Bes. v.
29.06.2023 – 19 W 79/21 –, RPfleger 2023, 616 <618 f.>) vermag hieran nichts zu ändern. Der
Gesetzeswortlaut ist hinreichend eindeutig (vgl. etwa OLG Köln, Bes. v. 28.08.2018 – 2 Wx 305/18 –,
RPfleger 2019, 109 <110>; zu § 60 Abs. 4 KostO a. F. noch OLG Köln, Bes. v. 04.11.1998 – 2 Wx 48/98 –,
NJW-RR 1999, 1230 <1231>).

Die Grundsätze der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit streiten ebenfalls für diese rein formale Auslegung,
die spiegelbildlich dazu führt, dass es auf die Gründe oder auch die Frage eines fehlenden Verschuldens
eines Erben, rechtzeitig einen, wenn auch absehbar noch nicht vollzugsfähigen, Umschreibungsantrag
innerhalb der Zwei-Jahres-Frist zu stellen, nicht ankommt (vgl. u. a. BayObLG, Bes. v. 01.12.1999 – 3Z BR
342/99 –, juris, Rn. 12). Dementsprechend wäre bei einem, hier allerdings nicht vorliegenden, Eingang eines
vollzugsfähigen Antrags erst nach Ablauf der Ausschlussfrist auch dann keine Gebührenprivilegierung (mehr)
angezeigt, selbst wenn dem Antragsteller, nachweisbar oder sogar amts- und gerichtsbekannt (vgl. Zur
pandemisch bedingten Verzögerungen OLG Karlsruhe, Bes. v. 22.12.2023 – 19 W 95/22 –, ErbR 2024, 295
<296>), keine Verantwortlichkeit hierfür träfe.

Der rein formalen, mithin allein auf den rechtzeitigen Eingang des Umschreibungsantrags beim zuständigen
Grundbuchamt rekurrierenden, Auslegung kann auch keine Missbrauchsanfälligkeit entgegengehalten
werden.

Einer solchen ließe sich absehbar insbesondere durch eine mittels einer Zwischenverfügung setzbaren
Beibringungsfrist und, nach deren erfolglosem Verstreichen, Ablehnung des Umschreibungsantrags
begegnen (§ 18 Abs. 1 GBO), um etwa einem beliebigen Hinauszögern der gegebenenfalls notwendigen
Beibringung eines Erbfolgenachweises nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO, der oftmals nur durch kostenpflichtige
Beschaffung eines Erbscheins möglich sein dürfte, wirksam zu begegnen (so i. E. wohl auch Uhl, in:
Dörndorfer/Wendtland/Gerlach/Diehn Beck, BeckOK-KostenR, Nr. 14110 KV-GNotKG Rn. 25: „Flucht in die
Zwischenverfügung“).

III.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei (§ 81 Abs. 8 Satz 1 GNotKG); eine Auslagenerstattung findet
nicht statt (§ 81 Abs. 8 Satz 2 GNotKG).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Bamberg

Erscheinungsdatum:

23.05.2024

Aktenzeichen:

10 Wx 13/24

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht
Kostenrecht
Öffentliches Baurecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

KV-GNotKG Nr. 14110; GNotKG § 1 Abs. 1